Hammerspitzen-Überschreitung


Publiziert von Bergmax , 19. Juni 2018 um 20:09.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:15 Juni 2018
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   D 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 600 m
Abstieg: 1400 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Riezlern, Parkplatz an der Kanzelwandbahn (3 € / Tag)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Bus 1 ("Walserbus") von der Haltestelle "Alpenrose" zur Talstation der Kanzelwandbahn, fährt ca. alle 20 min, Einzelfahrt 2,50 €
Kartennummer:Ausschnitt aus dem Buch "Münchner Bergtouren" von T. Otto und S. Baur, Rother Verlag 2014

Drei-Gipfel-Tour mit Abstieg durch das Wildental...

Auf die Hammerspitzen bin ich ausnahmsweise nicht durch einen Hikr-Bericht aufmerksam geworden, sondern durch die exzellente Beschreibung in dem Buch "Münchner Bergtouren" von Thomas Otto und Stephan Baur. Die Unternehmung wird allgemein als äußerst lohnend (und anspruchsvoll) bezeichnet.
Aus dem Südschwarzwald ist die Anreise ins Kleinwalsertal allerdings alles andere als ein Katzensprung. Ich bereue es rückblickend keineswegs, sie in Kauf genommen zu haben, auch wenn das Autofahren die so ziemlich größte Mühe des Tages gewesen ist.

Die Bergtour beginnt gemütlich mit der Gondelbahnfahrt zur Kanzelwand-Bergstation (1949 m). Die erste Aufgabe ist das Erreichen des Grates zwischen dem Kanzelwand-Gipfel und der Walser Hammerspitze. Ich gehe zuerst auf dem Bergweg in Richtung Kanzelwand-Gipfel, verlasse diesen aber an geeigneter Stelle (Wegspuren), quere unterhalb des Grates nach Südwesten und erreiche die Grathöhe ca. 300 Streckenmeter südwestlich des Kanzelwand-Gipfels. Trotz der etwas umständlichen Beschreibung ist alles leicht und intuitiv zu finden.
Am Grat gehe und kraxele ich in eher sanftem Gelände über eine unbedeutende Erhebung und verliere dann einige Höhenmeter bis zur eigentlichen Scharte zwischen Kanzelwand-Gipfel und Walser Hammerspitze. Dort befindet sich ein kleiner, kreuzgeschmückten Felsturm, der sogenannte "Wächter der Zwerenalp", der mit ein, zwei Kletterzügen (II) zu erklettern ist. Allerdings belohnt kein Gipfelbuch die herausragenden Aufstiegsmühen...

Nun beginnt endlich der Aufstieg zur "ersten" Hammerspitze über deren Nordostgrat. Dieser ist relativ breit und zahm. An der Gratkante gibt es einige kleine Kletterstellen im ersten Grad, die meistens links umgangen werden können. Wegen der mittelmäßigen Felsqualität ist dies zumindest stellenweise auch zu empfehlen. Nach zwei Dritteln des Grates kommt von rechts der markierte Bergweg hinauf und man folgt diesem über weitere ganz leichte Kraxelstellen zum Gipfel der Walser Hammerspitze (2170 m). Bis hierhin empfand ich die Bergtour fast schon ein wenig langweilig, doch das wird sich zum Glück bald ändern...

Der nächste Gipfel der Überschreitung ist die Hochgehrenspitze. Die Annäherung vollzieht sich zunächst auf einem lieblichen Wiesenpfad. Außerdem verliert man beim Abstieg in die wenig ausgeprägte Einsattelung zwischen den Gipfel nur ca. 30 Höhenmeter. Doch schon von weitem ist zu erahnen, dass die steilen Gipfelfelsen etwas Kletterei verlangen. Für die letzen 80 Höhenmeter hat man die Wahl, ob man direkt am Grat (etwas schwieriger und exponierter) oder über Pfadspuren rechts daneben hinaufkraxelt. Ich entscheide mich für den Grat und werde mit zuverlässigem Fels (bis II-) belohnt. Bald ist das Gipfelkreuz der Hochgehrenspitze (2252 m) erreicht und der Blick wird frei zum wilden Gratabschnitt, über den man auf die Oberstdorfer Hammerspitze klettert.

Nach einer kurzen Pause und einem Blick auf die Wegbeschreibung steige ich voller Tatendrsng weiter. Meistens kraxelt man rechts des Grates. Zuerst geht es über Schrofen und einen ganz kurzen Kamin (I) hinunter, dann wenige Meter hinauf auf einen unausgeprägten Turm. Dort in etwas schwierigerer Kletterei (II) nach rechts eine kaminartige Rinne hinab - am oberen Einstieg befindet sich eine rote Markierung. Dies ist meine persönliche Schlüsselstelle. Nicht zu früh nach rechts abklettern!
In der Südflanke klettert man ausgesetzt (knapp II) auf den nächsten, großen Gratturm. Oben sieht man schon das Drahtseil, an dem man ausnahmsweise nach links, also in die steile Nordostflanke, ziemlich weit absteigt. In dieser Passage sichere ich mich mit dem Klettersteigset. Das Drahtseil leitet im oberen Bereich in vergnüglicher Kletterei über eine Rippe, erst im unteren Drittel kraxelt man in einer Rinne. Über ausgesetzte Wegspuren gelangt man vom Ende des Drahtseils in die letzte Scharte vor der Oberstdorfer Hammerspitze.
Beim Gipfelanstieg droht ein Verhauer, wenn man sich zu tief hält (Wegspuren, Steinmann). Ich bemerke den Fehler sehr bald, weil ich möglichst nahe am Grat aufsteigen möchte. Die richtige Route (mit roten Punkten markiert) verläuft meist nur wenige Meter rechts unterhalb des wild zerklüfteten Grates. Das Gelände ist zwar überall steil, aber trotzdem muss man bis zum Gipfel nur noch leicht (I) klettern.
Auf der Oberstdorfer Hammerspitze (2259 m) hat man eine prima Aussicht auf die umliegenden Berge und natürlich auch auf den zurückgelegten Grat. Eine kleine Herausforderung ist es, die rostige Gipfelbuchkassette zu öffnen...

Wenige Meter neben dem Gipfelkreuz stehen gleich zwei Abseilringe zur Verfügung, um die ersten Abstiegsmeter zu erleichtern. Das "Angebot" nehme ich natürlich gerne an, denn extra dafür habe ich ein Seil mitgeschleppt. Ich Seile also bequem über das gut 10 Meter hohe Gipfelwändchen ab.
Unten angekommen, kann ich es nicht lassen, noch einmal (mit einer Prusikschlinge gesichert) hochzuklettern und wieder abzuseilen... Prima Fels, die drei Eisenbügel entschärfen die Stelle auf II/A0. Technisch ist die Wand meines Erachtens etwas einfacher als die Schlüsselstelle zur Stauberenkanzel, aber dafür etwas höher. Beim nächsten Mal würde ich mich mit dem Klettersteigset an den Bügeln sichern und auf das Seil verzichten.
Der weitere Abstieg geht nicht nach rechts durch die Rinne, sondern geradeaus über den Vorgipfel und dann über Wegspuren nach rechts. Erst weiter unten steigt man ein Stück in der Rinne ab und verlässt sich bald wieder auf einem Band nach links. Zuletzt kraxelt man über Schrofen bis ans Ende des Felsgeländes und geht über Wiesen zur Fiderepasshütte (2065 m). Der Abstieg (T5-/I) verlangt wegen des brüchigen Gesteins erhöhte Aufmerksamkeit!

Um von der Hütte zurück nach Riezlern zu gelangen, gibt es ganz verschiedene Möglichkeiten. Weil ich keine Lust auf einen längeren Gegenanstieg habe und auch nicht mehr als nötig unten im Kleinwalsertal entlangspazieren möchte, entscheide ich mich, durch das Wildental abzusteigen, die Breitach zu überqueren und ab Mittelberg mit dem Walserbus zur Talstation der Kanzelwandbahn zurückzufahren.

Bald merke ich, dass ich eine gute Wahl getroffen habe, denn der Bergpfad von der Fiderepasshütte zur Fluchtalpe (1390 m) im Wildental ist gut angelegt und landschaftlich reizvoll. Oft genieße ich den tollen Blick zu den überschrittenen Gipfeln. Etwas später beeindruckt mich der große Wasserfall hinten im Wildental, bevor ich den Fahrweg im Talgrund erreiche. Ich gehe talauswärts an der Inneren Wiesalpe (1298 m) vorbei zur Siedlung Höfle. Hier gibt es bereits eine Busverbindung, die allerdings einen Umstieg in Mittelberg erfordert.
Also wandere ich noch etwas weiter zur gedeckten Holzbrücke über die Breitach und jenseits knapp 100 Höhenmeter hinauf zur Haltestelle "Alpenrose" an der Hauptstraße durch das Kleinwalsertal. Wenig später bringt mich der Linienbus zur Kanzelwandbahn-Talstation, wo mein Auto auf mich wartet, bereit für die lange, aber überraschend gemütliche Rückfahrt...

Fazit: Ziemlich empfehlenswerte Bergtour mit interessanten Kletterstellen II. Welche Anreise sich für den doch relativ kurzen Grat lohnt, muss natürlich jeder selbst entscheiden...

Alle Richtungsangaben sind in Gehrichtung zu interpretieren!

Gehzeiten

Kanzelwandbahn-Bergstation - Walser Hammerspitze: 1 h
Walser Hammerspitze - Hochgehrenspitze: 30 min
Hochgehrenspitze - Oberstdorfer Hammerspitze: 50 min
Oberstdorfer Hammerspitze - Fiderepasshütte: 50 min
Fiderepasshütte - Fluchtalpe - Höfle - Haltestelle "Alpenrose: 1 h 50 min

Schwierigkeiten

Grateinstieg - Walser Hammerspitze: T4- / I
Walser Hammerspitze, Hochgehrenspitze: T5- / II- (kurze Stellen direkt am Grat)
Hochgehrenspitze - Oberstdorfer Hammerspitze: T5 / II (Stellen); anhaltend I; Drahtseilpassage entspricht einem kurzen Klettersteig WS / B
Oberstdorfer Hammerspitze - Fiderepasshütte: T5 / II / A0 ("Wändchen"); Rest T5- / I
weiterer Abstieg: T2 und T1

Die Orientierung würde ich als mittelschwierig bezeichnen. Der etwas komplizierte Wegverlauf lässt sich bei ausreichender Sicht meistens ohne besondere Probleme finden.


Tourengänger: Bergmax


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