Hohe Munde (2659 m) - Überschreitung von Ost nach West durch das Rauhe Tal


Publiziert von gero , 19. November 2011 um 22:43.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum:18 November 2011
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1730 m
Abstieg: 1730 m
Strecke:P Salzbach - Rauth-Hütte - HM-Ostgipfel - HM-Westgipfel - Rauhes Tal - HM-Vorgipfel - Nieder-Munde-Sattel - Gaistal - P Salzbach (19,1 km)
Kartennummer:Freytag & Berndt WK 322 (Wetterstein-Karwendel); AV-Karten Nr. 4/2 und 4/3

Nach längerem Erkältungsinfekt kann ich nun diesen prachtvollen Spätherbst ebenfalls noch etwas ausnutzen - die Überschreitung der Hohen Munde habe ich mir vorgenommen.

Bei lausigen -6°C starte ich um 7:50 Uhr am hintersten P Salzbach (1230 m) des Gaistales - um zunächst die Rauthütte zu erreichen, muß ich zwar ein Stück Richtung Osten zurück, aber dafür wird der Talhatscher auf dem Rückweg, vom Nieder-Munde-Sattel kommend, nicht ganz so lang werden.

Am Parkplatz geht es über die Leutascher Ache und sofort links Richtung Bichlwald / Obern (Ww); um nicht neben der Straße herlaufen zu müssen, folge ich einer Forststraße hinauf in den Bühelwald (so die Bezeichnung auf den Landkarten). Aber ... das scheint mir nicht sonderlich günstig, es geht zunächst vielversprechend 100 m aufwärts, dann aber an einer der vielen Verzweigungen links wieder 50 m hinunter, bis erstmals ein Wegweiser zur Rauthhütte weist.

Fazit: besser auf der Talstraße oder parallel dazu orographisch rechts neben der Ache zurücklaufen bis zum offiziellen Anstiegsweg Richtung Rauthhütte.

Auf dem Weg Nr. 8 erreiche ich kurz nach 9 Uhr die Rauthhütte (1606 m; mehrere leicht unterschiedliche Schreibweisen und Höhenangaben) - in aussichtsreicher Lage liegt sie mit Blick über die Ebene von Leutasch auf einem Buckel inmitten von Latschenfeldern.

Hinter der Hütte folgt eine kleine Senke, dann geht es auf einer Forststraße zur nahen Mooseralm hinüber. Kurz vor deren ersten Gebäuden zweigt ein Steig hinauf zur Hohen Munde ab. Er führt recht lauschig zum "Hüttenrinner", einer steilen Latschengasse, und diese bis auf etwa 2000 m hinauf. Hier enden die Latschen, nun führen viele Serpentinen durch unschwierige, aber relativ steile Schrofen auf das Gipfelplateau des Ostgipfels der Hohen Munde (2592 m) aufwärts. Es bedarf einer gewissen Schwindelfreiheit und damit auch Trittsicherheit, aber Schwierigkeiten weist die Ostflanke der Hohen Munde nicht auf.

Der Ostgipfel der Hohen Munde ist bekanntlich ziemlich verbaut - aber trotzdem belohnt ein fulminanter Ausblick die Mühen des bisher 4-stündigen Aufstiegs. Tibetische Gebetsfahnen flattern am Gipfelkreuz, sie mahnen an die unterdrückte Kultur auf dem Dach der Erde.

Bisher war Schnee kein Thema - nur wenige Quadratmeter sind am Osthang des Berges vorhanden, erst beim Übergang zum Hauptgipfel werden die Schneeflecken großflächiger: sie sind zwar knallhart gefroren, aber man kann sie mehrheitlich umgehen - so bleiben die sicherheitshalber mitgeführten Grödel im Rucksack.

Der Übergang vom Ost- zum Westgipfel sieht zwar etwas grimmig aus, ist es aber nicht - nach 40 Minuten harmloser Wanderung stehe ich auf dem Hauptgipfel der Hohen Munde (2659 m) und mache unter dem Gipfelkreuz erstmals Brotzeit. Für Mitte November ist es erstaunlich warm - die Inversionswetterlage macht es möglich; aber für Plusgrade reicht es nicht, ein hartgefrorener Schneesaum auf dem Gipfelgrat zeugt von der vorwinterlichen Jahreszeit.

Lang halte ich mich nicht auf; vom Gipfelkreuz geht es kurz Richtung Norden über den höchsten Punkt (Steinmann) und gleich danach zum Beginn des Abstiegs ins Rauhe Tal. So grimmig der Übergang zum westseitigen Vorgipfel (der Oberen Fürleg gemäß AV-Karte) aussieht, so gutmütig erweist er sich dank etlicher Fixseile (auch hier war am 31.8.1871 wieder einmal Hermann von Barth Vorreiter der ihm nachfolgenden Bergsteigergenerationen). Den Seilversicherungen folgend, geht es zunächst hinunter in eine Scharte und dann über Bänder und Absätze weiter abwärts. Die Landschaft ist sehr eindrucksvoll, man bewegt sich hier auf einer Aussichtsloge ersten Ranges hoch über dem Mieminger Plateau und dem Inntal. Und doch ist die Begehung erstaunlich unschwierig - wegen der exzellenten Fixseile in Kombination mit hervorragenden Markierungen ist ein Fehlgehen praktisch unmöglich.

Man gelangt nach einiger Zeit an den tiefsten Punkt des Überganges etwa 120 Hm unter dem Westgipfel (ca. 2540 m); nun quert man weiterhin an Fixseilen, und schon kurze Zeit später geht es wieder steil aufwärts auf einen schon lange sichtbaren roten Markierungspunkt zu. Immer den Fixseilen und auch einigen Stahlklammern folgend, erreiche ich schließlich den westlichen Vorgipfel (Obere Fürleg) der Hohen Munde. Für den Übergang benötigte ich 55 Minuten, doch ließ ich mir dabei bewußt Zeit, um die großartige Landschaft zu genießen.

Zusammenfassung zum Übergang durch das Rauhe Tal:
- keine speziellen Schwierigkeiten, keine heiklen Stellen, doch sollte man den ersten Grad im Abstieg sicher beherrschen, um Spaß am Kraxeln zu haben.
- ich bin alles mit Selbstsicherung gegangen - weil ich das Gelände nicht kannte, und weil ich nun mal das G'stellti dabei hatte. Sicher ist sicher - runterfallen darf man, wie so oft, nicht, aber das steht auch nicht zur Debatte.
- der Übergang ist momentan vollkommen schneefrei.
- zum Vergleich: der Stopselzieher an der Zugspitze ist deutlich anspruchsvoller.

Mit der Begehung des Rauhen Tales neigt sich meine Tour aber noch lange nicht dem Ende zu: der Abstieg zum schon lange sichtbaren Nieder-Munde-Sattel zieht sich und geht sich nicht sonderlich bequem; der Untergrund ist knallhart gefroren, und wenn auch weiterhin kaum Schneeflecke vorhanden sind, so muß ich doch jeden Schritt konzentriert setzen, um nicht auszurutschen. Es ist nordseitig nochmals eine kurze, seilversicherte Passage zu bewältigen (im Bereich der Mittleren Fürleg) - hier ist die einzige Stelle, wo der hartgefrorene Schnee sehr zur Vorsicht mahnt. Dann aber geht es zusehends entspannter hinab zum Nieder-Munde-Sattel (2087 m) - Abstiegszeit vom westlichen Vorgipfel ca 1 Std.

Der Westgrat der Hohen Munde wird laut AV-Karte auch Fürleg genannt (wieder einmal eine, neben der Hohen Fürleg beim Bettelwurf und derjenigen im Venedigergebiet): Obere, Mittlere und Untere Fürleg sind die Kuppen des Westgrates.

Es ist jetzt inzwischen 15 Uhr, und die Schatten werden bereits länger. Ich halte mich nicht weiter auf und tauche nordseitig in das Schattenreich ein: es geht hinunter ins Gaistal, hier wird erst im April wieder die Sonne zu sehen sein. Empfindlich kalt, es hat eindeutig 25 Grad zu wenig für mein persönliches Wohlbefinden, der Waldboden ist weiterhin bocksteif gefroren, die vielen Wurzeln teilweise mit einer dünnen Eisschicht überzogen - aufpassen, konzentrieren, nicht zuletzt noch ausrutschen auf diesem Winterboden. So brauche ich abermals unerwartet lange für die 600 Hm hinab ins Gaistal, und als ich nach 1 Std. unten auf der Forststraße angelangt bin, empfangen mich dort mit winterlichem Rauhreif verzierte Bäume und Sträucher.

Vier lästige Kilometer heißt es dann auf der Gaistalstraße ostwärts zurückwandern - um 17 Uhr habe ich den Ausgangspunkt erreicht, es ist wieder genauso lausig kalt wie beim Abmarsch und auch schon wieder dunkel - es wird höchste Zeit für den nächsten Sommer !

Tourengänger: gero


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Geodaten
 8440.gpx Überschreitung der Hohen Munde von O nach W

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Kommentare (4)


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Felix hat gesagt: "aamächelig" ...
Gesendet am 20. November 2011 um 10:55
sagen wir, ist diese Tour ... hast sie bestens dokumentiert, lieber Georg!

Bei sommerlichen 25° wär mir das auch Recht ...

lg Felix

Tef hat gesagt:
Gesendet am 20. November 2011 um 18:48
Servus Georg,
es freut uns, daß du wieder fit bist und wir wieder deine Berichte lesen dürfen
beste Grüße
Tef

kardirk hat gesagt:
Gesendet am 23. November 2011 um 20:22
Hallo Gero,

Gratulation zu der schönen Tour. Ich bin diese vor einigen Jahren allerdings andersrum gegangen, was den Vorteil hat, das man am Auto wieder herunterkommt.
Schon toll was man diesen Herbst noch so alles machen kann, bin gestern von der westl Griesspitze heruntergekommen, ich fand die Temperaturen genau richtig für diese südseitigen Anstiege.

VG
Dirk

gero hat gesagt: RE:
Gesendet am 23. November 2011 um 21:41
Servus Dirk,

ich hab natürlich Deinen Bericht über den Versuch an der Griesspitze gelesen - eindrucksvolles, abweisendes Gelände, ich hab ja anläßlich meiner Begehung des Wankspitz-Klettersteiges mit vorherigem Anstieg durch die Stöttlreiße auch ein Foto für potentielle Griesspitz-Anwärter von der Einstiegsrinne veröffentlicht.

Wirklich alles sehr, sehr brüchig dort - eben "griesig".

Hinsichtlich der optimalen Betirebstemperaturen sind wir beide allerdings aus unterschiedlichem Holz geschnitzt: mir kanns bekanntlich nie zu warm sein, optimal wirds für mich erst oberhalb von 30 Grad bei Sonne total. Momentan und generell im Herbst und Winter ists mir viel zu kalt, wenngleich ich durchaus in kältefester Verpackung den widrigen Temperaturen trotzen kann. Nur eben ... so richtig wohl fühlen tu ich mich dabei nicht.

VG zurück, der Georg


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