Karwendelköpfe + Viererspitze + Kreuzwand - ein All Inclusive-Paket über dem Dammkar


Publiziert von algi , 1. Juli 2012 um 09:40.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Karwendel
Tour Datum:30 Juni 2012
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: V+ (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 600 m
Abstieg: 1800 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mittenwald, Parkplatz Karwendelbahn

Da ich momentan mal wieder Probleme mit meinem Sehnenband am Oberschenkel habe, bin ich auf der Suche nach einer Tour, bei der ich einerseits Höhenmeter einsparen kann, andererseits aber auch keine Langeweile aufkommt. Da fällt mir Anton ein, letztes Jahr hat er mir die Überschreitung der Karwendelköpfe ( III ) und die Viererspitze Westwand ( IV ) empfohlen. In Verbindung mit der Karwendelbahn kommt dies meinem Ziel schon recht nahe. Beim Abstieg könnte ich dann evt. noch eine Klettertour an der Kreuzwand mitnehmen. Im WEB finde ich ein Topo zur MaMa-Kante ( V+ ), und schon ist mein Tagespaket geschnürt ( Link zur Tour: [http://www.rother.de/pdf/3763379827_tour.pdf ].

An der Talstation der Karwendelbahn ist die Hölle los, eine 35-köpfige Gruppe incl. Filmteam will den Mittenwalder Höhenweg machen. Ich bin froh, als mich mein Weg zur oberen Dammkarscharte, am Fuß des südl. Karwendelkopfs, führt, und endlich Ruhe einkehrt.
Man verfolgt den Grat in leichter Kletterei in östl. Richtung, bis man auf die Schrofenflanke trifft. Die Flanke hinauf, zuletzt linkshaltend auf den Gipfel des südl. Karwendelkopfes. Hier könnte man nach Norden abseilen, ich gehe jedoch ein paar Meter zurück, und steige westseitig über eine Rampe und eine Rinne zum Fuß des südl. Kk ab.
Nun geht es hinauf auf den Grat der zum mittl. Kk führt. Die Kletterei macht Spaß, und führt mich nach kurzem Auf und Ab zum Gipfelkreuz des mittl. Kk. Das GB ist auf der Gipfelstange sehr hoch angebracht. Leute unter 1,70 m tun sich wohl sehr schwer, da überhaupt ran zu kommen. Der Abstieg vom mittl. Kk beginnt noch ganz zahm, ehe ich schließlich vor der steilen Abbruchkante stehe. Nordseitig führt eine Rinne hinab, oder lieber nahe der Kante abklettern ? Ich entscheide mich für die Kante, aber dies war vmtl. falsch. Das Gestein ist teilweise äußerst brüchig, dazu die Steilheit und Ausgesetztheit, mir steht mehrfach der Schweiß auf der Stirn, und das nicht wegen der Wärme. Irgendwann habe ich die Scharte erreicht, noch über den nächsten brüchigen Zacken drüber, dann wird das Gelände langsam flacher. Trotzdem ist in diesem felsigen Abschnitt weiterhin höchste Vorsicht erforderlich. Erst wenn man den schrofigen Verbindungsgrat zum nördl. Kk erreicht hat, kann man wieder "durchatmen".
Zum Abstieg vom nördl. Kk heißt es im Führer " über schlechte Schrofen und eine brüchige Wandstufe abwärts, dann auf einen westl. Gratast hinüber." Gelesen, getan, und ich stehe vor einem 30 - 40 m hohen senkrechten Abbruch. Westl. vor der Wand steht noch ein abgespaltener Turm, dieser muss doch eine Scharte haben, mal sehen, ob ich auf diesem Weg zum Wandfuß hinabkomme. Wieder ein Stück retour, dann über Rinnen hinab in die Scharte zwischen Turm und Wand. Von hier führt ein, zuletzt überhängend abbrechender, Kamin hinab zu den begrünten Bändern vor der Wand. Nach meinen Kamin-Erfahrungen von letzter Woche kann mich dieses "Kaminchen" nicht mehr aus der Fassung bringen, und 10 Min. später stehe ich auf besagter Grünfläche.

Nochmal 40 Hm absteigen, und ich befinde mich auf dem Weg zur Viererspitze. Vor dem Gipfelaufschwung steige ich nach Westen zu der Scharte des SW-Grates ab.

Lt. Führer soll man nun 20 m die nachfolgende Rinne absteigen, dies ist absoluter Quatsch, höchstens 5 m absteigen, und dann gleich zur nächsten Scharte ( mit Latsche ) hinauf. Nun geht es wirklich eine steile Rinne hinab, die man an geeigneter Stelle rechtsquerend verläßt. Zunächst geht es über eine brüchige Rinne aufwärts bis unter die plattige Gipfelwand. An einer Stelle bricht mir unerwartet die komplette Leiste für den rechten Fuß weg, glücklicherweise kann ich mit dem rechten Arm den Schwung abfedern.

Die plattige Gipfelwand bietet dagegen besten wasserzerfressenen Fels, Genußkletterei vom Feinsten, könnte ruhig noch ein paar Seillängen länger sein. Nach dem Schuttplatz steige ich über die SW-Kante aus, und mein zweites Tagesziel ist geschafft.

Nach dem Abstieg von der Viererspitze folgt die Querung hinüber in die Scharte zwischen Kreuzwand und Karwendelkopf. In Kehren hinab bis zum Schotter des vord. Dammkars, und in diesem bis zum Einstieg der MaMa-Kante "abfahren".

Ich nehm noch einen kräftigen Schluck aus der Pulle, und erleichtere den Rucksack von allem was ich nicht unbedingt benötige. In diesem Schwierigkeitsgrad habe ich seit mind. 30 Jahren keine Solo-Tour mehr durchgeführt. Technisch sollte es eigentlich kein Problem sein, nur die Nerven dürfen eben nicht flattern.
Ich konzentriere mich voll auf die Kletterei, und blende alles Andere komplett aus. Die Griff- und Trittfolgen passen perfekt, die Bewegungen laufen fast automatisch ab, es ist wie in einem Film. Nach einer Stunde habe ich die 12 Seillängen hinter mich gebracht, 2 Seilschaften staunen nicht schlecht, als ich an ihnen vorbeihusche.

Wenig später kann ich auf der Dammkarhütte meinen Flüssigkeitshaushalt wieder halbwegs in Ordnung bringen. Nur der Abstieg von der Hütte ist etwas nervig, zumal der Weg zu 95% der Sonne ausgesetzt ist, und die hat heute ja wirklich Alles gegeben.

Schwierigkeitsübersicht:

Überschreitung Karwendelköpfe:   T6, III
Viererspitze Westwand:                    T5, IV
Kreuzwand MaMa-Kante:                  T4, V+


Viele Grüße
Albert

Tourengänger: algi


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Kommentare (4)


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simba hat gesagt: Gratulation...
Gesendet am 1. Juli 2012 um 11:44
Die MaMa-Kante steht bei mir auch auf der Projektliste...allerdings in Seilschaft ;) Solo! Maximaler Respekt von meiner Seite!
Deine Solo-Touren bei hikr sind - zumindest für mich sehr beeindruckend - und ich lese die Berichte dazu immer wieder gern. Danke dafür...
Wünsche dir weiterhin schöne Touren.
Gruß
Si

algi hat gesagt: RE:Gratulation...
Gesendet am 1. Juli 2012 um 13:34
Hallo Simba,

die MaMa-Kante ist wirklich sehr lohnend. Sehr guter Fels und noch kein Speck, fast verwunderlich bei den häufigen Begehungen.

Wünsch dir ebenfalls beeindruckende Bergerlebnisse.

VG
Albert

kardirk hat gesagt:
Gesendet am 4. Juli 2012 um 14:26
Wie ich sehe gehts Dir schon wieder besser - Klasse Tour, der Karwendelköpfe-Überschreitung werden mir wohl nur in Teilen möglich sein. (zum Nördl. solls aus der Viererscharte einen teilw. markierten Auf- und Abstieg geben - hast Du was gesehen?).
Warte schon gespannt auf Deinen nächsten Fahrten.

VG
Dirk

algi hat gesagt: RE:
Gesendet am 5. Juli 2012 um 07:04
Hallo Dirk,

auf dem Gamswechsel am Wandfuß gab es rote Markierungen. Habe allerdings nicht auf den "Einstieg" in das felsige Gelände geachtet. In meinem antiquierten Führer von '74 war von einem mark. Steig eh nicht die Rede, sonst hätte ich mich beim Abstieg wohl noch etwas genauer umgeschaut.

VG
Alöbert


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