Schaufelspitze (2306 m) im Karwendel

Die Schaufelspitze wird kein Modeberg werden. Wenn man von den Haglhütten Richtung Plumsjoch wandert und auf den Fahrweg zur Hütte gelangt, erspäht man unmittelbar gegenüber die Pfadspur, die auf den bewaldeten Nordwest-Rücken führt. Das Steiglein, sofern unter dem nassen Buchenlaub ersichtlich, steigt dann sogleich ziemlich an und führt an den nördlichen Abbruch. Auf ca. 1400 m Höhe lehnt sich das Gelände zurück, lustige bunte Grenzsteine tauchen auf. Man sollte sich diesen Punkt merken, dazu später mehr.

So richtig aussichtsreich ist's noch nicht, im Gegenteil. Egal ob Pfadspur oder weglos, mühsam kämpfe ich mich nach oben, oft im Infight mit der Botanik. An einem Baum weist ein Pfeil nach rechts, ich bleibe auf der linken Seite des Rückens, weil ich mir einbilde, Steigspuren zu erkennen. Vielleicht nicht die allerbeste Idee, ich weiß es nicht. Auf 1650 m beginnen die Latschen, kurz zuvor tauchen rote Punkte auf und geleiten den Bergsteiger in einem Mini-Canyon an eine Felswand. Hier zweige ich nach rechts ab, steige ca. 30 Hm ab und gelange zum Einstieg in die Rinne (Steinmänner). Hier treffe ich zwei Bergfreunde, die ebenfalls rauf wollen.

In der Rinne geht's jetzt nach oben (Stellen I), am Schluß ziemlich steil. Auf gut 1900 m Höhe lockt ein Steinmann rechts auf einem Gamswechsel und weiter ins wirklich steile Gras. Sogar rote Markierungen gibt's. Ich schaue nach, denn ich höre Stimmen. Allerdings steigen die beiden wieder aus dem Steilgras retour, scheinbar ist dies die Stelle, die im AV-Führer explizit erwähnt wird.

Also weiter nach oben, nochmal ein Einser, ich halte mich seit dem Einstieg rechts in der Rinne. Bei ca. 1950 m Höhe geht's nach rechts in die Latschen, weiter auf eine abschüssige Lichtung und hoch Richtung Osten zur Schulter auf 1986 m, ein schöner Platz für eine Rast.

Der Weiterweg ist nun vorgegeben. Immer am Grat entlang (Stellen I), hin und wieder auch etwas luftig zum P2149, wobei ein Höcker auf Trittspuren westlich umgangen wird. Von dort auf bestem Karwendelgeröll zum Gipfel, die letzten Meter auf der "Schaufel" sind wieder ein bißchen exponiert. Apropos Geröll. Eine Herde Steinböcke beobachtet mich und löst dann auf ihrer Flucht ein zünftiges Gepolter aus. Endlich eine willkommene Abwechslung.

Obwohl das klobige Sonnjoch die Sicht nach Süden beeinträchtigt, kann sich das Panorama vom Gipfel der Schaufelspitze durchaus sehen lassen. Und auch die Tiefblicke vom Südwestgrat z.B. zum Bärenlahnersattel sind anregend.

Im Abstieg wieder auf dem gleichen Weg retour, das heißt... Unterhalb der Latschen habe ich meinen Aufstiegsweg nicht mehr gefunden. Also bin ich frei Schnauze abgestiegen. Wenn man weiß, dass auf ca. 1400 Meter die bunten Grenzsteine an der Pfadspur liegen, die an der Nordkante des Rückens  entlangführt, dann klappt's auch ganz gut. In meinem Fall sogar mit weniger Nadelbaumkontakt als im Aufstieg.

Die Tour erfordert meines Erachtens orientierungstechnisch ein gewisses Durchhaltevermögen, zumindest für denjenigen, der sie zum ersten Mal macht, so wie ich. Steinmänner gibt's wenige und Markierungen nur sporadisch.