"Orte der Kraft" im Waldreservat Wellenberg (Chräzeretobel)


Publiziert von Fico , 23. März 2014 um 21:18.

Region: Welt » Schweiz » Thurgau
Tour Datum:14 März 2014
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TG 
Zeitbedarf: 2:30
Aufstieg: 300 m
Abstieg: 300 m
Strecke:Hüttlingen - Chirchtobel - Chräzerentobel - Wachbüel - Chräzerentobel - Hüttlingen (9 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Hüttlingen-Mettendorf
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Hüttlingen-Mettendorf
Kartennummer:1053 (Frauenfeld)

Während andere Schneeschuh- und Skitouren unternahmen, zog ich mich als ausgesprochener Wintermuffel in die heimischen Wälder zurück. Bereits vor drei Jahren erkundete ich ausgiebig das geheimnisvolle Chräzeretobel im Waldreservat Wellenberg. Seit ein paar Monaten nun ist ein weiteres Naturphänomen ins Zentrum meines Interesses gerückt.
 
Die Idee, mich an einem „Kraftort“ zu befinden, kam mir spontan vor einem Jahr auf der Zünggelenfluh. Auf der Suche nach Informationen zum Thema stiess ich dann auf zwei interessante Bücher: Blanche Merz, Orte der Kraft in der Schweiz sowie: Guntram Stoehr, Vom Wesen der Bäume. Beeindruckend finde ich, mit welcher Präzision der Autor Landschaftsphänomene beschreibt, die sich (vermutlich nicht nur) meiner Wahrnehmung entziehen. Was auch immer man von seinen Ausführungen halten mag, lohnend ist die Lektüre des Buches allein schon aufgrund der erstaunlichen Erklärungen zu den
aussergewöhnlichen Baumwuchsformen und den zahlreichen Abbildungen, mit denen sie dokumentiert werden.
 
„Äste wachsen nicht zwangsläufig zusammen, wenn sie sich berühren. Zusammenwachsungen treten in der Regel nur an Orten mit grosser Vitalkraft auf“, lautet beispielsweise eine seiner Behauptungen. Solche zusammengewachsenen Äste, die sog. „Elfenaugen“ bilden, seien „Zeichen für eine überdurchschnittlich starke Lebenskraft und Hinweis für aufbauende Elementarwesen am Ort“.
 
Die Bilder solcher Baumwuchsformen im Kopf, achtete ich von nun an beim Wandern darauf, ob ich ähnliche Phänomene antreffen würde. Zu meiner Überraschung fand ich zahlreiche, aber nicht beliebig viele solcher Bäume im Gebiet des Chräzeretobel, und zwar in einer ganz bestimmten Anordnung, die zu entschlüsseln mir nicht möglich ist. Man mag das Spüren starker Vitalkräfte in unmittelbarer Nähe solcher Bäume für pure Einbildung halten. Immerhin sei dazu angemerkt, dass ich bereits vor drei Jahren, ohne jeden Gedanken an Kraftorte, nach einem Besuch im Chräzeretobel in einem Bericht festhielt: „... bin ich guten Mutes, gestärkt und voller Energie aus dem geheimnisvollen Chräzeretobel zurückgekehrt.“
 
Der nachfolgend beschriebenen Tour sind mehrere kleinere Erkundungstouren in den letzten Monaten vorausgegangen. Erkundungen, die jedes Mal zu unerwarteten und überraschenden Entdeckungen geführt haben. Die "Kraftbäume" im Chräzeretobel liegen häufig nicht an oder neben einem Forstweg und ebensowenig ist der Weg dorthin beschildert. Sie wollen vielmehr vom wachen Auge ihrer "Gäste", die sie besuchen, entdeckt werden. Dennoch hat sich schliesslich eine recht einfache Route ergeben, die als Rundtour an fast allen (bisher gefundenen) Bäumen mit aussergewöhnlichen Wuchsformen in diesem Gebiet vorbeiführt und von jedermann begangen werden kann. Obwohl fast durchgehend eine einfache T1-Wanderung, ist gutes Schuhwerk sehr zu empfehlen. Der Zeitbedarf beträgt 2 - 3 Stunden. Wer in Eile ist, benötigt entsprechend länger – bis die heilende Wirkung eintritt.
..
 
Ausgangspunkt der Tour ist der Bahnhof Hüttlingen-Mettendorf. Wer partout mit dem Auto anreisen will, findet dort ausreichende Parkmöglichkeiten. Der Weg bis ins Chräzeretobel ist hier beschrieben. Statt auf den "Pilgerweg" abzuzweigen, folgt man dem Bachverlauf bis der Weg endet. Dann überquert man den Bach und benützt einen alten, verfallenen Weg, von dem stellenweise nur noch die im Boden verankerten Metallrohre erkennbar sind. Als kleine Tritte bieten diese Rohre vor allem bei Nässe einen guten Halt im ansteigenden Gelände. Die steilen Stufen zwischen zwei verwachsenen Eschen, über die man eine erste Anhöhe erreicht (T2), bilden gewissermassen das Eingangstor zu den seltsamen Baumwuchsformen im Chräzeretobel. Von hier aus kann man links oben bereits die mehrstämmige Buche mit dem schönen "Elfenauge" erkennen. Dort angekommen, lohnt es sich, einige Zeit zwischen den kräftigen Stämmen zu verweilen und die Stimmung des Ortes aufzunehmen.
 
Geht man anschliessend auf derselben Höhe in südlicher Richtung, kommt man an mehreren sumpfigen Stellen vorbei, die von Rinnsalen im rutschigen Hang gebildet werden. Ungefähr dort, wo Tierspuren rechts zum Chräzerenbach hinabführen (oberhalb des Wasserfalls), befindet sich eine wohl eher seltene Buche mit mehr als zehn Stämmen, die teilweise miteinander verwachsen sind. Nach diesem kleinen Naturwunder kehrt man zum alten Weg zurück und sucht sich eine möglichst trockene Stelle, um die nächste Geländestufe zu überwinden (T2). Da der Hang allmählich abrutscht, ist der Weg streckenweise verschwunden. Das letzte Stück bis ganz hinauf ist dann wieder besser begehbar.
 
Oben beim Vermessungspunkt angekommen folgt man der Tobelkante in südlicher Richtung bis zur Einmündung eines Seitentobels. Nun ostwärts diesem entlang, bis der Bach auf einfache Art überquert werden kann. Auf der Höhe der Sandsteinstufe befinden sich zwei Buchen, zwischen denen hindurch man sanft abfallend, auf nicht immer deutlich erkennbaren Tierspuren, die Stelle erreicht, wo man ohne grosse Mühe den Bach überwindet. Dann am besten im Zickzack den oft rutschigen Hang hinauf und durch den Wald bis auf den Forstweg, der zum P. 544 führt. Nun befindet man sich wieder oberhalb des Chräzerenbachs, dem man alles in südlicher Richtung bis ins Quellgebiet folgen kann.
 
Auf dem Weg dorthin kommt man an einem weiteren Kraftort vorbei, und zwar auf etwa 600 Meter Höhe, bei einem kleinen, mit Stechpalmen überwachsenen Aufschwung (T2), kurz bevor man zum Grenzstein kommt. Auf dem Sporn, der steil ins Tobel hinabweist, kann man nochmals einen Baum mit Elfenauge bestaunen - den letzten auf dieser Seite des Chräzeretobel. Der ganze Aufstieg dem Tobelrand entlang ist sehr reizvoll und die kleinen Geländestufen bieten kaum Schwierigkeiten.
 
Geht man, am Waldrand angekommen, rechts, in westlicher Richtung, landet man auf einem nord-südwärts verlaufenden Feldweg. Hier bietet sich die Gelegenheit zu einem Abstecher auf den höchsten Punkt des Wellenberg: das Wachbüel (703 m). Folgt man dem Feldweg südlich bis zur Teerstrasse, steigt dann das Wiesenbord hinauf und geht weiter in gleicher Richtung dem Waldrand entlang und in den Wald hinein, findet man dort einen teilweise überwachsenen Weg, der in eine Waldstrasse mündet. Auf dieser stets links haltend erreicht man das Wachbüel, indem man an geeigneter Stelle die Böschung hinauf durch den Wald geht. Eine einsame, etwa 20-30 Meter hohe Föhre, ungefähr auf dem höchsten Punkt, dient als Orientierung. Von dort weiter zum Waldrand, wo eine bequeme Sitzbank steht, die zum Ausruhen einlädt. Bei Föhn und allgemein guter Fernsicht ist dieser Abstecher überaus lohnend: Der Blick reicht an manchen Tagen von den Allgäuer Alpen über den Alpstein bis in die Zentralschweiz

Wieder zurück im Quellgebiet des Chräzerenbachs, warten im zweiten Teil der Tour auf der linken Tobelseite noch ein paar "Sehenswürdigkeiten". Folgt man dem Feldweg nun in nördlicher Richtung, kommt man an den grossen Holzbeigen vorbei. Am Ende des Weges auf Wegspuren in der Nähe des Tobelrandes bis auf die Waldstrasse, die vom P. 658 herkommt. In unmittelbarer Nähe befindet sich rechts, direkt an der Tobelkante, eine mehrstämmige Buche mit einem sehr ausgeprägten, hinter Stechpalmen versteckten "Baumkuss". Die Ausstrahlung im Innern des Baumes (zwischen den Stämmen) habe ich als fast unangenehm stark empfunden. Anschliessend bin ich am Tobelrand entlang weiter abwärts gewandert und irgendwann, auf ziemlich genau 600 Meter Höhe, zu diesem Baum gekommen, der auf mich ebenfalls eine starke Anziehung ausgeübt hat. Hier habe ich den Aufenthalt zwischen den Stämmen als besonders angenehm und beglückend empfunden. Merkwürdigerweise liegt er recht exakt dem Kraftort auf der andern Tobelseite (auf gleicher Höhe, unterhalb des Grenzsteins) gegenüber.
 
Weiter geht es zumeist weglos durch den Wald abwärts, bis man nochmals einen "Baumkuss" beobachten kann, und zwar ungefähr dort, wo sich auf der andern Tobelseite der P. 544 befindet. Parallel dazu verläuft auch die Waldstrasse durch das Gebiet Burketsriet, auf der man anschliessend – stets rechts haltend – nach Hüttlingen hinunter wandert und dort wieder beim Ausgangspunkt ankommt.
 
Die zwei- bis dreistündige Tour bietet ein erholsames Erlebnis in unverfälschter Natur, und zwar selbst für den Fall, dass sich die Begeisterung für die seltsamen Baumwuchsformen in Grenzen hält. Ob und wieweit ein Kraftort spürbar ist, hängt vermutlich in erster Linie von individuellen Faktoren ab. In ihrem Buch „Orte der Kraft in der Schweiz“ schreibt Blanche Merz:
 
„Die Resonanz eines Kraftortes findet man in der Stille mit dem Wunsch, das, was man weiss, mit dem zu verbinden, was man spürt und fühlt. (...) Mit der Zeit wird man aufmerksamer die Stimmung oder die ‚Seele des Ortes’ aufnehmen und seinen Alltag reicher gestalten können. Unsere Lebensweise mit Hektik und Stress führt dazu, dass wir am Glück vorbeigehen. Wir müssen uns wieder vermehrt Zeit nehmen, um Neuartiges und Schönes aufnehmen zu können.“ (a.a.O., S. 11 f.)

Tourengänger: Fico
Communities: Alleingänge/Solo


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