Lenzspitze-Nordostwand-Nadelgrat im Alleingang


Publiziert von Clariden , 3. Oktober 2014 um 22:04.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:24 September 2014
Hochtouren Schwierigkeit: S
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 

Lenzspitze NO ist an der Grenze dessen, was ich mir als Alleingang vorstellen kann. Seit Längerem lese ich Berichte darüber, verfolge die aktuellen Bedingungen. Nun gab es in den letzten Wochen mehrere Berichte auf gipfelbuch.ch über "super" Bedingungen in der Wand. Generell ist kritische Zurückhaltung bei überschwänglichen Berichten angebracht, es hat auch schon fatale Unfälle kurz nach Erscheinen von solch euphorischen Berichten in vergleichbaren Wänden gegeben. Natürlich ist auch gegenüber meinem Bericht kritische Distanz angebracht und konstruktive Kritik willkommen. Überhaupt würde ich gerne in Dialog mit anderen (Allein)-Gängern treten: Wie werden die verschiedenen Risiken einer Tour eingeschätzt? Das mag dem Einzelnen helfen zu entscheiden, auf was er sich einlassen will.
Nun also gab es mehrere aktuelle Berichte über durchgehenden Trittschnee in der Wand. Hört sich gut an, denn es gibt auch Berichte, in denen der Trittschnee im oberen Teil aufhört und Blankeis offen, oder noch tückischer, unter einer dünnen Schneeschicht auftaucht. 
Der nächste Knackpunkt betrifft den Weiterweg: Exponierter Grat zum Nadelhorn oder Abstieg über die Wand, wie in einem dieser jüngsten gipfelbuch.ch-Einträge? Letzteres für mich verlockend, Abstieg über die Wand hatte ich in Tödi-West und Eiger-West als nicht problematischer als den Aufstieg empfunden. Die Bilder über die Exposition auf dem Grat waren hingegen respekteinflößend. Außerdem würde auf diese Weise der dritte Knackpunkt für den Alleingang, der Gletscher,  zumindest etwas eingeschränkt, weil der Abstieg über das Windjoch entfällt, der einige Spalten hat. Allerdings hielt ich generell das Betreten des Gletschers in dieser Höhe, in dem es, ungewöhnlich zu dieser Jahreszeit, viel Schnee ab ca. 3500m  hat, für vertretbar, wenn es nicht zu warm wird. Schließlich wollte ich Ende September einen Versuch machen, zumindest die Verhältnisse in Augenschein nehmen.
Der Wetterbericht prognostizierte vom 23.9.14 an mehrere stabile Tage und so reiste ich am 22.9 nach Saas Fee. Beim spät abendlichen Gang zum Hotel war die Luft beinahe winterlich kalt, sollte gut sein für den Schnee weiter oben. Im Hotel checke ich nochmal den Wetterbericht, jetzt ist für den 24.9 ab mittags eine Störung angesagt.
Am nächsten Morgen wird die Ankunft dieser Störung nach manchen Wettervorhersagen sogar bereits für die Nacht vom 23. auf den 24.9. angesagt. Ich bin frustriert, dann kann ich es vergessen, nach einer bewölkten Nacht, also ohne Abstrahlung, ist mir das Risiko zu groß. Die verschiedenen Wetterprognosen sind sich nicht einig, nach anderen kommt die Störung doch erst gegen Mittag.
Ich will es versuchen, steige am Vormittag zur Mischabelhütte auf, tags ist es spätsommerlich warm. Ich lege kurz im wenig einladenden Winterraum ab, gehe dann hoch auf den Hohbalmgletscher und präge mir die Wand und die geplante Route möglichst gut ein. Auf dem Gletscher ist der bogenförmige Weg zum Windjoch klar ersichtlich, ich gehe bis zum Scheitel, an dem ich morgen früh gerade auf die Wand zu gehen will. Zumindest bis hierhin ist der Schnee auf dem Gletscher auch am Mittag hart gefroren, macht einen guten Eindruck.
Schon oft habe ich von den Berichten insbesondere von Sputnik, Danski, Alpinist, Alpin_Rise, Delta, Dolmar oder Chris Moser, der eine eigene hervorragende Seite pflegt, profitiert. Diesmal ist es der Bericht von Chris den ich im Kopf habe: Er beschreibt einen Verhauer, als er den Bergschrund zu weit rechts überschreitet, weil das verschiedene Berichte suggerieren und er sich in der Dunkelheit naturgemäß schwer tut mit der Orientierung. Dann bemerkt er eine andere Seilschaft die weiter links einsteigt und wesentlich weniger Probleme hat. Chris resümiert, dass ein Einstieg etwa in Gipfelfalllinie ideal sei. In diesem Jahr gab es zu Beginn der Saison 2 Einträge im gipfelbuch, in denen sogar links der Gipfelfalllinie eingestiegen und dann nach rechts gequert wird. Die letzten Einträge beschreiben wieder den Einstieg ziemlich weit rechts. Es kommt wahrscheinlich auch auf meinen Bildern nicht gut raus, in der Realität ist es aber sehr deutlich, dass aktuell der Bergschrund bei Weitem am Einfachsten weit rechts überwunden wird und dann ein zunächst wenig ansteigender Quergang folgt, um die wenigen herausragenden Felsen zu meiden.
Der 23.9 und die folgende Nacht bleiben wolkenlos und windstill, als ich aufbreche hat es -5° an der Hütte. Ich gehe erst um 515 los und lasse es bewußt langsam angehen, um die Wand erst gegen 630, als es definitiv hell genug ist, um die Konturen klar zu erkennen, zu erreichen. Zur Eiger-West bin ich z.B. zu früh los und habe in der Dämmerung die Konturen unter dem Hängegletscher nicht richtig erkannt.
Bergschrund ist unproblematisch, in diesem Bereich würde ich auch von perfektem Trittschnee sprechen.
Leider bleibt das nicht so. Schon bald danach greifen die Pickel nicht so satt, wie ich das von Eiger, Tödi und anderen Wänden kenne und was in diesen ein sehr sicheres Gefühl hat aufkommen lassen. im unteren Teil ist der Schnee relativ weich und oben kommt dann die Überraschung, die meinen Adrenalinpegel ziemlich puscht: Unter wenigen Zentimetern Schnee Blankeis. Zum Glück ist dessen Konsistenz passabel und die dünne Schee/Firndecke sitzt auch immerhin, so dass ich weiter gehe. Ein Rückzug, ca 50-100 hm unter dem Gipfelgrat ist jetzt auch keine verlockende Alternative. Diese wenigen Grat, die Lenz-NO steiler ist als die genannten, mir bekannten Wände, die Höhe die mich erheblich schnaufen läßt und eben die genannten Bedingungen lassen mir einen Rückzug  problematischer erscheinen. Ich erreiche den Gipfelgrat vielleicht 30m rechts unter dem Gipfel, so steil und ausgesetzt er ist, ich fühle mich auf ihm deutlich wohler.
Bekanntermaßen fällt er nach allen Seiten steil ab, ermöglicht aber immerhin ein sicheres halbwegs bequemes Sitzen. Und außer mir ist niemand hier. Das Wetter ist jetzt um kurz nach 9 noch perfekt. Ich hatte lange überlegt, ob ich kein Seil mitnehme und definitiv wieder über die Wand absteige, ein Einfachseil mit Grigri, ein paar Keilen, Friend etc. mitnehme um mich bei einer Gratüberschreitung z.T. zu sichern, oder nur meine 40m 6mm Reepschnur für evtl. Abseilen von den Grattürmen. Schließlich bin ich froh, mich für letzte Alternative entschieden zu haben. Der Grat ist gerade im Abstieg von der Lenzspitze zum Joch sehr exponiert und anfangs weiß ich noch nicht, ob ich doch über die Wand absteige soll. Aber bald stellt sich zu meiner Überraschung auf dem Grat ein gutes Gefühl ein. Es liegt auf den Grattürmen nordseitig jeweils hart gefrorener Schnee, in dem aber im Ggs. zur Wand die Pickel endlich perfekt greifen. Im Aufstieg vom Joch wird dann  ein großer, für den Schwierigkeitsgrat verdammt steiler Turm überstiegen, der Fels ist allerdings hervorragend griffig und ziemlich fest. Zu allermeist steige ich genau über den Grat, im Ggs. zu vielen anderen Graten habe ich hier keinerlei Orientierungsprobleme. Links und rechts ist es meist nicht  weniger steil aber klar ersichtlich deutlich brüchiger. Außerdem weisen meist die Kratzter der Steigeisen den Weg.
Auf dem Nadelhorn fühle ich mich richtig gut, das Wetter hat bislang gut gehalten, die Orientierung den Grat runter und selbst über den Hohbalmgletscher ist bei klarer Spur selbst bei eingeschränkter Sicht nicht allzu schwierig. Nur im überwechteten Teil gehe ich lieber anstrengender, aber sicherer, etwas tiefer als diese angelegt ist. Im Abstieg vom Windjoch ist der Schnee in der tiefen Spur doch relativ weich, im Kessel aber so hart wie am Morgen. Erst am anderen Ufer fällt die Anspannung ab, es tut gut. Ich lasse mir Zeit, ich habe nicht vor mir den Abstieg noch an zu tun, zumal es jetzt schneit und ich in der Wolke bin. Leider sehe ich deshalb die nette Seilschaft nicht mehr, die auch im Winterraum war und das Nadelhorn bestiegen hatte.
Von dieser wurde ich gefragt, ob ich das "so einfach" machen würde, Wand rauf und runter, was eigentlich geplant war und alleine den Gletscher betreten. Nein, einfach mache ich das nicht und ich betrete sicher auch nicht jeden Gletscher, nur manche und nur bei Bedingungen, die ich als gut einstufe. Ich werde auch frühere Alleingänge berichten mit meinen Überlegungen zur Verantwortlichkeit der Durchführung bei den jeweils aktuellen Bedingungen.
Gerne würde ich in Dialog zu anderen darüber treten, nicht nur zur Alleingängern, aber natürlich gerne auch zu diesen. Es gibt ja auch die  Communitiy Alleingänge/Solo, sie ist aber im Augenblick nicht sehr lebendig.

Clariden









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Kommentare (14)


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WoPo1961 hat gesagt:
Gesendet am 4. Oktober 2014 um 10:56
Gratulation zu dieser wahrlich eindrucksvollen Tour!! Da du dich im Vorfeld sehr intensiv mit dieser Tour auseinander gesetzt hattest, mit allen Risiken die ein Alleingang beinhaltet, finde ich es völlig in Ordnung auch solch eine anspruchsvolle Tour Solo anzugehen. Zudem hast du dir während der Tour immer mehrere Optionen offen gehalten. Ein Restrisiko bleibt zwar immer...aber das habe ich auch z. B. mit dem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit.
Von meiner Seite ist dir der gezogene Schweizhut sicher.
LG WoPo

Clariden hat gesagt: RE:
Gesendet am 4. Oktober 2014 um 11:14
Herzlichen Dank lieber Wopo, bzw. Mr. hikr persönlich für deine Einschätzung der Tour. Übrigens gehöre ich seit Langen zu deiner immer größer werdenden Fangemeinde. Ich hatte in diesem anfangs verregneten Sommer das Eintreffen deiner Schmunzelgeschichten regelrecht herbei gesehnt und war sehr froh als diese endlich eintrafen. Grüße nach "Flh", (z.B. diese Abkürzung von dir fand ich köstlich)
Clariden

WoPo1961 hat gesagt: RE:
Gesendet am 4. Oktober 2014 um 20:39
Normalerweise hättest du auch Grüße aus Flh bekommen, bin aber momentan in Highländerhausen (= Edinburgh). Vielen Dank für deine Antwort! Freut mich sehr, wenn dir mein Geschreibsel gefällt! Irgendwas wird demnächst auch über den jetzigen Urlaub auf Hikr erscheinen..schaunwama.

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 4. Oktober 2014 um 16:15
Hi Clariden!

EIne phantastische Solotour hast du gemacht, Gratulation! Ich liebäugle auch schon mit der Wand aber dieses Jahr wirds wohl eher nichts mehr. Bin gespannt was du noch für Solotouren punlizierst auf HIKR. Der Bericht ist bestens geschrieben und ich sehe es mit der Eibenverantwortung genau so bei Sologängen auf Gletschern!

Viele Grüsse,

Sputnik

Clariden hat gesagt: RE:
Gesendet am 4. Oktober 2014 um 20:08
Herzlichen Dank Sputnik, Deine sehr präzisen Beschreibungen haben mir schon oft ganz außerordentlich geholfen, insbesondere bei der Eiger-West-Begehung, die ich noch publizieren werde.
LG
Clariden

roger_h hat gesagt:
Gesendet am 4. Oktober 2014 um 20:36
Ich bin richtiggehend hin- und hergerissen, einerseits verlangt mir deine Unternehmung gehörigen Respekt ab, andererseits scheint sie mir nicht als Vorbild zu dienen.
Versteh mich nicht falsch, ich werde hier nicht allzu sehr den Mahnfinger heben, wer bin ich denn, dies zu tun? Ich bin der Meinung, dass grundsätzlich jeder selber wissen muss, was er tut. Mir scheint, du hast deine Tour gewissenhaft vorbereitet. In diesem Moment scheint mir die Tour, die du gemacht hast, über dem Limit dessen, was als Solotour in Frage kommt. Aber so ziemlich alles, was ich diesen Sommer gemacht habe, schien mir noch vor wenigen Jahren auch über dem Limit zu sein.
Was ich damit sagen will, nur weil es mir über dem Limit zu sein scheint, heisst noch lange nicht, dass es nicht Bergsteiger gibt, die sich eine solche Tour bei günstigen Bedingungen auch als Solotour zutrauen können. Ich kann dir nur raten, die Machbarkeit solcher Touren anhand der Bedingungen und der eigenen Fähigkeiten seriös einzuschätzen und den schmalen Grat vom Bergsteiger mit einem gesunden Risikoverhalten zum Hasardeur weiterhin nicht zu überschreiten.
Gruss und Gratulation zur Tour
Roger

Clariden hat gesagt: RE:
Gesendet am 4. Oktober 2014 um 21:46
Herzlichen Dank Roger, das mit dem möglichen Vorbild sehe ich auch als problematisch an, hat mich bislang auch von Veröffentlichungen abgehalten. Und auch gerade deshalb ist, wie gesagt, eine solche konstruktive Kritik wie die deine sehr willkommen. Für mich gliederte sich das Risiko in 3 Bereiche: Steile Wand, die vielleicht, und dann ja leider tatsächlich, doch Blankeis mit dünner Auflage aufwies, exponierter Grat und Gletscher. Welcher ist für dich der entscheidende Faktor, der dich von dieser Tour abraten läßt?
Ich hatte auf der Mischabelhütte zusammen mit 4 Bergsteigern übernachtet, von denen 2 am nächsten Tag absteigen wollten, 2 eigentlich und schließlich auch tatsächlich das Nadelhorn machen wollten. Als wir über unsere Vorhaben sprachen kam bei einem(r) der Gedanke auf auch über Lenz-NO zu gehen. Nun war der Kontakt nicht lang genug, als dass ich diese Menschen hätte gut einschätzen können. Es wurde mir allerdings etwas mulmig, als klar wurde das sie gar nicht jeder über 2 Pickel verfügten und ich war ziemlich froh als der erfahrenere der Beiden schnell klar stellte, dass das für ihn keine Option wäre. Meine Hoffnung ist, dass wir durch die Diskussion hier einem fakultativen Alleingänger, einschließlich meiner Person, mehr Kriterien aufzeigen können, anhand deren er letztlich selbst seine Entscheidung treffen wird

LG
Clariden

roger_h hat gesagt: RE:
Gesendet am 6. Oktober 2014 um 10:30
Die Frage, die sich aus meiner Sicht stellt ist, wo eine Seilschaft einen Sicherheitsgewinn verspricht. In der Wand mit Trittschnee synchron am kurzen Seil ohne Fixpunktsicherung aufzusteigen bietet gegenüber dem Alleingang sicherlich keinen Sicherheitsgewinn (bei einem Mitreissunfall sogar das Gegenteil). Wenn sich die Bedingungen während dem Aufstieg verschlechtern und plötzlich Fixpunktsicherung angebracht ist, hat man mit Partner schon mehr bzw. effizientere Optionen, auch für einen allfälligen Rückzug.
Auf dem exponierten Grat mit genügend natürlichen oder sogar eingerichteten Fixpunkten (kenne den Grat von der Lenzspitze zum Nadelhorn leider noch nicht aus eigener Erfahrung), ist man in der Seilschaft aus meiner Sicht schon sicherer unterwegs. Andererseits muss ich auch sagen, dass ich schon einiges vorgestiegen bin in solchem Gelände und ich bin bisher (zum Glück) noch nie gestürzt. Ich kann allerdings nicht beurteilen, wie es um mein Nervenkostüm bestellt wäre, wenn ich alleine und komplett ungesichert unterwegs wäre. Von daher glaube ich, dass eine Seilschaft auch mental Vorteile hat, auch wenn der tatsächliche Sicherheitsgewinn vielleicht eher marginal ist.
Letztlich bleibt die Gletscherpassage, ich habe in meinem Bergsteigerleben bisher zweimal bis Brusthöhe in einer Gletscherspalte gesteckt, einmal davon wäre ich ohne Seilsicherung vermutlich richtig reingefallen. Andererseits, wenn eine komplette Brücke unter dir zusammenbricht, wird dir der Seilzweite in der Zweierseilschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Spalte folgen.
Aus meiner Sicht bietet ein Tourenpartner abgesehen vom Sichern von Fixpunkt zu Fixpunkt vor allem auch mental einen Vorteil und bei einem Unfall mit Verletzungsfolge, falls er nicht auch vom Unfall betroffen ist. Als Alleingänger schwer verletzt in einer Gletscherspalte z.B. hast du schlechtere Karten.

Clariden hat gesagt: RE:
Gesendet am 8. Oktober 2014 um 23:18
Du zeigst den Sicherheitsgewinn in einer Seilschaft gut auf. Für mich ist wichtig, ob die Zunahme des Risikos sich im Rahmen hält, im Rahmen den Wopo als Restrisiko bezeichnet und zurecht ins Verhältnis zum Risiko im Straßenverkehr setzt.
Das alleine Begehen eines Gletschers, bei dem noch das Eis dominiert und nicht die Moräne, ist am schwierigsten einzuschätzen. Sander beschäftigt sich in seinem Kommentar mit dem gleichen Problem, auf das ich gleich antworten werde. Auf dem Gletscher ist eine 4er Seilschaft wohl ideal, aber eher die große Ausnahme, du beschäftigst dich deshalb auch mehr mit der 2er Seilschaft und äußerst dich sogar ziemlich pessimistisch was deren Nutzen anbelangt. Ist natürlich gut vorstellbar, aber hast du so was, das der zweite rein gezogen wird schon gesehen, bzw. gehört oder gelesen?
Ich hatte bislang auf den fiesen Gletschern, wie z.B. dem Grenzgletscher, den ich natürlich nicht alleine begangen habe, darauf gebaut, dass die Chance, den einbrechenden Kollegen zu halten, insgesamt sehr hoch ist. Meine tiefsten Einbrüche waren jeweils einbeinig, bis das Becken aufsass, das Seil kam dabei noch nicht auf Zug.

Sander hat gesagt:
Gesendet am 7. Oktober 2014 um 13:45
Die meisten Touren mache ich nur allein.
Deshalb interessiere mich diese Diskussion.

Ich merke für mich dass durch die Erhöhung der Erfahrung ich zunehmend in der Lage sind Schwierige Touren zu machen.
Touren wo ich mir vor einzige Jahre nog nicht an gewagt hatte gehe ich jetzt ohne Schwierigkeit.
Deshalb glaube ich dass es ist schwer zu beurteilen, ob jemand beim machen eine Tour einen Limit überschreiten hatte. Vor man da etwas von sagen könte musst man dieser Person gut kennen.
Ein Dilemma bleiben die Gletscher...
Sie können viel Erfahrung haben aber eine verborgene Gletscherspalte können du noch überraschen.
Das ist der Grund warum ich etwas zurückhaltend bin im Alleingang über einem Gletscher zu gehen.
Ein Nachteil ist dass ich einige interessante Tochen nicht allein machen kan.
Deshalb bin ich abhängig ob jemand mit mir die Tour machen will
Ich bin neugierig wie Sie die Entscheidung treffen alleine auf einem Gletscher zu gehen?

Entschuldigung mich für mein schlechtes Deutsch.
Es ist nicht meine muttersprache.:-)

Clariden hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. Oktober 2014 um 00:29
Ja, die Einschätzung der Gletscher halte ich auch für das ungewisseste. Ich versuche zum Einen möglichst viel über diese zu erfahren, aus Berichten im internet und vor allem auch durch Anruf auf der Hütte. Dabei z.B. folgende Aussage vor 4 Jahren im Furkagebiet (weiß nicht mehr genau um welchen es ging, ist ja sowieso exemplarisch) erhalten: Generell sei Anseilen auf Gletscher immer zu empfehlen und er könne natürlich keinen Freibrief erteilen, er gehe aber selber derzeit nicht angeseilt, da es noch ca. 2 m Schnee hat. Das könne sich natürlich, je nach Witterung nach wenigen Tagen, ändern.
Oder einer der die Sitation auf "seinem" Gletscher als heikel bezeichnete, auf Nachfrage, ob er selber denn evtl unangeseilt diesen betritt, dies zwar bejahte, aber angab, dass er sich das nur traue, weil er ihn auch in (aktuellem) aperen Zustand kennt und deshalb seinen Weg schon anders zu gehen weiss als jemand, der diesen speziellen Gletscher mit seinen relevanten Spaltenzonen nicht kennt. Das ist sehr oft viel wert. Gut ist natürlich, wenn man etwas über den Hüttenwart weiß, z.B. auf der Planurahütte, wo Hans Rauner Hüttenwart und Bergführer ist. Auf der homepage ist seine Tel-Nr. angegeben und die der Hütte, auf der er oft nicht selber ist. Auf der Hütte selbst kann durchaus auch Personal sein, das bergsteigerisch wenig bewandert ist, aber dennoch mit viel Selbtvertrauen seine Meinung kund tut. Das war Ende Juli 2013 tatsächlich der Fall. 2014, zumindest zwischen April und Juni war die Planurahütte mit Conny und Marcus wieder kompetent besetzt.
8/14 rief ich auf der Spannorthütte an. Ich wußte aus dieversen Berichten, dass diese Hütte in den letzten Jahren einen sehr bergerfahrenen Hüttenwart hatte, der unter Anderem eine Reihe schwerer Routen durch die Schlossberg-Westwand erschlossen hat
Erst als ich auf der Hütte eintraf und mit dem jungen, durchaus freundlichen, Ehepaar, das diese Saison auf der Hütte war, sprach, wurde mir klar, dass sie selber keine oder wenig erfahrene Bergsteiger sind. Also das als Einschränkung, oft gibt der Hüttenwart aber eine Stellungnahme ab, die mir weiter hilft.
Ferner versuche ich einige Bilder vom Gletscher im internet zu finden, die natürlich möglicht aktuell sein sollen, da sich die Verhältnisse ändern. Ideal sind Bilder vom vorasugehenden Spätsommer, wenn er aper war und die Spaltensituation zu sehen ist.
Außerdem verfolge ich die Monatsberichte vom slf, Schweizer Lawinenforschungs Institut, das die Gesamtmenge Schnee im letzten Monat berichtet und z.T. auch konkrete Angaben, wie hoch die Schneedecke in einer bestimmten Höhe noch ist. Im laufenden Monat informiert meteo schweiz über die Lage der Nullgradgrenze, Niederschlagsmenegen und natürlich Sonneneinstrahlung. Das muss man leider fast täglich einsehen, auch wenn ich z.B. in der ersten Monatshälfte des Augustes nicht in die Berge komme, weil ich in der zweiten Hälfte mir nicht mehr die Prognose der ersten Hälfte ansehen kann, jedenfalls nicht online. Für die Einschätzung wieviel Schnee noch liegt ist es aber nötig.
Im Falle des Hohbalmgletschers ergab das Telefonat mit der Hütte, dass die betreffende Frau keine Aussagen machen wollte, als ich sagte, dass ich alleine gehen würde. Ich habe nicht weiter nachgefragt. Wenn es eine gute Bergsteigerin war, die deshalb nichts gesagt hat, weil sie vermeiden wollte bei einem evtl. Unfall meinerseits angeklagt zu werden, wäre sie für mich die erste Hüttenwartin oder Hüttenbedienstete, die so reagiert. Wenn sie selber keine richtige Bergsteigerin war, ist mir ihre Aussageverweigerung entschieden lieber, wie oben dargelegt.
Fotos von einem aperen Hohbalm-Gletscher habe ich auch nicht gefunden, eigentlich gar keine brauchbaren, morgens wird er ja auch meist im Dunkeln begangen, und beim Rückweg fotografieren fast alle die Gipfel aber nicht den Gletscher.
In diesem Fall bin ich deshalb optimistisch gewesen, weil im Juli/August sehr viel Schnee gefallen war und im September die Temperaturen und die Nullgradgrenze nicht mehr so hoch war.

kerstin70 hat gesagt: Chapeaux
Gesendet am 8. Oktober 2014 um 12:22
Hallo Clariden,

weit entfernt davon technisch dazu in der Lage zu sein Alleingänge zu unternehmen finde ich deinen Bericht dennoch interessant, informativ und nicht "sensationsheischend"! Ich habe die Wand als meine dritte Hochtour überhaupt am 3.9. mit Bergführer am kurzen Seil ohne Fixpunktsicherung gemacht und war vollkommen begeistert - zumal es meine erste Steileiswand war...(eigentlich stand Eiger/Mitteleggi an, aber in diesem Jahr dann wohl für Niemanden) Allerdings hatten wir kein Blankeis, sind jedoch relativ weit rechts vom Gipfel auf den Grat gestiegen. Den Grat habe ich genauso wunderschön wie du empfunden und die Kletterei war ein purer Genuss. Wir haben außer an den Sicherungsstangen zum Ablassen nicht zwischengesichert und sind alles zügig durchgeklettert.
Fazit aber zu deinem Bericht: Gut vorbereitet, technisch versiert, spannend zu lesen, informativ - auch für Nichtalleingänger!!!
Liebe Grüße vom Bodensee

Clariden hat gesagt: RE:Chapeaux
Gesendet am 9. Oktober 2014 um 00:39
Herzlichen Dank für die positive Bewertung Kerstin. Als dritte Hochtour überhaupt ist das allerdings auch mit Bergführer recht happig. Keine Fixpunktsicherung am Grat? Konnte dein Bergführer das Seil jeweils so um Felszacken legen, dass das gereicht hätte? Insbesondere an dem großen Gendarmen stelle ich mir das schwierig vor.
Auf deinem Bild sind deine Pickel zu erkennen. Sum`tec von Grivel?
Habe ich auch und bin sehr zufrieden.
LG
Clariden

kerstin70 hat gesagt: RE:Chapeaux
Gesendet am 9. Oktober 2014 um 16:58
...mit viel Training u guten Vorbereitungstouren (Simelistocküberschreitung, Wetterhorn über Willsgrätli) war diese Tour kein Problem... Zudem hab ich einen phantastischen BF, der mich gut einschätzen kann u mich gesund herausfordert. Wir klettern gerne flüssig hintereinander her u der Gendarm war genial! Sicherlich hat er den einen o anderen Zacken für eine Schlinge genutzt, aber das meiste ging problemlos auch so. Wir haben für die gesamte Tour 7,5 Std. (Inkl. Gipfelrast) gebraucht u der Hochtourenvirus packt mich immer mehr...
Die Eisgeräte hat mir der BF geliehen, es waren Petzl - sehr bissig u gut zu händeln!
Freue mich auf weitere Berichte von dir - als "Greenhorn" immer spannend.
LG Kerstin


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