Poncione Rosso 2505 m


Publiziert von basodino , 31. Januar 2014 um 22:37.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:20 Juni 2000
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Poncione Rosso 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 2160 m
Abstieg: 2200 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:mit dem Auto ab Iragna oder Lodrino bis nach Legri, ansonsten ab den genannten Orten zu Fuß
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Lavertezzo ist mit Auto und Bus leicht zu erreichen
Unterkunftmöglichkeiten:Capanna Alpe d'Alva (1570 m), Selbstversorgerhütte, Alpe Fümegna (1810 m), Teil des Alpbetriebes

Sehr in Erinnerung geblieben ist mir die Besteigung des Poncione Rosso. Meine Mutter war so nett und hat mich in Legri (582 m) abgesetzt, was mir 300 Höhenmeter gespart hat. Allein sattelte ich den Rucksack und zunächst lief es etwas schleppend. Nach Ciduglio (824 m) brauchte ich fast eine Stunde, aber je höher ich kam, desto flotter ging es. Die Einsamkeit, die kühlen Wälder, der Abstand zum Tal, egal was es war, aber die Stimmung stieg minütlich. Schließlich brauchte ich bis zur Capanna Alpe d'Alva (1570 m) nicht ganz 3 Stunden. T2

In der Hütte war ich allein, was ich schon immer genossen habe. Ich stellte zu meinem Bedauern fest, dass es keine Getränke gab, außer Bier und Wein, für einen Antialkoholiker nicht eben die Auswahl. Es war aber noch 1 Liter Orangensaft da, der bereits seit einem Jahr abgelaufen war. Nach einer vorsichtigen Sondierung schien er mir aber genießbar zu sein und schadete mir letztlich auch nicht.

Am nächsten Morgen begann ich früh und stieg weiter auf, um ins Val di Lodrino gefühlt auf ca. 1700 m einzutreten. Hier beginnt der Weg sich im leichten Auf und Ab den Hang entlang zu schlängeln. Man durchschreitet eine Menge Furchen oder Tobel, überquert so machen Rücken oder geht um so manche Ecke, nach der Durchquerung einer Steilflanke (Peros) gewinnt man nochmals etwas an Höhe und erreicht die Alpe Stüell (1910 m). Von hier geht es tendentiell eher abwärts bis man nach den Ruinen der Alpe Negheisc (ich ahnte damals nicht, dass es hier Notunterkünfte geben könnte) in ein Tälchen absteigt, durch das damals ein Bach floß, dem Beginn des Riale Negheisc (ca. 1820 m). T3
Während sich der Weg weiter den Hang entlang schlängelt, suchte ich ab hier intensiv nach einem Zugang zur Forcella di Lodrino. Eine Spur oder Zeichen konnte ich damals aber keine finden (was sich inzwischen wohl geändert hat). So kämpfte ich mich durch hohes, zum Teil ordentlich steiles Gras ziemlich direkt über eine Rippe mühsam hinauf. Die Rippe verliert sich unterhalb des Übergangs in einen Hang, der aber genauso leicht und genauso mühsam zu begehen war. Glücklich und ordentlich durchgeschwitzt erreichte ich die Forcarella, wo ich den Rucksack stehen ließ. T4
Hier nahm ich den Südgrat des Poncione Rosso auf. Oberhalb von P. 2330 hat man eine breite Plattenzone rechts des Grates vor sich, Hier führt eigentlich recht logisch eine Aufstiegsmöglichkeit hindurch, wobei das Gelände steil ist, aber keine eigentliche Kletterei abverlangt. Mit Abstützen und gelegentlichem Festhalten kann man die Platten begehen, wobei ich hier bei Näße nicht unterwegs sein wollte. Schließlich erreicht man den Gipfel, der nicht umsonst auf das Titelbild des SAC Führers gelangt ist. T5, I, 4 h 00 min.

Zurück auf der Forcarella machte ich erst einmal eine ausgiebige Mittagspause, denn noch warteten weitere 1700 Höhenmeter Abstieg auf mich. Wasserschöpfen kann man wieder auf der Alpe Fümegna (1810 m), die man auf der Westseite des Passes über einen Weg absteigend erreicht. Welch Glück, dass hier nicht wieder hoch bewachsene Steilwiesen warten.
Auf der Alpe wollte ich die Unterkunft ausbaldowern. Ich habe noch in Erinnerung, dass ich sehr enttäuscht war. Zwar meinte ich das Gebäude auszumachen, welches für Gäste zur Verfügung steht, aber weder eine schöne Schweizer Fahne markierte hier die Herberge, noch das Innere lud einen ein. Im Flair einer Militärbaracke wollte ich nicht länger verweilen und stieg weiter das Tal hinab. Schon bald nach der unteren Alpe Fümegna begann der Wald und erster Schatten war zu erwarten. Dort tauschte ich die lange Wanderhose gegen eine kurze, da es zunehmend heißer wurde, ein Tausch, den ich noch bereuen sollte. Der Weg ist ab hier logisch und leicht zu finden. Man steigt immer tiefer, darf sich an der Brücke von Pincascia entscheiden, ob man links oder rechts des Baches weiter absteigen möchte. Ich entschied mich für die linke Variante. Welche schneller oder schöner ist, vermag ich nicht zu entscheiden, nur ganz ohne kleinere Gegenanstiege kommen beide Routen nicht aus.
Bei Sprüia erreicht man die logische Talmitte des Ausganges nach Lavertezzo. Man muss aber noch etwas weiter laufen, um die Brücke (674 m) zu erreichen, die den Übergang auf die andere Talseite erlaubt und das Finale im Abstieg nach Lavertezzo mit einem Gegenanstieg von ca. 45 m einläutet. In Lavertezzo landet man im unteren Ortsteil, wo sich vor einer Brücke eine nette Einkehrmöglichkeit (mit Hotelbetrieb) findet. T3 ab der Forcarella, 4 h 00 min vom Gipfel bis nach Lavertezzo.

Es gilt noch aufzulösen, warum das mit den kurzen Hosen eine schlechte Idee war. Zu Hause musste ich bemerken, dass ich einen Zeckenbiss abbekommen hatten, den einzigen in meinem ganzen Leben bisher (Stand 2014). Und der zeigte auch bald die unschöne Charakteristik eines roten Hofes um den Biss, was mir einige Tage später eine Antibiotika-Kur einhandelte. Glücklicherweise ist mehr nicht geblieben.

Viele Fotos existieren leider nicht mehr. Die wenigen Beweisfotos habe ich angehängt.

Tourengänger: basodino


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Kommentare (2)


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Seeger hat gesagt: Bei Stress keine Fotos
Gesendet am 1. Februar 2014 um 09:58
Ciao Marcello
Sehr gut beschrieben. Du musst entweder ein sehr gutes Gedächtnis haben oder die Tour hat sich in alle Gehirnwindungen eingeprägt ;-)
Interessant, dass es auch Dir so ergeht, dass bei Stress die Fotos vergessen werden können...
Gruss und Danke für den Bericht
Andreas

basodino hat gesagt: RE:Bei Stress keine Fotos
Gesendet am 1. Februar 2014 um 11:31
Hi Andreas,

und das war (bei mir) auch noch die "Vor-digital-Zeit", als die Kamera oft im Rucksack war und man nur einen 36er-Film dabei hatte (für die ganze Woche).
Aber prinzipiell hast Du natürlich recht, es ist schwierig in den intensiven Momenten auch noch an die Kamera zu denken. Vor allem weil ich natürlich nicht der ganz leidenschaftliche Fotograf bin. Wobei ich heute extra wegen der hikr-Berichte schon darauf achte, Schlüsselstellen zu fotografieren, was ich früher so nicht gemacht hätte.

Weiterhin schöne Touren.
Gruss
Marcel


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