"Hochgewühlt" - Nordwest-Wand des Hinteren Brochkogels (3628m)


Publiziert von simba , 28. Oktober 2013 um 14:45.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Ötztaler Alpen
Tour Datum:26 Oktober 2013
Hochtouren Schwierigkeit: ZS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1780 m
Abstieg: 1780 m
Unterkunftmöglichkeiten:Breslauer Hütte (Winterraum)

Der Eintrag im Hüttenbuch des Winterraums der Breslauer Hütte machte die Präferenzen in der Gegend um den höchsten Nordtiroler Gipfel deutlich: Seit Ende September zog es niemand mehr auf den Hinteren Brochkogel, dagegen mehr als 30 Winterraum-Nächtiger auf die Wildspitze.

Da mussten wir gegensteuern... denn im Gegensatz zur mittlerweile beinahe mehr felsigen als eisigen Nordwand der Wildspitze, bietet die Nordwand des 5. höchsten Berges Österreichs auf ca. 250 Hm regelmäßig gute Verhältnisse und oft sogar noch eine durchgehende Firnauflage mit einer Neigung bis max. 55°. Mit der meist blanken Eisnase (ca. 75°) direkt unter dem Gipfel sieht das Ganze dann auch recht imposant aus und kann bei entsprechendem Wunsch auch noch mit etwas steilerer Eiskletterei "verschärft" werden - kurzum: ein lohnendes Ziel!

Der Zustieg bis zum Mitterkarjoch ist identisch mit dem Anstieg zur Wildspitze, wobei wir leider keine durchgehende Spur bis zum Joch vorfanden. So waren wir um die Schneeschuhe froh, die wir bereits 15 Minuten nach Verlassen der Hütte anlegen konnten und die uns morgens ein schnelles Vorankommen ermöglichten. Die klassische Firnrinne zum Mitterkar wies gerade noch ein durchgehendes Schneeband auf - mit drei oder viermal Felsberührung erstiegen wir so schnell im steilen Trittfirn das Mitterkarjoch.

Von hier gesehen trat der Brochkogel linkerhand wuchtig hervor. Wir visierten den Ansatz des Nordgrats an und querten um diesen herum unter die Nord-West-Wand. Aufgrund des teilweise tiefen Schnees - und der durch kurzzeitig tragfähigen Schnee veranlassten, leider etwas voreiligen Entscheidung, die Schneeschuhe kurz hinter dem Mitterkarjoch zu deponieren - war dieses Zwischenstück zeitraubend und anstrengend.

Um weiteres knietiefes Spurenzu vermeiden, nutzten wir im linken Wandteil eine relativ frische Skispur um seitlich nach rechts in die Wand hinein zu queren. Dennoch blieb uns in der tief verschneiten Wand ein gehöriges Maß an Wühlerei nicht erspart: Weiterhin sanken wir oft mehr als knietief im pulvrigen Schnee ein und mussten zum Schrauben nicht unerhebliche Grabe-Maßnahmen unternehmen.

Unterhalb der markanten Felsinsel trafen wir auf eine ältere, geradelinigere Aufstiegsspur und steuerten nun senkrecht empor auf die markante Eisnase zu. Deren von uns gewählte, linksseitige Umgehung in unangenehm griesigen und haltlosem Schnee bei ca. 55° Neigung gestaltete sich dann recht anspruchsvoll - vermutlich wäre die direkte Linie im Eis deutlich angenehmer gewesen. Ein starker Südwest-Wind mit erheblichen Schneeverfrachtungen sorgte zudem auf den letzten Metern für mit Schnee zugekleisterte Augen und vereiste Bärte, weshalb wir umso mehr froh waren, auf dem kreuzlosen Gipfel wieder die wärmenden Strahlen der Spätoktober-Sonne genießen zu können.

Den Abstieg über den SO-Grat hatten wir etwas unterschätzt: Tief verschneiter, an den entscheidenden Stellen sehr brüchiger Fels und eine nicht unerhebliche Ausgesetztheit (tw. durfte der Grat "geritten" werden ;)) veranlassten uns dazu den Grat bis zur auffälligen breiten Flanke hinter dem in Aufstiegsrichtung ersten Gratturm zu sichern. Von der breiten Flanke stiegen wir durch die etwas eingewehte Flanke (40°) hinunter zum Gletscherboden. Den auf Bildern ersichtlichen Bergschrund konnten wir beim besten Willen nicht ausmachen.

Der weitere Abstieg war dann vor allem ein Kampf mit dem weicher werdenden Schnee. Diesen ließen wir im Abstieg vom Mitterkarjoch erst links liegen und gingen diesen über den großteils schneefreien Klettersteig an - die klassische Firnrinne war uns bei weichem Schnee zu heikel. Anschließend trugen uns unsere Schneeschuhe auf durchgehender, aber teils sehr weicher Schneeauflage bis kurz vor die Breslauer Hütte.

Tourengänger: simba
Communities: Eis- und Nordwände


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Kommentare (2)


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EverWrest hat gesagt:
Gesendet am 5. November 2013 um 11:20
Coole Tour!

simba hat gesagt: In der Tat :)
Gesendet am 5. November 2013 um 12:10
Grade gesehen, dass du die NWW des Hint. Brochkogels auch schon im Portfolio stehen hast ;) Von daher brauch ich sie ja nicht mehr näher zu empfehlen ;) Finde die Wand für Ostalpenverhältnisse wirklich sehr ästhetisch...
Deine Projektliste liest sich auch sehr interessant - wobei manche Sachen eher außerhalb meiner "Range" sind ;)! Aber Nollen oder Migot-Pfeiler schweben mir auch schon seit einiger Zeit vor.
Beste Grüße
Si


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