Traumurlaub im Karwendel: Freiunger Höhenweg und Kl. Solstein (2637 m). Wolken, Sonne, Gras & Fels


Publiziert von Vielhygler , 13. August 2016 um 00:18.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum: 6 August 2016
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 3 Tage
Zufahrt zum Ausgangspunkt:P. kostenlos an der Roßhüttenbahn. Tag und Nacht offen, Nur 10 Gehminuten vom Bahnhof Seefeld entfernt!
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Hochzirl Bahnstation (siehe Fahrplan). Keine Automaten vorhanden, man zahlt im Zug beim... Schaffner!
Unterkunftmöglichkeiten:Nördlinger Hütte, Zimmerlager 10 € für AV-Mitglieder. Solsteinhaus dito
Kartennummer:AV 5/1 Karwendelgebirge West

Bergurlaub... im Karwendel? Aber ja, endlich! Als gebürtigen Münchener und spätberufenen Wahl -Tölzer hat es mich früher natürlich immer weit weg gezogen: Leonganger, Tennengebirge…doch warum eigentlich in die Ferne schweifen, wenn das Gute, das…Karwendel so nah ist? Vier Tage Grasberge, Felsberge und auf Berghütten...bleiben, vier Tage Grün, Grau und Blau, Licht, Schatten, vier Tage Wolken, Sonne und zuletzt sogar noch frischer Regen: es war ein perfekter Bergurlaub!

Urlaubstag 1:  Samstag, 6.August, Nachmittag:

Seefelder Joch
(2083 m)
, Seefelder Spitze (2220 m)Harmeler (2203 m), Reither Spitze (2373 m) und Nördlinger Hütte (2238 m)
 
Es ist ein noch wolkiger, feuchter Tag, dem (eine absolute Ausnahme in diesem Sommer!) gleich zwei stabile Schönwettertage folgen sollen.Ich starte ganz bewußt spät und fahre „by unfair means“, aber ohne jedes schlechte Gewissen mit Zahnradbahn und Gondel hinauf bis zum Seefelderjoch, schließlich soll mein Karwendelurlaub nicht gleich mit einem Hatscher über öde, abgeschrammte Pistenhänge beginnen. (Außerdem habe ich mir das Gebiet bereits im Winter mit Fellen „erschlossen“ und das war schon schlimm genug, weil ich - und das in Tirol! - mein obligatorisches Pisten-Ohropax vergessen hatte). Dafür entschädigt mich die heutige Auffahrt; billig ist sie nicht, aber mein Auto kann an der Talstation tagelang kostenlos stehenbleiben, man vergleiche damit nur die Tag für Tag anfallenden Mördergebühren am "Karwendelparkplatz" in Scharnitz! Mein Urlaub beginnt also weit oben, sehr bequem und in diesem überlaufenen Gebiet auch einsam: bereits ab der Bergstation bin ich fast alleine, denn nur noch ein paar Seilbahntouristen machen sich auf den Rückweg dorthin. Wie schön!
 
Vom Seefelder Joch ( 2083 m) geht es zügig auf einem grasigen Schlenderweg zur Seefelder Spitze (2221 m), der man ihre langgezogene und elegante Grasberggestalt „On Top“ natürlich nicht ansehen kann. Heute ist es noch etwas zugezogen, aber die Nahblicke auf das Reitherkar sowie auf die schönen felsigen Ostabstürze des Harmeler (2224 m) beeindrucken mich sehr. Auch ist die Reither Spitze (2374 m) schon nahegerückt: der erste Felsberg der heutigen kleinen Nachmittagswanderung.
Nach der ganz einfachen, bequemen Querung des Reither Kars gehe ich vom Reither Joch (2197 m) erst einmal auf Steigspuren in 5 Minuten als Abstecher auf den höchsten Punkt des Harmeler (2224 m), der sich auf seiner westlichen Seite als wunderbar sanfter Grasberg entpuppt. Ein so schöner Wiesenrastplatz: Der Urlaub kann beginnen...

Den heutigen Abschluss bildet die schöne und schon respektabel hohe Reither Spitze (2374 m), die ich in etwa 20 Minuten vom Reither Joch erreiche. Eine Leiter überwindet einen kleinen Felsabsatz, ein paar steilere Schritte folgen und zuletzt flacht es aus: ein kurzer und abwechlungsreicher Gipfelweg und jetzt, am späten Nachmittag, bin ich der einzige Besucher hier…von hier kann ich auch schon zwischen Nebelfetzen die Nördlinger Hütte (2239 m) sehen, die höchstgelegene bewirtschaftete Hütte des Karwendels, die ich in wenigen Abstiegsschritten erreiche.
Die wunderschön gelegene Nördlinger Hütte, die tagsüber von zahllosen Zahnrad- und Seilbahn – Touristen für Kaffee und Kuchen frequentiert wird, entpuppt sich, wenn der Rummel vorbei ist, als durchaus annehmbare Schutzhütte für Nächtigungsgäste. Mehr aber auch nicht. Positiv: um 22:00 Uhr ist Schankschluß, Frühstück gibt es in der Frühe, wie gut für den Wanderer, aber auch opportun für die Wirtsleut', schließlich kommen ab 10:00 Uhr schon die ersten Tagesgäste von der Härmelekopfbahn herübergeschlendert. Aber sonst? Atmosphäre, Essen, Zimmer, Frühstück? Einfach unpersönlicher Durchschnitt und somit schon ok. Zwei Nächte würde ich hier nicht bleiben wollen, aber eine schon, denn als Aussichtsplatz am Abend und am Morgen ist diese Hütte ein absoluter Hammer!    
Abends fängt es noch einmal an, zu nieseln, aber die Lichtstimmung zur Hohen Munde und in' s Inntal ist einfach phantastisch! Ein Weißbier und noch eins ...und ein paar Fotos mache ich auch noch.

Urlaubstag 2:  Sonntag, 7. August

Freiunger Höhenweg, Freiungen-Mittelgipfel (2322 m)  Kuhljochspitze (2293 m) Solsteinhaus (1806 m)

Gleich in der Frühe lohnt es sich, daß ich im Urlaub in den Bergen...geblieben bin. Die Sonne taucht die Gipfel in ein erstes diffuses, unwirkliches Licht und über den Tälern liegt dichter Nebel. Ein atemberaubendes Schauspiel, ich kann mich gar nicht daran sattsehen!

Der folgende Freiunger Höhenweg hinüber zum Solsteinhaus ist von Nic Brückner *hier und von trainman *hier kompetent und anschaulich beschrieben, deshalb folgen außer den Fotos und Kommentaren nur noch ein paar Anmerkungen:

Der Freiunger Höhenweg ist überwältigend schön und außerordentlich abwechslungsreich, dennoch: ich bin heute nur 10 anderen Wanderern hier begegnet und das an einem Augustsonntag bei herrlichstem Wetter.
An der Nördlinger Hütte wird per Warnschild eindringlich vor einer Begehung gewarnt: "sehr schwieriger Weg" und: "man prüfe seine Fähigkeiten sorgfältig". Ganz so schlimm ist es nicht. Ein trittsicherer Wanderer, der mit gelegentlichen Ausgesetztheiten und ganz leichten Kraxelstellen (keine II' er-Stellen) umgehen kann, wird gerade daran richtig Freude haben. 
Man kann sich testen: Von der Nördlinger Hütte bis zur Wegkreuzung am Ursprungsattel sind schon einige Stellen gesichert: wer diese ersten Seilsicherungen an kleinen Quergängen schon wirklich nötig hat, sollte den Höhenweg vielleicht besser nicht weitergehen, denn solche nur ganz leicht ausgesetzten Stellen werden in der Folge nicht mehr durchgehend gesichert sein. Genau derselbe kleine "Lackmustest" geht auch mit den ersten gesicherten Stellen in der Gegenrichtung vom Solsteinhaus bis zum Eppzirl-Alm-Wegabschneider am Schafängerle.

Ansonsten: ein purer Genußhöhenweg! Durchgehend klasse Aussichten! Zwischen anregenden kleinen Felspassagen folgen lange, bequeme Schutt- und Graswege, es gibt gar keine nennenswerten Auf- oder Abstiege, über die Freiungen geht man oft fast auf der Grathöhe und es steigt ein Turm nach dem anderen auf...und einer ist schöner wie der andere! Ich lasse mir Zeit, schließlich habe ich ja Urlaub!

Die bekreuzte Kuhljochspitze, die zunächst wie noch ein Freiungsturm aussieht, steht, durch die Kuhljochscharte abgeschieden, schon weiter östlich über der Erlalm und dem Solsteinhaus. Diesen schönen Gipfel sollte man unbedingt "mitnehmen" und bitte anschließend dalassen, es ist nämlich sehr schön da oben und auch vom Solsteinhaus ist die Kuhlochspitze mit ihrer felszerfressenen Kegelgestalt ein absoluter Hingucker!  

Das Solsteinhaus: großes Kompliment für diese tolle Familienhütte!

Ein guter Urlaubsort! Ich bleibe hier zwei Nächte. Unterbringung, Essen, Frühstück: alles ausgezeichnet und keineswegs "alpinhotelartig". Ich fühle mich durchgehend als gerngesehener Gast. Die Wirtsleute sind sehr effizient und dennoch immer aufmerksam, persönlich und einfach so... nett, danke!
Eine Familienhütte. So viele Kinder und Jugendliche auf einmal habe ich in den Bergen zuletzt in Indien und Nepal gesehen! Und die Kinder werden beschäftigt: an der Kletterwand und am Echtberg: der Große Solstein ist so leicht zu gehen, daß sogar 5-jährige hier erste Gipfelsiege feiern können...und abends ermattet in`s Bett fallen: ab 22:00 ist es absolut ruhig.
Die Aussichten können mit der Nördlinger Hütte nicht mithalten, aber was soll`s: wenn das Wetter gehalten hätte, wär ich gerne noch länger geblieben!

Urlaubstag 3: Montag, 8. August:

Großer Solstein (2541 m) und Kleiner Solstein (2637 m): unterschiedlicher könnten sie nicht sein: 

Der Große Solstein, der eigentlich niedrigere der beiden Solsteine, ist nach Masse eindeutig der Größere! Ein immenser Latschen- und Schuttbuckel! Und er ist ohne jegliche Ausgesetztheit ganz leicht zu gehen: ein richtiger Familienberg! Anfangs in den Latschengassen ist es etwas steiler, aber jedes Kind, das geschickt genug ist, einen niedrigen Küchenhocker zu besteigen und unfallfrei wieder herunterzukommen, kann hinaufgehen. Der Gipfel ist eine gemütliche Wiese mit Blumen und viel Platz. Tolle Aussichten! Früh losgehen, dann hat man lange Schatten! 

Der Kleine Solstein, der höhere der beiden, ist seit Tagen ein toller Blickfang gewesen. Ein felsiger Kathedralturm über Innsbruck mit vertikalen Abstürzen nach Norden und Süden. Oben hat er einen schönen sichelförmig geschwungenen Grat, den ich überraschend einfach vom Vorgipfel zum Hauptgipfel entlanggehen kann. 
Beste Aussichten, aber definitiv kein Familienwanderberg mehr! Es gibt hier u.a.von Tef *hier eine schöne und anschauliche Herbstbeschreibung, lange ist es ja nicht mehr hin, leider...ansonsten siehe die sommerlichen Fotos und Kommentare...

Beide Solsteine: tolle Tour!  Vier absteigende Wanderer kommen mir auf dem Aufstiegsweg zum felsigen Kleinen Solstein entgegen, ich bin der letzte heute und begegne oben und auf dem gesamten Abstieg incl. des Großen Solsteins bis zur Hütte dann niemanden mehr. Besonders viel besucht wird der großartige Kleine Solstein nicht. Etwa 50 Einträge sind es bisher in diesem Jahr. Auch sein Vorgipfel lohnt sich und ich halte lange Ausschau an seinem Steinmann.
Der Abstieg macht Spaß, da ich, anstatt im bröseligen Schutt, meistens die Kalkplatten auf "Reibung" hinabgehen kann. Es liegt noch ein wunderschöner sonniger Grassattel zwischen den beiden Solsteinen. Was für ein Rastplatz! So dehnt sich die Zeit beim Abstieg: Urlaub pur... 

Abstieg: Dienstag, 9. August:

  
Leider hält das Wetter nicht für die Erlspitze und einen Versuch an Schnöllplatzl und Kirchl. Es regnet schon um 9:00 Uhr und ich steige in triefendem Regen ab. Doch Glück im Unglück: ich trampe an der Materialeilbahnstation eine nette Familie erfolgreich an (danke!), erwische in Hochzirl sofort einen Zug und bin kurz nach 11:00 Uhr schon in Seefeld am Auto.

A bissl a Massl g' hört im Urlaub auch dazu, in diesem Sinne...

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Ich habe keine Wegzeiten eingetragen, weil ich mir im Urlaub gerne Zeit lasse. Außerdem halte ich überall Ausschau: nach weiteren, oft kleineren Tourenmöglichkeiten, nach Schneeschuhideen, ich zoome dann auf Grate mit ev. ausgeschnittenen Latschengassen, suche Forststraßenschneisen, Jägerhütten usw...insofern geben die Aufnahmezeiten der Kamera, die außer einigen Blumen- und Gipfelbildern chronologisch sind, keinen wirklichen Aufschluß über die eigentlichen Wegzeiten.
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Tourengänger: Vielhygler


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