Nach der langen, anstrengenden
Tour auf den Monte Cinto am Vortag nahmen wir uns für Samstag etwas Lockeres vor, wozu wir auch nicht allzu früh aufstehen mussten. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit (Start erst um 11 Uhr in Haut Asco) und des unsicheren Wetters planten wir eigentlich nur mal die Muvrella. Die französischen Meteorologen prophezeiten Regenschauer, doch gaben wir auch diesem Tag eine Chance.
Auch in Haut Asco scheint in der Nebensaison so gut wie nichts los zu sein. Wir waren jedenfalls beinahe die Einzigen, die sich dort herum trieben. Wie so oft in zivilisiertem Gelände versifften wir mal wieder den Einstieg in die Tour. Selber schuld, wenn man nicht genau liest, was im Führer steht bzw. die 25.000er-Karte nicht konsultiert... Nach ein paar Minuten suchen fanden wir schliesslich den rot-weiss markierten Wanderweg des GR20, der hinter dem Refuge Asco-Stagnu abzweigt.
Zunächst ging's steil durch einen schönen Kiefernwald in die Höhe, bevor der Weg in eine felsige Schlucht mit reichlich Vegetation quert. Mittlerweile auf der rechten Bachseite geht's mit ein paar einfachen Kraxelstellen, deren Anzahl man durch direktere Aufstiegsvarianten beliebig ausbauen kann, hoch zur Bocca di Stagnu. Wir erreichten den Pass nach einer Stunde.
Auf der Bocca di Stagnu erkoren wir den Südgrat als Aufstiegsroute, denn der Normalweg durch die Flanke erschien uns als zu langweilig. Ausser dem ersten Turm, der rechts umgangen wird, lässt sich alles direkt überklettern. Wer den Steinmännern folgt, erwischt wohl die einfachste Route. So oder so gilt es aber, zumindest zwei, drei Klettereinlagen (II, nicht ausgesetzt) zu absolvieren. Nach einer knappen Viertelstunde erreichten wir bereits den Gipfel. Wir waren beinahe etwas enttäuscht, da wir die Sache happiger erwartet hatten.
Wie bereits am Monte Cinto tags zuvor verabschiedeten sich auch heute die Wolken, je näher wir dem Gipfel kamen. Allerdings wehte ein starker Wind. Das gute Wetter und unser bisheriges Tempo motivierten uns, doch noch die Punta Culaghia dran zu hängen. Also ging's bald in den Abstieg, dies erneut über den Südgrat. Beim grossen Felsturm, den man nicht überklettern kann, stiegen wir diesmal in die allerletzte Scharte auf der Ostseite ab (II) und kamen so mehr oder weniger direkt an der Ecke des Turms heraus.
Bald erreichten wir die Bocca di Stagnu. Anstatt über den Grat, ging der Weg nun aber stets auf dessen Westseite. Schade, denn der Wanderführer versprach eine „eindrucksvolle Gratwanderung“. Der Weg ist gut markiert und bietet keine grossen Schwierigkeiten. Wer sich an den Weg hält, muss nur wenige Kraxelstellen bewältigen. Wir wählten insbesondere beim Aufstieg auf die Punta Culaghia wiederholt freestyle-Varianten, damit wir noch etwas mehr zum kraxeln und klettern kamen.
Bei P. 1980 schien's eine Abstiegsmöglichkeit ins Tal zu geben, doch blieben wir nach einer kurzen Pause weiterhin auf dem Weg, der die Felstürme der Punta Stranciacione auf westlicher Seite umgeht (zwei, drei einfache Kletterstellen). Unsere Augen suchten vergeblich nach praktikablen Aufstiegsvarianten auf diesen Gipfel. Aufkommende Wolken liessen jedoch keine Zeit für Ausprobierereien.
Bald war die Brèche de Missoghiu erreicht. Hier ging's nun recht steil und geröllig in die Tiefe. Ich hielt mich auf der rechten, südlichen Seite der steinschlägigen Schuttrinne, was einen etwas angenehmeren Abstieg erlaubte. Bald schon war diese mühsame Passage bewältigt und wir streckten kurz nach 14 Uhr unsere Glieder in der Sonne aus.
Dies aber nicht allzu lange, denn nun kamen definitiv unangenehm dunkle Wolken auf. In den korsischen Bergen schlägt das Wetter zuweilen recht schnell um, also galt es aufzubrechen. Wir folgten schnellen Schrittes dem ehemaligen Skilift, was nicht wirklich angenehm war: der Weg war eher eine mit üblem Fussbrecher-Geröll gefüllte Rinne. Auf viel Geröll ging's dann auch hinunter nach Haut Asco, wo wir auf die Minute genau das Auto erreichten. Danach schüttete es was das Zeug hielt... Für die gesamte Rundtour benötigten wir übrigens rund 4h (inkl. Pausen).
Kommentare