Ein anstrengender Zeitgenosse: Kleiner Kaserer (3093m)


Publiziert von Kris , 19. August 2011 um 20:00.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Zillertaler Alpen
Tour Datum: 5 August 2011
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 1250 m
Strecke:Sommerbergalm - Kaserer Schartl - Kleiner Kaserer - Frauenwand - Weiße Wand - Tuxer Joch-Haus - Sommerbergalm (ca. 11,6km)
Kartennummer:DAV Zillertal West

Eine weitere Tour, auf die ich durch einen Bericht von trainman aufmerksam wurde. Leider blieb dies einer meiner beiden einzigen 3000er im diesjährigen Zillertalaufenthalt. Was die Schwierigkeiten angeht, bin ich mit dem anderen Bericht, der hier bisher über den Kleinen Kaserer veröffentlicht wurde nicht ganz zufrieden - es gibt, wenn man die Orientierung am Grat nicht verliert, nicht eine einzige Kraxelstelle im ganzen Aufstieg, allerdings ist das Gelände teilweise sehr steil und ziemlich exponiert (man sollte durchgängig aufpassen). Das unangenehme Gelände (alles ist dort in Bewegung) und die erschwerte Orientierung (keine Markierungen, teilweise nur sehr schwach ausgeprägte Pfadspur) veranlassen mich zur härteren Bewertung. 

Sommerbergalm - Kaserer Schartl (T3, 1-1 1/2h)


Ausgangspunkt für mich ist die unterste Station der Hintertuxer Gletscherbahn - die Sommerbergalm auf ca. 2000 Meter über Meereshöhe. Der nächste anzupeilende Punkt ist hierbei das Kaserer Schartl (2448m) - dieses ist recht gut ausgeschildert, allerdings sollte man aufpassen nicht irrtümlich zum Spannaglhaus abzusteigen oder (wenn man das nicht möchte) in Richtung Tuxer Joch-Haus geschickt zu werden um das Kaserer Schartl über die Frauenwand zu erreichen - ich wählte diese Variante für den Rückweg. 

Bis zum Kaserer Schartl führt ein schmaler, aber gut markierter Steig zuletzt durch ein kleines Talbacken zwischen den Frauenwandabbrüchen und denen des Rampskopfes (2502m). Ist das Schartl nach guten 450 Höhenmetern und je nach Schnelligkeit in einer bis anderthalb Stunden erreicht, folgt man dem Weg kurz in Richtung Geraer Hütte - genau an dem Punkt wo er nach rechts unten in die untere Westflanke des Kleinen Kaserers abzweigt, startet der Weg zu demselbigen nach links in einer gut sichtbaren Pfadspur.

Kaserer Schartl - Kleiner Kaserer (T4+, Hin und Zurück: 2 1/2 - 3 1/2h)

Dieser folgt man anfangs durch grasiges und nur leicht schrofiges Gelände immer weiter aufsteilend bis das Geröll/Schuttgelände beginnt. Ab hier muss man teilweise scho ein paar Mal hinschauen, um die Pfadspur auch wirklich zu entdecken - mir half dabei vor allem, das eine Gruppe vor mir auf dem Weg zum Gipfel war und ich so ihre Fußspuren deutlich und frisch sehen konnte als Bestätigung, dass ich auf der richtigen Route war. Wären diese nicht dagewesen, wäre die Orientierung teilweise deutlich anspruchsvoller gewesen .. es gibt schon ein Paar Spuren die einen auf die falsche Fährte locken könnten. 

Das Gelände steilt sich immer weiter und weiter auf, man spürt förmlich die Nadeln in den Unterschenkeln rattern - selten habe ich mal ein Plätzchen gefunden, wo das Gelände so eben war, dass ich kurz eine Verschnaufpause einlegen konnte. Sowieso muss ich sagen, dass die 650 Höhenmeter von der Scharte zum Gipfel, mit zu den anstrengendsten in meiner Bergsteigerlaufbahn gehörten. Für jeden Schritt den man nach oben tat, rutscht man einen halben wieder zurück. So geht das auch nur schleppend voran und man muss immer aufpassen, nicht die Flanken hinabzurutschen. Das Festkrallen ins lose Gelände kostet zusätzlich Kraft.

Hat man erst einmal den Grat erreicht, sind es gar nicht so viele Höhenmeter, die noch bis zum Gipfel zurückzulegen sind. Der Grat steigt, wenn überhaupt nur wenig an, und der Gipfelaufschwung ist sehr steil aber relativ kurz (vielleicht 100 Höhenmeter). Das große Thema am Grat ist eher die Orientierung - die Faustregel ist hier, das man meistens etwas rechts unterhalb der eigentlichen Gratschneide bleibt. 
Hält man sich daran und schaut konzentriert nach kleinen Pfadspuren, ist das ganze eigentlich kein Thema (keine "echten" Kletterstellen) .. verliert man die Spur allerdings, kann es schnell ernst werden. Als ich sie einmal verlor, fand ich mich im sehr ausgesetzten I-er Gelände wieder - heikel klettere ich an der Abbruchkante entlang und schwing mich über diese um sofort wieder auf den Pfad auf der, na klar, rechten Seite des Grats zu treffen. 

 Nach einigen wirklich schmalen Querungen innerhalb der steilen Schuttflanken des Kaserers gelangt man an den Gipfelaufschwung - hier sind immer wieder große Schneefelder neben der Aufstiegsspur, die aber nie betreten werden (bei meinen Verhältnissen also schneefrei, sonst durchaus nicht!) Der Gipfelaufschwung hat es dann nochmal in sich, sehr steil und rutschig gehts hinauf, teilweise habe ich durchgehend die Hände zum Gleichgewicht  und Festhalten gebraucht. Vor dem Gipfel folgt ein kurzer, schmalerer Gratabschnitt und voila - man ist oben. Einsam kann man sich in das ramponierte Gipfelbuch eintragen - einsam im wahrsten Sinne des Wortes - inmitten des völlig überlaufenen Sommerskigebiets am Hintertuxer Gletscher (Massen an japanischen Kindern habe ich Ski fahren sehen) bin ich nur einer weiteren Gruppe bestehend aus zwei älteren Herren, einer davon Bergführer begegnet. Dieser hat seinen Gast diesen Berg am kurzen Seil laufen lassen! (soviel nochmal zur Verdeutlichung, dass er nicht zu unterschätzen ist).

Die Gipfelaussicht ist normalerweise logenartig, heute durch die vielen Wolken getrübt (zum Glück hat das Wetter gehalten, nur wenige Tropfen kamen vom Himmel - das sowieso unangenehme Gelände ist bei Nässe sicher ziemlich gefährlich.)

 Langsam und vorsichtig steige ich die steilen Schuttflanken ab, quere über den Grat zurück - die Wegfindung ist nun von dieser Seite einfacher. Das Gelände ist abwärts deutlich einfacher zu begehen, insofern man kontrolliertes Abrutschen beherrscht. Über den Gratabschnitt, habe ich aber fast genausolang gebraucht wie auf dem Hinweg. Dort ist man durchweg im Absturzgelände. Die Flanke hinunter zur Scharte wird einfacher, aber zerrt an den Nerven der Knie. 

Kaserer Schartl - Sommerbergalm über Frauenwand, Weiße Wand (T2, 1h)

Von hier aus hatte ich noch genug Zeit, um den Weg über die Frauenwand zu wählen. Es geht wieder 100 Meter bergauf und dann auf T2-Steig zum Gipfel der Frauenwand (2541m) - von hier aus erspähe ich einen Pfad hinüber zum grasigen Gipfel der Weißen Wand (ebenfalls T2, 2518m). Von dieser steige ich in der Falllinie in Richtung Tuxer Joch-Haus ab, welches ich schnellen Schrittes kurz darauf erreiche.
Am Tuxer Joch-Haus lächelt mich das Reisköpfl (2389m) als vierten Gipfel des Tages an .. die Kletterei sieht brüchig und nicht einfach aus (min. II) - die Zeit für eine Erforschung wird einfach nich mehr reichen, trotz nur 70 Höhenmeter ab der Hütte. Ab dort quält man sich die Fahrtstraße hinab, manchmal erleichtert ein ausgetretener Pfad das Ganze. 

 Um kurz vor 16 Uhr stehe ich dann wieder an der Sommerbergalm, immerhin eine halbe Stunde Puffer, die mir die weiteren Höhenmeter hinunter nach Hintertux erspart und mich in die Seilbahn steigen lässt. Von hier aus zurück mit dem Bus nach Mayrhofen.

Ein wahrlich mühsamer Zeitgenosse, der mit Einsamkeit und Logenausblick auf den Hintertuxer Gletscher belohnt. Bei schlechten Wetterverhältnissen wirds hier aber schnell ernst! Man sollte den Kleinen Kaserer nicht auf die leichte Schulter nehmen und eine gute Portion Geländebeurteilung und Orientierung mitbringen.


Tour im Alleingang.


 KONDITION 3/5
ORIENTIERUNG 3.5/5
TECHNIK 2/5
EXPONIERTHEIT 3/5


Empfohlene Ausrüstung : Bergschuhe, je nach Schneeverhältnissen können natürlich auch mal Steigeisen oder gar Pickel für den gefahrlosen Aufstieg von Nöten sein. Unsichere Geher (wie der Gast des Bergführers) evtl. ans kurze Seil!


Tourengänger: Kris


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