Feierabendrunde auf die Schlafende Hexe (Vorderer Rotofenturm)


Publiziert von Zuraya , 16. September 2015 um 21:07.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Berchtesgadener Alpen
Tour Datum:15 September 2015
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 2:45
Aufstieg: 750 m
Abstieg: 750 m
Strecke:7,5km

Ich sehe gerade, dass Hikr bisher lediglich einen Kurzbericht von Steindaube über die schlafende Hexe aufweist. (Nachtrag: es gibt doch schon einen Bericht, der aber nicht über den Suchbegriff des trivialnamens des Gipfels zu finden war. Tut mir Leid.) Also nehme ich mir das Recht, einen Bericht einzutragen. Fotos habe ich leider keine. Das liess die Zeit nicht zu. Dafür findet man in anderen Berichten Fotos vom Kamm.

Wie im AV-Führer beschrieben, ist sie zwar einer der niedrigsten Gipfel im Lattengebirge, dafür aber der auffälligste Berg des Kamms. Die Nase - der vordere Rotofen und hier beschriebene Gipfel - wirkt zusammen mit dem Kleinen Rotofen - das Kinn - wie ein liegendes Gesicht, dessen Mund - die Montgelasscharte - keine Zähne aufweist.

Ich komme meist um 17 Uhr aus der Arbeit und habe erst vor ein paar Tagen am Dötzenkopf die Erfahrung gemacht, wie es ist, im Dunkeln abzusteigen. Also sollte es eine Recht kurze Tour sein.
Leider ließ ich mich von meiner Grundeinstellung: "Ich kann alle Wander- und Gehzeiten halbieren oder dritteln" in die Irre führen.

Von Hallthurm geht der Wanderweg etwas südlich der Siedlung an einem Parkplatz Richtung Steinerne Agnes/Karkopf/Rotofensattel los.
Die ersten paar Minuten verlaufen auf einem Kiesweg, bis nach etwa 70hm ein kleiner Waldpfad Richtung Rotofensattel/Hochschlegel/Steinerne Agnes abzweigt.
Hier geht es zuerst eher flach über Wurzeln in vielen Serpentinen bergauf, dann quert der Weg zuerst über einen kleinen Sattel gen norden - ganz kurze Drahtseilstelle und kurzer, guter Blick auf die Nordwand der schlafenden Hexe - bis er zuletzt auf etwas steileren Stufen zum Rotofensattel hinaufführt.

Von hier führt der bezeichnete Wanderweg über den Sattel nach Südwesten Richtung Steinerne Agnes weiter.
Nach rechts führen Pfadspuren Richtung Mittlerer Rotofen (für mich die "Brustwarze" der schlafenden Hexe) und nach links führt unser Weg. Dieser geht scheinbar direkt auf den Kleinen Rotofen zu. Kurz vor der Wand oder direkt an ihr wendet man sich nach Süden und steigt etwa 5-10 Minuten (30-50hm) hinab, bis man den Kleinen Rotofen zur Hälfte umrundet hat.
Hier einfach den Pfadspuren folgen, sie führen direkt zur "Berchtesgadener Rinne".
Laut aktuellem AV-Führer gibt es zwei Wege auf den Gipfel:
Einmal durch die Berchtesgadener Rinne (hier beschrieben) und einen "Normalweg", der laut Führer kaum noch begangen wird. Eigentlich wollte ich letzteren Weg gehen, da der Führer von der B. R. sagt, dass sie recht brüchig sei und deswegen meist trotz des II.Grades oft abgesichert wird.

Der Normalweg scheint aber so selten begangen, dass keine leicht erkennbaren Spuren dorthin führen.
Also ging es zum Einstieg der Berchtesgadener Rinne;

Hier findet man zwei Denkmalsplaketten ehemaliger Bergkameraden und ein kurzes Tibeter-Fähnchen.
Und man hat eine übersehbare Rinne vor sich, die scheinbar nur 10-20 Meter aufwärst führt.
Wie im AV-Führer beschrieben, steige ich erst rechts von ihr ein, lehne mich dann - gut griffig - an zwei großen Zacken vorbei, und bin sogleich direkt in der Rinne. Da von ziemlicher Brüchigkeit die Rede war, klopfte ich jeden einzelnen Griff ab. Ich fand aber lediglich ein zwei große Knollen, die vom Klang her irgendwann herabrieseln könnten, aber kein einziger Stein legte sich frei in meine Hand.
Die Kletterei ist sehr schön: Man spreizt entweder die Beine auseinander und hat abgspeckte, kleine Stütz oder Ziehgriffe, oder man ist mit den Füßen sehr tief in der Rinne und hat zeitweise das Gefühl eines Überhangs, dafür aber dort dann gute, große Griffe.
Man muss hier aber sagen, dass die Rinne allein 40-50 Meter satte Kletterei durchgehend im II. Grad ist. Vielleicht sind ein zwei II+ oder I Stellen dabei. Es hat aber nichts mit beispielsweise Großer Waxenstein oder ähnlichem zu tun, also mit Bergen, an denen man lediglich Stellen im II. oder III. Grad findet.
Hat man die Montgelasscharte - die Scharte zwischen Kleinen Turm und Vorderen Rotofen - erreicht, wendet man sich etwas - einen viertel- oder halben Meter - rechts vom Grat, klettert 3-4 Meter weiter, bis man in recht anspruchsvollem Gehgelände (T4+ oder T5) um Blöcke herumsteigen muss.
Ziemlich bald findet man sich am Grat wieder und hat das, was vorher objektiv ein IIer war, hier objektiv nur noch einen Ier oder I+, dafür aber gefühlt wie ein IVer Grad:
Wenn man in der Rinne zumindest noch das Gefühl von Wand wenigstens links und rechts von sich hatte, hat man nun nichts mehr; einen schmalen Grat mit steilen Aufschwüngen und links und rechts springen nur Todeshungrige.
Es geht direkt am Grat weiter, bis zum letzten Aufschwung, der noch einmal 4-5 Meter etwa II+ - technisch wahrscheinlich die Schlüsselstelle - aufweist. Dann sieht man Kies auf dem Fels, offensichtliche Wegspuren! Und schon bald sieht man das kleine Gipfelkreuz.
Dieser Gipfel ist - laut Buch - definitiv recht einsam, obwohl er nicht einmal 1400 Meter hoch ist!
Das Gipfelbuch ist noch von 1997, man kann also nach einigen schönen Geschichten schmökern, und: es ist bisher nur die Hälfte des Buches gefüllt!

Vom Rotofensattel bis zum Gipfel sind es etwa 30-45 Minuten.

Eigentlich hatte ich eingeplant, noch auf den Kleinen Rotofen zu steigen, das war aber definitiv nicht mehr drin.
Der Abstieg wurde für mich etwas knapp. Ich setzte die Stirnlampe auf den Helm und lief dann die 600 Höhenmeter vom Sattel im Laufschritt.


Tourengänger: Zuraya


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