Überschreitung Gross Litzner (3109m) und Gross Seehorn (3122m)
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Die Silvretta ist nicht unbedingt als Kletterparadies bekannt. Trotzdem gibt’s im Grenzgebiet zwischen Österreich und der Schweiz griffigen Granit und zahlreiche Routen. Eine der bekanntesten ist die Überschreitung der zwei Dreitausender Gross Litzner und Gross Seehorn. Auf Grund der geringen Schwierigkeiten, guter Absicherung und Zugänglichkeit von der Panoramastrasse Bielerhöhe wird sie oft begangen.
Hochalpine Genuss-Klettertour mit idyllischem Biwak
Von Klosters lassen sich die 12 km bis zur Alp Sardasca am besten per Bike bewältigen. Alternativ fährt das Gotschna-Taxi. Ein Teil des Alpstall wurde zur Bike-Garage umfunktioniert. Mit einigen Halten (süsse Heidelbeeren!) zur Seetalhütte mit ihrem netten, originellen Hüttenwart aus Appenzell. Weiter zu den Unghürböden, wo wir biwakieren. Ungeheure Fabelwesen behelligten uns in der sternenklaren, dennoch warmen Biwak-Nacht keine. Meine Namensdeutung: die Wasserlandschaft mit kristallklaren Seelein zwischen Granitblöcken ist einfach "unghür" schön!
Sputnik hat die Route bereits ausführlich beschrieben , ich konzentriere mich darum auf das Herzstück der Tour, die Kletterei am Normalweg des Gross Litzner.
Vom Unghürboden über Scharte, ein kurzes Gratstück (T5, II), Geröll auf der Westseite und Blockwerk auf den Winterberg. Das folgende Gratstück wird auf österreichischer Seite auf Bändern (T5, I) umgangen. Erreicht man eine markante Rinne, kann der Grat wieder gewonnen werden, alternativ etwas absteigen und auf weiterem, ansteigenden Band weiter. Auf Wegspuren (Steinmänner) zum Vorgipfel.
Den Vorgipfel P. 3060 traversiert man auf Bändern in der W-Flanke (Steinmänner), den darauf folgenden Vorturm ebenfalls (T5, I). Der zweite Vorturm (Litznerturm) wird in leichter Kletterei (II) bis zu einem Abseilstand (Schlingenbündel) erstiegen. Von dort 15m in die Scharte vor dem eigentlichen Gipfelaufschwung abseilen.
Nun führt die Route über drei Auschwünge in gleich vielen, kurzen Seillängen auf den Gross Litzner.
In der ersten Länge zuerst linkshaltend am Überhang vorbei, dann gerade in Verschneidung zum Kettenstand hinauf (III+, keine H). Ein BH steckt auf der Platte direkt über dem Stand, meiner Ansicht ausserhalb der Kletterlinie. Will man den BH klinken, ist die Kletterei schwieriger (IV-) und etwas abdrängend. Die zweite Länge III+ geht gerade in eine steile Verscheidung hinauf, wo ein BH und zwei weitere Normalhaken stecken. Der erste, silberne NH nach dem Stand links ist ebenfalls etwas neben der Kletterlinie. In der dritten Länge wird die Kletterei weniger steil; einfach empor bis zu auffälliger, roter Platte mit Querrissen und 2 BH. Nun entweder direkt nach oben in flaches Gelände (IV) aussteigen oder scharf nach rechts (III+). Dort ist ein weiterer BH und der letzte Stand versteckt. Wiederum etwas unlogisch gebohrt… am besten nicht alle H einhängen (Seilzug!), diese verlängern oder eigene Linie selbst absichern.
Nun einfach über den Gipfelgrat zum gigantischen Kreuz. Dort wartet ein gut verpacktes, aber nasses Gipfelbuch auf Einträge.
Abstieg ein paar Meter dem Grat entlang bis zum grossen Abseilring auf Platte links. Ca. 15 m abseilen bis auf Wegspur. Leichte Kletterei bis zur nächsten Abseilstelle wiederum auf Platte links, 20m abseilen. Auf Wegspuren zum letzten Gratabbruch. Dieser kann nach Süden durch Rinne und über kurze Wandstufe (ca. II) abgeklettert oder in 20m überhängend abgeseilt werden. In wenigen Minuten leicht ins Hohjoch hinab.
Auf wunderschönem Blockgrat (T5, II) aufs Gross Seehorn. Etwas kleineres Gipfelkreuz, dafür trockenes Buch.
Abstieg entweder dem NW-Grat, begangen von Omega3 und
Zaza folgen, oder auf Abseilpiste 8 x 22m durch die NW Flanke direkt vom Gipfel hinunter. Die Seilerei ist zeitraubend und mühsam, da wenig steil. Bei mehreren Seilschaften herrscht wegen Geröllbändern zudem erhebliche Steinschlaggefahr. Vom Ende der Piste in schuttiger Wegspur (T5) auf den Seegletscher. Wir traversieren ein Altschneefeld und Moränenschutt zur Seehornscharte. Von dort in unterhaltsamem Geröll, später über Grashänge (T4) zum den Unghürboden. Erfrischendes Bad in glasklarem Wasser! Mit einigen Regentropfen über die Seetalhütte zügig zurück nach Sardasca. Als Abschluss rauschende Bikefahrt nach Klosters.
Material: 50m Seil, 3-4 Express, Schlingen, evtl. Keile/Friends. Die Tour ist zwar komplett eingerichtet, aber die Haken stecken im Zickzack (siehe oben). Je nach Gletscherzustand sind Pickel und Steigeisen von Vorteil, v.a. wenn der Seegletscher gequert wird. Steigt man über die Seescharte ab, ist die Schnee/Eispassage sehr kurz, wenn nicht umgehbar.
Zeitbedarf: Hängt stark von der Routine der Seilschaft bzw. vom Sicherungsmodus ab. Wir benötigten für die gesamte Tour ab und bis Unghürböden inkl. grosszügiger Pausen 8 Stunden. Besonders die Abseilerei vom Gross Seehorn ist zeitintensiv, hier ist für routinierte Gänger der NW-Grat eindeutig schneller. Vom Litznersattel bis zum Seegletscher sind 3-5 Stunden realistisch.
Eine weitere, nach meinem Dafürhalten noch schönere Kletterei im Silvretta-Gneis ist die Überschreitung Torwache - Verstanclahorn!


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