Lahnerkopf (1621) weglos über den Nordostgrat: eine äußerst lohnende Herbstrunde...im Frühjahr!


Publiziert von Vielhygler , 10. Mai 2018 um 00:22.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Bayrische Voralpen
Tour Datum: 6 Mai 2018
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 650 m
Abstieg: 650 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Enterrottach auf der Valepp-Mautstraße zur Ankerstube. Bushaltestelle auch mit "Ankerstube" beschildert.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Unterkunftmöglichkeiten:Riedereckalm und Lahneralm haben keinen Wirtsbetrieb
Kartennummer:DAV BY 15 Mangfallgerbirge Mitte

Drei Gipfel, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Die gar nicht scharfe Lahnerschneid: ein freisichtiger Almwiesenrücken. Schneidiger war dann der Übergang zum Lahnerkopf, einem einsamen, bekreuzten Felsriegel. Schließlich das Lahnereck: ein Kleinbuckel, der sich nur für passionierte Latschenkämpfer lohnt. Diese drei Ziele wollte ich heute weglos über ihren Nordostgrat angehen, der sich heute als landschaftlich sehr gute Wahl herausgestellt hat. Obendrauf kam, mitten im schönsten Frühjahr, noch ein wunderschönes, herbstliches, Nebelmeer über der Valepp und dem Schliersee.

Was mich betrifft, kannte ich bisher nur den Lahnerkopf, zu dem ich vor langer Zeit eimal als Abstecher hinaufgegangen bin. Dabei bin ich, vom Riederecksattel kommend, wohl einfach am höchsten Punkt des Lahnerecks vorbeigelaufen. Und auf der Lahnerschneid war ich übehaupt noch nie...ich hatte also Nachholbedarf, habe mir die Karte angesehen und mich für den sanft ansteigenden Nordostgrat entschieden. Es war, wie sich herausstellen sollte, eine gute Wahl...


Die Wegbeschreibung bis zum weglosen Einstieg:

Von Enterrottach kommend erreiche ich mit dem Auto auf der Valepp-Mautstraße nach der Talstation der Suttenbergbahn die Ankerstube mit Bushaltestelle. Hier Car-Depot.
Nun geht es auf der Teerstraße in wenigen Schritten zurück zu einer weiteren Bushaltestelle südwstlich des Gebiets der Wechselalm. Direkt gegenüber der Bushaltestelle steht ein Stadel. Von hier folge ich einer Forstautobahn in südlicher Richtung, die mit: "Frei für Forstbetrieb" beschildert ist. Gelb ausgeschildert ist diese Straße hier auch in der Gegenrichtung: mit " Suttenrundweg".
In der Folge  lasse ich nach 7 Minuten einen abfallenden Straßenabzweiger, der ein letztes Mal mit "Suttenrundweg" bezeichnet ist, rechts liegen und folge weiter der Forstautobahn, die an derselben Kreuzung witzigerweise mit: "Straße/Steig endet" beschildert ist. Steig gibt es hier allerdings gar keinen und die Forststraße endet laut Karte auch erst viel weiter oben, nämlich an der Lahneralm, die überhaupt nur über diese Straßenerschließung verfügt und über die später mein Abstieg auf der heutigen Runde erfolgen soll.
Es geht also zunächst auf der Forstautobahn weiter, bis nach weiteren 6 Minuten ein nach links abzweigender Straßenstich zu einer eingezäunten Wildfütterungsstation erreicht wird. Diesen nehme ich nicht und gehe stattdessen auf der Forstautobahn weiter, bis nach etwa 10 Minuten an einer ganz markanten, scharfen  Serpentine ein (auch in der Karte verzeichneter) Forstweg nach links (Osten) abfällt. Ich gehe nun diesen abfallenden Weg ein paar Schritte hinunter. Linkerhand sind Zäune, die das obere Ende der soeben erwähnten Wildfütterung begrenzen. Rechterhand finde ich gleichmäßig ansteigenden Wald und beginne dort weglos anzusteigen. Ich halte mich dabei genau in südlicher Richtung, so werde ich den Nordostgrat der Lahnerschneid schnell erreichen. Der Wald ist weglos ganz einfach zu begehen und bald sehe ich es schon rechts oben hell schimmern: das kann nur die Gratkante sein.

Der Nordostgrat...

...im untersten Teil, noch vor dem P. 1325, ist eine vor langer Zeit freigeschlagene Lichtungsfläche. Einzelne Bäume blieben stehen und ein paar davon wurden später vom Sturm umgedrückt. Diese wenigen herumliegenden, morschen, Stämme sperren meinen bequemen Aufstieg auf dem breiten und stets deutlichen Grat allerdings in keiner Weise.
Im weiteren Verlauf wird es immer aussichtsreicher. Der Talgrund der Valepp ist in dichten Nebel gehüllt und über ihm werden Schinder, Stolzenberg und Sonnwendjoch von der Morgenonne angestrahlt - eine wunderschöne Herbststimmung kommt auf.
Der P. 1325 ist ein grasiger Kegel, den ich bald erreiche. Je weiter ich auf dem Grat nach oben wandere, desto besser gefällt es mir. Mit vielen freien Aussichten ist das ganze auch landschaftlich ein Hochgenuß.
Schließlich erreiche ich an der Lahnerschneid Almgelände. Das Gebiet ist von der Schönleitenalm im Süden erschlossen und es geht nun eine Weile auf Almwiesen mit gestuften Tiertritten dahin.
Doch schon bald zieht sich der licht bewaldete Grat zusammen und wird nun felsiger, es folgt der schönste Abschnitt, den allerdings nur derjenige genießen wird, der milde Ausgesetztheiten reizvoll findet. Klettern muß man hier nicht, es geht nämlich ganz flach dahin, doch an ein paar Stellen ist es schon recht luftig.
Dieser Abschnitt ist leider nur kurz: ein letzter breiter, grasiger Aufschwung folgt und schon stehe ich vor dem Lahnerkopf- Kreuz, das mit seinen schiefen Ästen und seiner herabbaumelnden Blechschatulle sofort mein Mitgefühl erregt. Bissl Vogelscheuche, bissl Huckleberry Finn, aber sehr symphatisch!
Der Gipfel ist ein wirklich schöner und auch gemütlicher Aussichtspunkt. Ich habe mich im Schatten einer Tanne in' s  Gras gelegt und die Brozeit ausgepackt. Besonders gut gefallen hat mir die für Mai eher untypische Nebeldecke über dem Tal. Wird' s schon wieder Herbst? Bloß nicht!
Ganz einsam ist der Gipfel nicht, ein Wanderer kam noch und ist bald wieder gegangen. Was man halt am Berg so sagt, wenn' s nicht viel zu sagen gibt. "Servus". "Servus".

Mein Weiterweg zum Lahnereck...

...war ein eigenverschuldeter Flop, der einiges toppt, was ich bisher in den Latschen erlebt habe. Daß ich mich selber an den weglosen Normalabstieg auf der Nordseite nicht mehr genau erinnern konnte, ok, aber ich hätte wenigstens die vorhandenen Berichte genauer ansehen können. Erst kürzlich war wieder einer erschienen, der diesen (weglosen) Übergang beschreibt. Mei, selber schuld: wer nicht hören will, muß wühlen!
Ich bin zunächst noch ganz richtig ein Stück weit die verschneiten Latschengassen im Norden hinuntergegangen, bin dann aber zurück auf den Grat, um das Lahnereck nicht zu versäumen. Es wurde direkt am felsigen Latschengrat allerdings binnen kurzem etwas zu happig und so bin ich notgedrungen auf die Südseite ausgewichen. Nach einigen Scharmützeln mit dem Krummholz stand, oder schwankte ich, inmitten von dichten Legföhren tatsächlich auf dem höchsten Punkt des Lahnerecks. Gesehen habe ich dort nicht viel, außer daß die weiß verschneiten breiten Latschengassen der Nordseite vom höchsten Punkts des Lahnerecks leider nicht erreichbar waren: die zu ihnen abfallenden Felsen waren hier einfach zu steil.

Jetzt das kurze Stück zurückfighten wäre nicht weiter schlimm gewesen, aber Weiterpokern ("es hört bestimmt bald wieder auf") war meine Wahl: keine gute, wie sich herausstellen solllte...
Was soll ich sagen? Latschenkämpfe sind einfach unbeschreiblich, deshalb nur Stichworte: Keine Gassen weit und breit, auch staubt es gewaltig, die Biester fangen gerade an zu blühen. Kriechpassagen inclusive. In den vollkommen dichten Bewuchs sind als weiteres Highlight auch stachelige, dürre Kleintannen eingearbeitet. Zwei weitere Ausstiegsversuche über den Grat hinweg nach Norden schlugen fehl: es war erneut zu steil. Schwamm drüber: nach 45 Minuten hatte ich dann endlich nahe des Riederecksattels den AV-Weg und bald auch die Riedereckalm erreicht.

Ein günstiger Pfad von der Riedereckalm zur Lahneralm hinab schließt die Runde, die mit einem kurzen Forstautobahnhatscher am Rotzigmoosberg vorbei ihren Ausklang nimmt.

Um mir den Umweg über Sieblialm, Hufnagel- und Ankerstube zu ersparen, hoffte ich, einen in der AV-Karte schwach gepunkteten Pfad aufzufinden, der direkt von der Riedereckalm auf einem kleinen Geländerücken nach Osten zur Lahneralm hinabgeht. Einmal wurde dieser Pfad auch bei Hikr. beschrieben, nämlich hier von klemi74. Ohne Schnee sollte es noch einfacher sein.
Gesucht, gefunden: unmittelbar vor dem hübschen Almgebäude, an einem morschen Brunntrog, ist bereits ein vielversprechender, grasiger Geländerücken zu sehen. Direkt unterhalb des Brunnens liegen auch verdächtig viele Steine auf einem Almfelsen: das könnte ein zerbröckeltes Steinmanndl gewesen sein. Ein paar weglose Schritte im Gras und wieder liegen Steine auf einem Fels. Ich bin offenbar richtig. Erst im Wald beginnt dann eine Wegspur, die im weiteren Verlauf immer deutlicher wird. Die schwachen Markierungen, die Klemi74 erwähnt, habe ich nicht gesehen (vielleicht übersehen). Zum Schluß geht der Pfad dort, wo man die Almwiesen der Lahneralm schon durch die Zweige spähend erahnt, in einen überwachsenen Karrenweg über und schon steht man am Waldrand über der Lahneralm. (Hierzu gibt es ein paar Info-Bilder, ein Foto zeigt auch den Rückblick von der Lahneralm, um den Pfad in der Gegenrichtung zu finden.
Von der Lahneralm nehme ich dann die Forstautobahn und gehe an den netten Felsen des Rotzigmoosbergs vorbei hinab zur Ankerstube, wo sich die schöne Runde schließt.

Bemerkungen:

Was die Eintragung der Forstwege und Pfade betrifft: die AV-Karte stimmt.
Das charmante, aber etwas ramponierte Gipfelkreuz? Wer hinaufgeht und Lust hat, könnte ein Gipfelkreuz-Repair- Kit mitnehmen: ein paar Meter fester biegbarer Draht und eine Kombizange können hier schon Wunder bewirken...
Schwierigkeiten? Sehr einfach weglos zu finden. Auch der Anstieg ist sehr bequem, deshalb gut geeignet für Weglos-Einsteiger. Allerdings ist der Übergang von der Lahnerschneid zum Lahnerkopf recht luftig und ausgesetzt. Mir gefällt sowas, aber wer' s nicht mag, wird keinen Spaß haben. Das ganze ist somit auch keine Familientour, finde ich!
Als Runde? Perfekt! Sehr schön und abwechslungsreich.
Weitere Berichte? Luidger ging kürzlich hier von der Riedereckalm über Lahnerkopf- und Schneid zur Schönleitenalm, das ist natürlich auch eine schöne Variante.

Tourengänger: Vielhygler


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Kommentare (2)


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Luidger hat gesagt: Schöne Tour
Gesendet am 11. Mai 2018 um 10:08
Diese kleine Berg bietet doch ganz interessante Tourenmöglichkeiten. Eine sehr schöne Variante hast du da beschrieben

Deine Latschentortur erinnert mich an eine Episode vom letzten Jahr, wo ich mich von Süden durch Latschen auf den Grat zum Großen Traithen gekämpft habe und meine Begleiter dann doch noch den einfachen Steig gefunden und vor mit oben waren.

Das Stück östlich vom Lahnerkopf fand ich vor zwei Wochen total einfach, praktisch keine Latschenberührung auf der Nordseite. Das Lahnereck habe ich gar nicht bemerkt, nur am Track kann man sehen, dass ich dran vorbeigelaufen sein muss.

Gruß

Luidger

Vielhygler hat gesagt: RE:Schöne Tour
Gesendet am 11. Mai 2018 um 12:22
Deine Tour habe ich mir natürlich angeschaut und gestaunt, daß am Grat gar kein Schnee mehr war, danke!

Mei die Latschen, kommt immer drauf an, wie man' s grad erwischt. Am Traithen war ich auch mal am Unterberger Horn von Süden und hab mich auf' s schlimmste eingestellt...und eine wunderbare Gasse gefunden.

Am Lahnereck werde ich in Zukunft auch besser nördlich vorbeilaufen ;-))

VG Andreas


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