Schilthorn (2970 m) - Rundwanderung ab/bis Mürren


Publiziert von dulac , 23. Oktober 2014 um 13:35.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Jungfraugebiet
Tour Datum: 9 Oktober 2014
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1450 m
Abstieg: 1450 m
Strecke:Bahnhof BLM Mürren - P1803 - Höhlücke P1899 - P2264 - Schilthornhütte P2432 - Seewlifura P2598 - P2684 - Schilthorn - P2914 - Sattel P2828 - Rote Härd P2683 - P2351 - P2094 - Rotstockhütte - P2051 - P2155 - P1948 - Im Schilt P1946 - Gimmela P1815 - Bahnhof BLM Mürren
Zufahrt zum Ausgangspunkt:BOB von Interlaken-Ost nach Lauterbrunnen Umstieg in LSB zur Grütschalp Umstieg in Triebwagen der BLM bis Mürren
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dto.
Kartennummer:SLK 1:25.000 Jungfrauregion

Ein Touristen-Hot Spot als Gipfelziel? Auf den ersten Blick mag so mancher die Nase rümpfen ob dieser vermeintlich fragwürdigen Wahl. Das Resümee am Ende des Tages sollte dann allerdings ein deutlich differenzierteres Bild ergeben.

 

Zwei Tage nach dem Föhnsturm, den ich auf der Sulzfluh erleben durfte, versprach meteo für heute bestes Bergwetter. Für mich Grund, wieder einmal eine Tour im Berner Oberland zu unternehmen und dabei das mir noch völlig unbekannte Lauterbrunnen-Tal zu besuchen. Im Rother-Führer von Daniel Anker, dem ich bereits den Tipp für die wunderbare Tour auf´s Reeti vor 2 Jahren verdanke, waren einige Vorschläge verzeichnet, doch überwiegend mit Wegezeiten in der Grössenordnung von 7 bis 9 Stunden und mehr. Nicht so ganz das Richtige zum Einstieg in ein unbekanntes Gebiet.

 

Und so verfiel ich nach ausgiebigem Kartenstudium auf´s Schilthorn. Bereits die Anreise zum Aus­gangspunkt, Mürren, erscheint kompliziert, zumindest auf den ersten Blick. Von Interlaken zunächst mit der Berner Oberland Bahn nach Lauterbrunnen. Hier Umstieg in eine Seilbahn, die zur Grütschalpe hinaufführt. In meiner etwas bejahrten Karte war hier noch eine Standseilbahn eingezeichnet. Diese war offenbar zwischenzeitlich ersetzt worden. Die Spuren der früheren aus der Kabine noch deutlich erkennbar.

 

Nach kurzer Fahrt auf der Grütschalpe angekommen Umstieg in einen Triebwagen, der die letzten ca. 4 Kilometer mit nur mässigem Anstieg bis nach Mürren überwindet. Alles deutlich einfacher als erwartet: Keine zusätzlichen Billette erforderlich und für GA-Inhaber ohnehin alles enthalten.

 

In Mürren strahlender Sonnenschein und ungewöhnlich warm für die Jahreszeit. Eine Route zum Gipfel hatte ich mir zwar zurechtgelegt, doch dann folgte ich doch lieber der Signalisierung am Bahnhof. Ohne sonst vermutlich notwendiges häufigeres Kartenstudium würde ich so wohl schneller zum Gipfel kommen. Drei bis Dreieinhalb Stunden hatte ich ohnehin schon veranschlagt.

 

Der Wegweiser kündigte freilich 4h15 an. Derartige Zeitangaben erwiesen sich - bisher zumindest – zumeist als recht grosszügig. So liessen sich auch gleich zu Beginn die ausholenden Serpentinen des (noch-) Asphalt-Fahrwegs auf direkterem Weg über die Grasflanke abkürzen. Danach dann wieder auf dem Weg ging es zügig in die Höhe. Etwa ab Höhe des Allmendhubels verlief der mar­kierte Aufstieg nun auf einem breiten Abfahrts-Trassée. Wenig attraktiv der Weg, das Umfeld dage­gen schon eher.

 

Lag´s am Weg oder an meiner heutigen Tagesform, jedenfalls war ich bereits nach 2 Stunden am Schlussaufstieg über den Felsgrat angekommen. Fast jeder einzelne Tritt ist ab hier – wohl als Relikt von einem Berglauf – mit gelber Farbe markiert. Da die grobe Richtung ohnehin vorgegeben war, betrachtete ich diese Markierungen mehr als Angebot, weniger als Verpflichtung. Eine selbst­gefundene Variante finde ich ohnehin attraktiver.

 

Zuletzt noch einige Stufen über eine Treppe hoch und die Bergstation war erreicht – eine geräumi­ge Aussichtsplattform mit dem Gebäude der Seilbahn-Bergstation in der Mitte und darüber, einen Stock höher, dem Panorama-Drehrestaurant.

 

Die Aussicht von hier oben, an einem Prachtstag mit klarer Luft, war heute phänomenal. Zunächst beeindruckten natürlich EJM, hier aus einer mehr seitlichen Perspektive als ich sie bisher kannte. Dann weitere Gipfel am Talschluss von Lauterbrunnen, die mir bisher, allenfalls als Titel von hikr-Berichten geläufig waren. Westlich davon dann der Bergzug der Blüemlisalp. Selbst ein Teil des Montblanc-Massivs war, wenn auch eher schemenhaft, zu erkennen. Unten Thun und das westliche Ende des gleichnamigen Sees. In der Ferne die Konturen des Jura, der Vogesen und des Schwarzwalds. Die zahlreichen Panorama-Tafeln waren sehr hilfreich, wenn mir viele der dort auf­geführten Namen auch wenig vertraut waren.

 

Nach einem ausgiebigen Rundgang auf der Terrasse mit zahlreichen Fotos dann einen Stock höher ins Restaurant. Auf dem Weg dorthin Gewusel allüberall.

 

Auf der aushängenden Speisekarte war kein für kostensensible EU-Besucher preislich verträgliches Tagesmenü so um die 18 Franken 50 zu entdecken wie anderswo (etwa am Bettmergrat oder auf Gemmi). Der Verzicht fiel drum ohnehin nicht schwer, war das Restaurant jetzt um 13 Uhr doch bis auf den letzten Platz besetzt und die Luft etwas dämpfig.

 

Proviant hatte ich ohnehin dabei, doch die Terrasse inmitten der Touristenscharen war nicht der rechte Ort. Also über die kurze Treppe hinab zum Grat und nur wenige Meter weiter fand sich zwischen den Felsen eine windgeschützte Stelle, die auch noch direkten EJM-Blick bot.

 

Erst eine Stunde später ging ich noch einmal hoch ins Restaurant für einen Kaffee. Jetzt hatte es sogar einen freien Tisch direkt am Fenster. Und das Drehrestaurant drehte sich. Zunächst zumin­dest. Dann tat sich nichts mehr. Eine Viertelstunde Ruhepause für die Motoren, die sonst wohl über­hitzen würden – zumindest wenn ich die Antwort des Kellners auf meine entsprechende Frage richtig verstanden habe.

 

Dann musste ich allmählich an den Abstieg denken.

 

Beim Verlassen des Gipfelbereichs wurde es mir noch einmal bewusst, dass dieser Gipfel etwas touristen-ghet­to-artiges hat: So klar und eindeutig wie selten sonst ist hier der Bereich der Kurzzeit-Seilbahn-Besu­cher abgegrenzt und deren Bewegungsspielraum durch Bebauung und Gestaltung auf die Terrasse beschränkt. Nur wenige Meter die Treppe hinab und auf die andere Seite der Umzäunung gewech­selt und man betritt zugleich eine andere Welt.

 

Nun also zurück und in dieser mir gewohnteren Welt über den Westgrat hinab, zunächst zu P2828 auf der Karte „Sattel“ benannt und danach zu einem weiteren Sattel „Rote Härd“ (die Schreibwei­sen variieren etwas). Der Grat hat einige Steilstufen, deren Überwindung mithilfe von Treppenstu­fen und Seilen allerdings kein Problem darstellt (T3).

 

Von der Roten Härd sodann hinab in das weitläufige Alpgebiet von Poganggen, in dem sich auch die bereits schon wieder geschlossene Rotstockhütte befindet.

 

Da ich noch Hoffnung hatte, im Schilttal eine geöffnete Beiz vorzufinden nahm ich nun den zum Wasegg-Grat und dort zu P2155 ansteigenden Weg. Diesen dann wieder 200 Höhenmeter hinab zu einem Steg über den Schiltbach und weiter zu einer Alp namens Im Schilt. Alles geschlossen und das Bier wohl auch schon ausgetrunken. Zumindest liessen die mit leeren Flaschen gefüllten Bier­kästen vor dem Gebäude dieses vermuten. Von hier dann ohne eine weitere Pause über Gimmela in rund einer halben Stun­de zurück nach Mürren.

 

Und zum Abschluss noch ein kleines Schmankerl auf der Rückfahrt mit dem Triebwagen zur Grütschalp. Eine richtige Panorama-Fahrt war dies am frühen Abend und ein Abschiedsgeschenk, EJM durch die Abendsonne ins rechte Licht gesetzt so unmittelbar von Gegenüber noch einmal bestaunen zu dürfen.

 

 

Wie ist am Ende des Tages nun meine Meinung zum Schilthorn?

 

Bei den Aussichtsbergen in der Liga der (knapp-)Dreitausender ist das Schilthorn gewiss eine Ausnahmeerscheinung, so einmalig schön und umfassend ist der Ausblick an einem Prachttag wie heute. Dass er durch die Bergbahn viel Besuch erhält sollte für alle, die (noch) in der Lage sind, es aus eigener Kraft dort hinauf zu schaffen, leichter erträglich sein angesichts der Vorstellung, dass auch sie später einmal für einen derartigen Genuss auf eine Bahn angewiesen sein könnten.

 

Überdies lässt sich nur wenige Meter abseits mit Leichtigkeit ein Platz finden, an dem man von dem konzentrierten Trubel so gut wie gar nichts mitbekommt.

 

Wenn nach den ersten Eindrücken auch die Umgebung und der individuelle Zeitbedarf besser eingeschätzt werden können, sollte es auch kein Problem sein, einen attraktiveren Weg für den Aufstieg zu finden.

 

Touristen Hot Spot: Ja, aber keiner, um den man einen Bogen machen muss. Dafür strahlen etwaige negative Begleiterscheinungen viel zu wenig auf seine Umgebung aus. Und was spricht gegen einen Kaffee oder ein Bier im Drehrestaurant zu einem Zeitpunkt, wenn es dort etwas ruhiger zugeht. Im Führer von Daniel Anker endet die Schilthorn-Tour (ab Kiental) übrigens auf dem Gipfel: Als Angebot für alle, die ihre Knie schonen wollen.

 

 

Schwierigkeitsbewertung:

Aufstieg über den Grat im Schlussaufstieg und Abstieg bis Rot Härd sind T3, alles Übrige maximal T2


Tourengänger: dulac


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Kommentare (4)


Kommentar hinzufügen

Grimbart hat gesagt:
Gesendet am 24. Oktober 2014 um 18:52
Hallo Wolfgang,

da bist du ja auf den Spuren von James Bond gewandelt ;-)

Dort hat man dem Schilthorn allerdings den Namen "Piz Gloria" verpasst und auf der Verfolgung des Bösewichts gab's bergab auch noch eine Bobbahn.

Gibt's am Gipfel eigentlich irgendwelche Hinweise auf die damaligen Dreharbeiten?

BG
Erwin

dulac hat gesagt:
Gesendet am 24. Oktober 2014 um 21:11
Hallo Erwin,

„auf den Spuren“? Wohl eher nicht – JB war, wenn ich mich nicht irre, mit der Bergbahn unterwegs!

In der Bergstation gibt es tatsächlich eine Ausstellung. Habe ich mir allerdings erspart. Hatte zu viel Trubel und an so einem Traumtag, wer besucht da schon ein Museum?!

Ansonsten gibt es auf der Terrasse noch so eine Art Pappkameraden für Erinnerungsfotos.

Von der Bobbahn war allerdings nichts mehr zu entdecken.

Und wenn wikipedia u.a. meint „Seit dem Bau der Seilbahn ist der Gipfel … alpinistisch kaum mehr von Interesse.“ hat das vielleicht auch sein Gutes. Denn von der unmittelbaren Bergstation einmal abgesehen, war im Auf- wie auch im Abstieg fast niemand sonst hier unterwegs. War freilich ein Werktag und außerhalb der Saison.

LG Wolfgang

Felix hat gesagt:
Gesendet am 5. Januar 2015 um 21:31
und doch:
die Anstiege zum Schilthorn sowie die umliegenden Berge werde ich hoffentlich noch öfters besuchen - sehr empfehlenswert!

lg Felix

dulac hat gesagt:
Gesendet am 6. Januar 2015 um 22:57
Da geht es mir ganz genau so wie Dir: nach diesem ersten Besuch bin auch ich auf den Geschmack gekommen, völlig egal was wikipedia dazu meint.

LG Wolfgang


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