Rosswald - Simplonpass


Publiziert von AlpinHero , 3. Mai 2010 um 20:30.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Mittelwallis
Tour Datum: 3 September 2009
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 850 m
Abstieg: 650 m
Strecke:Rosswald - Stafel - Steinuchäller - Bortelhütte - Wasenalp - Burst - Schallbett - Simplonpass
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Brig - Ried - Talstation Rosswald => Von Brig aus kann man ohne Probleme mit dem Postauto zur Talstation der Rosswald-Bahn gelangen.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Vom Simplonpass fahren ebenfalls Postauti nach Gondo oder Brig - allerdings fährt das letzte bereits ziemlich früh.
Unterkunftmöglichkeiten:Die Schlüsselstelle der Tour! Wir können weder für Brig noch für den Simplon eine Empfehlung abgeben (siehe Tourenbericht). Am ehesten noch das grosse Hospiz auf dem Simplon - aber Achtung => nach 19.00 ist die Küche zu!
Kartennummer:LK 274 Visp (1:50'000)

Drei-Tages Treck von Brig nach Saas-Fee (1. Etappe)

Auftakt zu unseren Ferien, welche sich 2009 wandernderweise im Wallis abspielen. Wir streben eine Überprüfung unserer eigenen Vorurteile an und wollen herausfinden wie es denn nun wirklich um die Hotellerie im Wallis bestellt ist. Unsere bisherigen Erfahrungen waren allesamt sehr bescheiden; wir hoffen daher doch noch die eine oder andere Trouvaille zu entdecken....

Der interessierte Leser sei gewarnt: Der Bericht fällt "etwas" länger aus als üblich und beschäftigt sich eigentlich nur am Rande mit der Wanderung....(was ob den zahlreichen Verlockungen im Rhonetal ja nicht wirklich zu überaschen vermag...).
Die eiligen Leser klicken bitte gleich weiter.....oder scrollen am besten einige Meter runter....

Ouvertüre:
Bei unseren alljährlichen Besuchen des Jazz Festivals von Montreu, hängen wir jeweils einen oder zwei Tage an, um einige der zahlreichen Suonen zu begehen und geraten dabei jedesmal ins selbe Dilemma hinsichtlich Unterkunft; resp. Einkehr. So ist über die Jahre der innige Wunsch entstanden, in Martigny eine 1'000m hohe Staumauer zu errichten und das Rhonetal nachhaltig zu fluten (...ein Projekt dass wir im übrigen auch zwischen Thun und dem Susten-Pass verwirklichen möchten).
=> Jetzt mal tieflufthol: Nur weil sich der begeisterte Wanderer gerne in der Natur aufhält und während des Tages freiwillig auf diverse Annehmlichkeiten verzichtet, heisst das ja noch lange nicht dass es ihn deshalb auch Abends und des Nacht's danach gelüstet, in irgendwelchen abgewohnten Zimmern zu nächtigen, in durchgelegenen Betten zu schlafen und sich bereits beim Anblick jener Bausünden aus den 70-er Jahren welche sich als Hotel bezeichnen; vor Schmerzen zu krümmen.
Idealerweise werden jeweils die traumatischen Eindrücke des vorgefundenen Ambientes kombiniert mit mürrischen Gastgebern, welche grundsätzlich jede noch so schüchterne Frage bereits als Zumutung empfinden und sich darüber hinaus häufig als verkappte CC-Filiale entpuppen. Diese Clique welche die Bedeutung des Wortes "Gastgeber" sehr fantasievoll auslegen, sind ohne weiteres auch nach etlichen Jahren im Metier immer noch in der Lage den Gast entgeistert anzuschauen, falls der eh schon lästige Kunde auch noch derart aufwendige Wünsche wie z.B. Wandertee äussert - und so die gesamte gut organisierte Infrastruktur an deren Belastungsgrenze bringt.
Wir haben über die Jahre nun schon so manche Unterkunft "entdeckt" die sich wunderbar ins Ghetto von z.B. Bangladesch oder meinetwegen auch Zürich-Öerlikon einfügen würde und welche uns immer mal wieder zu Überlegungen führen wie - auf welch verschlungenen Wegen diese Absteigen zu so klangvollen Bezeichnungen wie bsp. "Bellevue" gefunden haben, oder ob es für eine 3-Sterne-Klassifikation wirklich nicht mehr braucht als  fliessend Wasser und elektrisches Licht.....!

Aber "gnueg"ome gsöderet etz" - beenden wir meine langatmigen Ausführungen und kommen zurück zum Wanderbericht - wir sind ja auf Hikr - und nicht an der Klagemauer von Jerusalem. :-)

Nachdem wir unserem fahrbaren Untersatz sein Ruheplätzchen für die kommenden drei Wochen in der Parkinganlage in Täsch (das Terminal erinnert stark an Zurich-Airport) zugewiesen haben, zuckeln wir mit der Bahn wieder talauswärts Richtung Brig. Der Begriff "zuckeln" umschreibt das gefühlte Reisetempo im übrigen ziemlich treffend; denn wenn wir uns schon mal den öffentlichen Verkehrsmitteln anvertrauen, sind Komplikationen beinahe unvermeidlich. Diesmal bleibt natürlich genau UNSER Zug auf halber Strecke liegen - natürlich IN einem der zahlreichen Tunnels. So kommen wir wenigstens nicht in Versuchung die entstehende Wartezeit mit Fotographieren zu verplempern.
Dank der Warterei und der "Schulreisli-mässigen" Umsteigerei schaffen wir die Strecke Täsch-Brig in knapp unter zwei Stunden und werden kurz nach 6 Uhr mitsamt unseren umfangreichen Rucksäcken auf dem Bahnhof Brig wieder in die Freiheit entlassen. Die wiedergewonnene Agilität verwenden wir natürlich sogleich zur Suche nach unserer Unterkunft und Kathrin pickt sich zielsicher eine zuverlässige Informationsquelle aus dem Menschengewühl vor dem Bahnhof heraus. Während ich noch dem Gedanken nachhänge, dass ich mit dem gewählten "Objekt" maximal über den schnellstmöglichen Weg sich nachhaltig volllaufen zu lassen gefachsimpelt hätte - irren wir bereits kreuz und quer durch die Innenstadt von Brig. Nur Dank der Tatsache dass der Autor keiner Buchhandlung widerstehen kann und mit seinem Charme auch noch nach halb sieben bedient wird, verdanken wir es schlussendlich dass wir (notabene auf demselben Weg den wir gekommen sind), wieder zurückwanken; um dann doch noch unsere Herberge zu erblicken.
Das vorab gebuchte Hotel Ambassador gehört gemäss Recherchen zu den Highligts des Weltkurortes Brig. Wir können das nur bestätigen; denn alle anderen vorhandenen Herbergen sind noch schlimmer.
Der erste Schrecken wird insofern etwas abgemildert als der Empfang durch den Besitzer wirklich freundlich und warmherzig ausfällt. Das wohlige Gefühl welches sich dann kurzzeitig in uns breitgemacht hat, verflüchtigt sich dann allerdings umgehend wieder; als wir unser Zimmer erblicken.
Wobei - das Zimmer ist nicht nur mit einem neuen Laminat (der Gast hat sich ja schliesslich den Erfordernissen des Gebäudeunterhalts zu unterwerfen) versehen, sondern weist neben einem Fenster auch eine abschliessbare Türe auf; da wollen wir mal nicht so kleinlich sein....
Das anschliessende Studium der Speisekarte lässt uns unser Leid ein wenig leichter ertragen; das schmackhafte Mahl (Kathrin bekommt ihre erste Käseschnitte in den diesjährigen Ferien...) sowie die leidliche Weinauswahl versöhnen uns wenigstens ansatzweise mit der abgewrackten Gartenlaube aus Beton in der wir Platz genommen haben.
Nachdem wir vom Wirt noch informiert wurden, dass wir heute abend besser nicht mehr auswärtigen Vergnügungen nachgehen sollen (die gleich angrenzend stattfindende Gewerbeausstellung sei leider nur mehr ein einziges Besäufnis und ziehe allerlei Gelichter an), begeben wir uns in unser Gemach; richten unsere Gebete an den lieben "Wander"-Gott - er möge diese Prüfung nicht die gesamten Ferien anhalten lassen und begeben uns in den tröstenden Schlaf.

Der 1. Wandertag; Rosswald - Simplonpass:
Neugierig sowie voller Tatendrang starten wir am nächsten Tag zu unserer 1. Weitwander-Etappe und trippeln voller Zuversicht in den Frühstücksraum. Insgesamt lässt sich über das Frühstück nix schlechtes sagen - es wird aber auch nicht in die Annalen der Esskultur eingehen. Auf unsere etwas hilflos wirkende Frage nach Wandertee (jaja - schon wieder wir...), wird uns beschieden dass wir unser Bedürfnis nach Herzenslust stillen dürfen - und dank der eigenhändigen Zubereitung erst noch die volle Kontrolle über den Vorgang behalten. So observieren wir die vollautomatische "Kaffeeteemilchorangensaft"-Maschine, beginnen diesem Wunderwerk der Technik - Tasse um Tasse heisses Wasser zu entlocken und sind begeistert dass beinahe 3/4 jeder Tasse, welche wir mit zittriger Hand umfüllen - den Innenraum der Thermoskanne erreicht.
Eigentlich gehört ein solcher Meilenstein der Ingenieurskunst gehörig gefeiert ; leider haben wir gerade keinen Hochprozenter zur Hand und so verschieben wir das auf später.

Nachdem wir kurz darauf mitsamt den Rucksäcken an den Busbahnhof verschoben und unser Postauto geentert haben, geniessen wir die folgende Sightseeing-Tour durch Brig, Brig-Brei, Brig-Ried, Brig-Termen usw.., welche uns anschliessend an die Talstation der Rosswald-Seilbahn bringt.
Da die Luftseilbahn in der Zwischensaison nicht mehr so oft fährt, warten wir noch einige Minuten und informieren uns am Aushang über die wirtschaftliche Situation der in Rosswald gelegenen Gastrobetriebe.
Um diese scheint es - insbesondere im Sommer, nicht zum besten zu stehen...es war offensichtlich eine nachhaltig wirksame Idee einen Grossteil des Hügelrückens mit Chalet's zuzubauen und mittenrein einen Skilift zu stellen (wir hatten schon einmal das Vergnügen - als wir wegen Schneemangels im Binntal die Kunstschneepiste von Rosswald hochgestapft sind...aber das ist eine andere und ebenso lange Geschichte).

Direkt nach der Seilbahnstation in Rosswald gehen wir eine steile Betonpiste aufwärts, bis wir an eine kleine Querstrasse gelangen. Auf dieser einige Meter nach rechts - und schon kommt uns ein kleines Bächlein hangabwärts entgegen. Diesem kann man bis zum Beginn der eigentlichen Suon folgen.
=> Achtung - nicht zu früh nach rechts ziehen und sich vom Wegweiser "Wasserweg" (oder so ähnlich) verführen lassen. Dieser führt auf einer Fahrstrasse in die selbe Richtung, allerdings ca. 50Hm tiefer.
Bei einem kleinen Wasserreservoir - ca. Pt 1'942 (kurz nach dem letzten Haus auf der rechten Seite) erreichen wir das Ende der Gibjeri-Suon, der wir von hier an in Richtung Saflischpass bis zum Schiessbach folgen wollen. Wir freuen uns dass "es" nun endlich losgeht mit Wandern und wir die "Zivilisation" mitsamt ihren Schmanckerln für eine Weile hinter uns lassen können.
Die Suon ist gleich von Beginn weg sehr lauschig und aussichtsreich. Immer wieder passieren wir steinalte, knorrige Lärchen und erblicken dazwischen den Simplonpass - unser heutiges Tagesziel.
Die (wieder mal) zu schweren Rucksäcke drücken - aber noch gehts ja eben auf weichen Pfaden entlang; genau richtig um sich ein wenig einzulaufen.
Nach knapp 2km - und viel zu rasch, treffen wir die weiter oben erwähnte Fahrstrasse, auf welcher man wieder zurück nach Rosswald gehen könnte. Aber da wollen wir ja nicht hin - denn dann kämen wir ja wieder nach Brig... :-)
So folgen wir einige Hundert Meter weit der Fahrstrasse aufwärts, welche uns bis zur malerischen Walsersiedlung "Staffel" auf 1'997m bringt. Hier ist die Welt noch in Ordnung und wir wundern uns einmal mehr - wie wenig Distanz manchmal zwischen Himmel und Hölle liegt....
Gleich nach der Siedlung steuert der infizierte Suonenwanderer zielsicher zwischen die beiden sich verzweigenden Strässchen (das obere führt zum Saflischpass) und gelangt nach wenigen Metern wieder auf die Gibjeri - welche noch bis zum Schiess-, oder Mischibach führt. Die Suon ist hier etwas schmaler - aber immer noch gut zu begehen.
Hier reisst die Wolkendecke das erste (und einzige) Mal an diesem Tag auf; die Sonne lacht und so ist der Entschluss zu einer kurzen Pause rasch gefällt. Die Farben sind herrlich und das Licht bereits herbstlich weich - wunderschön!
Von hier aus hat man zwei Möglichkeiten um in die nächste Geländekammer gelangen. Etwa 100m nachdem man den Schiessbach überquert hat, verzweigt sich der Wanderweg. Wir gehen auf derselben Höhe weiter und werden so über die "Riederi" den Steinubach erreichen. Die 2. Suon ist etwas ausgesetzter als die Gibjeri - aber gut mit Drahtseilen gesichert. Wer der Angelegenheit nicht traut, kann bei besagter Verzweigung ca. 50Hm höhersteigen und die Suon obenrum umgehen. Aber schliesslich sind wir begeisterte Suonen-Forscher....und zudem zu faul, um erst hoch und dann gleich wieder runterzulatschen. Mit meinem 75l-Sack auf den Schultern bin ich sowieso bestrebt, mich äusserst ergonomisch fortzubewegen...... :-)
Die "Riederi" ist zwar (weil häufig einbetoniert) nicht mehr so lauschig wie die vorhergehende Suon - dafür etwas kecker; und so geniessen wir weiterhin jeden Meter, den wir darauf zurücklegen dürfen.
Nach ca. 1.5km gelangen wir an ein Wasserschloss - der Rigi. Hier könnte man zur Simplonstrasse des guten alten Napoleon absteigen...(jaja es führen viele Wege in den Schoss der Briger Hotelerie). Die Suon ist von hier weg leider nur noch in Bruchstücken erhalten, das Trassee noch gut erkennbar - aber wir wollen keine Zeit vertrödeln. Der Wanderweg führt erst einige Höhenmeter abwärts, welche wir umgehend wieder zurückerobern um dann geradewegs ins Steinutal gelangen. Hier liegt sogar noch Lawinenschnee des vergangenen Winters - und dass auf gerademal 2'000m!
Nach der Überquerung des Steinubaches gehts dann das erste Mal am heutigen Tag richtig bergwärts. Wir steigen die Nordwest-Abdachung eines Grätchens hoch, welches sich zwischen uns und der Bortelhütte befindet. Der Weg ist geradezu paradiesisch angelegt und führt gekonnt zwischen den Plattenschüssen Richtung Gratkante hoch. Zwischendurch darf man sogar die Hände zum stützen zu Hilfe nehmen - alles in allem ein sehr vergnügliches Wegstück. Kompliment den Erbauern dieses Weges sowie denjenigen welche ihn so gut unterhalten! 
Nach ca. 200Hm ist der Grat erreicht....und nachdem wir noch einige Kuppen bergwärts überquert haben, sehen wir unser Mittagessen - also die Bortelhütte bereits vor uns auftauchen.
Da das Wallis bekanntlich ans Tessin grenzt; wollen die letzten Meter bis zur Hütte verdient sein; und so führt der Wanderweg nach dem erwähnten Grätchen erstmal wieder rund 40Hm ziemlich rasant in die Tiefe. Meine Frau guckt wohl zu fleissig in die Luft - oder ist mit Ihren Gedanken bereits beim Weisswein - auf jeden Fall rutscht Sie auf den Steinstufen aus und knallt mit Ihrem Knie tüchtig gegen den Felsen.
Zum Glück stellen wir fest, dass ausser einem blauen Fleck und einem angekratzen Ego, keine weiteren Nachwirkungen zu befürchten sind und so zotteln wir erleichtert die letzten Höhenmeter zur romantischen  Bortelhütte hinauf.
Der Empfang auf der Hütte ist ausserordentlich freundlich und so nehmen wir dankbar die Gastfreundschaft in Anspruch und laben uns an etwas Minestrone und Käse.....sowie dem obligaten Gläschen Weisswein.
Leider frischt es draussen auf - und so verziehen wir uns bald einmal in die warme und gemütliche Gaststube um uns etwas aufzuwärmen. Die Zeit vergeht viel zu rasch und so machen wir uns eine gute Stunde später dankbar auf den Weiterweg - von der sympathischen Wirtin und der Art und Weise wie sich die Hütte präsentiert könnten sich manche Hotelier's eine dicke Scheibe abschneiden. Vielleicht sollte der Hotelier-Verein hier oben Fortbildungs- und Kochkurse durchführen.....?

Nach unserer Rast geht es nun erst mal rund 200Hm runter, wobei wir bereits kurz nach der Hütte einen Hermelin beobachten dürfen - Klasse! Wir nehmen dass als ein gutes Omen für unsere Trekking-Tour und schreiten beschwingt hinunter und in den Talschluss des Furggubäumbachs hinein.
Nach einer guten dreiviertel Stunde überschreiten wir den Lawinenkegel im Talboden, welcher den Sommer überdauert hat und beginnen nach einer etwas rutschigen Hangquerung den Wiederaufstieg Richtung Schrickboden (Pt. 1'925).
Kathrin realisiert rasch, dass ich soeben eine kleine Krise einziehe und übernimmt sogleich die Spitze, um für mich die Lokomotive zu machen - was mir die nächste halbe Stunde beträchtlich erleichert.
Zum Glück sind es nur wenig mehr als 100Hm die es bis zur nächsten Geländeterrasse (Heitrich ca. 2'048) zu absolvieren gilt. Als wir diese erreicht haben, sind wir der Ansicht dass wir uns eine kleine Pause durchaus zusteht - und so gibt's nun erstmal einen kräftigenden Schluck aus der Thermoskanne, sowie ein Rauchopfer auf dem Altar der Laster.
Der Blick auf unsere bis dato zurückgelegte Strecke ist herrlich; die fein gezeichnete Linie der beiden absolvierten Suonen ist glasklar zu erkennen und der Anblick der nun gegenüber liegenden Bortel-Hütte löst umgehend positive Vibes aus.
Irgendwann ist dann auch die längste Zigarette aufgeraucht; und so fehlen uns irgendwann die Argumente gegen den Weitermarsch und die damit verbundene Schulterei des Packsack's.
Wir trösten uns damit, dass wir einen guten Teil des heutigen Pensum's bereits geschafft haben. Zudem bedeutet die Forststrasse welche wir alsbald antreffen, dass das Gehen zwar nicht mehr so verträumt ausfällt wie bisher - dafür können wir die folgende Teilstrecke nun im Eilschritt begehen und "Kilometer fressen".

=> Der Leser dieses Epos soll nun aber nicht denken wir würden die Wüste Gobi durchqueren; schliesslich trekken wir bloss von Rosswald zum Simplon - also keine Bange; so schlimm wie es sich vielleicht liest, war es dann doch nicht. Vielleicht sollte ein Nachahmer einfach nicht gleich am ersten Tag so ambitioniert zu Werke gehen oder die Rucksack-Packung etwas überlegter zusammen stellen.

Innert kurzer Zeit erreichen wir eine hübsche Gegend oberhalb der Wasenalp. Aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit lassen wir die ursprüngliche Idee einer Einkehr in der etwas tiefer gelegenen Gaststätte (Wasenalp) fallen. Gelockt hätte mich der kleine Umweg schon - allerdings folge ich für einmal gerne den fundierten Einwänden von Kathrin - schliesslich sind wir ja noch einige Meterchen vom Tagesziel entfernt.
Wir steigen daher bei der Verzweigung an der Wintrigmatte (Pt. 2'042) nach links ab - und marschieren die Forststrasse bergwärts. Kurz darauf - bei der Bärufalle (Pt. 2'095) gelangen wir wieder auf einen standesgemässen Wanderweg und meine Betrübung über die verpasste Einkehr schwindet zugegebenermassen rasch. Insgeheim bin ich nun doch froh, nach einem halben Johannisberger nicht wieder bis hier herauf zurückmarschieren zu müssen. Das offizielle Statement gegenüber Kathrin fällt naturgegeben etwas heroischer aus....."das wär ne Kleinigkeit gewesen"...."5min runter und praktisch gleich lang wieder rauf"... usw. (Männer!)

Der letzte Anstieg hinauf zur Verzweigung unter der Burstegge (Pt. 2'307) ist sehr malerisch; wenn wir nicht schon ein wenig müde wären - würden wir die herrliche Heidelandschaft noch viel mehr geniessen. So stellt sich auf den letzten Metern das Gefühl ein, dass wir wohl nie mehr oben ankommen werden.....
Als wir die Abzweigung bei Punkt 2'307m dann endlich erreicht haben, stellt sich umgehend ein beglückendes Gefühl ein; zum einen da wir unsere Rucksäcke mindestens kurzzeitig Mutter Erde überantworten können; zum anderen weil wir wissen dass der Pfad von hier aus beinahe nur noch bergab führt (na ja meistens jedenfalls). Nach etwas Marlboro-Feeling und dem obligaten Schluck Tee fühlen wir uns prächtig - und wenn sich die Sonne nicht hinter einige Wolken verzogen hätte; würden wir wohl heute noch da oben rumliegen....

Richtige Cowboys lassen sich aber nicht unterkriegen und so nahmen wir halt den Abstieg nach Schallbett in Angriff. Dieses Teilstück ist wiederum sehr lauschig - der Abstieg durch Latschen und Lärchen sehr kurzweilig und somit genau das richtige für zwei solche Trekking-Helden. Wäre nicht auf halbem Weg ein total "gschpinnerter" Jogger an uns vorbeigedüst - hätte unsere Psyche durchaus wieder etwas Kraft tanken können.

Die Ankunft an der Simplonpassstrasse in Schallbett (1'933m) führte umgehend zu einigen neuen Erkenntnissen (dafür geht man ja schliesslich wandern - um neue Erfahrungen zu machen, sowie Geist und Körper zu bilden und zu stählen). Erstens ist die Einkehrmöglichkeit in Schallbett keines dieser zarten Pflänzchen am Wegesrand die es zu behüten gilt und wurde daher von uns mit Verachtung links liegen gelassen. Zweitens war das Postauto welches ich etwa 5 Minuten vorher, von weiter oben in Richtung Passhöhe habe fahren sehen, tatsächlich das letzte für diesen Tag (der Navigator unserer Zweiertruppe lebe hoch, hoch, hoch....). Drittens geht's von Schallbett bis auf den Simplonpass nun richtig kuschelig auf der Galerie der Schnellstrasse entlang - ein geradezu königliches Wanderfinale für heute.

Die nächsten zwei Kilometer trottet Kathrin beinahe aphatisch in Trance neben mir her; allzuviele aufmunternde Sprüche fallen mir auch nicht mehr ein; und die neckische Passage vom Dach der Galerie hinunter auf ein Stück der alten Simplonstrasse wird umgehend durch die Tatsache neutralisiert, dass wir im Bereich der nun folgenden, alten Strasse auf einem Grabenrand entlang balancieren müssen, welche umsichtige Wasserversorgungsmänner dieser Tage erstellt haben. 

Da wir diese kleine Prüfung aber offenbar zur Zufriedenheit der Walliser Touristiker absolviert haben, werden wir nach der letzten Strassengalerie auf ein neues Level geleitet und die Herausforderungen erhöht. Das erste was wir vom weitläufigen Simplonpass erblicken, ist ein ausgedehnter, asphaltierter Parkplatz; ein heruntergekommenes Hotel und ein wunderschöner, hell und saftig leuchtender Rasenteppich. Diesem Frontalangriff der gepflegten Gastlichkeit parieren wir allerdings durch einen eleganten Ausfallschritt, zogen rasch entschlossen linkerhand vorbei und visierten nun direkt das Simplon-Hospiz hinter dem nächsten Hügel an. Bei der letzten Rast kurz vor unserem Tagesziel verteilen wir gegenseitig grosszügig Lobhudeleien, dass wir uns nicht für das soeben passierte Hotel entschieden hatten sondern für das kleine "häärzige" Monte Leone.

Dank Kathrin's Unaufmerksamkeit konnte ich mich ihres Rucksack's bemächtigen und trottete mit diesem - in der grossherzigen Absicht Ihr die letzten Meter des Tages etwas zu erleichtern, von Dannen.
Meine Frau bestand aber sehr nachdrücklich darauf, ihren Rucksack selber ins Ziel tragen zu wollen; und als mir dann auch noch eindrücklich demonstriert wurde, dass sie ohne Rucksack tatsächlich nur noch "hin-und her schwaderet", durfte sie das gute Stück einige Hundert Meter später wieder in Empfang nehmen.
Nachdem wir das imposante und offenbar auch gepflegte Simplon-Hospiz passiert hatten, erblicken wir nun auch unser Tagesziel und waren für's erste beruhigt. Immerhin war es DA; das ist ja schon mal ein Anfang, oder?

Um ziemlich genau 18.00Uhr liefen wir müde und hungrig im Ziel ein, wo wir sogleich mit den Worten empfangen wurden, dass die Küche im Fall nur bis 19.00Uhr geöffnet hätte und wir uns deshalb beeilen müssten. Das liessen wir uns natürlich nicht zweimal sagen und traten - bewaffnet mit dem Zimmerschlüssel, sogleich den Gang in die Unterwelt an; oder präziser ausgedrückt - überquerten den Parkplatz, stiegen eine Etage tiefer, um unter den Kiosk zu gelangen, wo uns alsdann unsere Suite erwartete. Dass diese etwas muffig und klein geraten schien, passte wie angegossen zum äusseren Eindruck unserer Unterkunft und dem herzlichen und freundlichen Empfang. 

Da wir ja derart freundlich ermuntert wurden, dem Koch nur ja keine Überstunden zuzumuten; deponierten wir lediglich unser Gepäck in unserem Verschlag - ääh Suite und kehrten umgehend zurück in die anheimelnde Gaststube; welche ja immerhin den Vorzug aufwies - über zahlreiche Fenster zu verfügen, so dass wir unseren Blick nach draussen schweifen lassen und uns so - wenigstens zeitweilig, vom Elend drinnen ablenken konnten.
Das Tischgedeck bestand standesgemäss aus einem plastifizierten "Etwas"; ebenso die liebevoll gestaltete Speisekarte. Mit Umsicht versuchten wir, dasjenige Gericht zu wählen, bei welchem der Maitre de Cuisine wohl am wenigsten falsch machen könnte und orderten schon mal in weiser Voraussicht den besten Wein auf der Karte, um etwaige Fehler der Küchen- oder Serviermannschaft umgehend begiessen zu können.
Das anschliessende Mahl entsprach exakt unserer Erwartung und lediglich die Tatsache, dass unser Zimmer noch grösseres Ungemach versprach, liess uns tapfer im Gastraum ausharren.
Kurz bevor die erste Flasche Rotwein zur Neige ging, hörten wir es aufdringlich gegen die Fensterscheiben im vorderen Teil des Restaurantes hämmern und wunderten uns noch, was denn wohl auf dem Simplonpass für schräge Geister hausen. Der Feldwebel des Hauses, welcher bereits seit längerem äusserst fröhlich telefonierend in unmittelbarer Nähe ebendieser Geräusche Stellung bezogen hatte und - abgesehen von einigen lautstarken Ausrufen keine weitere Reaktion zeitigte; massen wir dem Ganzen keine weitere Bedeutung zu - wer weiss den schon, was die Walliser unter "Fensterln" verstehen?!
Die Füllanzeige unserer einzigen Verteidigungslinie (der Rotwein) zeigte mittlerweile seit längerem "out of Order". Leider schien sich das Telefonat der Chefin von grosser Wichtigkeit zu sein - worauf auch ihre je länger desto ausgelassenere Artrikulation mit ihrem unsichtbaren Gegenüber zu deuten schien.
Als furchtloser Kämpe wagte ich mich in der Folge in den unmittelbaren Aktionsradius der fröhlichen Gastwirtin und versuchte mich unaufdringlich bemerkbar zu machen. Als sie mich dann doch noch gewahrte, wurde mir mit grosszügigem Handwedeln verdeutlicht, dass ich mich sorglos selber bedienen solle - was ich dann mit beherztem Griff zu Weinflasche und Korkenzieher umgehend in die Tat umsetzte.
Ausgestattet mit neuem Lebensmut, sinnierten Kathrin und ich dann noch längere Zeit über unser Glück, eine derart standesgerechte Herberge gewählt zu haben; umsomehr da ja praktisch auf der anderen Strassenseite das von aussen sehr gepflegt wirkende Simplon-Hospiz lockte (doch dazu mehr am folgenden Tag).
Nachdem sich etwas später auch unsere zweite Bastion dem Ende zu neigte und da wir eh kaum noch die Augen offenhalten konnten, wagten wir uns schliesslich tapfer in unsere Höhle.
Beim anschliessenden Duschen war ich wieder einmal mehr froh, beim Duschen keine Brille aufzuhaben; so konnte ich immerhin noch über den Ursprung der dunklen Flecken an der Wand und der Decke mutmassen und mir andere schlüssige Begründungen für die Farbunterschiede ausdenken.
Die Luftfeuchtigkeit in unserem Verschlag liess Kathrin dann für einmal darauf hoffen, dass Sie eine geruhsame Nacht verbringen könnte; da ich bei trockener Luft dazu neige geringfügig zu schnarchen. Es zeigte sich dann im Verlaufe der Nacht, dass Ihre Befürchtungen gleich doppelt unbegründet waren; denn das unangenehm hohe Pfeiffen der Lüftung im darüber liegenden Kiosk, liess mich ohnehin keinen Schlaf finden; dafür gleich mehrere Möglichkeiten zum Artgerechten Rückbau dieser herrlichen Gaststätte entwickeln.

Entgegen dem alten Volkslied: "Die Nacht ist ohne Ende...." erwachte irgendwann dann glücklicherweise doch noch ein neuer Tag zum Leben und so brauchten wir lediglich noch das ausstehende Frühstück zu überstehen, bevor wir uns - wie seinerzeit Moses; selber aus dieser misslichen Lage ins gelobte Land führen konnten.

Doch davon mehr im Bericht über den nächsten Tag und die 2. Etappe unserer Wanderferien....

Tourengänger: AlpinHero, Wichtel


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