Grenzgänge für Jugendliche am Chäserrugg
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Keine guten Wetterprognosen heute. Eine kleine Wanderung von Wildhaus nach Alt St. Johann ist mit der 22-köpfigen Gruppe geplant. Mit dem Sessellift herauf und mit der Gondel wieder hinab. Das soll es gewesen sein. Im Hinterkopf plane ich schon eine kleine Extrarunde in Richtung Chäserugggipfel mit denen, die deutlich unterfordert sein würden.
Irgendwann vormittags fahren wir also nach Wildhaus und kaufen Tickets für hier hinauf bis Oberdorf und über die Alp Selamatt wieder hinab. Wir sind also zeitlich an die letzte Gondel gebunden. Der familienfreundliche Klangweg bildet einen netten Rahmen für den ersten Abschnitt der Wanderung. Natürlich wertschätzt kaum einer unserer Jugendlichen die tollen Ideen des Erlebniswegs, trotzdem wird alles ausprobiert. Es wird viel posiert für Fotos. Beim Blick hinüber zur Gondellinie glauben nur die wenigsten, dass wir tatsächlich bis dahin laufen wollen. Dabei handelt es sich um kaum 6km!
Gute Gespräche und eine interessante Gruppendynamik entstehen. Einige müssen auf die Nachzügler warten und einige müssen nach vorn zu den Schnellsten rennen, um diese zum Anhalten zu bewegen. Der Weg ist durchgehend breit, ungefährlich und führt fast waagerecht am Hang durch den lichten Bergwald über den moorigen Schwendiseen.
Als wir an der Station Iltios (bis hierher alles T1) angelangt sind, machen wir eine längere Pause. Mehr als die Hälfte ist geschafft, Zeit ist noch genug und einige möchten gern noch mehr als nur bis zur Gondelstation. Also informiere ich mich bei den Angestellten der hiesigen Station nach dem Wetter. Meine eigene Einschätzung trifft dabei etwa deren Aussage: die Gewittergefahr ist hoch, wahrscheinlich hält es aber noch bis zum späten Nachmittag. Beim Blick hinüber zum Alpstein kommen mir aber schon etwas Sorgen auf, ob die Extratour noch etwas wird: es zieht immer mehr zu und der Säntisgipfel war heute noch gar nicht zu sehen. Hoffentlich bleibt es dort hängen und entlädt schon alles.
Wir sprechen also die Route und die Gruppenzusammensetzung im Team ab. Bei der unsicheren Wetterlage schließe ich schon den Gipfel aus. Die Stöfelihütte wird das Ziel sein. Von dort aus würden wir höchstens eine reichliche Stunde bis zur Gondelstation benötigen.
12:30 Uhr. Mit fünf begeisterten Teenagern und einem Mitarbeiter brechen wir nun zügig auf. Doch nur recht langsam kommen wir voran. Jemand muss auf Toilette, für ein schönes Foto posieren, sich umziehen, etwas trinken, oder etwas anderes aus dem Rucksack holen. Der Weg erscheint meinen Begleitern sehr steil (T2). Meinen Tipp, etwas langsamer zu gehen und kleinere Schritte zu tun, nehmen sie an. Kurz vor der Hütte beginnt es etwas zu nieseln. Dennoch sind alle wohl auf, gut drauf und finden die Sicht auf die nahe Churfirsten-Steilwand (zwischen Chäserugg und Hinterugg) mit dem darunter liegenden Schneefeld anziehend.
Ich frage alle, ob sie Lust hätten, sich das Schneefeld (bei etwa 1800müM) näher anzuschauen. Drei von sechs sind dabei (ein Mitarbeiter bleibt mit zwei Teens zurück. Zunächst ruhen wir uns in der Hütte etwas aus und lassen die Rucksäcke stehen. Nur ich nehme meinen Rucksack mit Seesack, Regenhülle, Regenjacke und einer Trinkflasche mit. Und auf geht’s 14:15 Uhr in das weglose, wilde Gelände über der Hütte. Mit den Walkie-Talkies bleiben wir mit der Gruppe auf der Hütte in Verbindung. Unsere Route führt uns von der Hütte direkt nach Norden. Kniehohe Pflanzen und darunter liegende Steine erschweren das Fortkommen erheblich. Schlechtes Schuhwerk der Jugendlichen, keine wetterfeste Kleidung, und der gewisse Zeitdruck wegen aufziehenden Regens macht die Aktion für mich als Verantwortlichen gewissermaßen heikel, ist jedoch durch die Nähe zur Hütte und der Kommunikation vertretbar.
Wir passieren ein paar Kühe, deren Umzäunung wir umgehen und überwinden noch mehrere Geländewellen. Mehrmals möchte ich lieber umkehren, weil es schon so spät ist und das Gewitter bald losbricht, doch wir sind nun so nahe, dass ich die Jungs niemals zum Abbruch bewegen könnte! Dort angekommen schießen wir einige Fotos. 15:15 Uhr. Einer will noch bis zur Felswand gehen, unterschätzt aber die Entfernung. Ich verbiete es ihm. Ein paar Schneebälle geworfen, Fotos geschossen und die Rückkehr wird angegangen nach unter fünfminütigem Aufenthalt.
Wir sind nun deutlich schneller unterwegs und weil es beginnt zu regnen, erhöhen wir nochmals das Tempo. Einer knickt leicht um, die anderen beginnen zu frieren, als wir deshalb halten müssen. Ich zeige ihnen kurz einige Übungen zum Warm halten und sammle die Handys der Jungs ein, um sie in meinem wasserdichten Seesack zu schützen. Als der Regen sich zu verstärken beginnt, denke ich an meine gute Regenjacke, wie sie gerade so schön gemütlich und warm in der Hütte liegt. Auch mir wird wirklich kalt, weil wir im weglosen Gelände nicht rennen können. Erst als das Gelände besser wird, beginnt auch das Gewitter. Nun hält uns nichts mehr. Vollkommen durchnässt von der letzten Haarspitze bis zum kleinsten, krumm gelaufenen Zehennagel rennen wir, nun in einer geschlossenen Gruppe auf den Weg und zur Hütte. 16 Uhr.
Der Wirt von Stöfeli spendiert uns allen einen warmen Tee, den wir nicht einmal bezahlen müssen, wir entledigen uns unserer nassen Oberteile und wärmen uns etwas auf.
An dieser Stelle möchte ich mich besonders für die geduldige Informationsvergabe und den sehr wohltuenden Tee beim Hüttenwirt bedanken. Die Hütte ist unbedingt einen Besuch wert!!
Nun beginnt das Bangen und Hoffen, dass das Gewitter früh genug aufhören würde. Laut Wirt brauchen wir etwa 30min. bis zur Alp Selamatt. Beim Blick nach draußen ahne ich schon Schlimmes, als es scheint besser zu werden: von Osten aus dem Rheintal und von Norden über das Alpsteinmassiv dringen weiter schwer beladene Luftmassen zu den Churfirsten, so dass wir quasi in wenigen Minuten mitten drin stecken.
Etwa 16:45 Uhr beschließen wir in Absprache mit dem Wirt trotz des starken Regens und des Gewitters aufzubrechen, damit wir noch die letzte Gondel erwischen. Ich habe nun nur noch meine Regenjacke auf der nackten Haut an. Doch das Wasser fließt in Strömen an meinen Beinen in die Bergstiefel. Äußerst angenehm. Doch viel schlimmer ist es für die Jugendlichen. Sie müssen teilweise ihre noch durchnässte Kleidung anziehen und ohne Regenschutz auskommen. Es hört einfach nicht auf zu gewittern. Als wir beginnen uns im Laufschritt zu bewegen, weil es nun immer häufiger blitzt, beginnt das einzige Mädchen, das mitgekommen ist, zu weinen. Wir beiden Mitarbeiter wechseln uns mit Trost und Motivation ab. Unten bei Zinggen schlägt ein Blitz so nahe bei uns ein, dass ich als Verantwortlicher mich fühle, als müsse ich tausend Tode sterben, weil wir in einer so großen Gefahr sind. Ohne die Geschichten von Gewittererlebnissen in den Bergen im Hinterkopf wäre es sicherlich nur halb so schlimm.
Gerade 10min bevor die letzte Gondel zu Tale schwebt, erreichen wir überglücklich die Station. Und wie zum Hohn hört es während der Fahrt, als wir gerade ins Trockene gekommen sind, auf zu gewittern. Unten erwarten uns zwei Mitarbeiter, die uns schnell in unsere Unterkunft fahren. Die Wildhuser Thur ist mächtig angeschwollen.
Nicht dass ich unsere Gruppe absichtlich in diese unkomfortable Situation gebracht hätte! Dennoch gibt es einige gute Argumente aus erlebnispädagogischer Sicht, die die besonders schwierigen Bedingungen zu einem besonders guten Erlebnis für die Jugendlichen gemacht haben. Es wird für immer in Erinnerung bleiben. Bei diesen Bedingungen würde ich als Verantwortlicher den Gang zum Schneefeld trotzdem nicht nochmals unternehmen. Die T3-Bewertung gilt nur bezüglich der weglosen Passage über der Hütte. Absturzgefahr bestand zu keinem Zeitpunkt.
Irgendwann vormittags fahren wir also nach Wildhaus und kaufen Tickets für hier hinauf bis Oberdorf und über die Alp Selamatt wieder hinab. Wir sind also zeitlich an die letzte Gondel gebunden. Der familienfreundliche Klangweg bildet einen netten Rahmen für den ersten Abschnitt der Wanderung. Natürlich wertschätzt kaum einer unserer Jugendlichen die tollen Ideen des Erlebniswegs, trotzdem wird alles ausprobiert. Es wird viel posiert für Fotos. Beim Blick hinüber zur Gondellinie glauben nur die wenigsten, dass wir tatsächlich bis dahin laufen wollen. Dabei handelt es sich um kaum 6km!
Gute Gespräche und eine interessante Gruppendynamik entstehen. Einige müssen auf die Nachzügler warten und einige müssen nach vorn zu den Schnellsten rennen, um diese zum Anhalten zu bewegen. Der Weg ist durchgehend breit, ungefährlich und führt fast waagerecht am Hang durch den lichten Bergwald über den moorigen Schwendiseen.
Als wir an der Station Iltios (bis hierher alles T1) angelangt sind, machen wir eine längere Pause. Mehr als die Hälfte ist geschafft, Zeit ist noch genug und einige möchten gern noch mehr als nur bis zur Gondelstation. Also informiere ich mich bei den Angestellten der hiesigen Station nach dem Wetter. Meine eigene Einschätzung trifft dabei etwa deren Aussage: die Gewittergefahr ist hoch, wahrscheinlich hält es aber noch bis zum späten Nachmittag. Beim Blick hinüber zum Alpstein kommen mir aber schon etwas Sorgen auf, ob die Extratour noch etwas wird: es zieht immer mehr zu und der Säntisgipfel war heute noch gar nicht zu sehen. Hoffentlich bleibt es dort hängen und entlädt schon alles.
Wir sprechen also die Route und die Gruppenzusammensetzung im Team ab. Bei der unsicheren Wetterlage schließe ich schon den Gipfel aus. Die Stöfelihütte wird das Ziel sein. Von dort aus würden wir höchstens eine reichliche Stunde bis zur Gondelstation benötigen.
12:30 Uhr. Mit fünf begeisterten Teenagern und einem Mitarbeiter brechen wir nun zügig auf. Doch nur recht langsam kommen wir voran. Jemand muss auf Toilette, für ein schönes Foto posieren, sich umziehen, etwas trinken, oder etwas anderes aus dem Rucksack holen. Der Weg erscheint meinen Begleitern sehr steil (T2). Meinen Tipp, etwas langsamer zu gehen und kleinere Schritte zu tun, nehmen sie an. Kurz vor der Hütte beginnt es etwas zu nieseln. Dennoch sind alle wohl auf, gut drauf und finden die Sicht auf die nahe Churfirsten-Steilwand (zwischen Chäserugg und Hinterugg) mit dem darunter liegenden Schneefeld anziehend.
Ich frage alle, ob sie Lust hätten, sich das Schneefeld (bei etwa 1800müM) näher anzuschauen. Drei von sechs sind dabei (ein Mitarbeiter bleibt mit zwei Teens zurück. Zunächst ruhen wir uns in der Hütte etwas aus und lassen die Rucksäcke stehen. Nur ich nehme meinen Rucksack mit Seesack, Regenhülle, Regenjacke und einer Trinkflasche mit. Und auf geht’s 14:15 Uhr in das weglose, wilde Gelände über der Hütte. Mit den Walkie-Talkies bleiben wir mit der Gruppe auf der Hütte in Verbindung. Unsere Route führt uns von der Hütte direkt nach Norden. Kniehohe Pflanzen und darunter liegende Steine erschweren das Fortkommen erheblich. Schlechtes Schuhwerk der Jugendlichen, keine wetterfeste Kleidung, und der gewisse Zeitdruck wegen aufziehenden Regens macht die Aktion für mich als Verantwortlichen gewissermaßen heikel, ist jedoch durch die Nähe zur Hütte und der Kommunikation vertretbar.
Wir passieren ein paar Kühe, deren Umzäunung wir umgehen und überwinden noch mehrere Geländewellen. Mehrmals möchte ich lieber umkehren, weil es schon so spät ist und das Gewitter bald losbricht, doch wir sind nun so nahe, dass ich die Jungs niemals zum Abbruch bewegen könnte! Dort angekommen schießen wir einige Fotos. 15:15 Uhr. Einer will noch bis zur Felswand gehen, unterschätzt aber die Entfernung. Ich verbiete es ihm. Ein paar Schneebälle geworfen, Fotos geschossen und die Rückkehr wird angegangen nach unter fünfminütigem Aufenthalt.
Wir sind nun deutlich schneller unterwegs und weil es beginnt zu regnen, erhöhen wir nochmals das Tempo. Einer knickt leicht um, die anderen beginnen zu frieren, als wir deshalb halten müssen. Ich zeige ihnen kurz einige Übungen zum Warm halten und sammle die Handys der Jungs ein, um sie in meinem wasserdichten Seesack zu schützen. Als der Regen sich zu verstärken beginnt, denke ich an meine gute Regenjacke, wie sie gerade so schön gemütlich und warm in der Hütte liegt. Auch mir wird wirklich kalt, weil wir im weglosen Gelände nicht rennen können. Erst als das Gelände besser wird, beginnt auch das Gewitter. Nun hält uns nichts mehr. Vollkommen durchnässt von der letzten Haarspitze bis zum kleinsten, krumm gelaufenen Zehennagel rennen wir, nun in einer geschlossenen Gruppe auf den Weg und zur Hütte. 16 Uhr.
Der Wirt von Stöfeli spendiert uns allen einen warmen Tee, den wir nicht einmal bezahlen müssen, wir entledigen uns unserer nassen Oberteile und wärmen uns etwas auf.
An dieser Stelle möchte ich mich besonders für die geduldige Informationsvergabe und den sehr wohltuenden Tee beim Hüttenwirt bedanken. Die Hütte ist unbedingt einen Besuch wert!!
Nun beginnt das Bangen und Hoffen, dass das Gewitter früh genug aufhören würde. Laut Wirt brauchen wir etwa 30min. bis zur Alp Selamatt. Beim Blick nach draußen ahne ich schon Schlimmes, als es scheint besser zu werden: von Osten aus dem Rheintal und von Norden über das Alpsteinmassiv dringen weiter schwer beladene Luftmassen zu den Churfirsten, so dass wir quasi in wenigen Minuten mitten drin stecken.
Etwa 16:45 Uhr beschließen wir in Absprache mit dem Wirt trotz des starken Regens und des Gewitters aufzubrechen, damit wir noch die letzte Gondel erwischen. Ich habe nun nur noch meine Regenjacke auf der nackten Haut an. Doch das Wasser fließt in Strömen an meinen Beinen in die Bergstiefel. Äußerst angenehm. Doch viel schlimmer ist es für die Jugendlichen. Sie müssen teilweise ihre noch durchnässte Kleidung anziehen und ohne Regenschutz auskommen. Es hört einfach nicht auf zu gewittern. Als wir beginnen uns im Laufschritt zu bewegen, weil es nun immer häufiger blitzt, beginnt das einzige Mädchen, das mitgekommen ist, zu weinen. Wir beiden Mitarbeiter wechseln uns mit Trost und Motivation ab. Unten bei Zinggen schlägt ein Blitz so nahe bei uns ein, dass ich als Verantwortlicher mich fühle, als müsse ich tausend Tode sterben, weil wir in einer so großen Gefahr sind. Ohne die Geschichten von Gewittererlebnissen in den Bergen im Hinterkopf wäre es sicherlich nur halb so schlimm.
Gerade 10min bevor die letzte Gondel zu Tale schwebt, erreichen wir überglücklich die Station. Und wie zum Hohn hört es während der Fahrt, als wir gerade ins Trockene gekommen sind, auf zu gewittern. Unten erwarten uns zwei Mitarbeiter, die uns schnell in unsere Unterkunft fahren. Die Wildhuser Thur ist mächtig angeschwollen.
Nicht dass ich unsere Gruppe absichtlich in diese unkomfortable Situation gebracht hätte! Dennoch gibt es einige gute Argumente aus erlebnispädagogischer Sicht, die die besonders schwierigen Bedingungen zu einem besonders guten Erlebnis für die Jugendlichen gemacht haben. Es wird für immer in Erinnerung bleiben. Bei diesen Bedingungen würde ich als Verantwortlicher den Gang zum Schneefeld trotzdem nicht nochmals unternehmen. Die T3-Bewertung gilt nur bezüglich der weglosen Passage über der Hütte. Absturzgefahr bestand zu keinem Zeitpunkt.
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