Odenwaldlimes II - Von Trienz nach Hesselbach


Publiziert von Nik Brückner , 23. April 2014 um 15:43.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Odenwald
Tour Datum:19 April 2014
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 550 m
Abstieg: 400 m
Strecke:24km

Der Limes ist eine alte römisch-germanische Grenze. Sie wurde unter den Kaisern Domitian, Traian und Hadrian eingerichtet und ausgebaut und war zwischen 110/115 n. Chr. und 155/160 n. Chr. etwa ein halbes Jahrhundert lang in Betrieb, bis man die Grenze ca. 20 Kilometer weiter nach Osten verschob. In dieser Zeit wurden zunächst Holztürme und ein Verbindungsweg gebaut, später kam ein Palisadenzaun hinzu und die Holztürme wurden durch Steintürme ersetzt. Schließlich wurde noch ein Graben angelegt - und das über hunderte Kilometer! Dazu kam etwa alle fünf Kilometer ein Kastell, im Odenwald sind das Kleinkastelle, Numeruskastelle und Kohortenkastelle.

Nach dem langen ersten Tag führte der zweite Tag unserer Tour entlang dem (nicht: des) Odenwaldlimes den Exträjmjürgen und mich von Trienz nach Hesselbach. Für die Wegfindung benutzten wir wieder die üblichen Wanderkarten sowie das Buch "Der Odenwaldlimes" von Egon Schallmayer.


Losgez nach einer erholsamen Nacht in Trienz, wo wir uns zunächst das Gelände des dortigen Kleinkastells ansehen. Leider gibt es dort nichts mehr zu sehen, nur eine Wiese mit ein paar Bäumen. Wir wandern nach Norden, immer der Limeslinie entlang. Am Ende des Dorfes führt uns das "L" kurz nach rechts und dann wieder nach Norden. Es geht durch den Wald zu einem Reiterhof, auf dessen Gelände sich die nächste Turmstelle (Wachtposten 10/51 "Auf der Roberner Höhe") befindet. An einem Sportplatz vorbei geht es hinein in das hübsche Örtchen Robern - und auf der anderen Seite gleich wieder hinaus. Die Lindenstraße führt uns hinauf zu WP 10/49 "Im alten Feld". Das ist zwar nur eine vermutete Turmstelle, aber immerhin steht hier ein informatives Schild direkt an der Limeslinie. Wir informieren uns, dann geht es hinunter in den Wald, über die L 525 und weiter zum Kleinkastell Robern.

Das Kleinkastell Robern (WP 10/48) kommt uns ein wenig vernachlässigt vor. Es liegt an einer ungewöhnlichen Stelle, in einem dunklen und im Winter sicherlich ungemütlich kalten Dobel. Dennoch könnte man sicherlich mehr tun, als die Anlage so derart lieblos vom Wald überwuchern zu lassen.

Weiter durch den Wald und über einen Wiesenhang hinauf geht es nach Wagenschwend. Dort halten wir uns wieder nördlich und wandern einen gemütlichen Rücken hinauf zum Waldrand, wo wir, WP 10/44 passierend, hinein- und gleich darauf wieder hinaus wandern. Auch WP 10/45 "Im Weißmauerfeld" müssen wir unbeachtet lassen, hier ist leider nichts mehr erhalten.

In einem kleinen Hüttchen an der K3922 machen wir Rast. Die "L"-Markierung führt uns drüben in den Wald hinein und nach ein wenig hin und her an WP 10/44 "Heunenbuckel" vorbei.

Vorbei! Denn nur durch Zufall entdecken wir die eindrucksvolle Turmstelle etwa 30 Meter rechts neben dem Limeswanderweg. Man wundert sich manchmal sehr über dessen Wegführung, insbesondere bei einer so imposanten Stelle. Die ist übrigens auch sprachlich interessant: Der Name "Heune" weist darauf hin, dass man vor Jahrhunderten die Reste der römischer Bauten mit Riesen (Hünen, Heunen) in Verbindung brachte.

Bald danach treten wir wieder aus dem Wald und über Wiesen und Äcker und vorbei an einigen Gehöften geht es hinüber nach Oberscheidental.

Das ist nach Robern unser nächstes Etappenziel heute, denn Oberscheidental kann mit einem Kohortenkastell aufwarten, das immerhin die Maße 153m x 137m und vielleicht 500 Mann besatzung hatte. Ein Höhepunkt der Limestour also. Hier wurden auch einige Ruinen freigelegt, ein Tor, und dort machen Jürgen und ich die nächste Pause.

Danach geht es durch Oberscheidental weiter Richtung Norden. An ein paar unsichtbaren Turmstellen vorbei geht es auf Feldwegen nach Auerbach, hinter dem wir wieder Wald betreten. Hier im Wald treffen wir dann, nach eineinhalb Tagen, die ersten Wanderer! Wo sind sie bloß alle, die Odenwälder? Jedenfalls nicht im Odenwald...

Weiter geht es auf Feldwegen hinüber nach Schloßau.

Und hier erwartet uns wieder eine jener Seltsamkeiten des Limeswanderwegs: Er lässt das dortige Numeruskastell aus! Stattdessen führt er den Wanderer so umständlich wie möglich an dem doch recht schönen Ort vorbei und meidet dabei auch sämtliche andere Sehenswürdigkeiten, wie etwa ein germanisches Streifenhaus und einige Öfen aus dieser Zeit. Sehr seltsam - und gut, dass wir unser Buch dabeihaben. Denn: Schloßauer zu fragen führt nicht in jedem Fall zum Ziel. Ein junger Bursch wusste Bescheid und schickte uns kompetent im Ort herum. Ein scheinbar ortskundiger Lokalveteran wusste dagegen nicht vom Schloßauer Kastell und beschrieb uns eines (oder waren es zwei? Er wusste es wohl selbst nicht genau) der anderen Kastelle jenseits des Ortes.

Wie gut, dass wir die eigene Faust dabeihatten, und auf die ging es nun weiter in den Wald, wo uns mit WP 10/37 "In der Schneidershecke" eine ganz besondere Turmstelle erwartete.

Hier findet sich neben einem Holzturmhügel und Resten eines Steinturms auch die Ruine eines Heiligtums. An dieser Stelle wurden ein Weihealtar für Jupiter gefunden, und darüber hinaus drei Skulpturen aus Sandstein, die Mars, Victoria und Salus darstellen. Die Originale befinden sich im Museum in Osterburken, aber an der Fundstelle wurde eine Replik aufgestellt.

Da WP 10/37 "In der Schneidershecke" sicherlich die eindrucksvollste Station dieses Tages bleiben würde und Jürgen sich am Ende dieser Etappe in Richtung Schweiz davonmachen wollte, haben wir hier eine längere Pause eingelegt. Es stand zwar noch ein Kastell an, das Kleinkastell Seitzenbuche, aber dort sollte es nicht mehr allzuviel zu sehen geben.

Dem ist auch tatsächlich so. Das Kastell Seitzenbuche steht an einem strategisch günstigen Ort, dort wo sich der Bergrücken auf wenige dutzend Meter zusammenzieht und einen Pass bildet, der auf der kürzesten Vebindung zwischen Main und Neckar liegt. Noch heute laufen hier mehrere Straßen zusammen. Die dürftigen und zudem stark zerwühlten Reste des Kastells liegen im spitzen Winkel zwischen der L2311 und der L585.

Eine der Straßen, die L585/K3919 ist die Hohe Straße, ein uralter Höhenweg, der sicher letztlich auf den römischen Weg zurückgeht, mit dem man einst hinter dem Palisadenzaun die Wachtposten und die Kastelle miteinander verbunden hat. Sie wird mich nun zweieinhalb Tage lang begleiten.

Die Limeslinie verläuft hier immer den Rücken entlang, fast Richtung Westen. Jürgens letzter Turm war WP 10/36 "Am Fischerspfad", wieder eine doppelte Turmstelle, an der noch ordentlich was zu sehen war. Eine schöne Stelle, um den Limes zu verlassen!

Während Jürgen zum Bahnhof nach Kailbach abstieg (auf exträjme Weise, selbstverständlich), wanderte ich am recht unscheinbaren WP 10/35 "Im Klosterwald" vorbei hinauf zum höchstgelegenen Wachtturm der ganzen Strecke: WP 10/34 "Im Hohen Wald" (553m). Auch hier sind noch eindrucksvolle Reste im Wald zu sehen.

Wandert man nun Richtung Hesselbach weiter, kommt man über sehr felsiges Gelände.

Hier war es nicht möglich, Baumstämme in den Boden zu rammen, und so hat man auf etwas über 100 Metern Länge eine Steinmauer errichtet. Zahlreiche Quader liegen hier noch im Wald herum, einige davon hat man zu Anschauungszwecken auf ein paar Meter wieder aufgerichtet.

Nun geht es hinunter zum nächsten Pass, der in römischer Zeit denn auch wieder von einem Kleinkastell bewacht wurde.

Vom Kastell Zwing (auch "Jägerwiese" genannt) ist allerdings bis auf ein Mäuerchen mit einem Inschriftenstein nichts mehr zu sehen. Der Bergrücken zieht sich hier stark zusammen, und der Bau der Hohen Straße bewirkte, dass das Kastell teilweise unter der Straße begraben liegt. Außerdem hat man viele seiner Steine zum Bau des unweit gelegenen Waldleiniger Schlosses zweitverwendet.

Eine letzte interessante Turmstelle dieses Tages war WP 10/33 "Auf dem kahlen Buckel".

Kaum niedriger gelegen als WP 10/34 "Im Hohen Wald" wartet sie mit gleich drei Turmresten auf. Zudem ist hier ein alter Grenzgraben zu sehen, der einst Hessen und Baden trennte, sowie die Alte Landwehr, eine mittelalterliche Grenzanlage zwischen der Grafschaft Erbach und dem Kurfürstentum Mainz. Sie besteht aus einem Doppelgraben, der einst auf seinem Mittelrücken eine dichte Dornenhecke trug. Dessen Pflege war Frondienst der Erbacher Landbevölkerung.

Auf halber Strecke nach Hesselbach liegt noch WP 10/32 "Auf dem Höhenbuckel" am Hang, dort ist allerdings nicht mehr viel zu sehen. Kurz danach geht es aus dem Wald hinaus und an einem Friedhof vorbei in den winzigen, schön gelegenen Ort Hesselbach.

Die zweite Etappe war geschafft. Morgen würde es dann nach Vielbrunn weitergehen.

Tourengänger: Verzasca, Nik Brückner


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