Hausstock ab Panix


Publiziert von Bergmolch , 25. Juli 2012 um 16:07.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Surselva
Tour Datum:24 Juli 2012
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: WS - Gut fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Hausstockgruppe 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1960 m
Abstieg: 2550 m
Strecke:weit...
Zufahrt zum Ausgangspunkt:RhB Chur bis Rueun. Postauto nach Panix.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Per MTB nach Rueun. RhB nach Chur.
Unterkunftmöglichkeiten:Allenfalls Hütte am Panixer.

Von Sommer kann dieses Jahr kaum gesprochen werden - ein warmer April, bestenfalls. Daher nutzt man jeden einzelnen schönen Tag und spart sich die besonders schönen für jene Gipfel, welche "default-mässig" eher Nebel-Berge sind. Schliesslich möchte man ja nicht stundenlang aufsteigen und zuletzt im Nebel den Gipfelausblick geniessen.

So zählt auch der Hausstock zu jenen zähen Nebelbergen, die schon lange auf meiner Wunschliste stehen. Mit öV, versteht sich, schliesslich besitzt man ja das BüGA als echter Steinbock...
Um 8 Uhr in Chur auf den Zug, die früheste Möglichkeit, um in Rueun das Posti besteigen zu können. Schon etwas spät für eine so weite Tour, doch mit dem Bike im Gepäck verkürzt sich dann der Abstieg. Der Chauffeur glaubte mir zu erst nicht, dass er unsere fein säuberlich im Train-Bag verstauten Bikes gratis transportieren müsse. "Wir transportieren keine Velos", war seine Antwort. Schliesslich fragte er per Funk "oben" an und wir bekamen recht.

Um Punkt 9 Uhr starteten wir in Panix. Die Alpstrasse ist mit unterschiedlich in vielfachem Sinn: unterschiedlich steil mit steilem "Einstieg" und unterschiedlich fein (oder grob) gesplittet. Etwa auf 1600 Meter sichteten wir einen teils joggenden Bergläufer, welcher uns zum Aufholen animierte. Auf der Alp Ranasca hatten wir dann den Sportler eingeholt. Ein alter Bekannter, wie sich herausstellte und erst noch ein eingeborener Rueuner. Rasch hatten wir die Bikes beim Parkplatz der Alp deponiert, noch einen Schluck aus der Flasche genommen und ab ging's. Gemeinsam stiegen wir den geschichtsträchtigen Panixersteig hoch unter kundiger Leitung des Einheimischen. Emser-Gebiet sei die Alp Mer, das hätte ich nie gedacht. Und der Weg hinauf auf den Panixer sei vor 13 Jahren, anlässlich einer Suvorow-Gedenk-Verfilmung in train-mässigen Zustand verbessert worden. Davon war jetzt nichts mehr zu sehen. 

Kurz vor dem Panixer-Pass verabschiedeten wir uns von Pius und hielten über die Moränenflächen gegen unseren Hausstock zu. Wie weit entfernt er uns noch erschien. Dank intuitiv richtiger Routenwahl näherten wir uns ihm ungemein schnell. Zwei Hausstockanwärter waren unterdessen umgedreht. Es sei zu mühsam für sie gewesen. Immerhin nicht zu schwierig, dachte ich, so dass der Mut meiner Begleiterin nicht gleich auf Null gesunken ist 
Über den noch mit Altschnee bedeckten Gletscher gewannen wir rasch Höhe und hielten so auf 2820 müM auf den Ostgrat hinaus. Dort ging's dann gleich zur Sache: Einen kleinen Kamin hoch, der oben mit einer neuen Sicherungs-Eisenstange versehen war. Hoppla, wenn das so weiter ging, könnte der Abstieg noch länger werden als der Aufstieg...
Bis zum nächsten Kletterabschnitt waren ca. 100 Höhenmeter in gerölliger Terra Grischuna zu überwinden. War das die Höhe, die uns so zum Keuchen brachte? Nein, das rutschige Terrain verlangte einfach alles.

Nun bäumt sich ein gut gestuftes Bollwerk etwa 100 Meter vor uns auf. Pfadspuren weisen nach links. Ich erinnere mich an einen Ausspruch eines erfahrenen Berggängers: "Verhauer sind stets besser sichtbar als der richtige Weg, weil die Verhauer eben meist zweimal begangen werden, hin und wieder zurück". Doch diesmal war es glücklicherweise nicht so...
Angenehmer Fels mit maximalem Schwierigkeitsgrad II führte uns höher und höher. Es ist eben so bei uns in Graubünden: Je schwieriger das Gelände, desto besser (oder fester) das Gestein. Diese Weisheit bewahrheitete sich auch gleich nach dieser Kletterpassage. Am besten so wenige wie möglich berühren, sonst hast du es gleich in der Hand - oder es donnert zu Tale. 
Immer wieder weisen uns die genialen Eisenstangen darauf hin, dass die Routenwahl etwa richtig ist. Vom Ende des Schneefeldes gelangten wir schliesslich in fast einstündiger Kletterei auf den Gipfel. Das sind gut 300 Höhenmeter. Angeseilt und gesichert müsste man das Doppelte rechnen. 

Auf dem Gipfel wunderten wir uns über das grosse Platzangebot. Im Gegensatz zum Ringelspitz hätte hier beinahe ein Fussballfeld platz oder zumindest ein Beachvolleyfeld. 
Der Ausblick ist atemberaubend. Fast schade haben wir die Bikes auf der Alp, sonst könnten wir unsere Tour gleich über den Ruchi fortsetzen. Vor dem Abstieg bammelt uns noch ein wenig. Das Gipfelbuch ist eher ein Taschenbüchlein. Doch die vielen berühmten Namen entschädigen diesen Mangel. Was es da nicht alles zu lesen gibt: Mit den Skis vom Gipfel Richtung Wichlen runter sind die schon abgefahren. Ehrfurcht ergreift uns bei diesem Gedanken. Im Aufstieg hat man's aus dieser NE-Flanke nur donnern gehört.

Nach einer Viertelstunde verabschieden wir uns vom Gipfelkreuz und schauen in die Südostflanke hinein. Wenn man wüsste... könnte man jetzt einfach auf dem Schuhen mit dem Pickel runter rutschen. Aber eben, wir wissen's nicht, und zudem "baucht" der erste Teil, wird also nach kurzer Zeit noch einiges steiler. Mit den Skis wär's kein Problem. Wir entschliessen uns auf Nummer sicher, schliesslich wollen wir ja noch unsere Enkel sehen...
Die ersten 100 Höhenmeter geht's den Ostgrat hinunter. Dann können wir auf einem nicht allzu steilen gerölligen Band rechts in die Flanke queren. Nun sind es bestimmt nur noch 35°. Rasch sind die kurzen Hosen verlängert, er Pickel in der Hand und schon steh ich im Firnhang. Nicht mal übel. Zu erst zaghaft, dann wie im Lehrbuch fahre ich mit dem Pickel als Stütze die ersten 100 Höhenmeter hinunter. Meine Frau ist da kein bisschen zaghafter und bald kurven wir gemeinsam hinunter auf den Glatscher da Mer.

Untern angekommen sind wir uns der Spalten bewusst, die wir beim Aufsteigen erkenne konnten und queren in "Fahrtrichtung" links abwärts an den "Chrächen" vorbei. Es macht richtig Spass. Vom Gipfel konnten wir ein Schneeband ausmachen, welches noch bis fast auf den Panixerpass reichte, also "skifähige" gewesen wäre. Aber auch nach rechts, dem Gletscherbach nach, hat es noch ausgiebig Schnee. Dorthin wollen wir.

Imposante Maueren aus Bündner Schiefer garnieren zu unserer Rechten den Abstieg. Immer wieder schiessen Wasserfälle aus den Felsen heraus. Ende Schnee müssen wir über viel grobes Geröll Höhe vernichten, um durch die Crappa Grossa die Plaun da Cavals erreichen zu können und auf den Panixerweg zu gelangen. Es ist eine Wohltat nach den diversen losen Gerölltritten endlich wieder sicheren Grund unter den Füssen zu haben. 

In genau einer Stunde fährt in Rueun unser Zug, also jetzt nichts wie los, den Weg kennen wir ja vom Aufstieg. Aufstieg? Wir haben gar nicht bemerkt, dass es dort auch abwärts ging. Umso mehr spüren wir jetzt die versteckten Höhenmeter, die wir noch aufwärts hecheln müssen. Im Laufschritt geht's die grobe Strasse hinunter zur Alp. Genau noch eine halbe Stunde. Und ab aufs Bike und die Zäune öffnen, damit meine Frau immer gleich zufahren kann. Eine Viertelstunde später packe ich bereits in Panix unsere versteckten Train-Bags ein. Nun ist es ein wahres Vergnügen auf der Teerstrasse. 10 Minuten später packen wir in Rueun unserer Bikes ein, suchen noch etwas Wasser an der Bahnstation (finden leider keines) und besteigen den 16.14 Uhr-Zug.

Kurz nach Ilanz sinken wir beide in den verdienten Erholungs-Dämmerschlaf, während neben uns die Kajaks die Rheinschlucht hinunter fahren.

Eine gelungene Tour war's mit einem sehr hohen Erlebnisfaktor. Für jeden Abenteurer ein Muss.

Tourengänger: Bergmolch


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