Im White-Out aufs Breithorn


Publiziert von Michael26 , 13. Januar 2018 um 22:10.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:13 September 2017
Hochtouren Schwierigkeit: L
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   I 
Zeitbedarf: 4:00
Strecke:Bergstation Kleinmatterhorn-Breithorn

Eigentlich haben wir uns in dieser Saison hohe Ziele gesetzt, aber zweimal wirft mich eine Grippe zurück. Und so treffe ich nicht wie geplant am Sonntag, den 10.9., sondern erst zwei Tage später in Zermatt ein. Meine beiden Bergfreunde sind schon seit Sonntag da und haben bereits einen Versuch am Alphubel gestartet, diesen aber wegen schlechtem Wetter am Vormittag des Gipfeltages abgebrochen.
Überhaupt sind wir nicht allzu optimistisch, was unsere Tourenaussichten betrifft, denn der Wetterbericht ist auch für die nächsten Tage nicht gut und es liegt schon sehr viel Schnee, u.a. ist die Hörnlihütte bereits geschlossen. Verwegene Pläne vom Matterhorn oder dergleichen haben sich damit bereits in Luft aufgelöst. Wir überlegen sogar, ob wir nicht gleich in Richtung Ostalpen abreisen.
Am späten Nachmittag ist dann aber der Himmel glasklar und wir haben einen wunderbaren Blick auf das schon weiß überzuckerte Matterhorn. Jetzt fuchst es uns gewaltig, dass hier gar nichts gehen soll. Wir entscheiden uns für einen Versuch am Breithorn mit Option auf Castor und Pollux, um Zermatt nicht mit ganz leeren Händen wieder verlassen zu müssen.

Am nächsten Morgen ist der Himmel bedeckt und das Matterhorn ist hinter Wolken verschwunden. Wir fahren mit der Bahn auf das Kleinmatterhorn, um von hier zum Breithorn und ggf. weiteren Zielen aufzubrechen. Wie erwartet landen wir im Nebel.

Es ist schon etwas Besonderes, in kürzester Zeit mit einer Gondel von 1400 MüNN auf 3800 MüNN zu fahren, denn man erreicht schlagartig eine andere Welt. Auf dem Kleinmatterhorn betritt man zunächst einen Tunnel, der auf die andere Seite des Berges führt. Die Luft ist hier oben schon so dünn, dass man das Gefühl hat, auf Watte zu laufen und sich ständig am Rande von Schwindel und Übelkeit bewegt und es ist empfindlich kalt. Nicht zufällig findet man im Schnee immer wieder braune Streifen, die anzeigen, dass sich wieder ein Besucher ungewollt erleichtern mußte. Es ist unzweifelhaft eine menschenfeindliche Welt.

Mit uns in der Gondel fährt ein Päarchen hoch, vermutlich eine Bergsteigerin mit ihrem Führer, die auch aufs Breithorn wollen. Die beiden laufen oben gleich los, während wir uns zunächst in der Bergstation kurz akklimatisieren und erst dann in den Nebel aufbrechen. Am Breithornplateau erwartet uns undurchdringliches White-Out. Schrittweise tasten wir uns durch tiefen Schnee voran und versuchen den Spuren anderer Bergsteiger zu folgen. Bis wir endlich die Aufstiegsspur zum Westgrat finden, kommt uns das Päarchen aus der Gondel schon wieder entgegen. Die beiden haben denn Gipfel gar nicht erreicht und drehen wegen der schlechten Bedingungen um. Auch eine weitere Gruppe von Bergsteigern kommt uns entgegen, ob sie auf dem Gipfel waren, erfahren wir nicht.

Weiter oben werden die Bedingungen noch ungünstiger, denn zur schlechten Sicht kommt jetzt auch noch starker Wind. Einmal übersteigen wir eine Spaltenzone, ansonsten ist der Aufstieg problemlos.
Zu unserem Glück gibt es eine schmale festgetreten Spur, der wir folgen. Direkt daneben sinken wir gleich knietief in den Schnee ein, was sehr anstrengend ist.
Irgendwann erreichen wir den Westgrat und wenden uns nach rechts. Etwas später geht es plötzlich in alle Richtungen nur noch bergab, wir haben den Gipfel erreicht, Sichtweite weniger als zehn Meter.
Vor uns führt ein schmaler Firngrat weiter, der sich sanft abfallend im undurchdringlichen Nebel verliert. Es ist der Verbindungsgrat zum Mittelgipfel und wir machen einen halbherzigen Versuch, ihm zu folgen. Jetzt kommt Spannung auf, denn nur die dünne Gratlinie ist zu erkennen, direkt daneben verlieren sich die steilen Bergflanken auf beiden Seiten im weißen Nichts und jegliches Gefühl für Entfernung und Steilheit geht verloren. Es ist ein schwindelerregender Anblick und wir entscheiden uns, dass sinnlose Unterfangen abzubrechen. Aber auch das ist nicht so einfach, denn nun müssen wir auf dem schmalen Grat umdrehen, was uns trotzt des eisigen Gipfelwinds den Schweiß auf die Stirn treibt.

Wieder auf dem Gipfel gibt es eine Minimalrast, dann beginnen wir mit dem Abstieg. Kaum können wir noch unsere Aufstiegsspur erkennen, die der Wind weggeblasen hat und müssen uns wieder schrittweise nach unten tasten. Trotzdem erreichen wir einige Zeit später problemlos das Breithornplateau, wo wir andere Bergsteiger treffen, die zögern, ob sie einen Aufstieg versuchen sollen.
Der Weg zurück zur Bergstation der Bahn wird noch einmal mühsam, denn nun, nach der Anstrengung und Aufregung des Gipfels, beginne ich die Höhe zu spüren und merke erst, wie sehr es mich anstrengt, mich in 4000 MüNN zu bewegen.

Eine kleine Entschädigung für die widrigen Bedingungen gewährt uns das Breithorn dann doch noch. Während der Talfahrt reißen die Wolken kurz auf und wir können einige eindrucksvolle Blicke auf Breithorn, Lyskamm, Monte Rosa und sogar das Matterhorn erhaschen. Trotzdem ist uns nach dieser Erkundungstour klar, dass bei den herrschenden Bedingungen, insbesondere durch Wind und Schnee, sämtliche weiteren Versuche, auch zu einfacheren Gipfeln wie Castor und Pollux, in dieser Höhe aussichtslos sind und wir beschließen, uns zu niedrigeren Bergen in den Ostalpen abzusetzen. 

Tourengänger: Michael26


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