Blassengrat - Genußkletterei über dem Grieskar
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Der Blassengrat interessiert mich schon seit geraumer Zeit.
Unter der Adresse http://www.sirdar.de/Tourenbuch/over300/332.html habe ich auch eine gute Tourenbeschreibung samt Anstiegsskizze im WEB gefunden. Laut Wetterbericht soll der Herrgott ja heute noch Erbarmen mit uns Bergsteigern haben. Also los gehts.
Mit der ersten Gondel schwebe ich hinauf zum Osterfelderkopf. Um 8:10 Uhr starte ich bei der Bergstation. Der Nordwandsteig bringt mich schnell durch die Nordflanke der Alpspitze hinüber zum Sattel zwischen Bernadeinwand und Alpspitze.
Nun geht es, anfangs noch geröllig, später dann, durch wunderschönes Almgelände über dem Stuibensee, hinüber unter die Nordabstürze des hohen Gaifs. Der Weg hinauf zum Gaif-Ostgrat ist zu Beginn noch recht schotterig, wird aber bald durch liebliches Grasgelände abgelöst.
Unmittelbar ehe die Kletterei los geht, wartet eine Seilschaft auf mich, sie wollen mir den Vortritt lassen, da ich alleine vmtl. schneller unterwegs sein werde, als ein Team. Der Fels ist von sehr guter Qualität, die Schwierigkeitsstufe II wird mit Sicherheit nie überschritten, und Seilschaften finden jede Menge Haken für Sicherungsmaßnahmen vor.
Sogar das Wetter reißt zusehends auf, so daß sich meine diesbezüglichen Bedenken in Luft auflösen. Ein absolut gelungener Einstieg in den heutigen Tag.
Um 9:20 Uhr stehe ich auf dem Gipfel, schnell die Schuhe wechseln, und dann beginnt das kleine Abenteuer. Bereits nach 20 m Abstieg, hinunter in die Scharte vor dem ersten Turm, merke ich, dass nun ein etwas "anderer Wind" weht. Die Felsqualität lässt nach, der Weiterweg wird großzügiger und etwas kühner.
Beim Aufstieg zum ersten Turm ist bereits ein IIIer zu bewältigen, ich bin gespannt auf den Tiefblick mit dem "berüchtigten" Abstieg in die Scharte. Auf der Nordseite, unterhalb des höchsten Punktes, ist eine Abseilstelle eingerichtet, nützt mir aber nichts, da ich das Seil bewußt zu Hause gelassen habe. Ich klettere die Verschneidung ab, bis sie brüchig wird und leicht überhängend abbricht.
Es gilt den kleinen Klemmblock über dem Schartengrund zu erreichen. Er befindet sich ca. 3 m unter und 2 m rechts von mir. Um zu ihm zu gelangen, muss aus der Verschneidung in die Westwand des Turmes gequert werden. Leider befinden sich im näheren Umkreis keinerlei waagrechte Griffe oder Tritte. Für die Hände zwei nahezu senkrechte, nicht allzu tiefe Schlitze, und für die Füße, ein mickriger Zacken sowie eine Delle zum Antreten. Es sind nur 2 Züge, aber durch die "viele Luft unter den Sohlen" wird mir ins Bewußtsein gehämmert, dass ein Ausrutscher oder das Wegbrechen eines Trittes den sofortigen Absturz zur Folge haben würde. Im 3-ten Versuch kann ich mich dann endlich überwinden, antreten, den rechten Fuß auf eine kleine Leiste hinter der Verschneidungskante setzen, langsam aufrichten und weitergreifen, puuhhh.
Nun noch auf den kleinen Klemmblock abklettern. Meine Hände befinden sich noch auf der Westseite des Turms, wie bekomme ich sie auf die andere Seite hinüber, ohne das Gleichgewicht zu verlieren ? Ich setze auf Schnelligkeit, anstatt diffizilem Ausbalancieren. Gefühlvoll, jedoch in einer schnellen Bewegung, werfe ich die Arme zur anderen Seite, ok geschafft.
Kurz danach, beim Aufstieg auf den nächsten Turm, folgt ein Verhauerhaken samt langer Schlinge. Glücklicherweise wird in der Beschreibung darauf hingewiesen, sonst könnte der Begehungsversuch dieser Stelle evt. böse enden.
Nach einigem Auf und Ab erreiche ich schließlich gegen 11:00 Uhr die Blassenspitze. Karwendelmäßiger Bruch ist nicht anzutreffen, und wenn's mal etwas schwerer wird, dann ist der Fels immer weitgehend zuverlässig.
Beim Abstieg von der Blassenspitze zum fingerähnlichen Turm muss noch eine schmale Gratschneide überwunden werden, nicht wirklich gefährlich, jedoch eine sehr nette Auflockerung.
Die Haupschwierigkeiten sind nun überwunden, es folgt der lange Aufstieg auf den Vorgipfel des Hochblassen. Anfangs geht es südlich des Kammes über Schrofengelände aufwärts ( einige Steinmänner ), zuletzt wieder am Grat entlang bis zum vorläufig höchsten Punkt.
Über eine Abseilstelle oder durch unproblematisches Abklettern, gelangt man auf ein nordseitiges Band, nun über Bänder und Rinnen weiter, bis man schließlich ohne nennenswerte Schwierigkeiten wieder auf den Grat gelangt. Nur noch wenige Minuten, dann habe ich ca. um 12:15 Uhr den Hauptgipfel des Hochblassen erreicht.
Abstieg über den Signalgipfel, dann unterläuft mir ein unverzeihlicher Fehler. Obwohl in der Beschreibung ausdrücklich auf eine südseitige Abstiegsrinne hingewiesen wird, lasse ich mich von einem Seil, dass oberhalb einer nordseitigen Rinne angebracht ist, verleiten, in die entgegengesetzte Richtung abzusteigen. Mit stemmen und fluchen kämpfe ich mich die Bröselbruchrinne hinunter, das weiter unten ansetzende Restschneefeld macht die Sache auch nicht angenehmer, da es viel zu steil ist, um darauf abzufahren. 100 m oberhalb der Grieskarscharte kann ich nach links rausqueren und habe dann endlich wieder "festen Boden" unter den Füßen, das ging gerade nochmal gut aus.
Ich wähle den Abstieg durch das Grieskar und kann den Blassengrat in Gedanken nochmal revue passieren lassen.
Fazit: schöne Gratkletterei in überwiegend festem Fels. Eindeutige Schlüsselstelle ist der Abstieg vom ersten Turm zur Scharte, natürlich nur, wenn man diese Stelle auch klettert, und nicht abseilt. Nach der Blassenspitze verliert die Gratüberschreitung deutlich an Elan. Verglichen mit dem Teufelsgrat, ist der Blassengrat im Hinblick auf Länge der Tour, Felsqualität und Gesamtschwierigkeit wesentlich einfacher einzustufen.
Viele Grüße
Albert
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