Breithorn Westgipfel

Mein ältester Sohn wählte für seine freiwillige Hochtour einst das Lagginhorn. Alessio musste wegen seinem Hirntumor einige Jahre auf seinen grossen Berg warten. Inzwischen ist er wieder "ganz der alte" - einfach ein Wunder! Vor seiner Krankheit klebte er selbständig Postits in eines unserer 4000er Bücher. Nebst dem Weisshorn wünschte er sich auch das Breithorn zu besteigen. Da ich das Weisshorn nur mit einem Bergführer besteigen würde war die Wahl relativ einfach. Da ich in der Seilschaft für das Breithorn noch Reserven verspürte (Relativ gute Verhältnisse & keine konkrete Absturzgefahr) erfüllte ich zusätzlich einem guten Arbeitskollegen (einem echten Walliser) seinen Wunsch, einmal im Leben auf einem Walliser 4000er zu stehen.

Die Verhältnisse dieses Sommers waren bereits schon im vorangegangenen Winter zu sehen. Dank fehlendem Neuschnee konnte ich so viele und auch weite Skitouren machen wie noch nie (Der Schnee verfirnte sich). Der fehlende Neuschnee liess dann aber auch die Gletscher rund zwei Monate früher ausapern. Am Rhonegletscher ist die Eisschicht  innerhalb zweier Monate ganze zwei Meter abgeschmolzen. Gletscherspalten reissen sich auf wo man in den letzten Jahren nie welche gesehen hatte. Selbst auf dem "einfachen" Breithorn Normalweg ist die Schwierigkeit in dieser Saison schwieriger als in anderen Jahren. Ein Solo-Bergsteiger ist nur wenige Tage vor uns 25 Meter in eine Gletscherspalte gestürzt. Am westlichen Ende vom Gipfelgrat droht ein grosser Teil der Eiskappe vom Gipfel abzubrechen. Sind das Vorboten für die kommenden Jahre?

Für die "kurze Tour" brauchten wir ab Täsch insgesamt sieben Stunden. Während der Ferienzeit durften wir die Bergfahrt mit vielen Touristen geniessen, was die Anreise nicht kürzer machte. Die Gondelbahn wurde mehrere male angehalten. Daher ist es sinnvoll für die Besteigung auch wirklich den ganzen Tag einzuplanen. Oben am Klein Matterhorn angekommen montierten wir die Hochtourenausrüstung und machten nebst einem kurzen Theorieblock auch eine Praxisübung mit dem Pickel. Nachdem sich alle parat fühlten machten wir uns am langen Seil auf den Weg zum Breithorn Westgipfel. In einem grossen Bogen überquert man die Hochebene. Bereits schon nach der Absperrung beim Skilift überquerten wir die erste Gletscherspalte. 

Im Aufstieg zum Breithorn Westgipfel kürzten wir das Seil. In der Mitte der Querung zum Gipfelgrat mussten wir eine «kleine» Spaltenzone überqueren. Heute (15. August 2022) ist diese Stelle bereits schon dermassen ausgeapert, dass man dort auf den offenen Gletscherbach trifft, die Verhältnisse haben sich also ziemlich verschärft. Am drohenden Abbruch der westlichen Eiskappe vorbei erreichten wir den Gipfelgrat. Am Gipfelgrat trafen wir auf eine weitere tiefe Spalte die wir noch über eine solide Brücke queren konnten. Am Gipfel angekommen waren meine beiden Gäste überwältigt vom Panorama bzw. vom Ausblick von dieser Höhe. 

Nach einer kurzen Pause machten wir uns auf den Abstieg. Wir nutzten denselben Weg wie im Aufstieg um in dieser Gruppe keine Überraschungen zu erleben. Die ganze Aufstiegsflanke begann sulzig zu werden. Unter rund 10 Zentimeter Trittschnee / Sulz befand sich Blankeis. Wir versuchten langsam und vorsichtig abzusteigen was uns auch gelang. Bei der Bergstation angekommen waren alle Überglücklich, es folgte nun nur noch die lange Heimreise hinunter nach Täsch wo wir unseren PW parkiert hatten.