Odenwaldlimes I - von Bad Wimpfen nach Trienz


Publiziert von Nik Brückner , 23. April 2014 um 15:43.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Odenwald
Tour Datum:18 April 2014
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 600 m
Abstieg: 475 m
Strecke:35,5 Km

Jedes Jahr an Ostern ist es ein Roulettespiel. Ist das Wetter gut genug für einen ersten Mehrtager? Mal ein bissl Regen geht ja, aber letztes Jahr zum Beispiel hat es durchgeschneit. Nix war's mit vier Tagen Odenwaldlimes.

Nicht so dieses Jahr! Ein Apriltag und 3 wunderschöne Tage machten die 100-Km-Tour entlang der römisch-germanischen Grenze möglich. Also "AdC" von Accordo dei Contrari eingeschoben, den Verzasca eingepackt und losgez!

Der Limes ist also eine alte römisch-germanische Grenze. Sie wurde unter den Kaisern Domitian, Traian und Hadrian eingerichtet und ausgebaut und war zwischen 110/115 n. Chr. und 155/160 n. Chr. etwa ein halbes Jahrhundert lang in Betrieb, bis man die Grenze ca. 20 Kilometer weiter nach Osten verschob. in dieser Zeit wurden zunächst Holztürme und ein Verbindungsweg gebaut, später kam ein Palisadenzaun hinzu und die Holztürme wurden durch Steintürme ersetzt. Schließlich wurde noch ein Graben angelegt - und das über hunderte Kilometer! Dazu kam etwa alle fünf Kilometer ein Kastell, im Odenwald sind das Kleinkastelle, Numeruskastelle und Kohortenkastelle.

Die Tour entlang dem (nicht: des) Limes ist offiziell auf vierzehn Tage ausgelegt. Ich hatte aber nur vier Tage, musste also mehr als sieben Kilometer pro Tag gehen. Na, das sollte zu schaffen sein. Wir benutzen für die Wegfindung die üblichen Wanderkarten sowie das Buch "Der Odenwaldlimes" von Egon Schallmayer. Ein ganz wunderbares Buch, wie sich bald herausstellen sollte: Seine erste Hälfte dient der einführenden Vorbereitung zuhause, die zweite Hälfte ist ein sehr detailliert geschriebener Führer, der vor Ort unentbehrlich ist, wenn man versuchen möchte, alle Turmstellen im Gelände zu entdecken. Sein einziger Nachteil besteht darin, dass er die Route von Nord nach Süd beschreibt, das ist aber nur dann ein Nachteil, wenn man, wie wir, darauf besteht, von Süd nach Nord zu laufen. Aber auch das ist kein Nachteil, wenn man zu den Menschen gehört, die gern Links und rechts verwechseln. Jetzt isses aber gut.



Mit dem Zug ging's nach Bad Wimpfen (195 m). Dort, am Neckar, befand sich in römischer Zeit ein Kohortenkastell, etwas östlich des Areals, das heute die großartige Stiftskirche St. Peter beansprucht. Unser Weg führt uns also zuerst aus der malerischen Altstadt Wimpfens hinunter zu St. Peter (150 m) und dann weiter nach Osten durch das Kastellareal. Leider ist dort nichts Römisches mehr zu sehen.

Gegenüber der Jagstmündung stand das Kohortenkastell Wimpfen im Tal. Der Bereich war in römischer Zeit von strategischer Bedeutung: Dort kreuzten sich damals zwei Fernstraßen. Die eine führte vom Rhein kommend weiter ostwärts nach Germanien hinein, die zweite verlief in annähernder Nord-Süd-Richtung parallel zum Neckar. Hier bestand auch eine Brücke über den Neckar, die erst im frühen Mittelalter durch Eisgang zerstört worden sein soll. Ein Eichenbalken, der 1957 bei Baggerarbeiten aus dem Neckar geborgen wurde, konnte auf das Fällungsjahr 85 datiert werden.

Das Kastell liegt im Bereich des heutigen westlichen Ortskerns direkt am Neckar, unmittelbar gegenüber der Jagstmündung. Die Größe des Kastells konnte nicht mehr präzise ermittelt werden, nur die Länge der West-Ost-Ausdehnung steht mit 160 bis 170 Metern halbwegs zuverlässig fest.

Vereinzelte Funde lassen die Vermutung zu, dass das Lager schon um 85 gegründet worden sein könnte. Das Kastell wurde anfangs von der Cohors II Hispanorum equitata (2. teilberittene Spanierkohorte) belegt. Nach der Verlegung der Reichsgrenze zum Limes bei Jagsthausen unter Kaiser Antoninus Pius (138–161), vermutlich im Jahr 159, verlor das Kastell seine militärische Bedeutung.


Wie bei den meisten Kastellen bildete sich im Umfeld bald eine zivile Siedlung, in der sich vor allem Händler und Handwerker ansiedelten. Es wurde Hauptort eines römischen Verwaltungsbezirks namens Civitas Alisinensium und war als eine von wenigen Römerstädten im heutigen Süddeutschland mit einer Stadtmauer und einem Graben geschützt. Die ummauerte Fläche betrug etwa 19 Hektar, damit gehörte Wimpfen zu den größten Römerstädten im heutigen Baden-Württemberg. Trotz dieser Bedeutung ist der lateinische Name von Wimpfen bis heute unbekannt.

Nach dem Abzug der Römer beherrschten die Alamannen ab dem Jahre 259/260 n. Chr. das Neckarbecken. Unter ihnen verfielen allmählich die meisten römischen Bauten, da die Germanen um diese Zeit noch nicht in Stein bauten.



Dann ging es hinaus aus dem Ort, über die Wiesen und auf einer Brücke über den Neckar, hinüber nach Jagstfeld (178 m). Dort machen wir uns auf die Suche nach Wachtposten 10/79 "An der Hohen Straße" (180 m), unserer ersten Turmstelle an der Odenwälder Limeslinie.

Leider ist dessen genauer Standort nicht bekannt, aber Vermutungen führen uns zielsicher zu einem Dönerladen - dem einzigen Geschäft, das heute geöffnet ist. Es ist Karfreitag.

Und wir wagen es, ohne Auto unterwegs zu sein...


Jetzt isses aber wirklich gut. Nun geht es hinunter ins Jagsttal und ein wenig an dem Flüsschen entlang. Bei Duttenberg überqueren wir die Jagst und steigen in der Nähe des Duttenberger Kastells hinauf in den Ort (184 m).

Das Bodendenkmal liegt südlich des Siedlungsgebietes von Duttenberg, auf einem landwirtschaftlich genutzten Plateau unmittelbar nordwestlich der Jagst, nördlich des historischen Wasserkraftwerks. Hier lief eine der römischen Straßen auf eine vermutete Furt zu. 

Das rechteckige, rund 25 m × 30 m große Kleinkastell war für 20 bis 30 Mann Besatzung ausgelegt. Von einem kleinen Lagervicus wurde ein Keller freigelegt, eine Barackengrube, ein Brunnen und eine Feuerstelle. Auch die Straße ist nachgewiesen.


Wir laufen hier im Süden ausschließlich nach Karte und Buch, denn der Limesweg ist in diesem Abschnitt nicht markiert.

Gleiches gilt auf der ganzen Strecke nur noch für die letzten fünf, sechs Kilometer - irgendjemand in Seckmauern hat entweder keine Lust, den Weg zu markieren, oder mag keine Römer.

WP 10/76 "Auf dem Scherer" (225 m) ist dann unsere erste "richtige" Turmstelle, denn in diesem Fall ist man sich sicher. Sehen tut man aber leider nichts. Die Route findet sich leicht: Da es hier des Geländes wegen nicht anbot, einer Kette natürlicher Erhebungen zu folgen, führt die Limeslinie (wie) mit einem Lineal gezogen nach Norden.

Das geht so bis Schloßau, das wir erst am nächsten Tag erreichen würden. Erst dort folgt der Limes einer durch die Topographie vorgegebenen (und dementsprechend unregelmäßigen) Linie.

Es geht weiter nach Bachenau (247 m), wo wir eine erste Pause einlegen.

Im Häuschen einer Bushaltestelle - erfahrene Weitwanderer wissen Bescheid! Hier wagen wir es, unsere Regenkleidung auszuziehen. Zu früh gefreut! Wir sollten an diesem Tag noch zweimal Hagel abkriegen...

Nun entlang der Horneckstraße und raus aus dem Ort. Wenn sich die K2032 bergab wendet, wandert man genau nordwärts durch ein kleines Wäldchen und an dessen Ostrand weiter. Man passiert WP 10/71 "Schrammbiegelwald" (285 m) auf einem quer zum Limes gelagerten Rücken und quert bald darauf die K2035. Hier verlässt man den Waldrand und wandert über Felder hinüber zu einer großen landwirtschaftlichen Anlage.

Hier hat uns dann der erste Hagel des Tages erwischt - und wir hatten Glück und konnten uns unterstellen.

Dahinter geht es dann in ein größeres Waldgebiet hinein. Hier findet man zwar spärlich ein paar Wanderwegmarkierungen, aber nichts, was dem Limeswanderer weiterhelfen würde. Mit Karte und Buch, aber auch mit Orientierungssinn und Kompass schlägt man sich nach Norden durch, möglichst immer in der Nähe der Limeslinie.

Hier im Wald wäre es am dringendsten, den Limesweg zu markieren. Denn die Gefahr, sich zu verlaufen, ist hier besonders groß.

Wir hatten Glück und traten an der richtigen Stelle aus dem Wald: In der Nähe von WP 10/66 "Im Stockbrunner Feld" (315 m). Von hier aus sind es nur ein paar hundert Schritte hinüber nach Bergfeld (310 m), einem Ortsteil von Mosbach.

Hier hat uns dann der zweite Hagel des Tages erwischt...

Nach ein paar Minuten war der Spuk vorbei. Es ging durch Bergfeld (310 m) zur L527, der man ein Stückerl Richtung Mosbach folgt, bevor man rechts (nordwärts) in einen Feldweg zweigt. Ab hier bis Seckmauern kann man den Kompass nun wegstecken. Der Limeswanderweg ist nun durchgehend mit einem weißen "L" markiert. Man braucht den Kompass allenfalls dann und wann, um eine nicht beschilderte Turmstelle zu finden.

A propos: Die erste beschilderte Turmstelle der Tour ist WP 10/63 "In den Straßenäckern" (330 m).

Hier ist zwar nichts mehr zu sehen, aber immerhin weiß man, dass man sich ab jetzt auf dem (unterschiedlich hervorragend) markierten und beschilderten Teil des Limeswanderwegs befindet.

Von WP 10/63 "In den Straßenäckern" schweift der Blick ganz von selbst nach Norden hinunter zu WP 10/62a. Über geschwungene, hügelige Wiesen geht es nun hinab nach Neckarburken. WP 10/62a "Eulberg" (310 m) ist der erste Wachtposten, von dem noch Reste zu sehen sind.

Es handelt sich dabei um zwei Sandsteinquader, die unter einem Nussbaum in der Erde liegen. Und auf der anderen Seite des Wäldchens kann man einen alten Kalkofen besichtigen.

Dann geht es hinunter nach Neckarburken. Von der Sulzbacher Straße aus lässt sich drüben in einer Streuobstwiese WP 10/62 "Masseldorn" ausmachen, uns haben jetzt mal vor allem die Neckarburkerner Kastelle (180 m) angezogen.

Auch wenn immer wieder von nur einem Kastell Neckarburken die Rede ist, handelt es sich tatsächlich um zwei verschiedene und räumlich getrennte Kastelle, ein Numeruskastell (Ostkastell) und ein Kohortenkastell (Westkastell). Beide waren von etwa dem Jahr 100 n. Chr. bis spätestens 159 belegt, das Ostkastell möglicherweise etwas länger. Zwischen den zwei Kastellen befand sich ein Vicus. Von ihm ist heute nichts mehr zu sehen. 
 
 
Zunächst gelangt man an das Numeruskastell. Dabei handelt es sich um eine etwa 6400 Quadratmeter große, dreitorige Anlage in Form eines unregelmäßigen Vierecks. Die ältesten Befunde sprechen für eine Erbauung des Kastells in trajanischer Zeit. Die Porta Praetoria war nach Norden auf die Elz hin ausgerichtet. Aus der Zeit zwischen 145 und 161 n. Chr. stammt eine Bauinschrift von der Porta principalis sinistra (dem Osttor). Durch diese Inschrift ist der Numerus Brittonum Elantiensium als Lagerbesatzung nachgewiesen. Das Westtor des Kastells (unmittelbar an der B 27) ist konserviert und kann besichtigt werden.
 
 
Das Westkastell liegt unmittelbar südlich der Bundesstraße 27 im Bereich des südöstlichen Ortskerns. Bei diesem Lager handelt es sich um ein mit 20.800 Quadratmetern deutlich größeres, rechteckiges Kohortenkastell, das von einem etwa fünf Meter breiten und gut 1,60 Meter tiefen Graben umgeben war. Die Porta praetoria war nach Osten, zu dem in rund 300 Metern Entfernung verlaufenden Limes hin ausgerichtet. Von den Innenbauten konnten die Principia mit dem Fahnenheiligtum sowie ein als Geschützplattform gedeuteter Bau und ein kleines Badegebäude nachgewiesen werden. Das Kastellareal ist allerdings weitgehend überbaut, so dass davon nichts mehr sichtbar ist.
 
Von welcher Kohorte das Kastell errichtet und in der ersten Zeit genutzt worden war, ist nicht bekannt. Für die spätere Zeit ist eine Cohors III Aquitanorum equitata civium Romanorum belegt.
 
Etwa 40 Meter östlich der Nordostecke des Kastells, wieder direkt an der B 27, sind die Reste des Kastellbads zu sehen. Der nördliche Teil des Bades ist zwar durch den Verlauf der Bundesstraße gestört, dennoch sind die Reste sehr eindrucksvoll und laden, wenn schon nicht mehr zum Bade, so doch zum Ausrasten ein.


Vorbei am komplett überbauten Areal des Kohortenkastells Neckarburken (175 m) ging es nun durch den Ort, nordwärts über ein Brückerl und auf der Waldsteige hinauf in den Klingengraben. Dann führt der Limeswanderweg auf den Buckel hinauf und dort in den Wald hinein. WP 10/60 "Im Schlag 11" (270 m) ist der erste, bei dem oberirdisch ein paar Steinlagen erkennen kann. Der Limeswanderweg führt nun wieder in ein größeres Waldgebiet hinein, das man erst südlich von Sattelbach (300 m) wieder verlässt. Spätestens hier zieht sich die Etappe doch sehr. Sattelbach (300 m) ist irgendwie ein Ort, aber irgendwie auch einfach eine Ansammlung von mehreren, verstreut liegenden Ansiedlungen und es dauert eine ganze Weile, bis man das Hochplateau überwandert hat. Hier war es nur an einer einzigen Stelle schwierig, den Limesweg zu finden, an einem Silo, wo man links abbiegen muss.

Nördlich von Sattelbach steigt man dann in der Nähe von WP 55 "Im Fahrenbacher Buchwald" (330 m) in den Wald hinunter. Und auf dieser letzten Teilstrecke bis Trienz mussten wir dann bemerken, dass der ausgeschilderte Limeswanderweg keineswegs alle Turmstellen anläuft. Wer wie wir hier auf dem Wanderweg bleibt, wird einige Turmstellen verpassen, darunter allen voran WP 10/54 "Im Mühlwegschlag".

Die ist besonders interessant, es ist nämlich die einzige Turmstelle zwischen Wimpfen und Schloßau, bei der man neben einem Steinturm auch noch zwei Holztürme nachweisen konnte. Die Holztürme gehören dabei einer älteren Phase des Limesausbaus an. Es wäre wirklich sehr interessant gewesen, diese Stelle zu sehen.

Doch als wir das bemerkten, waren wir schon viel zu weit. Kurz vor Trienz liegt außerhalb des Waldes, durch dem man wandert, noch WP 10/53 "Roter Buckel" (360 m), aber den haben wir rechts liegenlassen, weil wir nach 34 Kilometern und 9 Stunden Gehzeit doch schon ziemlich erledigt waren. Gut, dass vom Kleinkastell Trienz (WP 10/52) (345 m) nicht mehr viel übrig ist, so konnten wir bald zur Pennung übergehen. Wir hatten 34 Kilometer in den Beinen - und am nächsten Tag standen uns schließlich die immerhin 22 Kilometer von Trienz nach Hesselbach bevor!


Service:

Die Webseite vom Limesweg (der sich - Obacht - aber nicht immer so genau an die Limeslinie hält, wie wir das getan haben).

Tourengänger: Verzasca, Nik Brückner


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