Wonne in der Wanne zwischen den Zwillingen - Wannenzwillinge-Couloir


Publiziert von danski , 23. Januar 2019 um 22:15.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:21 Januar 2019
Ski Schwierigkeit: SS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 2800 m
Strecke:Bergstation Talegga - Märjelensee - Aletschgletscher - Wannenhorn Gletscher - Wannenhornzwillinge Lücke ca. 3380m - Couloir - Sulzbach - Wasserfassung Burg - Fieschertal
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Sesselbahn Talegga, erste Bergfahrt 09:00
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Postauto

Was für ein Winter beschert uns dieses Jahr 19 nach der Jahrtausendwende! Ein Winter, der langgehegte Träume und Pläne wieder näher an die Realisierung rückt. So geschehen mit dem ikonischen Wannenzwillinge-Couloir, das in seiner Kategorie weit oben rangiert.

Zustieg

In der Regel durchsteigt man ein Couloir, um einen Eindruck der Verhältnisse zu erhalten. In diesem Fall empfiehlt es sich aber, es quasi onsight zu versuchen. Für den Zustieg habe ich mich hier orientiert: http://www.chmoser.ch/trips/berichte/tourendetail.php?TourId=835  Wir starten also an der Bergstation Talegga und queren ohne Gegenanstieg gleich hinüber zum Tällisee mit anschliessender, ganz passabler Abfahrt zum Gletschertor unterhalb des Märjelensees. Noch schiebt der Norden Wolken zu uns hinüber, aber es ist eindeutig eine Tendenz zur Besserung erkennbar. Bereits jetzt fühlen wir uns angesichts der immensen Dimensionen des Aletschgletschers klein und demütig. Dennoch geniessen wir das Gefühl, in dieser eindrücklichen Gegend mutterseelenalleine unterwegs zu sein. Wir bewegen uns zügig am Rande des Gletschers gegen den Strom des leider nicht ewigen Eises. Dank der ausserordentlich guten Schneelage sehen wir uns nicht gezwungen, uns anzuseilen. Nach rund 3 km und auf ca. 2400m verlassen wir den Eisstrom und überwinden die steile Seitenmoräne mit einigen Spitzkehren. Glücklicherweise ist der Schnee weich und gut zu spuren. Bei harten Verhältnissen oder wenig Schnee empfiehlt sich hier eine Portage. Bis man flacheres Gelände auf ca. 3000m erreicht, ist noch so manche Spitzkehre in die unberührten Hänge zu zeichnen. Der gesamte Aufstieg spielt sich inmitten der grandiosen Aletscharena ab, deren hochwinterliche Schönheit heute besonders zur Geltung kommt. Dass noch keine einzige Spur die Makellosigkeit trübt, trägt wohl nicht unwesentlich dazu bei.  Bis wir gespannt die Lücke zwischen den Wannenzwillingen erreichen, verstreichen doch beinahe 4 Stunden. In Anbetracht der kalten Temperaturen und des frühen Zeitpunktes im Januar erachten wir den Faktor Zeit heute als weniger kritisch. Später im Jahr sollte man sich definitiv mehr Gedanken dazu machen, da gewisse Abschnitte schon früh der Sonne ausgesetzt sind und dadurch lawinengefährdet werden. Mit jedem Meter, der uns der Lücke näher bringt, steigt die Spannung. Wie würde sich die Rinne präsentieren und sich der jähe Tiefblick auf unsere Wahrnehmung auswirken? Und dann hat man ihn endlich, den langersehnten Blick auf die andere Seite. Ja, er ist beeindruckend und flösst uns gehörig Respekt ein, doch gleichzeitig geht von diesem Abgrund auch eine ungeheure Anziehungskraft aus. Notabene präsentieren sich die Verhältnisse als perfekt. Prall gefüllt mit weichem weiss, fällt der weisse Korridor vor uns 600m in die Tiefe. Diese Einladung können wir nicht ausschlagen!

Abfahrt

Mit einem leichten Kribbeln im Bauch klicke ich mich in die Bindungen ein und rutsche in den Schlund. Dass es gerade am Einstieg noch steinig sein könnte, ahne ich, aber so steinig hätte ich mir das nicht vorgestellt. Doch der unangenehme Teil liegt nach wenigen Metern hinter mir. Ein erster turn gelingt problemlos, doch die Tiefe des Schnees überrascht mit dennoch. Beinahe knietief stehe ich im weichen, 45° steilen Schnee. Abgesehen von viel bewegtem Lockerschnee bleibt das viele Weiss an Ort und Stelle. Der Grund der Rinne ist oberen Abschnitt gerade etwas zu eng und so wechsle ich für jeden turn die Seite. Anfänglich noch etwas zögerlich, gewinnen wir nun immer mehr Selbstvertrauen. Der Fahrstil wird schneller und flüssiger, bis wir in bester freeride-Manier die untere Hälfte des Couloirs hinabkurven. Dass der Schnee sich als so konsistent präsentiert, grenzt beinahe an ein Wunder. Nach 600 HM eingeklemmt zwischen steilen Felswänden, werden wir in die gleissende Sonne ausgespuckt. Wir schauen ehrfürchtig zurück und freuen uns ganz gewaltig über die gelungene Befahrung. Nur der Gedanke an die unausweichliche und berüchtigte Moräne lässt die Spannung noch nicht von uns abfallen. Erst einmal werden uns aber weitere 800 perfekte HM in dieser senkrechten Arena geschenkt, bevor wir vor einem weiteren, weit weniger einladenden Abgrund zum Stillstand kommen. Ein durchgehender Korridor ist von oben nicht erkennbar und so bleibt uns nichts anderes übrig, als uns Stück für Stück nach unten zu arbeiten. Mit viel Glück gelingt uns ein sicheres Durchkommen. Puh, das pièce de résistance ist überwunden und wir können unserer Erleichterung freien Lauf lassen. Technisch einfacher könnte man wohl dem tiefeingeschnittenen Sulzbach folgen, doch wäre man über eine längere Strecke akutem Steinschlag ausgesetzt. Mühelos erreichen wir die Wasserfassung Burg, welche ein letztes, jedoch verhältnismässig einfach zu überwindendes Hindernis darstellt. Auf der Zufahrtstrasse zu dieser Wasserfassung gelangen wir bequem und sicher durch die obere Schlucht. Beim P. 1639 biegen wir rechts ab und fahren anschliessend durch etwas arg dichten Wald zum Glingulwasser ab. Die letzte Meile legen wir auf einem Fahrweg zurück, dann ist der Endpunkt unserer abenteuerlichen und und ungemein beeindruckenden Ski-Odyssee erreicht. 

Bestimmt eines meiner Touren-Highlights, nicht nur in dieser hoffentlich noch lange anhaltenden Saison! 

Tourengänger: danski


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