....la ferme près la dechetterie...


Publiziert von Henrik , 29. Mai 2012 um 22:40.

Region: Welt » Schweiz » Waadt
Tour Datum:21 April 2012
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VD 
Zeitbedarf: 2 Tage
Strecke:Combremont - Denezy - Thierrens // Thierrens - Moudon
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV
Zufahrt zum Ankunftspunkt:ÖV
Unterkunftmöglichkeiten:BnB
Kartennummer:map wanderland

 ... nachdem wir am Vorabend bereits beim „Betreten“ von Combremont-le-Peit von einem Landwirt als Wanderer des „Chemin des Blés“ erkannt wurden, herrlich dinierten im Café de l’Etoile, zückte ich noch den Folder gleichen Namens hervor, um Fragen geklärt zu wissen. Immerhin orientierten wir uns mittels dieses Faltblattes an den Gegebenheiten in der Umgebung und fanden so auch die Bettstätten bzw. „Futtertröge“. Man dürfte wohl davon ausgehen können, dass Einheimische ihre Umgebung ein wenig kennen. Kurz bevor wir also das Lokal verliessen, erkundigte ich mich beim Gastgeber über das Vorhandensein und das Wo der Ferme  Golay à la Scie im Nachbardorf. Er hatte noch nie etwas davon gehört – er unterbreitete die Frage zwei Tischen an der Türe, wo junge Leute sassen. Einer meinte, ja, das sei die „ferme près la dechetterie“ ... was für eine Beschreibung!
 
 ... ausgeruhten Schlaf fanden weder Claudia noch ich, die Betten waren knarrend alt und die Duvets erinnerten uns an Wilhelm Buschs Geschichten. Krabbelnde Geister hatten wir keine zu vertreiben. Das Frühstück in der Stube der Gastgeber am runden Tisch nahmen wir in deren Wohnküche ein – der Wust von Büchern, vollgestopften Regalen und unzähligem Kleinkram erzählte ihre eigene Geschichte. Auch von Mühsal war im Folgenden die Rede, als wir unsere Rucksäcke schulterten. Das Alter, die Abgeschiedenheit, er ohne Job, sie in der Gemeinde tätig, ein Sohn, der den Betrieb landwirtschaftlich führt, prägten die Menschen, wir kamen kaum los, denn ihre Geschichte schien ihnen unendlich wichtig, wir waren das Ohr für sie!
 
 ... kurz vor zehn waren wir wieder unterwegs. Da ich vor einigen Wochen hier schon vorbeigekommen bin, kannte ich den ersten Teil des Weges. Der Wind hatte nächtens keine Pause eingelegt, kaum erreichten wir das Betonband auf der Anhöhe, blies es uns beinahe um. Wieder die Kapuze über den Kopf gezogen bzw. die Wollmütze, sogar die Fiber-Handschuhe hervorgekramt, sahen wir eher aus wie Antarktis-Wanderer, denn Besucher auf dem „Chemin des Blés“. Nach einer halben Stunde passierten wir die Kantonsgrenze VD/FR südöstlich des Golfplatzes von Vuissens (Restaurant im Schloss). Statt dieses zu besuchen, was ursprünglich ich vorsah, mich aber die Fülle anderer Stätten begeisterte, bogen wir ab Richtung Prévondavaux. Wir wanderten mitten über eine Wiese am Punkt 803 vorbei, als ich die Kuppe erreichte und zusammenschrak: ein Schuss gellte durch die friedliche Landschaft. Ich duckte mich, es klopfte wie wild in meinen Adern und Claudia wunderte sich noch über meine Haltung, die Angst kroch in mir hoch. Wir hielten inne und gewahrten in der Umgebung keine Hinweise auf Jäger oder Unterstände, wussten auch nicht ob gerade Jagdzeit war...
 
 ... erneut passierten wir die Kantonsgrenze, und fielen von hinten her ins Dorf ein. Laut Folder lohne sich ein Blick in die Dorfkirche – Fehlanzeige: sie war geschlossen. Kurz darauf fragten wir Einheimische nach dem Weg zur Ferme  Golay à la Scie (Denezy), zwischenzeitlich war es beinahe zwölf geworden und damit rückte unsere Hoffnung auf das „boulangerie cuite au four à bois“ in weite Ferne... Das Smartphone gezückt, rief die junge hilfreiche Frau an bei ihren Nachbarn, und stellte in Aussicht, dass wir gerne noch vorbeikommen möchten, den Weg gewiesen, klopften wir kurze Zeit später an in der Backstube der Ferme  Golay (Le Vernau) und erlebten eine herzliche Einladung zu Tisch, mit Tee, frischem Brot und mundendem Kuchen – samt einer beeindruckenden Lebensgeschichte der Menschen, die hier in der dritten Generation einen Grossbetrieb bewirtschaften. Ursprünglich aus dem Solothurnischen vor über 40 Jahren hergekommen und hart gearbeitet, mit 84 noch einen Quad lenkend, in gebückter Körperhaltung Brote backen und das Herz uns öffnend, erhalten wir Einblick in ihre Mädchenfamilie. Wir sind tief gerührt!
 
 ... als wir das Dorf über die Anhöhe verlassen, beginnt es zu regnen. Kurz. Der Wind lässt nicht nach, darauf erneut ein Wetterwechsel. Da uns bis zum Abend doch noch Stunden zur Verfügung stehen, schlägt Claudia eine Rundwanderung in der Nähe von Thierrens vor: wir spazieren nach Neyruz-sur-Moudon, wenden uns wieder Thierrens zu und finden einen windgeschützten Platz (für es Pic-Nic) hinter einem Forsthaus bei Petit Champs ausserhalb des Ortes, unserer nächsten Bettstatt. In der Hoffnung auf eine abendliche Krönung, nämlich erneut gut zu essen, werden wir bitter enttäuscht: laut Folder „Chemin des Blés“ müsste es in Thierrens drei Restaurants haben – doch keins hat offen bzw. keines existiert mehr! Ärgerlich für uns, peinlich für die Herausgeber des Faltblattes. Gerade noch huschen wir in den COOP, fünf vor vier, finden Wein und Brot und Käse/Aufschnitt, damit wir nicht „verhungern“ und begeben uns zur Gîte de Madame Russbach, die mit Mann und Hund in einem knallgelben modernen Haus in der Nähe der Kirche wohnen. Kaum haben wir uns im wohnlichen Raum, dass wie eine Wohnküche ausgestattet ist, breitgemacht, uns mit Tee erwärmt, beginnt draussen wüstes Regenwetter.
 
 ... das Frühstück wird uns gebracht und alsbald haben wir die Rucksäcke wieder an unserem Rücken (22. April), wandern zuerst auf der Kantonsstrasse (wegen Bauvorhaben gesperrt) gut eine Stunde lang Richtung Moudon, verlassen bei La Cerjaule das Betonband und kreuzen dieses mit WW und Strasse mehrmals bis hinunter an die Broye, die ein reissendes Gewässer geworden ist. Wir gelangen nicht ungeschoren dorthin: auch wir kriegen nochmals eine „Bschütte“ ab.
 
 ... im Zentrum von Moudon finden wir eine einfache Pizzeria, laden die körperlichen „Batterien“ auf, Wein gehört dazu und natürlich rituell es „Käffeli“! Die Sonne zeigt sich von beherzter Seite, der Wind weicht zurück und schliesslich setzen wir uns beim Bahnhof Moudon sogar auf eine Bank. Mit der S-Bahn lassen wir uns zum Lavaux bringen, nach Lausanne, finden, da Mitte Nachmittag ausreichend Platz im ICN, und fahren zurück nach Basel.
 
 ... diesen Teil der Romandie scheint der Deutschschweizer absolut nicht zu kennen, wir haben lediglich ein Männerduo in den ganzen vier  Wandertagen gesehen. Die weite Landschaft, mit ihren abgeflachten Moränenhügeln hat ihren Reiz, das wird CarpeDiem uns bestätigen, die gleichentags am 22. April ob Moudon zu Gast war...
 
 ...Nachtrag: ich habe mich ausgiebig bei der Herausgeberin des Faltblattes beschwert, denn auch andere Angaben waren irreführend und vor allem nicht à-jour. Interessant ist auch, dass auf keinem Portal ich diesen „Chemin des Blés“ gefunden habe – darauf gekommen bin ich beim TuTen in Vuissens, im Restaurant du Golf.
 
 ... als nächstes steht die Landschaft am Hongrin auf dem Ticker...
  
 
Wanderung mit Claudia - 4 Tage in der Romandie

Tourengänger: Henrik
Communities: Touren und Tafeln


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Kommentare (3)


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CarpeDiem hat gesagt: das wird CarpeDiem uns bestätigen...
Gesendet am 30. Mai 2012 um 09:30
...Yep. Falls man einen Regen- oder Bisenfreien Tag erwischt ;-)))

bidi35 hat gesagt: schöne 4-Tages-Wanderung...
Gesendet am 30. Mai 2012 um 12:52
...wieviel Käfeli hat es da bis zum Schluss gegeben???

LG Heinz

Felix hat gesagt:
Gesendet am 1. Juni 2012 um 19:34
Danke. lieber Henrik ...

für eine weitere informative, persönliche Beschreibung der Wege und der Stimmungen im westlichen Teil der Schweiz, einer hügeligen Gegend und eher wenig begangenen Gegend; nicht minder schön ...

lg Felix


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