Innsbrucker Klettersteig - Hafelekarspitze (2334m) und Vorderes Brandjoch (2558 m) als Zugaben


Publiziert von gero , 1. September 2013 um 12:30.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:30 August 2013
Klettersteig Schwierigkeit: K2 (WS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 965 m
Abstieg: 2345 m
Strecke:Hafelekar - Innsbrucker Klettersteig - Frau-Hitt-Sattel - Vorderes Brandjoch - Höttinger Alm - Innsbruck-Gramart - Hungerburg (14,1 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:In Innsbruck zur Hungerburg; kostenloser Großparkplatz etwa 300 m vor der Talstation der Nordkettenbahn. Auffahrt mit der Nordkettenbahn via Seegrube zum Hafelekar.
Kartennummer:AV 5/1 (Karwendelgebirge West); Freytag & Berndt WK 322 (Wetterstein-Karwendel)

Der Innsbrucker Klettersteig hat etliche Vorteile: er ist mit der Seilbahn gut erreichbar, ermöglicht mehrere Gipfelbesteigungen, führt durch eindrucksvolle Landschaft und ist hervorragend abgesichert (fast durchgehende Fixseile, Klammern und Stifte). Dadurch ist er auch dem Klettersteig-Neuling zu empfehlen (allerdings nur der erste Teil und zweckmäßigerweise in Begleitung eines Erfahrenen).

Wichtiges muß aber gleich zu Beginn erwähnt werden:
Der Steig ist länger, als man zunächst vermutet: es geht über viele Scharten und Türme auf und ab. Wenn auch die auf der Informationsbrochüre der Nordkettenbahn erwähnten 7 Std. etwas übertrieben erscheinen, so sollte man doch die Länge nicht unterschätzen.
Dadurch sind durchaus erwähnenswerte Ansprüche an die physische und psychische Kondition zu stellen; wie üblich, müssen Schwindelfreiheit und Trittsicherheit eine Selbstverständlichkeit sein.
Klettersteigausrüstung ist obligatorisch.

Der Steig ist in zwei Hälften unterteilt:

der ERSTE TEIL ist etwas länger, aber weniger schwierig und weist über erhebliche Strecken Gehgelände bzw. den Charakter eines gesicherten Wanderweges auf. Trotzdem sind einige Stellen vorhanden, wo man kräftig zupacken muß.
Der erste Teil endet nach dem Abstieg vom Kemacher auf dem Langen Sattel; hier kann man absteigen und auf einem Wanderweg zur Mittelstation der Nordkettenbahn (Seegrube) zurückkehren oder alternativ zur Höttinger Alm und hinunter nach Innsbruck gelangen.

Der ZWEITE TEIL ist etwas kürzer, aber deutlich anspruchsvoller, ja schwieriger. Es kommen einige Passagen vor, wo senkrecht bzw. leicht überhängend abgeklettert werden muß. Die schwierigste Stelle ist unmittelbar am Ende oberhalb des Frau-Hitt-Sattels: hier geht es 20 m überhängend an Fixseil und vielen Klammern senkrecht hinunter. Ein erhebliches Maß an Armkraft ist somit gerade am Ende des Klettersteiges ein absolutes Muß !! Wer diese Stelle nicht bewältigt, muß den gesamten 2. Teil des Klettersteiges bis zum Langen Sattel zurückgehen.


Leider fährt die erste Seilbahn erst um 8:30 Uhr - ich muß mich also ausnahmsweise mal gedulden und die schönsten Stunden des Tages ungenutzt vergehen lassen (die Alternative, den Aufstieg zu Fuß anzugreifen, wähle ich nicht - 1300 Hm zusätzlich zu einem sowieso schon langen Tag müssen nicht unbedingt sein). Leider quellen auch bereits um 8 Uhr die ersten Wolken in die Höhe. In 5 Minuten werde ich dann in der Gondel zusammen mit etlichen anderen Klettersteig- und Wander-Aspiranten hinauf zur Mittelstation Seegrube katapultiert (ist schon erstaunlich, wenn man ein bißchen technik-interessiert ist: locker schafft die Seilbahn 220 Hm/Min .....) und gleich im Anschluß zur Bergstation Hafelekar. Hier beginnt also nun um 8:50 Uhr das heutige Abenteuer.

Ich lasse mir Zeit und wandere erst einmal in 10 Minuten hinauf zur Hafelekarspitze (2334 m): ein Promenadenweg führt zum Gipfelkreuz, man sollte sich diesen Auftakt gönnen, denn die Aussicht ist lohnenswert - auch nach Westen zum Kemacher und damit Kulminationspunkt des Innsbrucker Klettersteiges.

Anschließend geht es wieder hinab zur Bergstation, an dieser westlich vorbei und in wenigen Minuten zum Beginn des Klettersteiges; hier wird das Klettersteigset angelegt. Ich lege um 9:20 Uhr Hand an die ersten Versicherungen: mit Hilfe des Fixseiles und etlichen Klammern geht es das Einstiegswandl hinauf. Diese Stelle ist, wie sich noch zeigen wird, eine erste Schlüsselstelle, die es mit etwas Hauruck hinaufzuturnen gilt. Über das nachfolgende Schrofengelände erreiche ich in 15 Minuten die Seegrubenspitze (2435 m, 9:35 Uhr).

Eine detaillierte Beschreibung des Steiges erübrigt sich; ich gebe jedoch zum Nachvollziehen des Zeitbedarfs meine Uhrzeiten an allen markanten Stellen an. In der Folge geht es wechselweise auf- und abwärts; mal müssen kleinere Klettereien gemeistert werden, vielfach ist auch Gehgelände dabei; immer jedoch ist lobend die hervorragende Absicherung mit an allen entscheidenden Stellen straff gespanntem Fixseil zu erwähnen. Der Steig bleibt nahezu ausschließlich unmittelbar am Grat oder leicht südseitig davon; nur selten weicht er nordseitig aus.

Kurz hintereinander werden die Östliche Kaminspitze (2435 m, 10:00 Uhr, Gipfelkreuz) und die Mittlere Kaminspitze (2435 m) überschritten. Danach geht es hinunter in eine Scharte, die mittels der knapp 10m langen Seufzerbrücke (10:25 Uhr) überquert wird (eigentlich unnötig - aber ein Klettersteig, der etwas auf sich hält, muß wohl eine Hängebrücke haben). Nachfolgend geht es wieder aufwärts und über einige Gratzacken, die durch auffällige Scharten getrennt sind (immer wieder kurze, interessante Klettereien), weiter zur Westlichen Kaminspitze (2445 m, 10:55 Uhr). Nach dieser folgt nochmals ein Abstieg, es wird die Steinkarscharte (2396 m) erreicht, danach beginnt der schrofige Aufstieg zum höchsten Punkt des Klettersteiges, dem Kemacher (2480 m). Es ist jetzt 11:15 Uhr, ich habe bis hierher also 2 Stunden gebraucht.

Der Kemacher ist wiederum ein wunderschöner Aussichtspunkt; nord-, west- und ostseitig hat man die Karwendelberge zum Greifen nahe, südseitig fallen Schrofenhänge fast 2000 Hm bis hinunter ins Inntal ab. Die Berge des Alpenhauptkammes bleiben mir allerdings heute verwehrt, sie verstecken sich hinter zusehends dichteren Quellwolken.

Wenn man (wie ich) meint, daß es nun schlendernden Schrittes hinunter zum Langen Sattel geht, der irrt. Gleich nach dem Gipfel des Kemacher ist wieder ein Schartl zu queren, diesmal ist das Gelände kurzzeitig etwas ausgesetzter als bisher. Wenig später verflacht das Gelände aber doch, hier enden die Fixseile, und um 12 Uhr stehe ich im Langen Sattel (2258 m) und damit am Ende des ersten Teiles des Innsbrucker Klettersteiges - dessen ganz eindeutig leichterem Abschnitt (mein Zeitbedarf ab Beginn also gut 2,5 Std.).

Vom Langen Sattel kann man auf markiertem Weg unschwierig nach Süden absteigen und wahlweise zur Mittelstation der Nordkettenbahn oder zur Höttinger Alm und damit ins Tal zurückkehren. Ich will aber heute selbstverständlich auch den schwierigeren Teil 2 des Klettersteiges begehen und wandere über Wiesen hinuf zu einem schon lange sichtbaren Wegkreuz kurz vor der Östlichen Sattelspitze (2369 m), die zunächst noch völlig unschwierig erreicht wird (12:20 Uhr).

Hier startet der zweite Teil des Klettersteiges, der ein meines Erachtens völlig anderen Charakter als Teil 1 hat. Konnte man bisher noch entspannt dahinklettern, so heißt es im Folgenden gut aufpassen und mehrfach kräftig zupacken. Mit einem Steilabstieg geht es erst einmal mindestens 50 Hm hinunter - und anschließend über kleine Scharten zwischen eindrucksvollen Felstürmen hindurch. In stetem Auf und Ab wird schließlich die Westliche Sattelspitze (2339 m) erreicht; ihr Gipfelchen ist durch ein kleines Metallkreuz markiert (13 Uhr). Im Abstieg ist unmittelbar danach die erste, harmlosere der beiden Schlüsselstellen von Teil 2 zu meistern: senkrecht führt das Fixseil nach unten, man turnt an zahlreichen Klammern knapp 20 m abwärts und braucht ein nicht unerhebliches Maß an Armkraft.

Und dann kommt der furiose Schlußakkord: unmittelbar oberhalb des Felsturmes der Frau Hitt geht es 20 m leicht überhängend hinab auf den sicheren Boden. Zunächst quert man mit Hilfe einiger Stifte zum Beginn einer Reihe von Klammern, die leiterartig in den glatten Fels eingebohrt sind. Diese steigt man dann hinunter, wobei nochmals gehörige Kraftmeierei erforderlich ist. Ein Ausweichen ist hier nicht möglich, man MUSS diesen Abschnitt abklettern, obwohl seitlich leichteres Gelände eine deutlich gemäßigtere Steiganlage ermöglicht hätte. Naja - gesuchte Schwierigkeiten nur ob dieser Willen sind nicht so mein Ding, Menschen mit großer Körpermasse sind dabei deutlich benachteiligt. Und ob es taktisch geschickt ist, die Schlüsselstelle eines Klettersteiges an dessen Ende zu legen,wo man mindestens 4 Std Gehzeit und 600 Hm in den Knochen hat, scheint mir fragwürdig.

Jedenfalls ist nun das Ende des Innsbrucker Klettersteiges erreicht (13:30 Uhr), ich habe also gut eine Stunde für Teil 2 und insgesamt etwa 4 Std. benötigt. Durch das viele Auf und Ab sind dabei tatsächlich gut 600 Hm zustandegekommen.

Nun habe ich also den Frau-Hitt-Sattel (2224 m) erreicht und stehe damit unter der Ostflanke des Vordern Brandjoches, mit dem ich noch eine Rechnung offen habe: Ende November letzten Jahres bin ich, wie hier geschildert, ja aus Schneegründen umgekehrt, und nun will ich Versäumtes nachholen und hinaufgelangen.

Es geht zunächst den schrofig begrünten Osthang hinan; wo dieser an den oberen, felsigen Teil der Flanke stößt, wird diese steiler und ist bis zum Gipfel mit vielen Fixseilen versehen. Ziemlich genau 1 Std. brauche ich ab dem Frau-Hitt-Sattel, dann stehe ich droben auf dem Vorderen Brandjoch (2558 m, auch: Vordere Brandjochspitze) und habe damit den letzten und höchsten Punkt meiner heutigen Bergtour erreicht. Eine knappe halbe Stunde bleibe ich droben, aber zusehends dichtere Wolken und der noch lange Abstieg zur Hungerburg verhindern eine längere Gipfelrast.

Schließlich geht es über 2000 Hm zurück ins Tal - erst zum Frau-Hitt-Sattel, dann zur Höttinger Alm (1487 m) und schließlich via Gramart zurück zur Hungerburg.

Tourengänger: gero


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Geodaten
 17671.gpx Vom Hafelekar über den Innsbrucker Klettersteig und auf das Vordere Brandjoch

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Kommentare (4)


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Chiemgauer hat gesagt: Gratulation zur Tour!
Gesendet am 1. September 2013 um 21:31
Steht auch schon ganz lange auf der Liste, aber bisher hat mich die Bahn davon abgehalten. Könnte sich aber ausgehen (ich gehe auch zeitig los, aber wohl doch eine gefühlte Ewigkeit nach dir) vor der ersten Bahn oben zu sein und somit seine Ruhe zu haben.
Gruß,
Hans

Felix hat gesagt:
Gesendet am 19. November 2013 um 15:04
wirklich: eine realistische Schilderung einer langen, anspruchsvollen (Klettersteig)-Tour!
Ist dir bestens gelungen, Danke lieber Georg!

hg Felix

Heidelberger Gipfelsammler Ötzi II hat gesagt: Westliche u. Mittlere Kaminspitze fehlen
Gesendet am 16. September 2017 um 09:02
Der Innsbrucker Klettersteig führt noch über die Mittlere u. Westliche Kaminspitze. Deren fehlende Wegpunkte hab ich jetzt geschaffen!

gero hat gesagt: RE:Westliche u. Mittlere Kaminspitze fehlen
Gesendet am 16. September 2017 um 15:24
Danke - ich hab mir erlaubt, sie in meinen Bericht mit einzubauen.


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