Couloirs im Schattenreich des Gasteretales


Publiziert von danski , 19. März 2012 um 23:55.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Frutigland
Tour Datum:17 März 2012
Ski Schwierigkeit: SS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 250 m
Abstieg: 1900 m
Strecke:Bergstation Hockenhorngrat - P.2996 - Selde (Gasterntal) - Kandersteg

Nach meinem Höhenmeter-Marathon auf den Fleckistock und einem (Erholungs-) Arbeitstag hatte ich schon wieder das Verlangen, etwas nicht ganz so Gewöhnliches anzupacken. Nur viele Aufstiegs-Höhenmeter wollte ich dieses Mal nicht sammeln. Ich musste nicht lange meine interne Wunschliste durchforsten, um etwas Adäquates zu finden. Die Wahl viel schliesslich auf das nördliche Lötschental, wo sich einige der besten Steilabfahrten durch die Felsigen Abstürze zwischen Sack- und Hockenhorn anbieten. Mit Pascal fand ich ausserdem den Partner, dem ich meine Idee anvertrauen konnte.

Natürlich war er von Anfang an begeistert und nachdem ich ihm eine Powdergarantie versprach, sassen wir tagsdarauf im Zug nach Goppenstein. Beeilen mussten wir uns nicht, war doch ziemlich sicher, dass uns diese Linie niemand streitig machen würde und sie kaum von der Sonne erwärmt wird. Mit der Bahn (27 CHF mit GA/Halbtax) gondelten wir gemütlich auf den Hockenhorngrat. Wie erwartet, zeigte sich das Wetter von seiner fönigen Seite. Von Südwesten drangen immer mehr hohe Wokenfelder herein und verschleierten die Sonne zusehends. Aber für unsere Unternehmung spielte dies kaum einen Rolle, würden wir uns eh mehrheitlich auf der Schattenseite bewegen. Von der Bergstation querten wir gleich nordöstlich hinüber zum P. 3037, wo sich gemäss früheren Erkundungen eine Abseilstelle befinden müsste und tatsächlich existierte diese immer noch, bzw. ein einzelner BH. Jedoch würde uns die kurze Abseilstrecke in einen Steilhang führen, der überall in Felsen abbricht und bei der herrschenden Schneesituation ein Durchkommen mit Skis verunmöglichte. So querten wir zurück und nahmen stattdessen ein kurzes Südcouloir, das uns auf die Piste zurückführte. Dieser folgten wir zum Beginn der Spur auf den Petersgrat. Statt der ausgetretenen Spur Richtung Elwerätsch zu folgen, zogen wir eine neue nordwärts in eine markante Einsattelung Südöstlich des P.2996. Ich konnte es kaum erwarten, einen Blick auf die andere Seite zu werfen und mit jedem Schritt höher stieg die Spannung. Und dann hatte ich freie Sicht in den Einstieg. Sah nicht übel aus, abgesehen davon, dass einige Steine aus dem Schnee schauten, aber diese könnte man leicht umfahren. Bald zog das Couloir nach links und ich konnte nicht erkennen, wie es von da an weiter gehen würde. Eingehendes Bilderstudium im voraus bestätigten jedoch, dass es dieses eine kontinuirliche Couloir sein musste.

Während sich der Himmel zeitweise verdunkelte und sich das Balmhorn mit einem Hut schmückte, waren wir bereit in die Schattenwelt des Gasteretales einzutauchen. Der Einstieg gestaltete sich wenig schwierig, auch wenn ein Stein die Einfahrt etwas erschwerte. Einmal drin gibts kein zurück mehr und man wird sich schlagartig bewusst, dass ein kleiner Fahrfehler hier sehr sehr ernsthafte Konsequenzen hätte. Noch war der Schnee hart, aber perfekt griffig und wir setzten kontrolliert Turn an Turn im sehr exponierten oberen Teil, bevor es für eine kurze Strecke noch etwas steiler als 45° wurde. Leider mussten wir feststellen, dass sich genau an dieser steilsten Stelle ein brüchiger Deckel gebildet hat. So führte auch ich nur noch wenige Turns aus. Nun hatten wir den kompletten Durch-, bzw. Tiefblick über die ganze Abfahrt. Und das sah schon beeindruckend aus! Der Schnee wurde spürbar besser und der Fahrstil damit flüssiger und schneller. Auf 2500m öffnet sich das Couloir in offene immer noch schön steile Hänge, die endlich konservierten Pulver zu bieten hatten. So konnte ich mein Powder-Versprechen gegenüber Pascal doch noch einlösen. Die Erleichterung und die Freude drückten wir in grösseren Radien und einigen Jauchzern, die mehrfach widerhallten, aus. Ein Bachtobel, das derzeit sehr gut befahren werden kann, spuckte uns auf 1780m in die weiten und flachen Hänge oberhalb Selde aus. Fast hätte es uns hier noch aus den Skis katapultiert, da sich die Konsistenz des Schnees an dieser Stelle unvermittelt in klebrigen Bienenhonig verwandelte. Vom Chüebode  genossen wir einen kompletten Blick über das soeben vollbrachte Werk. Es war genau dieses Gefühl, das uns immer wieder an solche Linien zurückkehren lässt, einfach gigantisch! Ab Selde folgten wir Skispuren, bzw. dem Verlauf der Strasse durchs Gasteretal. Da es kontinuirlich kaum spürbar abwärts geht, kommt man hier recht mühelos voran. Das Gasteretal präsentiert sich ausserdem im Winter äusserst eindrücklich und wild. Gut, hatten sich die Südhänge schon weitgehend entladen. Ab P.1352 ist die Strasse geräumt und wir gelangten durch die wilde Schlucht der Kander zurück nach Kandersteg.

Fazit
Sammelte ich hier vor vielen Jahren am Klein Hockenhorn Couloir (Im SAC Führer von Dani Anker gut beschrieben) meine ersten Couloir Erfahrung, konnte ich mit dieser Linie einen weiteren Traum verwirklichen, der schon lange in meinem Hinterkopf herumgeisterte. Für mich zählt das Schattenreich des Gasteretals zu den eindrücklichsten spots für einfach erreichbar Steilabfahrten, die aber dank ihrem etwas ungünstigen Endpunkt kaum befahren werden. Und das beste, das geübte Auge erkennt noch mind. 2 weitere Möglichkeiten sich durch das Schattenreich zu winden... :)



Tourengänger: danski


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T4 L
25 Sep 11
Hockenhorn 3293 m hike & bike · schwarzert
T4+
19 Sep 10
Le tour du Balmhorn · FRANCKY
T2
25 Apr 11
Durch´s Gasterntal · Bergstef
T3+
30 Okt 05
Lötschenpass 2690 m · chamuotsch
T3
21 Jun 20
Lötschenpass · Hudyx
ZS III

Kommentar hinzufügen»