Piz Acletta


Publiziert von Bergmax , 10. Juli 2018 um 21:44.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Surselva
Tour Datum: 9 Juli 2018
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   CH-UR 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 1900 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto zur Talstation Disentis 3000 / LSB Caischavedra in Acletta
Kartennummer:LKS 1212 Amsteg, Details map.geo.admin.ch

Spannender Aufstieg auf einen wilden Gipfel...

Auf den Piz Acletta (2911 m) bin ich durch ein Bild aufmerksam geworden, das ihn als spitzen, schön geformten Felsgipfel zeigt. Obwohl er nicht allzu abgelegen ist, finden sich im Internet keine Tourenberichte (weder auf Hikr.org noch bei der "Konkurrenz"). Dagegen schreibt der SAC-Führer Urner Alpen von 1905 viel Positives über den Piz (d') Acletta: "hübsche Aussicht", "unschwierige Besteigung", "kurzer Abstecher [vom Brunnipass], sehr zu empfehlen". Grund genug, einen Versuch zu wagen und ein paar aktuelle Informationen beizutragen!

Die Bergbahn nach Caischavedra (1862 m) spart einige Höhenmeter. An der Bergstation nehme ich den ausgeschilderten Weg zum Lag Serein. Zuerst geht es bergauf zu einem Gratrücken, danach folgt eine längere, landschaftlich reizvolle Querung über mehrere Bergbäche bis zum kleinen Bergsee Lag Serein (2073 m).

Hinter dem Bergsee zweigt die weiß-blau-weiß markierte Route zur Cavardirashütte über den Brunnipass ab. Die folgenden 400 Höhenmeter werden in angenehmer Steigung über Bergwiesen zurückgelegt. Etwa bei P. 2431 beginnen einige flache Schneefelder. Diese vereinfachen den weiteren Aufstieg durch Blockfelder. Im Talschluss beginnt auf ca. 2600 m der steile und etwas anspruchsvollere Aufstieg zur Grathöhe. Zuerst steigt man auf guten Wegspuren (bereits schneefrei) eine Schutthalde hinauf, dann kraxelt man durch eine kettengesicherte Felsrinne hoch. Auf dem Brunnigrätli (der eigentliche Pass befindet sich weiter westlich) öffnet sich ein toller Blick zum Brunnifirn und zum mächtigen Oberalpstock.

Natürlich sieht man von hier aus auch den Piz Acletta mit seinem Nordostgrat, den ich für den Aufstieg ausgesucht habe. Der wirkt allerdings nicht gerade "unschwierig", aber gerade Blockgrate lassen sich ja oft durch geschickte Routenwahl "überlisten"...
Zuerst folge ich den blau-weißen Markierungen weiter Richtung Cavardirashütte. Über eine Leiter und ein paar gesicherte Stellen steige ich nordseitig vom Grat ab und verlasse den Hüttenweg dort, wo er nach rechts zum Gletscher abknickt (Warnschild Gletschergefahren).

Jetzt beginnt endlich das Herzstück der Tour. Umso ärgerlicher, dass ich meine Route zum Gipfel kaum detailliert beschreiben kann. Dazu ist sie einfach viel zu kompliziert. Grob gesagt lege ich etwa die eine Hälfte der Strecke direkt am Grat zurück und weiche für die andere Hälfte in die Nordflanke aus.

Man kann den Anstieg in drei Teile gliedern.
Der erste Abschnitt führt von den Punkt, an dem ich den Hüttenweg verlasse bis zum eigentlichen Brunnipass, d.h. dem tiefsten Punkt des Brunnigrätlis. Der Grat wird dort oft von aufgestelten Platten gebildet, die sich nur schwierig überklettern lassen, deshalb weiche ich oft in die Nordflanke aus, an ganz wenigen Stellen auch in die ausgesetztere Südflanke. Dieser Abschnitt ist kurz, aber zeitaufwändig.

Der zweite Teil leitet vom tiefsten Punkt des Brunnigrätlis über den Vorgipfel P. 2822 bis zur unscheinbaren letzten Scharte vor den Hauptgipfel. Hier ist der Grat meistens begehbar, obwohl man stellenweise in der Nordflanke schneller vorankommt (sehr schwache Wegspuren von Strahlern). Auf dem Vorgipfel befindet sich ein zerfallener Steinmann.

Der letzte Abschnitt von der unscheinbaren Scharte bis zum Gipfel des Piz' Acletta sieht sehr steil und schwierig aus. Einen Grataufschwung von ca. 50 Höhenmetern umgehe ich etwas ausholend in der Nordflanke und klettere dann in steilem Blockgelände zurück zum Grat, der sich zu meiner Überraschung im obersten Teil gut zum Kraxeln eignet. Die letzten 40 Höhenmeter am Grat sind vielleicht die schönsten der ganzen Tour! Der Gipfel (2911 m) ist erstaunlich geräumig. Ein Vermessungszeichen und ein Holzstab, vielleicht der Rest eines Gipfelkreuzes schmücken diesen großartigen Punkt der Schweizer Alpen. Tolles Panorama!

Für den Abstieg zurück zum Brunnipass nehme ich eine ähnliche Route wie für den Aufstieg. Dabei versuche ich, mich etwas mehr am Grat zu halten. Die Kraxelei ist dort tendenziell schwieriger, macht aber mehr Spaß als in der stellenweise rutschigen Flanke. Dennoch sind einige Umgehungen (für mich) unvermeidlich. Zurück zum Brunnipass brauche ich genauso lange wie für den Aufstieg (jeweils ca. 1 h 20 min).

Nach einer gemütlich Pause am Brunnipass wandere ich auf der bekannten Route hinunter zum Lag Serein. Ab dort gehe ich nicht zurück zur Bergstation der Seilbahn, sondern steige im Aclettatal direkt zur Talstation in Acletta ab. Der Weg ist sehr direkt, aber die vielen Höhenmeter sind auch abwärts nicht zu unterschätzen. Angenehm ist das Rauschen der Acletta neben dem Weg, die immer wieder kleine Wasserfälle hat. Unterhalb von Pardi (1448 m) kann man sich kurz vor dem Ziel noch an einem Brunnen erfrischen!

Gehzeiten

Bergstation Caischavedra - Lag Serein: 50 min
Lag Serein - Brunnipass (-grätli): 1 h 30 min
Gipfelanstieg: 1 h 15 min
Gipfelabstieg: 1 h 20 min
Brunnipass (-grätli) - Lag Serein: 1 h 10 min
Lag Serein - Aclettatal - Talstation: 1 h 15 min

Schwierigkeiten

Piz Acletta Nordostgrat: T5+/II auf meiner Route. Stellenweise ist das Gelände sehr unübersichtlich, wer aber die einfachste Route findet, bleibt vermutlich bei T5/I. Am Grat meistens guter Fels und schöne Blockkletterei. Zeitaufwand nicht unterschätzen!
Aufstieg zum Brunnipass auf dem blau-weiß markiertem Weg: T4
(letzte 80 Höhenmeter), sonst meistens T2
Restliche Tour: T2 und T1

Fazit - Eine sehr spannende Unternehmung, bei der man noch selbst bergsteigen darf. Nicht vom abweisenden Aussehen des Gipfels abschrecken lassen! Und wieder einmal ein Zeichen, dass man sich nicht blind auf die Literatur verlassen sollte. Die Bergsteiger um 1905 müssen ja tolle Hecht gewesen sein, um den "unschwierigen" Aufstieg in den angegeben 20 Minuten zu schaffen...



Tourengänger: Bergmax
Communities: Unbekannte Touren


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