Die Tarrentonspitze, einsamer wuider Gipfel


Publiziert von kardirk , 27. Oktober 2013 um 14:49.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum:25 Oktober 2013
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1600 m
Strecke:15,5km

Die Tarrentonspitze gehört sicherlich zu den einsamsten Zipfeln in den Lechtalern und in der Untergruppe der Heiterwand. Vor 2 Jahren hat  ADI *Tarrentonspitze(2608m) - ein äußerst einsamer Lechtaler diesen schönen Gipfel hier vorgestellt und meine Begeisterung war sofort geweckt, da musste ich einfach rauf. Es dauerte dann aber doch bis heuer, bis ich dazu kam.
Früher Start in München, gut 2 Stunden sind es bis Obtarrenz, dem Ausgangspunkt der Tour. Dort gibt’s beim Sportplatz einen großen Parkplatz, der zu meiner Verwunderung schon gut gefüllt war, alles Deutsche, ich befürchtete schon das Schlimmstes, von wegen einsamer Heiterwand. Anders als ADI hatte ich mein Radl dabei. Beim ersten Morgenschein gings um 7:00 los. Die 4 km Forststrasse sind bequem zu radln, die Steigung ist moderat.
Nächster „Schock“ – 3 Autos überholen mich, voll mit Werkzeug und Material, dann wenig später, das Geräusch eines Helikopters, na das kann ja spassig werden. Die nächste  Stunde ist erfüllt von tollkühnen Manövern des Heli, der von der Strasse Material und Personen einsammelt und hinaufbringt ins untere Alpeintal. Wie ich erfahre wird die Quellfasssung neu gemacht, aber ich werde beruhigt, der Steig ist gangbar und nach einer halben Stunde ist der ganze Spuk schon vorbei.
Nach knapp 50 min ist das Ende der Strasse erreicht – Radldepot. Auf gutem Steig geht’s nach wenigen Metern gut 60hm hinab – die sogenannte Stiege – das namensgebende „Bauwerk“ ist schon reichlich hinfällig, der Steig geht sicherheitshalber knapp unterhalb vorbei. Nach weiteren 40min ist der Untere Leger – Talboden erreicht.
Hier mache ich einen kleinen Fehler, lasse mich von der schönen Trasse links hinauf gen Baustelle der Quellfassung verleiten, die ich über steile neue Steigspuren links des Baches nach 30min auch erreiche. Richtiger wäre, wie ich beim Abstieg feststelle, weiter Richtung Heiterwandhütte zu steigen und gut 100hm oberhalb über den Schuttstrom zu dem markierten Quersteig zu gelangen, der rechts des Baches die Verbindung zum Heiterwand-Südsteig herstellt.
So folge ich ab der Baustelle einer guten Trasse zur Quellfassung in einem steilen Graben. Hier treffe ich auch kurzeitig auf rote Markierungen des Steiges, verpasse allerdings die richtige, leicht fallende, Querung des Baches – so wäre ich auch auf den richtigen Steig rechts des Bachlaufes gekommen, aber absteigen, nö – und stehe so kurz darauf am Ende Trasse in einem steilen Graben. Erst versuche ich rechts am Rand hinüber zu dem laut GPS knapp 50m entferntem Steig zu gelangen, aber hier ist nichts als dichtes Latschengemüse. Also zurück in die Rinne und diese steil hinauf, dann nach rechts durch eine Latschengasse, schließlich mal wieder direkt durchs Gemüse, hinauf zu einem kleinen Sattel mit Tanne und tatsächlich stehe ich kurz darauf an einer schönen roten Markierung und dem kleinen Steiglein. Leider hat mich das fast eine ganze Stunde und ne Menge Energie gekostet.
Weiter den steilen gut markierten Steig über einen Latschenrücken aufwärts – hier könnte auch mal wieder etwas ausgeschnitten werden, die Latschen wuchern den Steig schon reichlich zu. Unterhalb einer Steilwand quert der Steig in steilen Rasengelände den Hang. Ich treffe auf die fast heikelste Stelle der Tour, ein kleines trotz Südseite hartgefrorenes Schneefeld in einem Graben, nur über steile grieslige steile Abbrüche zu erreichen. Danach geht’s noch mal steil über schrofige Latschenwändchen hinauf – einige Kraxelstellen sind mit Ketten gesichert, dann quert der Steig wieder den Hang. Es folgt eine tiefe Rinne , sie führt direkt hinauf in die Scharte zwischen Tarrentonspitze und Heiterwandwesteck und kann vermutlich auch benutzt werden, dann folgt nochmals eine Rinne, und hier beginnt der weglose Teil des Anstiegs. Gut 2,30 vom Unteren Leger, ohne Umweg sicherlich schneller zu erreichen. T4, der Steig ist recht anspruchsvoll.
Eine kurze Pause zur Regeneration war dringend geboten.
Dann gings zunächst links der Rinne, kurzzeitig auch in Ihr über steile Gras- und Felsschroffen aufwärts.
Über den grasigen Rücken zwischen den Rinnen dann gut, aber steil, weiter hinauf. Es folgte ein kurzer Einstieg in die große schluchtartig Rinne, dann entschied ich mich doch weiter links die guten Schrofen für den Aufstieg zu nutzten, um die große quer durch die Flanke hinaufziehende Rinne zu erreichen, die mir den günstigsten Anstieg zu vermitteln schien, und die wohl auch ADI für seinen Anstieg genutzt hat. Bis hierher T5, meist Gehgelände.
Zunächst kraxelte ich den die Rinne links begleitenden Rücken hinauf, bis ein plattiger Turm sich mir in den Weg stellte. Man könnte auch links weiter in der steilen Flanke steigen, ich stieg jedoch in die Rinne ein. Die Rinne ist steil und weißt einige enge plattige Steilstellen auf, die durchaus Kletterei bis zum oberen II. Grad verlangen. Dafür ist sie nicht ausgesetzt und der Fels ist zunächst auch schön fest. Weiter oben bot ein Sattel eine Ausstiegsmöglichkeit nach links, eine ausgesetzte Querung auf einem Band hätte hinübergeleitet zur Scharte vor dem Heiterwandturm. Ich blieb aber noch in der Rinne, nochmals eine recht kraftraubende Engstelle, dann folgte leichteres, dafür aber rutschiges steiles Geröllgelände. 
Links folgte wieder ein kleiner Sattel, dem ich weiter links haltend über eine steile rinnenartige Schichtfuge einen Gamswechsel nutztend zu einer Scharte am Hauptgrat folgte. Damit hatte ich es fast geschafft – puh mein Zeitfenster war gegen null geschrumpft und das hatte ganz schön viel Kraft und Zeit gekostet.
Die kleine Scharte liegt nicht auf dem Hauptgrat sondern auf einer kleinen Rippe davor, über die ich nun in kurzer steiler Kletterei (II) in 10min überraschend schnell den Gipfel erreichte, recht brüchiges Terrain, fast wie im Karwendel oder den Miemingern, deren Verlängerung ja die Heiterwand darstellt, also mit gebotener Vorsicht. Gut 3h hatte ich vom Steig gebraucht, 7:30 von Obtarrenz, kein Vergleich mit den 5h von ADI.
Immerhin blieb mir noch gut eine halbe Stunde Zeit für die dringend notwendige Pause.
Die Aussicht ist wunderschön, wenn sie auch eigentümlicherweise etwas weniger weitreichend wirkt als von der Namloser Wetterspitze vor 2 Wochen, dazu stehen im Westen die Platteinspitze und der Muttekopf, im Osten der nur wenig höhere Heiterwand Hauptgipfel im Sichtfeld.
Im schönen Gipfelbuch von 1975, das nur  zu gut ¼-gefüllt ist, war ich dieses Jahr tatsächlich erst die 2te Begehung, im September haben 3 Einheimische im Zuge der O-W Überschreitung den Gipfel erreicht, 2012 gab’s einen richtigen Besteigungshotspot mit gut 10 Begehungen – lag wohl an ADIS’s Bericht?!
Sonst ist aber hier nicht viel los.
Der Abstieg zunächst auf der gleichen Route über den kurzen Steilgrat, dann die Rinne hinab. Ich folgte ab dem Schärtchen aber nicht der großen Rinne, sondern den Gamsspuren über eine kleine Scharte in eine östlich der Rinne über steile aber gut zu gehende Steilschroffen herabführende flache parallele Rinne die direkt in der großen Schlucht einmündet, allerdings mit einer gut 20 Meter hoher Wand. Ich querte daher nun rechts abwärts über eine Rippe und weitere steile Schroffen, dann entschieden nach links über eine fast senkrechte Stelle in die Schlucht hinein. Die Route ist technisch leichter, aber deutlich ausgesetzter als die Rinne, Stellen I. knapp 30min.
In der Schlucht zunächst über weitere Seilstufen hinab, einmal eine überhängende Stelle links umgehend, dann querte ich schon bald nach links raus auf die Grasschrofen über die es gut, aber recht steil bergab ging.
Zuletzt durch eine Latschengasse direkt hinab zum Steig, den ich erst über ein kleines knapp 3m hohes senkrechtes Wändchen erreichen konnte – gut 2h vom Gipfel.
Der Rest war dann bis auf die kleine Stelle am Schneefeld leicht. Auf dem steilen, gut markierten Steig hinab bis zum Unteren Leger – jetzt auf der richtigen Route – gut 1h, dann in der aufkommenden Dämmerung über die kleine Gegensteigung der Stiege hinauf zum Radl-Depot. 30min.
Gut das es mittlerweile so starke Radllampen gibt, mit denen war die Abfahrt dann kein Problem (kleiner Tipp für ADI). Nach 5h war ich dann reichlich fertig, aber äußerst befriedigt wieder beim Auto.
 
Fazit:
Anspruchvolle, konditionell sehr fordernde *****Tour auf einen ganz großen einsamen Gipfel.
Steig, zunächst T3, weiter oben durchaus auch T4.
Weglose Strecke bis II, teilweise auch leicht darüber, meist I, T6.
Viele Reserve nötig, Ausdauer, Trittsicherheit, Orientierungsgabe.

  PS.: Kleines Jubiläum für mich, meine 100te Tour hier im Forum, ein würdiger Berg dafür.

Tourengänger: kardirk


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (2)


Kommentar hinzufügen

ADI hat gesagt:
Gesendet am 29. Oktober 2013 um 20:45
Hallo, Dirk!

Gratulation zur Tarrenton!
Jetzt hat's ja endlich geklappt, da wolltest Du ja unbedingt hoch.
Mich freut's für Dich.
Das nächste Mal werd' ich hier auch wieder Bike&Hike antreten, ist ja eine klassische B+H Tour.
Interessant, daß Du die Tour als T6 empfunden hast, ich fand das Gelände gar nicht soo anspruchsvoll.

Beste Grüße, ADI


kardirk hat gesagt: RE:
Gesendet am 30. Oktober 2013 um 19:30
Hallo Adi,

die T6 bezieht sich im wesentlichen auf die wenigen Stellen in der Rinne, die ich gar nicht so ohne fand, auch wenns nicht ausgesetzt war. Sah nach Deinem Bericht irgendwie leichter aus, als ichs dann empfand. Zudem ist das Gelände doch viel brüchiger, als ich es erwartet hatte, daher ein bischen vorsichtig hochgewertet.
Jetzt wirds wohl vorbei sein mit den ganz großen Touren.
Schaun wir mal, was noch geht.

Vg
Dirk


Kommentar hinzufügen»