Wegsuche und Schuhe einlaufen in Unterbach


Publiziert von ABoehlen , 1. Juli 2018 um 19:09.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum:25 Juni 2018
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 900 m
Strecke:Brienzwiler Bahnhof – Unterbach – Affenwald – Handhabi – Gugger – Wirzen – Gugger – Züünwald – Unterheid – Unterbach – Oltschibachfall – Sportleregge – Brienzwiler Bahnhof, 22 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Brienzwiler
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Brienzwiler
Kartennummer:1209 Brienz

Da der Wanderweg von Unterbach nach Zaun seit mindestens letztem Herbst wegen einem Erdrutsch gesperrt ist und eine Sanierung und Wiedereröffnung sehr fraglich ist, habe ich mich auf die Suche nach Alternativen gemacht und in den alten Landeskarten eine solche gefunden, denn dort ist auch von Unterheid aus ein Weg eingezeichnet, der die kritische Stelle umgeht und oberhalb des Erdrutsches in den anderen Weg mündet. Seit rund 20 Jahren wird dieser Weg aber nicht mehr gezeigt, aber vielleicht ist die Strecke ja immer noch passierbar. Dies lässt sich nur vor Ort herausfinden. Ende Juni stimmt auch das Wetter und so geht es frühmorgens um 06:00 Uhr am 25. Juni los Richtung Oberland.

Die Reise mit S7, IC61 und dem Regio der Zentralbahn klappt problemlos und nach nicht ganz 2 Stunden Fahrt erreiche ich den Bahnhof Brienzwiler. Wie zuhause ist es noch mehrheitlich bedeckt, aber im Laufe des Tages soll es ja besser werden. Über die Wilerbrügg, die mithilfe von lärmintensiven Maschinen saniert wird, gelange ich zum unteren Pistenende und folge dem Radweg, vorbei am «Sportleregge» nach Unterbach hinein. Dort herrscht noch völlige Ruhe, aber am Montag beginnt der Flugbetrieb meist etwas später am Vormittag. Der Gasthof Rössli hat Ruhetag, scheint ansonsten aber nach wie vor geöffnet zu sein, steht aber weiterhin zum Verkauf ausgeschrieben. Nach dem Znünikaffee im «Fliegertreff» und einem Nussgipfel bin ich gestärkt für die Spurensuche, die hinter dem Affenwald beginnt.

Über die etwas lädierte Brücke und vorbei an zwei Hütten erreiche ich den Waldrand, wo gemäss aktueller Karte ein Bächlein hinunter kommen sollte. Dies ist jedoch nicht korrekt, besser ist es in der alten Kartenausgabe, welche den unteren Teil als Trockenrinne ausweist. Links (östlich) davon führte der gesuchte Weg im Zickzack bergauf. Einen Weg kann ich jedoch nicht finden, aber das Gelände ist auch so recht gut begehbar. Die zahlreichen Blöcke, die herumliegen, sind wohl zumeist schon sehr alt und entsprechend stark mit Moos bewachsen. Weiter oben quere ich den Hang, um wieder zum Graben zu gelangen, und tatsächlich führt dieser hier etwas Wasser. Wo genau einst die Querung erfolgt sein muss, kann ich nicht mehr erkennen, dafür das auf der Karte eingetragene schmale Felsband gegenüber. An dessen Fuss ist die Vegetation nun sehr dicht und das Vorwärtskommen entsprechend mühsam. Auch Spinnweben hat es massenhaft! Der Weg führte dann weiter oben wieder aus dem Graben hinaus, also mache ich das auch, bin aber – wie sich bald erweisen wird – zu niedrig, denn ich lande in unwegsamen Gelände und steige dann einfach in direkter Linie den Wald hoch. Und da stosse ich plötzlich auf eine recht deutliche Spur, die aus der Richtung des Grabens hervorkommt. Um festzustellen, wie der genaue Verlauf ist, folge ich ihr ein Stück bergab, lande aber bald wieder in dichtem Dschungel. Von unten ist der richtige Punkt, wo man den Graben verlassen soll, also ziemlich schwierig zu finden. Problemlos erreiche ich nun bergauf gehend die kleine Hütte auf der Lichtung, die gemäss Flurnamen der Amtlichen Vermessung «Handhabi» heisst.

Zeit für eine Pause! Obwohl sich die Sonne noch nicht zeigt und es nicht allzu warm ist, bin ich schon komplett nassgeschwitzt und froh, genügend Wasser dabei zu haben. Weiter geht es nun auf dem schwach ausgeprägten Pfad, der etwas später in den offiziellen und gesperrten Wanderweg mündet. Von dort kommend, ist dieser Abzweig sehr unscheinbar und schwierig aufzuspüren. Auf dem Flugplatz unten herrscht inzwischen Betrieb und ich steige etwas bergab bis zu einem schönen Ausguck, um die ersten Starts des Tages mitzuverfolgen. Da der Wind von Meiringen her bläst, wird talaufwärts gestartet, was von diesem Punkt aus natürlich vorteilhaft ist. Anschliessend geht es aufwärts und unter der Absperrung durch nach Furen und weiter zum Strässchen. Dort folge ich dem mir gut bekannten Weg bis zum grossartigen Aussichtspunkt beim Hof Schlupf, wo man sich knapp 500 Höhenmeter direkt über Unterbach befindet. Das Timing passt auch, denn die zuvor gestarteten Jets schweben gerade zur Landung an.

Zeit, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen: Diese Verbindung ist zwar mühsam, aber begehbar und im Gegensatz zum gesperrten Weg nicht gefährlich. Es ist also weiterhin möglich, von Unterbach aus direkt aufzusteigen. Falls ich einmal das Wandelhorn in Angriff nehmen möchte, könnte das wichtig sein. Und was machen wir nun mit dem angebrochenen Tag? Nutzen wir die Gelegenheit, die dieses Jahr noch kaum benutzten Wanderschuhe etwas einzulaufen! Ich folge daher dem Weg einfach mal weiter bergauf. Flüe auf 1120 m ist der letzte Hof, das nächste Haus, Wirzen auf 1247 m, ist bereits eine Alp. Dort endet auch die Fahrstrasse. Sie wird abgelöst von einer Wegspur, die inmitten der Alpweiden aber nur punktuell erkennbar ist. Das ist aber kein Problem, denn der nächste Wegpunkt ist gut sichtbar: Eine Hütte, rund 100 m höher gelegen. Ich spüre langsam, dass ich beim weiteren Bergaufgehen wohl Probleme an der Ferse bekommen würde, daher breche ich den Aufstieg dort ab und mache Mittag. Es ist ja schon 11:30 Uhr und ich habe bis hierher rund 800 Höhenmeter überwunden.

Die Hütte ist ein einfacher Stall, der ziemlich am Zerfallen ist. Ich klettere trotzdem die wackelige Holztreppe empor und lasse mich auf den Stufen nieder um mein kleines Picknick zu geniessen. Allzu lange halte ich es aber nicht aus, denn es zieht und ist recht frisch. Allerdings kann sich die Sonne allmählich besser in Szene setzen, obwohl die Berge weiterhin in den Wolken liegen. Nach einer halben Stunde mache ich mich auf den Rückweg und folge nun dem Wanderweg Richtung Meiringen. Auch dies ist ein «alter Bekannter», aber immer wieder schön. Im Bereich des Wandelbaches werden im grossen Stil Bäume gefällt, ebenso weiter östlich im Züünwald. Bald bin ich unten und erreiche die Ebene auf Pt. 587. Erstaunt stelle ich fest, dass der Wind nun von unten her bläst, aber immer noch recht stark ist. Die Erklärung dafür werde ich später erhalten. Inzwischen ist es 13:30 Uhr und eine einzelne F/A-18 hebt in Richtung Meiringen ab. Es herrscht nun prächtiger Sonnenschein und der Himmel ist fast wolkenlos. Ich entscheide mich, dem Wasserfall noch einen Besuch abzustatten. Dabei höre ich, dass bei den Kavernen Triebwerke gestartet werden. Von dort, wo der Wanderweg die normalerweise nicht benutzte Rollbahn kreuzt, ist es nur ein kurzer Weg bis zur Absperrung, wo ich eine Weile den Flugvorbereitungen beiwohne. Anschliessend begebe ich mich zur Brücke und frage mich, ob man dort nicht ein Stück in den Wald hinaufklettern kann, um den Wasserfall von noch näher zu sehen? Man kann, denn nach etwas Kraxeln stosse ich auf einen Pfad, der auf der linken (westlichen) Seite des Baches aufwärts führt. Aufgrund des starken Windes und der recht grossen Wassermenge ist die Luft bald erfüllt mit Gischt und der Boden sehr rutschig, sodass ich umkehre. Bei geringer Wassermenge im Spätherbst oder Winter käme man vermutlich noch deutlich weiter.

Ich folge nun dem Waldweg, der später in ein Strässchen mündet und erreiche so wieder den «Sportleregge». Hier ist es Zeit für ein Bier. Allem Anschein nach ist sonst niemand zugegen, aber die Besitzerin informiert mich, dass selbstverständlich geöffnet ist. So lasse ich mich in einem der gemütlichen Sessel nieder und geniesse die verdiente Erfrischung. Im Gespräch mit der Chefin erfahre ich, dass der starke Wind die Bise sei, die es eben auch hier gibt und nicht nur im Mittelland. Und weil die Bise durch den Einschnitt des Brünigpass zieht und an der Felsbastion südlich von Unterbach aufprallt, führt dies dazu, dass hier unten der Wind von Osten her bläst, weiter oben im Tal aber von Westen. Und genau das habe ich vorhin ja beobachtet!

Der Rückweg ist nun gegeben. Beim unteren Pistenende angekommen, stelle ich fest, dass nochmals zwei F/A-18 zum Start rollen. Das will ich aus dieser bislang noch ungewohnten Perspektive natürlich mitverfolgen. Bis zu den startenden Jets sind es von hier aus rund 200 – 300 Meter, aber als sie den Nachbrenner zünden, mischt sich zur kühlen Bisenluft noch ein heisser Luftstrom, wie aus einem Backofen! Ein toller Platz! Da es nun nicht mehr auf den 15:56-Zug reicht, setze ich mich auf der gegenüber liegenden Seite ins Gras und geniesse noch ein bisschen das schöne Wetter. Und nach rund 40 Minuten kehren die beiden Jets bereits wieder zurück, sodass ich nun auch die Landungen noch miterleben kann. Ein perfektes Ende für diesen spontanen Wandertag mit etwas chaotischer Routenführung.

Tourengänger: ABoehlen


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