Zu Weihnachten auf den Sasso Grande


Publiziert von ABoehlen , 26. Dezember 2015 um 09:38.

Region: Welt » Italien » Piemont
Tour Datum:23 Dezember 2015
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 700 m
Abstieg: 700 m
Strecke:Cuzzago – Sasso Grande und zurück
Zufahrt zum Ausgangspunkt:mit FS oder Trenord von Domodossola nach Cuzzago (Regionale nach Milano oder Novara)
Kartennummer:LK285 Domodossola

Endlich Ferien! Meine Plätzchen sind gebacken, die Geschenke eingepackt und alle Karten geschrieben und verschickt, was also tun? Beim aktuellen Prachtswetter ist die Antwort schnell gefunden: Ab in die Berge!

Der Fahrplanwechsel brachte eine grosse Neuigkeit mit sich: Der morgendliche EuroCity nach Milano wird neu mit zwei ETR610 geführt, wobei die hintere Einheit nur bis Domodossola verkehrt. So lässt sich dieser Zug nun auch ohne Platzreservation benutzen, denn vorher wusste man ja nie, ob er nicht schon ausgebucht ist. Heute hält sich der Ansturm allerdings in Grenzen, denn die meisten haben wohl einen Tag vor dem Heiligen Abend anderes zu tun, als zu verreisen.

Der Zug erreicht Domodossola pünktlich und bis zur Weiterfahrt bleibt noch genügend Zeit für einen kleinen Einkauf. Weiter geht es um 09:58 Uhr mit dem Pendelzug der Trenord. Eine Viertelstunde später steige ich in Cuzzago wieder aus, quere die Hauptstrasse und steige ins Dorf hinauf und weiter Richtung Rio dei Mulini. Eine neue Informationstafel erklärt dort ausführlich das Verteidigungsnetzwerk «Linea Cadorna» aus dem 1. Weltkrieg und was man davon heute noch sehen kann. Auch entsprechende Wegweiser wurden aufgestellt.

Ich steige nach der Brücke direkt den Abhang hinauf, wo ich nach wenigen Metern eine ehemalige Maschinengewehrstellung passiere. Der Weg endet dort bereits, aber ich will nicht wieder zurück und steige weglos durch das Gestrüpp weiter bergauf. So stosse ich bald auf die «Mulattiera», der ich nun folge. Diese Strasse wurde vor 100 Jahren exakt dem Gelände angepasst und steigt konstant mit 12% an. Dies ermöglichte es den mit Waffen und Munition beladenen Maultieren, ihn problemlos zu begehen.

Den verborgenen Einstieg zum Sasso Grande-Weg kenne ich natürlich, zumal die vor Jahren erstellte Lagekarte mit von der Partie ist. Neu ist jetzt sogar eine Markierung angebracht; ein weisses Viereck. Die nachfolgende Hangpassage zum trockenen Bachbett des Rio Balangeri hat es in sich, auch dies ist nichts neues. Jedoch stelle ich fest, dass diese Verbindung offenbar benutzt und auch ein bisschen gepflegt wird, denn es ragt viel weniger dorniges Gestrüpp in den Weg hinein als früher. Auch sind die weissen Markierungen wiederholt anzutreffen, oft noch ergänzt mit Steinmännchen. So ist der richtige Durchgang geradezu einfach zu finden, kein Vergleich mit dem Suchen und Probieren, das ich von früher kenne. Eine einfache Wanderung ist das natürlich trotzdem nicht, denn das überaus steile und ruppige Gelände ist immer noch dasselbe!

Die Dezembersonne brennt heiss und bald bin ich klatschnass geschwitzt. Dabei habe ich nur das T-Shirt an; der Pullover wanderte schon am Bahnhof in den Rucksack! Nach gut zwei Stunden erreiche ich den unteren Gipfel, den Pt. 818, wo ich im Frühling 2007 übernachtet habe. Hier wird erst mal was gegessen und vor allem getrunken, und ich stelle besorgt fest, dass sich die Flasche bedenklich schnell leert. Dabei ging ich davon aus, dass an einem Wintertag eine Flasche reichen sollte…

Ich habe noch genügend Zeit, daher setze ich die Erkundungstour fort. Nach einem steilen Aufstieg erreiche ich den Pt. 878 des Sasso Grande, wo ein Holzkreuz steht (obwohl ich auch 2007 dort vorbeigekommen sein muss, kann ich mich daran nicht erinnern) und eine sehr eindrückliche Aussicht zu bestaunen ist. Das ganze Valle di Nibbio liegt einem hier zu Füssen: Von Nibbio (207 m) am Anfang des Tales bis zur Bocchetta di Valfredda, dem Pass, der das Tal abschliesst und auf 1697 m liegt. Die Höhendifferenzen auf engstem Raum hier sind beeindruckend. Und mittendrin das Bergsturzgelände mit den auffälligen Brocken, hinter denen der Einstieg ins Val Cornera liegen soll (siehe hier). Was besonders auffällt: Hier wächst wohl kaum ein Nadelbaum! Die ganzen Hänge sind braun und bestehen nur aus hölzernen Baumgerippen. Im Vergleich zum Sommer sieht das natürlich eher trostlos aus, hat aber den grossen Vorteil, dass man die Struktur des Geländes genau studieren kann, da man überall bis auf den Boden sieht. Im Sommer präsentiert sich das ganze wie mit einen grünen Teppich überzogen, gleich einem Dschungel.

Auf dem Weiterweg passiere ich die Ruinen der Alpe Sostenna (IGM Pt. 892) und folge dem Grat weiter. Hier ist der Weg kaum noch zu erkennen und auch Markierungen finden sich keine mehr. Bei den nächsten Ruinen (laut Höhenmesser 918 m, was aber vermutlich etwas zu niedrig ist) kehre ich um.

Der Abstieg ist in solchem Gelände immer eine tückische Angelegenheit, weshalb ich mir genügend Zeit nehmen will. Das wichtigste ist, die Wegspur nicht zu verlieren, was gar nicht so einfach ist, denn die besagten Markierungen sind so angebracht, dass man sie zwar von unten her gut sehen kann, von oben aber meist erst im letzten Moment. Da alles mit haufenweise Laub bedeckt ist, muss sorgfältig darauf geachtet werden, wo man hintritt, um nicht auszurutschen. Zum Glück hat es genügend Felsblöcke und Baumstämme zum festhalten, auch wenn einige verkohlt sind, was dann schön schwarze Finger gibt :-)

Ca. um 15:00 Uhr auf rund 450 m verschwindet die Sonne bereits hinter den Bergen gegenüber. Das ist halt der Nachteil in dieser Jahreszeit, aber die Tage werden ja seit heute wieder länger! Inzwischen ist die Flasche ganz leer, aber die Rettung naht: Von der Brücke folge ich ein Stück der Mauer, dann leitet ein Pfad zu den Blöcken im Bachbett des Rio dei Mulini. Jetzt muss ich nur noch über diese Felsen krabbeln und voilà…

Frisch gestärkt nehme ich jetzt noch den letzten Abschnitt unter die Füsse, welcher erst zum «Hauptbahnhof» von Cuzzago führt, wo ich meinen Fahrschein abstempeln muss. Der Zug wird jedoch am Novara-Bahnhof fahren, der ein Stück weiter draussen im Dickicht liegt, wo es aber keinen Entwerter gibt. Dort kann ich mich in Ruhe umziehen, ehe ca. um 16:45 der leicht verspätete Regionalzug aus Novara einfährt.

Ca 17:20 Uhr erreiche ich Domodossola, wo der furchtbar dreckige Anschlusszug schon bereitsteht (hat die SBB kein Geld mehr, um ihre Züge zu waschen?). Der Andrang ist nicht gross und ich bin der einzige Fahrgast im Steuerwagen (1999 umgebaut aus einem EW I B und einem Dt, wie eine Infotafel erläutert). In Brig habe ich genügend Zeit und besorge mir das verdiente Feierabendbier. Von der Jahreszeit her wäre zwar Glühwein passender, aber da es heute in den Hängen des Sasso Grande fast schon sommerlich heiss war, passt ein Bier nicht schlecht!

Tourengänger: ABoehlen


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