Vordere Karlspitze (2260m) über Südostgrat mit Schrecksekunde


Publiziert von Sebi4190 , 24. Oktober 2013 um 20:12.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Kaiser-Gebirge
Tour Datum:20 Oktober 2013
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1200 m

Endlich habe ich mal wieder Zeit, wo das Wetter in den Bergen schön ist. Diesen Sommer war das leider nicht so häufig der Fall, immer wieder hat das Eine oder das Andere nicht gepasst. Umso größer die Vorfreude.
Wir starten um Viertel nach 7 in München mit dem Auto in Richtung Wochenbrunner Alm. Nach kurzem Frühstücksstopp in Ellmau erreichen wir diese gegen 9 Uhr. Der Parkplatz ist bereits sehr gut gefüllt und es sollte noch um einiges voller werden. Kein Wunder, denn jetzt kann ja leider jeder schöne Tag der Letzte gewesen sein, an dem man noch schneefreie Touren unternehmen kann.

Über die Gaudeamus Hütte und den Kübelkarsteig gehen wir hinauf in Richtung Ellmauer Tor. Kurz nach der letzten Seilversicherten Stelle verlassen wir den markierten Weg nach links und steigen in Richtung der tiefen Scharte, die sich zwischen dem Südostgrat der Vorderen Karlsspitze und dessen vorgelagertem Felsturm befindet. Hier befindet sich der Einstieg welchen wir durch eine steile Rinne, in der auch ein großer Klemmblock steckt, erreichen. Es ist etwa 10 Uhr.

Nach anlegen des Gurtes und Sortierung des Materials steigen wir etwa 10 Minuten später in die Route ein. Laut Topo erwarten uns nun 15 Seillängen sowie 800 Klettermeter. Die 1. SL ist mit III bewertet, sie quert schräg rechts hinauf bis zu einem großen Grasband. SL 2. und 3. begehen wir am kurzen Seil, um Zeit zu sparen, das Ier Gelände lässt das aber auch ohne Bedenken zu. Es folgen 2 Seillängen, die beide durch Rinnen führen. Bei dem vielen losen Gestein was auf dem Grat herumliegt ist das nicht ganz so prickelnd. Zwischen der 4. und 5. Seillänge befindet sich ein Grasband, an dem der Stand platziert ist. Von hier aus quert man etwa 2m nach links, bevor es hinauf in die Rinne geht. Mein Partner steigt vor, ich kann ihn nicht sehen.
Plötzlich höre ich einen dumpfen Knall. Ich denke nur, dass mein Seilpartner einen Stein losgetreten hat. Einen Wimpernschlag später spüre einen kurzen Ruck am Seil. Währenddessen sagt mein Seilpartner nichts wie "Stein!" oder eine sonstige Warnung. Dann sehe ich mehrere, handballgroße Brocken aus der Rinne fliegen. Sie hatten eine solch hohe Geschwindigkeit, dass sie sich sicher schon mindestens 50m im Fallen befinden müssen. Die Steine schießen weiter die Wand runter, ich befürchte das Schlimmste. Dann die erlösenden Worte:"F*** war das knapp!"
Was war passiert? Mein Seilpartner befand sich mitten in der Rinne, als er die Steine von oben kommen sah. Er hatte aber Riesenglück, dass er sich nur etwa 1m unter einem Klemmblock befand. Unter diesen konnte er sich gerade so retten, deshalb verspürte ich auch den Ruck, da alles so schnell gehen musste. Wenn ihn nur ein Stein egal wo getroffen hätte, mit der Geschwindigkeit die sie drauf hatten wäre es sicherlich nicht bei einer Prellung geblieben.
Nach dieser Schrecksekunde ging es am kurzen Seil weiter durch SL 6. und 7. Wieder ist es leichtes Gelände. Oberhalb dieses großen Grasfeldes legen wir eine kurze Pause ein um etwas zu essen. Bis hierhin haben wir etwa 2,5 Stunden gebraucht. An dieser Stelle entdecken wir eine weitere 2er Seilschaft am Ende der 9. SL. Ob sie die Steine losgetreten haben finden wir nicht heraus.
SL 8. führt durch eine immer enger werdende Schlucht und endet unter einem großen Klemmblock. Hier hat man die Möglichkeit, unter dem Klemmblock hindurch zu gehen und auf der anderen Seite 9 mal 20m über den Matejak Kamin abzuseilen.
SL 9. ist die Schlüsselseillänge der Tour. Klettert man sie wie wir außen, ist sie mit IV+ bewertet. Eine andere Möglichkeit ist, sich durch einen engen Kamin zu quetschen und von der anderen Seite her auf den Grat zu gelangen (Dann III). Mein Seilpartner steigt vor, ich sichere unter dem Klemmblock. Da es ganz schön zieht hier und die Stelle im Schatten liegt, wird es schnell kalt. Der Temperaturanzeiger meiner Uhr, die sich direkt auf der Haut befindet, sinkt bis ich nachsteige um 12 Grad. Sobald ich wieder in der Sonne war wurde es aber direkt wieder angenehm warm.
Oben angekommen werfen wir leider keinen Blick auf das Topo, sodass ich den Köpflstand am Ende der 10. SL einfach übergehe. Ich mache den gleichen Fehler wie schon *Steindaube und gehe weiter bis zum höchsten Punkt des Grates, an der eine etwa 20m tiefe Schlucht anschließt, finde aber keinen Haken oder Köpfl. Die Seilschaft, welche vor uns unterwegs war, befindet sich gerade zwei SL weiter und ich rufe herüber wo denn der Haken sei. Als Antwort bekomme ich: "Da ist keiner, du musst ein Stück runter und in die Schlucht!". Ich denke mir, dass der Haken also dort sein müsste und steige ab in die Schlucht. Das Seil läuft am Grat um ein Köpfl herum. In der Schlucht angekommen finde ich immer noch keinen Haken. Ich frage mich ob es noch eine weitere Schlucht gibt udn steige noch ein bisschen rechts und links der teifen Einschartung umher, finde aber nix. Der Blick auf das Topo verrät dann: Da ist gar kein Haken und außerdem habe ich einen Stand übergangen. Wäre ich mal etwas früher auf die Idee gekommen, das Topo anzuschauen.... Ich stelle mich also einigermaßen standhaft hin und sichere nach. Durch das Rumgesuche verloren wir viel Zeit. Dummheit tut manchmal ganz schön weh.
Die letzten 4 Sl bewegen sich allesamt ziemlich genau am Grat entlang. Die Schwierigkeiten erreichen nur noch zwei mal den III Grad. Allerdings muss man mehrmals abklettern, was bei der Exposition und dem lockeren Gestein nicht ganz so spaßig ist.

Nach dem Ende der letzten SL hat man noch gut 100hm in Ier Gelände zu bewältigen. Sieht nicht weiter schwierig aus, wir nehmen das Seil also schon mal auf. Man verlässt den Grat auf die Nordwestseite und steigt kontinuierlich steil hinauf. Immer wieder liegt Schnee in der Flanke, was die Sache dann doch noch mal etwas heikel macht, das Seil brauchen wir aber nicht mehr. Ohnehin gäbe es kaum eine Möglichkeit einen gescheiten Standplatz zu bauen.
Zum Schluss wieder über den Grat, erreichen wir den höchsten Punkt der Vorderen Karlspitze etwa um Viertel nach 5. Der Verhauer hat doch einiges an Zeit gekostet. Nach kurzer Trinkpause und ein paar Fotos machen wir uns an den Abstieg.

Man folgt stets den blauen Punkten am Verbindungsgrat zur Hinteren Karlspitze. Über die tiefste Stelle hinaus verlässt man den Grat erst nach rechts, wenn man den großen Pfeil sieht. Vorher ist es bereits einige Male verlockend den Grat zu verlassen, der markierte Steig ins Ellmauer Tor beginnt aber erst hier. Einige Trittstifte erleichtern manchmal den Abstieg, teilweise muss man aber auch IIer Gelände abklettern. Auch hier liegt Schnee was dann auch noch mal etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt.
Um Halb 7 kommen wir endlich im Ellmauer Tor an. Es wird bereits dunkel und wir haben blöderweise keine Stirnlampen dabei. Also schnell weiter und noch so viel Licht wie möglich mitnehmen. Wir fahren über das Schotterfeld ab. An dessen Ende angekommen ist es komplett dunkel. Der Weg ist allerdings immer noch sichtbar und so steigen wir weiter hinab in Richtung Wochenbrunner Alm. Einzig im Wald war es ein bisschen sehr dunkel, ansonsten konnte man ohne Probleme den Weg finden. Gegen 8 Uhr erreichen wir unseren Ausgangspunkt dieser eindrucksvollen Tour.

Der Südostgrat der Vorderen Karlspitze ist wunderschön von der Gaudeamus Hütte einsehbar. Die Route ist landschaftlich wunderschön und immer wieder von atemberaubenden Tiefblicken begleitet. Die vielen losen Brocken in der Route machen den Grat aber leider doch etwas gefährlich. Vom Gipfelgrat hat man einen Wahnsinns Rundblick auf die umliegenden Wände, an denen heute zahlreiche Kletterer herumturnten. Es ist immer wieder spektakulär, jemanden mit scheinbarer Leichtigkeit durch senkrechte, glatte Wände gehen zu sehen.
Ein Super Tag im Wilden Kaiser wars. Auch wenn ein Schockmoment dabei war und wir die Zeit etwas aus den Augen verloren haben.


Tourengänger: Sebi4190, Benedikt


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