Sommer im Valle di Nibbio


Publiziert von ABoehlen , 13. August 2017 um 11:31.

Region: Welt » Italien » Piemont
Tour Datum:13 Juli 2017
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 400 m
Abstieg: 400 m
Strecke:Cuzzago – Nibbio – Valle di Nibbio (Frana) und zurück
Zufahrt zum Ausgangspunkt:mit der FS von Domodossola nach Cuzzago (Regionale nach Milano oder Novara)
Kartennummer:LK285 Domodossola

Wieder einmal zieht es mich in das Valle di Nibbio. Dieses verborgene und doch der Zivilisation so nahe gelegene Tal ist für mich zu einer perfekte Oase der Ruhe und Stille im hektischen Alltag geworden. Dass dies auch so bleibt, dafür sorgt Mutter Natur. Wie nicht anders gewohnt, ist der Talgrund überwachsen mit der üppigsten Vegetation, die man sich denken kann. Jetzt im Hochsommer ist dies noch wesentlich ausgeprägter der Fall als bei meinen letzten Besuchen, die jeweils im November stattfanden. Aber auch sonst ist für Überraschungen gesorgt: Nach dem Abzweig von der Hauptstrasse und der Brücke über das dort ausgetrocknete Bachbett des Rio Nibbio stelle ich fest, dass der Weg Richtung Taleingang, den ich sonst manchmal etwas suchen musste, relativ breitspurig ausgeholzt und somit perfekt erkenn- und begehbar ist. Das weg geschnittene Grünzeugs (enorme Mengen!) wurden einfach längs der Piste liegen gelassen. Und dies hat seine Tücken, denn der Abzweig zum Pfad ins Valle di Nibbio (und auch zum Südaufstieg des Sasso Grande) liegt so natürlich unsichtbar irgendwo hinter einem dieser grünen Haufen. Aber ich weiss ungefähr, wo das sein muss, wühle mich dort durchs Grünzeugs und im Kastanienwald dahinter finde ich den Zustieg rasch.

Bald wird klar, was mich heute erwartet: Es ist enorm schweisstreibend und im sonnendurchfluteten Wald geradezu tropisch feucht-heiss. Den Talgrund hat die Sonne jetzt kurz vor 11 Uhr aber noch nicht erreicht, somit ist es dort etwas kühler. Interessant ist, dass der Bach an Stellen fliesst, die ich bisher als trocken in Erinnerung habe – wohl eine Folge der vielen Gewitter der letzten Zeit. Auch die enge Felsspalte nach der zweiten Bachquerung hat wohl einiges Wasser gesehen, denn es hat sich reichlich Moos gebildet. Da dies der einzige mögliche Durchgang zu sein scheint, ist dort etwas Vorsicht angebracht, denn es ist entsprechend feucht und rutschig. Auch der Steilhang nach der 3. Bachquerung sorgt zunehmend für Stirnrunzeln. Abgeknickte Bäume, beschädigte Baumstämme und herumliegende Brocken deuten auf Steinschlag hin. Ohnehin ist der ganze Hang sehr rutschig und der Weg hier vollkommen verschwunden. Erst weiter oben taucht er wieder auf und dort liegt dann auch die bekannte Steintreppe, die auf Hikr bereits mehrmals fotografiert wurde, nämlich hier und hier. Einst muss dies ein recht komfortabler Weg gewesen sein, denn er ist auf den Luftbildern des Bundesamts für Landestopografie von 1956 noch gut zu erkennen, z.B. auf diesem .

Nach einem einfacheren Abschnitt durch die Felsbrocken und dem mühsamen, steilen durch das Dornengestrüpp erreiche ich die Stelle, wo (vermutlich) immer Wasser fliesst und ich die leere Trinkflasche füllen kann. Hier ist Zeit für eine ausgiebige Pause. Nachdem ich auch der nahe gelegenen Höhle noch einen Besuch abgestattet habe, mache ich mich auf den Rückweg. Jetzt liegt auch der Wasserfall des Rio Cornera voll im Sonnenlicht und bietet ein perfektes Fotomotiv. Die Sonne sorgt aber dafür, dass es inmitten der Steine fast unerträglich heiss ist, daher bin ich froh, geht es anschliessend wieder in den Wald hinein. Dort ist es vergleichsweise angenehm und da die am Morgen noch feuchten Stellen jetzt trocken sind, gelingt auch der Abstieg ohne nennenswerte Schwierigkeiten. Weiter vorne, wo der Talgrund besonders schmal und die Hänge fast senkrecht aufragen, bin ich bereits wieder im Schatten. Dafür werde ich beim Austritt in die Ebene von der Hitze des Spätnachmittags fast erschlagen. Aber dank dem Arbeitsweg bin ich im Flachwandern bei brütender Hitze mittlerweile trainiert, daher schaffe ich den Rückweg zum Bahnhof in kurzer Zeit. Verlassen in der Sommerhitze inmitten des üppigen Grüns sieht er aus wie aus einem Don Camillo-Film und im Schatten des Gebäudes kann ich mich in aller Ruhe umziehen. Irgenwann beginnt es am Bahnübergang der Landstrasse nach Ornavasso zu bimmeln und in der Ferne taucht der Zug auf. In der flimmernden Luft nur undeutlich zu erkennen, dauert es noch eine Weile, bis er in den Bahnhof einfährt, wo ausser mir niemand zusteigt.

Gemütlich geht es nun zurück nach Domodossola, wo ich mir an der Bar Stazione das Feierabendbier genehmige. Und – grosse Überraschung – ich bestelle ein grosses Bier und kriege dazu einen ganzen Teller mit Apérogebäck, Chips und Oliven. Kostenpunkt 4 €. Das käme bei uns wohl auch niemandem in den Sinn!

Für den weiteren Heimweg nehme ich mir Zeit: Die Fahrt mit dem Kleinbus der Comazzi ist ein Abenteuer, denn der weisshaarige Faher braust wie der Teufel durch die Dörfer und das Val Divedro hinauf. Dort wartet bereits der leere Begleitwagen EWII des Autotunnelzuges auf mich. Wie man in solch einem Wagen Ferien verbringt, weiss ich ja seit letztem Herbst, aber nun ist auch schön, wieder mal damit zu fahren. Wer weiss, wie lange es diese Möglichkeit noch geben wird…

Um viele neue Eindrücke reicher kehre ich in die Schweiz zurück. Auch wenn das Wanderziel ein bekanntes war, so konnte ich trotzdem viel neues erleben.

Nachtrag: Seit der Übernahme des Autoverlads durch die BLS am 10. Dezember 2017 gehören die Begleitwagen der Autozüge  leider der Vergangenheit an. :-(

Tourengänger: ABoehlen


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