Windacher Daunkogel (3351 m) - über einen sterbenden Grat


Publiziert von 83_Stefan , 25. August 2013 um 14:19.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Stubaier Alpen
Tour Datum: 6 August 2013
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 1:30
Aufstieg: 250 m
Abstieg: 250 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Wütenkarsattel; Gletscherzustieg entweder von der Amberger Hütte über den Sulztalferner oder von der Hochstubaihütte via Wütenkarferner.
Unterkunftmöglichkeiten:Amberger Hütte (2135 m, DAV-Sektion Amberg) oder Hochstubaihütte (3173 m, DAV-Sektion Dresden).
Kartennummer:AV-Karte 31/1 - Stubaier Alpen Hochstubai.

Der Windacher Daunkogel ist der höchste der Daunkögel im Herzen der Stubaier Alpen. Er ist komplett von Gletschern umgeben, nur seine Grate verbinden ihn mit seinen Nachbarn. In einem sich im Zuge des Gletscherschwunds rapide verändernden Teil der Alpen gelegen, tut sich auch am Windacher Daunkogel einiges. Dies spürt man hautnah, wenn man sich ihm am Westgrat vom Wütenkarsattel her nähert. Obwohl im aktuellen Alpenvereinsführer noch als Firngrat beschrieben, ist der Firn schon längst dem Fels gewichen und durch das Auftauen des Permafrosts bröckelt dieser an allen Ecken und Enden, sodass die ehemals beliebte Route nun fast unbegehbar geworden ist.

Die Beschreibung startet am Wütenkarsattel, entweder erreichbar von der Amberger Hütte über den Sulztalferner oder von der Hochstubaihütte via Wütenkarferner.

Über den Blockhang geht's ohne Schwierigkeiten hinauf zum breiten Kamm. Auf ihm über Blockwerk völlig problemlos bis zum Vorgipfel P. 3301.

Jetzt kommt die böse Überraschung. Auf einer Länge von etwa 15 m befindet sich der Grat in Auflösung. Anhand älterer Bilder ist rekonstruierbar, dass auf einer glatten, fast senkrechten Platte nahezu der gesamte Grat abgerutscht ist - auf dem Sulztalferner sieht man seine Reste liegen. Übrig geblieben ist besagte Platte, die zur Sulztalseite nahezu senkrecht, zur Wütenkarseite als äußerst steile Schrofenflanke abfällt. Die Oberkante der Platte bildet nun den Grat, besser gesagt, das völlig lose Blockwerk, das (noch) auf ihr liegt. Hauptproblem ist, dass die Blöcke teilweise deutlich überhängend und ineinander verkeilt auf der schmalen Plattenkante aufliegen und jederzeit der Schwerkraft zum Opfer fallen können. Der Abstieg vom Vorgipfel zur Engstelle ist ebenso gefährlich brüchig (kurz II) und ausgesetzt.

Wer genug Vertrauen in sein Schicksal hat und unbedingt zum Gipfel möchte, der steigt ein paar Meter nach Süden ab (I) und umgeht den Vorgipfel am besten, um den Grat danach am Beginn der Engstelle wieder zu erreichen. Ein Ausweichen ist nun nicht mehr möglich und so geht es direkt über die auseinanderberstende Gratschneide hinüber, wobei der Grat nicht einseitig belastet werden sollte, um ein Herunterbrechen der aufliegenden Blöcke zu vermeiden. Es handelt sich hierbei nur um einen kurzen Abschnitt von höchstens 15 Metern, dieser ist allerdings ziemlich riskant. Danach bleibt der Grat noch ein paar Meter relativ schmal, aber problemlos, da der Fels stabil ist. Bald weitet sich der Grat und mündet in den breiten Gipfelaufbau. Problemlos geht's über Blockwerk zum Gipfelkreuz, das wohl vom Blitz besucht worden ist - es steht neben seiner ehemaligen Verankerung zwischen Blöcken.

Der Abstieg verläuft entlang des Anstiegswegs. Wer sein Schicksal nicht zwei Mal herausfordern möchte, kann auch nach Süden zur Warenkarscharte absteigen und von dort über den Wütenkarferner oder die Warenkarseitenspitze zur Hochstubaihütte gelangen.

Schwierigkeiten:
Vom Wütenkarsattel bis P. 3301: T3 (grobes Blockwerk, keine technischen Schwierigkeiten).
Weiter zum Gipfel: T6-, II (kein klassisches T6-Gelände: nach dem Zustieg zur Engstelle "Gehgelände"; scharfe Einstufung lediglich aufgrund des hohen Risikos einer Begehung).

Fazit:
Ein schöner Aussichtsgipfel, der vom Wütenkarsattel rasch zu erreichen ist. Ein Großteil des Grats besteht allerdings aus recht monotonem Blockgekraxel, ab dem Vorgipfel ist die Begehung derzeit fast nicht zu verantworten. Daher ein bis zu P. 3301 recht netter 3*-Ausflug, der Weiterweg ist derzeit nicht zu empfehlen. Durch die ständige Abschwächung des Permafrosts ist anzunehmen, dass sich insbesondere der bereits kritische Gratabschnitt rasch verändern wird. Ob eine Begehung dadurch vereinfacht oder völlig unmöglich wird, bleibt abzuwarten.

Mit auf Tour:
Anne, felixbavaria, Katrin, Kireko und Stefan (alle bis P. 3301).

Anmerkung:
Diese Beschreibung ist eine Ausgliederung aus der Hochtourenwoche 2013 im Stubai:
*Warenkarseitenspitze (3345m) - eine Woche über einsame Stubaier Gipfel und Jöcher.
Hier ist unter anderem der Zustieg zum Wütenkarsattel beschrieben.

Kategorien: Stubaier Alpen, Mehrtagestour, Hochtour, 3*-Tour, 3300er, T6.

Tourengänger: 83_Stefan


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden


Geodaten
 17569.kml Tourenskizze (kein GPS)

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T4- L
T4 L
L IV
30 Aug 13
Wilde Leck Ostgrat · Michael26
WS

Kommentar hinzufügen»