Schüsser - Hammerspitzen - Überschreitung


Publiziert von frmat , 6. Oktober 2013 um 16:27.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 3 Oktober 2013
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 8:30
Aufstieg: 750 m
Abstieg: 1600 m

Über das verlängerte Wochenende versprach der Wetterbericht noch einmal einigermaßen brauchbares Bergwetter.
Also nichts wie los, und zum dritten Mal in diesem Jahr ins Allgäu. Unser Ziel: eine nicht zu schwere und nicht zu lange Mehrseillängentour. Im Vorfeld schien uns die Gimpel-Südostwand eine gute Wahl zu sein. Die Route übersteigt nie den Grad "3+", ist sehr gut abgesichert, sonnenexponiert und durchaus geeignet für Leute, die noch nicht viel Erfahrung im Alpinklettern haben. Zudem gibt es bei bergsteigen.at eine gute Topo.

Gesagt getan gings am Mittwoch im VW-Bus los Richtung Oberstdorf. Die Strecke hatte ich nun oft genug gesehn, und um die langweilige Fahrerei etwas zu unterbrechen unternahm ich auf dem Riedbergpass noch eine kleine, aber sehr schöne Wanderung auf den nahen Wannenkopf. Von Grasgehren zunächst über einen Fahrweg, dann auf nettem Wanderweg durch den Wald zum ersten Gipfelchen: dem Bolgen, 1686m. Dort nach rechts durch eine wunderschöne Hochmoorlandschaft zum Wannenkopf (55min ab Grasgehren, T3). An diesem Tag herrschte Inversionswetterlage (im Allgäu "Obheita" genannt = "oben heiter"). Das ganze Haupttal lag unter einer fiesen Nebeldecke und ich konnte am Gipfel die Sonne genießen. Im Gegensatz zum benachbarten Riedbergerhorn ist man hier auch fast alleine unterwegs, was der ansonsten wenig spannenden Besteigung einen gewissen Charme verleiht. In einer guten halben Stunde gings zurück zum Auto und in den Oberstdorfer Nebelkessel. Dort traf ich am Abend Bergkumpel Thomas, mit dem ich die nächsten Touren unternahm.

Am folgenden Tag starteten wir morgens zur Kanzelwandbahn, um von dort aus eine lange, aber leichtere Übungstour zu unternehmen. Da ich ja dieses Jahr schon zweimal dort war und die Gegend einfach unglaublich mag, schlug ich die Schüsser-Überschreitung vor.
Bei unserem ersten Versuch im Juli scheiterten wir noch kurz unter dem Gipfel. Wir kannten die Route nicht und stiegen auf ca. 2150m den Bohrhaken nach, was weiter oben in schwieriges Gelände führte. Der zweite Versuch Anfang September klappte dann, da wir diesmal die Route fanden. Wir stiegen über den Normalweg auf den Gipfel. Aber aller guten Dinge sind ja drei, deshalb nahmen wir uns nun vor, die Bohrhakenroute zuende zu gehen. Diese führt in 3 Seillängen durch die kleine Südost"wand" des Schüsser, wobei es aufgrund der Kürze eher ein "Wändchen" ist, als eine echte Wand. Trotzdem eine wunderschöne Tour!

Kurz nach zehn starteten wir an der Bergstation der Kanzelwandbahn und schwammen im Strom mit Richtung Kanzelwandgipfel. Diesen ließen wir links liegen und folgten dem schönen Wanderweg (T3) hinab ins Kühgund (1h). Von dort auf einfachem Wanderweg in 50min zur herrlich gelegenen Fiderepasshütte. Dort gab es vom sehr netten Hüttenteam ein leckeres Mittagessen in der Sonne, sodass wir frisch gestärkt unsere Tour angehen konnten. Von hier lässt sich fast der gesamte Anstieg einsehen (siehe Fotos mit eingezeichneter Route).
Zunächst folgten wir dem Wanderweg bis zum Beginn des Gipfelbereichs auf etwa 2150m. Der Normalweg führt hier leicht absteigend nach links. Wir stiegen jedoch den Bohrhaken folgend nach rechts eine brüchige Rinne hinauf bis in eine kleine Scharte. 2m rechts befindet sich auf einem Block ein alter Standhaken. Hier bricht die Wand senkrecht ab. Nun scharf nach links über ein Band und durch eine Rinne (Klebehaken) aufwärts. Wenig schwierig, zuletzt griffarm zum 2. Stand (Ringhaken): Die Originalroute führt nun nach inks, schwierig und ausgesetzt, weiter. Diese Stelle lässt sich jedoch umgehen. Vom 2. Stand über Band 3m nach rechts, kurz aufwärts und zurückqueren nach links (Klebehaken) erreicht man wieder die Originalroute. Nun direkt aufwärts, weiter oben nach links, griffarm um einen Block herum (Schlüsselstelle, III+) zum letzten Standplatz an einer deutlich sichtbaren Holzlatte auf der Gratschulter. Hier vereinigt sich die Route wieder mit dem Normalweg.
Nun über den teils ausgesetzten Gipfelgrat, einen Vorgipfel überkletternd (II) zur Scharte vor der Gipfelwand (Standplatz vor der Scharte auf einem Block). Die ca. 11m hohe Gipfelwand (III-) ist mit 3 Haken versehen, Standplatz ca. 3m vor dem Gipfelkreuz. 90min nach unserem Start bei der Hütte standen wir glücklich am Gipfel des Schüsser.
Der Weiterweg über die Hochgehrenspitze ist nun eine genussvolle Tour mit herrlichen Ausblicken in nicht immer festen Fels. Die Route ist nicht leicht zu finden, manchmal hat es blasse rote Markierungen. Grobe Faustregel: Wenn möglich immer am Grat bleiben und nicht zu weit in die Flanken ausweichen. Nach ca. 20min Abstieg erreichten wir die Scharte vor dem großen Gratturm, dort liegt eine alte Drahtseilrolle. An dieser rechts vorbei auf breitem Band zum Beginn des einzigen Fixseils. Daran ca. 35m empor zum Gipfel des Turms. In der Mitte des Turms im Kamin links absteigen, in der Flanke queren zur Basis der Hochgehrenspitze. Dort in großem Kamin aufwärts (II) und schließlich über Schrofen und Wegspuren zum Gipfel (50min ab Schüsser, T6). Der Weiterweg zur Hammerspitze ist nun deutlich leichter, zuletzt über einen einfachen Bergweg zum letzten Gipfel des Tages. Dort bieten sich mehrere Möglichkeiten für den Abstieg: Westgrat zur Wannenalpe, Nordflanke über Kuhgehrenalpe nach Mittelberg oder Ostgrat zur Kanzelwandbahn. Vom Gipfel hörten wir bereits den Gong der Bergbahn, der die letzte Talfahrt ankündigte. Dennoch stiegen wir den Ostgrat hinab (T4) und stiegen am tiefsten Punkt zwischen Hammmerspitze und Kanzelwand über ein erdiges Steiglein in nördlicher Richtung direkt ab. Wir erreichten die Liftanlagen und den Fahrweg. Die letzte Stunde Schotterstraße machte dann zwar wenig Spaß, konnte uns die gute Stimmung nach der tollen Tour aber auch nicht mehr vermiesen :)

Jetzt fühlten wir uns also prima vorbereitet für die Gimpel-Südostwand. Aber wie es manchmal eben ist, am nächsten Morgen regnete es Bindfäden. Auch wenn es im Tagesverlauf aufklarte war an diese sicherlich schöne Tour nicht mehr zu denken. Trotz allem ein schöner Trip ins Allgäu und auch beim dritten Mal überhaupt nicht langweilig :)

Tourengänger: frmat


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Kommentare (5)


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tricky hat gesagt: T6?
Gesendet am 6. Oktober 2013 um 23:08
Schöne Tour. Aber warum T6 wenn du schreibst: "ist sehr gut abgesichert"?

frmat hat gesagt: RE:T6?
Gesendet am 6. Oktober 2013 um 23:36
Hi, das bezog sich auf die Südostwand des Gimpel. Das war unser eigentliches Ziel, was aber wegen Wetters ausfiel. Schwierigkeit dort (nachgelesen T5 und III+).
Die hier beschriebene Tour ist klettertechnisch ähnlich schwierig, kürzere Kletterei. Die Gratüberschreitung vom Schüsser zur Hochgehrenspitze ist T6. Die Tour wurde von Quacamozza begangen, der schon viel im Allgäu gemacht hat. Auch er bewertet dies mit T6, da hab ich ihm einfach mal geglaubt...

Gelöschter Kommentar

frmat hat gesagt: RE:T6?
Gesendet am 8. Oktober 2013 um 17:08
Da kann ich Yeti nur recht geben, sichern ist da nicht drin, viel zu brüchig. Hab mir nochmal die Definitionen durchgelesen:

"Meist weglos. Kletterstellen bis II. Meist nicht markiert. Häufig sehr exponiert. Heikles Schrofengelände. "

Das trifft bei dieser Grattour genauso zu...

Wirklich eine sehr lohnende Tour!

F3ttmull hat gesagt:
Gesendet am 14. August 2020 um 11:21
Die Tour habe ich aus Versehen gemacht, eigentlich wollte ich die "gelbe" Variante (II) gehen, aber ging trotzdem gut, wenn auch luftig :D


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