Hoher Gaif


Publiziert von derMainzer , 23. Juli 2023 um 17:38.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Wetterstein-Gebirge
Tour Datum:15 Juli 2023
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K1 (L)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 902 m
Abstieg: 2225 m
Strecke:18,2
Zufahrt zum Ausgangspunkt:RB 6 von München bis Bahnhof Garmisch- Partenkirchen. Vom Bahnhof GAP Fußweg ca.50 min zu der Seilbahnstation Alpspitzbahn. Mit erster Gondel um 08:00 Uhr zu der Station Osterfelderkopf
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Von Parkplatz der Seilbahnstation Hausberg ca.15 min Fußweg zum Bahnhof Garmisch- Partenkirchen. RE61 von Garmisch- Partenkirchen bis München.
Unterkunftmöglichkeiten:Kreuzeckhaus / Hotels in Garmisch- Partenkirchen und näherer Umgebung
Kartennummer:BY8 Wettersteingebirge, Zugspitze / 4/3 Wetterstein- und Mieminger Gebirge Ost

Wenn die Wetterberichte einen schönen sonnigen Tag mit über 30°C vorhersagen und man keine Lust darauf hat, die überlaufenen Badeseen im Münchner Umland und Oberbayern aufzusuchen, fährt man besten mit der Bahn in Richtung des Wettersteingebirges.
Auch bei einer gut ausgesuchten Bergtour kann man sich trotz dieser extremen Temperaturen abkühlen. Es fehlt nur noch ein interessantes neues Gipfelziel. Die Auswahl war nicht einfach und fiel zum Schluß auf den Hoher Gaif. Der Hoher Gaif hat mit seiner Gipfelhöhe (2288 hm) eher eine untergeordnete Rolle im Bereich seiner Umgebung, bietet aber eine lohnende Aussichtloge.
Das ist schon mal was Neues. Nach dem Alpenvereinsführer Wettersteingebirge gehört der Hoher Gaif in die Gruppe vom Blassenkamm. Eine andere Klassifizierung (nach Internationale vereinheitlichte orographische Einteilung der Alpen / IVOEA ), welche aber nicht offiziell ist, teilt das Wettersteingebirge in zwei Haupt- und 8 Untergruppen ein. Diese werden dann als Massiv bezeichnet, damit wäre der Hoher Gaif im Blassen- Massiv und gehört zur Zugspitzgruppe. Das klingt doch schon gleich besser. Damit soll der Gipfel aber nicht abgewertet werden. Im Gegenteil, den Hoher Gaif bekommt man jedenfalls nicht geschenkt. Dazu später noch mehr Informationen.
Mit der Regionalbahn fährt man erstmal von München nach Garmisch- Partenkirchen. Vom Bahnhof aus startete ich in einen Fußmarsch zur Talstation der Alpspitzbahn. Das sind ca. 4,8 km Weglänge, welche in 50 Minuten bewältigt werden können. Der Vorteil daran ist, dass man unterwegs noch eine Reihe an Fotoaufnahmen vom Waxenstein-, Blassenkamm und den Ammergauer Alpen machen kann. An der Talstation löste ich ein Ticket und fuhr mit der ersten Gondel hoch zur Bergstation der Alpspitze. Dort lässt man erstmal die Besucher der ersten beiden Gondeln ausströmen, man hat ja eh genug Zeit und will in Ruhe gehen. Von der Bergstation geht es über den Nordwandsteig, der längs der massiven Nordwand der Alpspitze verläuft, hinüber zum Bernadeinkopf. Der Weg ist nicht schwer, die Wegtrasse ist deutlich sichtbar, zwei Tunnel müssen durchschritten werden und es herrscht teilweise steiles Absturzgelände zu der Skipiste Bernadeinabfahrt hin. An der der Abzweigung zum Klettersteig der Ferrata von der Alpspitze, ist es ratsam einen Helm aufzusetzen. Es führen in der Nordwand deutlich mehr Kletterrouten durch, als diese im Alpenvereinsführer Wettersteingebirge beschrieben worden sind. Am Bernadeinkopf angekommen kann man den weiteren Routenverlauf sondieren. Dort erhält man auch erstmal eine Sicht auf den oberen Ostgrat, welcher zum Hoher Gaif führt. Eindrucksvoll zeigt sich auch die Abseilstelle vom Blassengrat erster Gratzacken im Gratverlauf. Kaum vorstellbar das *algi dort Seilfrei abgeklettert ist. Vom Gipfelkreuz des Bernadeinkopf geht es zuerst den Pfad in Richtung der Grieskarscharte unterhalb vom Oberkar der Alpspitze. Diesen folgt man und bei einer günstigen Gelegenheit verlässt man diesen weglos nach links in Richtung Stuibensee. Das Gelände dort ist nicht zu unterschätzen, steile Gras- und Felschrofen mit losem Geröll durchsetzt. Auch gibt es dort Felsabbrüche, welche umgangen werden müssen. Dort bin ich eine Grasrampe abgestiegen bis zum oberen Bereich vom Stuibensee. Am Stuibensee geht man rechts vorbei, direkt auf das vorgelagerte Geröllfeld zu, welches von einer Rampe/Rinne bzw. Verschneidung vom oberen Ostgrat Hoher Gaif herunterführt. Dort leiten einen Stoamandl und Pfadspuren durch. Das ist die einzige Schwachstelle in der Flanke der Nordwand, das sieht man schon vom Gipfelkreuz des Bernadeinkopf aus. Trotzdem ist hier Vorsicht geboten, die Felsschrofen im unteren sowohl als auch im oberen Bereich sind mit Gras durchsetzt, loses, lockeres Geröll. Wenn sich die Rampe/Rinne zurück lehnt wird es deutlich leichter, es kommt ein grasiger Absatz und man läuft in einer Pfadspur in Richtung des Einstiegs zum oberen Ostgrat Hoher Gaif. Da kann man mal durchatmen.
Am oberen Ostgrat angekommen erkennt man zugleich den weiteren Verlauf der Route. Allerdings wird hier schon klar, dass diese Felsführe kein leichtes Unterfangen wird. Der obere Ostgrat stellt sich zugleich steil auf. Die Schlüsselstelle der Tour wird auch sichtbar. Diese kann auch auf der Nordseite vom Grat (rechts) umgangen werden. Näheres zu dieser Umgehung kann man hier beim *Nic nachlesen. Der Einstieg ist nicht schwer, es geht gleich links raus auf felsige Schrofen Bänder bis zu der Felsrinne. An der Felsrinne angekommen, stieg ich zugleich ein, verlies diese aber nach ca. 2/3 der Rinnenlänge, um nach rechts kletternd rauszuqueren. Das erschien mir sinnvoller, als dort länger rumzuexperimentieren, wie ich das letzte 1/3 durchklettern kann.
Eine Frau von einem Pärchen vor mir hat sich an der besagten Stelle länger dort abgeplagt. Das letzte 1/3 ist nicht zu unterschätzen, kleine Griffe und Tritte, deutlich weit voneinander entfernt, fast senkrechter Rinnen Verlauf, sehr exponierte Stelle. Danach lehnt sich der Gratverlauf deutlich zurück, jedoch müssen immer wieder kleinere Felsplatten, -zacken und -scharten, welche sich als Hindernisse erweisen, abgeklettert oder überklettert bzw. umgangen werden. Im Aufstiegssinne der linken Seite bricht der Grat fast senkrecht zum Reintal ab, zum Grieskar hingegen verläuft ein Felsschrofiges Band, fast terrassenförmig in ca. 15 - 20 hm Tiefe. Ein umsichtiges Klettern mit prüfen jeden Griffes und Trittes kann ich nur empfehlen. Der letzte Felsaufschwung zum Gipfel ist nochmals mit Grasschrofen durchsetzt.
Am Gipfelkreuz vom Hoher Gaif angekommen traf ich wieder auf das Pärchen, welches zugleich abstieg. Vom Bernadeinkopf aus konnte ich beobachten das mindestens zwei Gruppen im Aufstieg auf den Hoher Gaif waren. Diese befanden sich jetzt in Richtung der Blassenspitze, das konnte man deutlich am Blassengrat erkennen. Später kamen noch zwei weitere junge Bergsteiger hinzu, es gab ein Gespräch mit beiden, die dann auch vor mir abgestiegen sind. Am Gipfel blieb ich über eine Stunde, machte meine Fotoaufnahmen und stieg dann wieder ab. Der Abstiegsweg zum Stuibensee runter ist gleich dem Aufstiegsweg, außer dass ich bei der besagten Felsrinne die nördliche Umgehung abgestiegen bin. Diese ist deutlich entspannter als die Felsrinne, zwar luftig unter den Sohlen, jedoch ist das im Wetterstein die Normalität für solch ein exponiertes Gipfelziel. Da muss man auch schon mal was riskieren. Erstaunlich war für mich beim Abstieg, dass der Stuibensee auch ein beliebtes Badeziel ist. Dann ging es über den Grasabsatz zur Geröllrinne und am Ausstieg von dieser in Richtung des Bernadeinkopfs. Dort führt ein Steig an den Bernadeinwänden entlang in Richtung des Bernadeinsteigs. Über diesen ging es zum Kreuzeckhaus. Der Bernadeinsteig hat den Vorteil, dass dieser im schattigen Bereich verläuft. Auch kommt man da an einer Zapfstelle für Quellwasser vorbei. Ich habe mich allerdings nur äußerlich abgekühlt. Der Steig von der Scharte Bernadeinkopf und -wände bis zum Kreuzeckhaus ist nicht technisch schwer. Am Kreuzeckhaus kehrte ich nochmal für 1½ h ein, bevor ich über den Winterwanderweg, teilweise über die Skipisten zurück nach Garmisch- Partenkirchen zum Bahnhof abgestiegen bin.

Routenschwierigkeiten der Tour:

  1. Von Bergstation Alpspitze bis Bernadeinkopf:
Nordwandsteig Alpspitze (Nr. 718 / AVF Wettersteingebirge) bis ins Oberkar von der Alpspitze folgen, dort ein Abzweig nach links runter durch Geröll zum Sattel der Schöngänge mit Gegenanstieg 10 hm über sichtbaren Pfad auf den Bernadeinkopf.
Nordwandsteig Schwierigkeiten T3 wg. Absturzgefahr zur Skipiste der Bernadeinabfahrt hin, Sicherungen Klettersteig A und Stellen I/UIAA vorhanden.In den beiden Tunnel kann nach längeren Regenfällen das Wasser stehen. Eine  Stirnlampe ist von Vorteil.

  1. Bernadeinkopf bis Stuibensee zum Einstieg Geröllfeld Nordwand oberer Ostgrat HG:
Retour vom Gipfel Bernadeinkopf in den Sattel der Schöngänge, dort links ab auf den Steig der in die Grießkarscharte führt. Irgendwann zweigt der Pfad als Stichpfad nach links unten in Richtung Stuibensee ab. Von dort weglos mit Routengespür weiter, da es im Gelände Abbrüche gibt. Über eine Grasrampe runter zum Stuibensee und geradeaus direkt zur Geröllrinne. Anfangs gerölliges Gelände, geht dann aber in Gras-Felschrofen über, Schwierigkeiten hier T3.

  1. Einstieg Geröllfeld zum oberen grasigen karähnlicher Absatz / oberer Ostgrat HG :
Am vorgelagerten Geröllfeld nicht direkt in die Rampe einsteigen, sondern den Stoamandl folgen. Es geht ein Pfad durch die Nordostflanke. Später kommen noch kurze I/UIAA Stellen hinzu, weiter oben gibt es zwei kurze Drahtseilpassagen. Es besteht auch die Möglichkeit direkt weglos aufzusteigen. Folgt man den Pfad, dann sind die Schwierigkeiten T4 mit vereinzelten Stellen I/UIAA, vorsichtig durchsteigen es gibt dort viel loses und lockeres Geröll. Bei freier Routenwahl können sich die Schwierigkeiten auf II/UIAA erhöhen.

  1. Grasiger karähnlicher Absatz zum Einstieg oberen Ostgrat Hoher Gaif:     
Wenn man den Einstieg der Rampe/Rinne hinter sich gebracht hat, lehnt sich das Gelände zurück. Auf Pfadspuren geht es zum Einstieg vom Ostgrat. Die Schwierigkeiten sind hier im Bereich T3.

  1. Einstieg oberer Ostgrat zum Gipfelkreuz Hoher Gaif:
Der Einstieg vom oberen Ostgrat verläuft südseitig links zum Reintal hin, auf einem mit Gras durchsetzten Felsband bis zu der steilen sichtbaren schwarzen Felsrinne hin. Die Schwierigkeiten bis zur der Schüsselstelle Felsrinne bewegen sich im Bereich II/UIAA. Ab der Felsrinne sind die Schwierigkeiten im unteren Bereich (7 hm/ ⅔ Höhe) noch II/UIAA. Im oberen Drittel der Felsrinne erhöhen sich diese aber auf +II/UIAA. Sehr kleine Tritte und Griffe, die Tritte deutlich weit auseinander. Man könnte auch eine III/UIAA vergeben. Danach folgt ein grasiger Absatz und am zurücklehnenden Gratverlauf werden Gratzacken und Felsplatten entweder direkt überklettert, nach rechts oder links auf Felsbänder ausweichend bis zum letzten Aufschwung weiter verfolgt. Die Schwierigkeiten hier II/UIAA, vereinzelte Bor- und alte Schlaghaken für Sicherungen vorhanden. Der letzte Felsaufschwung zum Gipfel ist nochmals mit Grasschrofen durchsetzt, Stellen II/UIAA, vorsicht bei den Grasschrofen.

  1. Abstieg Gipfelkreuz Hoher zum Aussteig oberer Ostgrat Hoher Gaif:
Der Abstieg ist gleich dem Aufstieg (s. Nr. 5), außer das die Schlüsselstelle Felsrinne der Tour diesmal nordseitig links (Abstiegsrichtung) umgangen wird. Dort kann man diese mit Stellen II/UIAA bequem umgehen. Zwar luftig unter den Sohlen, jedoch deutlich übersichtlicher im Abstieg.

  1. Grasiger karähnlicher Absatz zum Ausstieg Geröllfeld Rampe/Rinne:
Dieser Abstieg ist gleich dem Aufstieg, siehe Nr. 3, die Schwierigkeiten bleiben gleich, außer dass der Abstieg im lockeren und losen Geröll mehr umsicht und vorsichtiges Gehen verlangt.

  1. Geröllfeld Rampe/Rinne zum Kreuzeckhaus:
Vom Geröllfeld geht man nun durch Gras-und Felsschrofen durchsetztes Gelände rechts am Stuibensee vorbei in Richtung Bernadeinkopf zu, zum Weg Nr. 835A. Diesen Weg steigt man längs der Bernadeinwände ab, bis der Bernadeinsteig 835 quer kreuzt. Auf diesem an der Bernadeinhütte vorbei zum Kreuzeckhaus. Die Schwierigkeiten liegen bei T2 und der Verlauf vom Weg ist gut markiert und sichtbar.

  1. Kreuzeckhaus zum Bahnhof Garmisch-Partenkirchen:
Vom Kreuzeckhaus führen mehrere Wege im Abstieg nach Garmisch-Partenkirchen. Wer noch über eine ausreichende Kondition verfügt, kann das eine oder andere noch mit hinzunehmen (z.B. Abstieg über Kreuzjoch/ T3 mit I/UIAA). Mein Soll war jedoch erfüllt und damit auch der direkte Abstieg zum Bahnhof. Die Wege sind nicht schwierig, diese sind gut ausgebaut, beschildert und markiert, man bewegt sich im Bereich T1/T2. Teilweise habe ich die Skipisten im Abstieg benutzt.

Fazit:

Bei der Tour auf den Hoher Gaif handelt es sich um eine klassische Bergtour. Die höchsten Anforderungen bewegen sich in den Schwierigkeitsbereichen T5 und +II/UIAA. Der obere Ostgrat Hoher Gaif  erfordert stabile Wetterverhältnisse im Wettersteingebirge. Bei einem Wetterumschwung wird ein schneller Rückzug vom Grat äußerst schwierig. Im Frühjahr und Herbst kann Nebel die Sicht massiv einschränken, das gleiche gilt im Sommer mit Dunstwolken bei Wetterumschwüngen und Gefahr von extremen Gewitter. Notabstiegsmöglichkeiten sind fast gar nicht vorhanden. Unbedingt einen Helm mitführen und aufsetzen.

P.S.: Bei den von mir hochgeladenen Fotos ist noch die MEZ anstatt der Sommerzeit angegeben.
       
Der Zeitbedarf der Tour bezieht sich bei mir immer auf die reine Gehzeit ohne die Pausen.

Die Tour über den oberen Ostgrat Hoher Gaif sollte selbstverständlich nicht bei Nässe begangen werden.

Auch ist die Tour an heißen Sommertagen nicht gerade empfehlenswert.

Tourengänger: derMainzer


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