Hochtour: Lenzspitze – Nadelhorn (Überschreitung)


Publiziert von Hochtourer , 27. Juli 2009 um 18:17.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Unterwallis
Tour Datum:26 Juli 2009
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 19:00
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1000 m
Strecke:Lenzspitze – Nadelgrat – Nadelhorn (Überschreitung)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit ÖV nach Randa, Abfahrt mit Postauto aus Saas Fee

Hochtour: Lenzspitze – Nadelgrat – Nadelhorn (Überschreitung)

Besteigung der Lenzspitze mit Überschreitung zum Nadelhorn. Oder: „Man nennt mich den, der mit der Schlinge tanzt“, aber dazu mehr weiter unten. Teilnehmer: 3.

 

Samstag Aufstieg zur Domhütte. In 3 Stunden gut machbar (1500hm, Angegeben 4.5). Spannender Aufstieg, der schon fast Klettersteigcharakter hat.

Super Aussicht auf Weisshorn und Matterhorn. Sehr nette Bewirtung. Leider kostet der Marschtee extra! Auch sonst komische Hüttenregeln: Gemeinsames Wecken durch Hüttenwart um viertel vor drei. Das hat zu recht Chaos geführt, da die Hütte rappelvoll war. Beim Abendbrot mussten wir in zwei Schichten essen und so wurde am Morgen zwischen Anstehen am WC und möglichst schnellem Abmarsch, nur schnell ein Happen im Stehen runtergewürgt. Dafür gab es das vielleicht beste Hütten-Brot.

 

Aufstieg in einer langen Kette von Glühwürmchen. Da alle Seilschaften bis zum Lenzjoch denselben Weg genutzt haben. Orientierung ist einfach, am Lenzjoch hat es ein paar Fixseile, es kommt aber unweigerlich zum Stau. Das Klettern mit Steigeisen im Dunkeln ist halt schon etwas, das ein wenig Gewöhnung braucht…

Am Lenzjoch teilt sich die Gruppe. Ein Teil steigt über den Festigrat auf den Dom, der Rest nimmt den Umweg über den Gletscher in Kauf. Es dämmert gerade und die Kletterer geben eine Traumsilhouette vor dem Matterhorn ab.

 

Auch wir betreten wieder den Gletscher und reihen uns in die Normalroutengeher ein. Auf rund 4000m trennen wir uns dann aber, überqueren die erste Eisbrücke des Tages und steigen einen ca. 60 Grad steilen Firnhang hoch in den Grat zum Lenzjoch.

Die Verhältnisse sind perfekt. Der Firn schön fest und im Fels hatte es nur noch ganz vereinzelt Eis und Schnee. Nur ein steiles Couloir kurz vor der Lenzspitze war stark vereist und hat allen Mut gekostet, selbst für die Nachsteiger.

Eine weitere zweier Seilschaft ist unterwegs, sonst sind wir allein weit und breit. Die beiden kehren von der Spitze wie geplant zurück zur Domhütte. Statt der 5 Stunden im Führer haben wir 7 gebraucht. Später sehen wir die beiden noch mal, wie sie den Gletscher wieder betreten, rund 6 Stunden später. Der Abstieg ist also (wie im Führer beschrieben) nicht zu empfehlen! Nur, wenn man erstmal im Grat ist, gibt es kein Zurück mehr!

 

Wir haben gegen 13:00 den Grat betreten. Von der Lenzspitze aus ist er gut einzusehen und sieht so aus, als könnte man ihn wirklich in den angegebenen 2 Stunden machen. Grosse Blöcke, überwiegend fester Fels und viele Zacken für Schlingen. Wir haben dann aber 7 Stunden gebraucht, da meine beiden Seilgefährten schon recht am Anschlag waren und ich die meisten Passagen sichern musste.

Vom Grat aus kann man das Nadelhorn nicht mehr sehen. Es hat viele Türme, die es zu überklettern geht. Meist so rund 10m hoch und häufig mit einer Stange auf der Spitze, zum Abseilen. Das kostet natürlich Zeit, zumal wenn man zu dritt ist. Abseilen konnten wir jedenfalls nach einer Weile wirklich nicht mehr sehen. . .

Der Fels hat viel Schutt ist aber im Wesentlichen fest und schön zum Klettern. Es hat einige leicht überhängende Stellen drin und die Wegsuche ist nicht immer ganz einfach. Auch hatten wir an einigen Stellen noch schmale Firnstellen zu überqueren. Jeweils nur ein paar Meter lang, aber auch kaum breiter als zwei Füsse…

 

Achtung:

Diesen Grat darf man nur machen, wenn man absolut sicher im 2ten (immer wieder auch dritten) Grad mit Steigeisen klettern kann! Ohne Sicherung. Es hat viele Zacken und Spitzen, um die man mal ein Seil legen kann, das muss reichen. Sonst braucht man (wie wir) eine Ewigkeit und die ganze Tour wird gefährlich lang. Die heiklen Stellen kann man sichern. Ich habe unglaublich viele Schlingen gelegt.

Wir hatten massiv zu wenig Wasser dabei und waren letztlich rund 16 Stunden über 4000m. In der prallen Sonne, bei einem ordentlichen Wind. Zum Glück war das Wetter absolut stabil, so dass wir nur gegen den Sonnenuntergang anrennen mussten. Die Konzentration lässt bei so vielen Stunden nach. Man merkt das und wird immer langsamer und vorsichtiger, dadurch verschärft sich die Situation aber weiter. Ein Teufelskreis.

 

Um 20:00 dann endlich auf dem Nadelhorn. Ohne Wasser gab es auch nichts mehr zu essen und so haben wir nur noch kurz in der Mischabel-Hütte angerufen und sind dann in zwei Stunden über den Gletscher (Achtung: Längsspalten) runtergestiegen. Ein traumhafter Sonnenuntergang hat uns dies versüsst.

An der Hütte gab es noch Wasser und ne Tafel Schoggi und dann ab ins Bett. Viel geschlafen habe ich aber nicht. Schätze die Höhe und der Wassermangel haben mir recht zugesetzt. Trotz mehrere Aspirin hatte ich starke Kopfschmerzen und bin natürlich immer wieder mit Durst aufgewacht.

Fazit: Traumhafte kombinierte Hochtour, die aber absolut sichere Gratkletterei und aufgrund der Länge stabile Verhältnisse voraussetzt.

 
Luzern, 27.07.2009
Stephan Wiesner


Tourengänger: Hochtourer


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