Kultur, Trekking und Bergsteigen in Bolivien


Publiziert von joe , 6. März 2011 um 12:16.

Region: Welt » Bolivien
Tour Datum: 6 August 1999
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: BOL 
Zeitbedarf: 30 Tage


Nach langer Zeit der Absenz beim Höhenbergsteigen (heute weiss ich, ab welcher Höhe mein Körper streikt und mich zum Abstieg aufgrund der Höhenkrankheit zwingt) wollte ich meinem Körper einen ersten Test unterziehen. Um es hier kurz zu machen: Test bestanden.

Einige (höhen-)bergsteigende Freunde wollten nach Bolivien. Ziel war es den Huâyna Potosi (6088m) zu besteigen. Also habe ich die komplette Reise selber ausgearbeitet, Flüge und Hotels gebucht. Einen kompetenten Veranstalter, der uns vor Ort alle notwendigen "Kleinigkeiten" (Jeep, Führer, Koch, Träger, etc.) abgenommen hat, hatte ich bereits im Internet gefunden und bereit von Europa aus alle Details vorbesprochen.

Das Hauptproblem bei der notwendigen Akklimatisation ist La Paz (La Paz de Ayacucho). Es ist der Regierungssitz Boliviens (Hauptstadt: Sucre). Mit einer Höhe von 3200 bis 4100 m ist die Stadt der höchstgelegene Regierungssitz der Erde.

Damit die Akklimatisation vollkommen wird, sind wir mit den Jeeps von 5200 m auf 2680 m nach Sorata hinunter gefahren. Hier haben wir uns endlich etwas ausruhen können. Zwei Nächte waren ideal zur Erholung.
Für eine weitere Akklimatisation sind wir von Sorata in etwa 2,5 Stunden zu den San Pedro Höhlen gewandert, in deren Inneren sich ein verträumter See und interessante Stalagtiten- und Stalagmitenformationen befinden. Der Sage nach ist auf dem Grund des Sees der Schatz der Inka versteckt. Diesen haben wir aber nicht finden können.

Am nächsten Tag wollten wir einen ersten Test  machen. Wir besteigen den 5421 m hohen Chacaltaya. Das klingt in Bezug auf die notwendige Akllimatisation etwas paradox, aber man muss die Randbedingungen kennen. Da es sich hierbei um das höchst gelegen Skigebiet der Erde handelt, befindet sich der Parkplatz direkt neben dem Skigebiet auf etwa 5200 m. Eine vom Alpenverein Österreich gebaute Hütte ist auch vorhanden. Von einem Steirer bekamen wir ein typisches Östereichisches Mittagessen serviert. Als Dessert haben wir dann den Chacaltaya bestiegen (T2). Von der Hütte sind es etwa 200 Hm, aber in der grossen Ausgangshöhe konnten wir uns viel Zeit lassen. Eine Wegbeschreibung ist nicht notwendig, da ein guter Weg von der Hütte zum Gipfel führt.

Danach sind wir weiter gefahren. Die Nacht wollten wir in Copacabana verbringen. Es gibt diesen Ort tatsächlich in Bolivien und liegt ebenfalls wie sein Namensvetter am Wasser, dem Titicaca-See. Keine andere von der Natur geschaffene Formation ist so von Mythen und Sagen umwoben wie der Heilige See oder Titicaca-See, der eine Ausdehnung von 8300 km² hat, 36 Inseln aufweist und durch sein unglaublich klares Wasser bezaubert. Der Titicaca-See ist das höchstgelegene kommerziell schiffbare Gewässer der Erde. Er liegt auf einer Höhe von 3810 m. Unter den Inseln sind besonders die Isla del Sol, die Isla de la Luna und Suriqui zu nennen. Wir haben uns die Isla del Sol angesehen, die unweit von Copacabana gelegen ist. Es weist die Insel präkolumbinische architektonische Bauten wie den Pikokayna-Palast und die Chikana auf, was soviel bedeutet wie Labyrinth bzw. "Ort, an dem man sich verliert". Weitere interessante Orte auf der Insel sind die Yumani-Freitreppe und die Tres Fuentes de Agua. Eine Empfehlung für eine halbtägige Wanderung bei schönstem Wetter nahmen wir gerne entgegen.

Da wir schon mal hier waren, bestiegen wir noch den Cerro Calvarion (Akklimatisation). Die 150 Hm mit einem Schweirigkeitsgrad von T2 sind kein Problem. Die Wegfindung ist einfach. Folgen nur den Wallfahrern nach oben und Du erreichst einen Gipfel mit tollem Blick über den See. Wundere Dich nicht über die entsprechende Lautstärke.

Am Abend genossen wir frisch zubereiteten Fisch aus dem See. Vermutlich war es ein Andenkärpfling. Mich hat es sehr an Lachs erinnert. Aber trotzdem sehr bekömmlich.

Nach Genuss kam die Kultur. Zuerst war unser Ziel Tiwanaku. Dieser Ort gilt als "Wiege des homo americanus und Stadt des Heiligtums". Der Ort war Hauptstadt der Tiwanacota-Kultur, die ihre Blütezeit um 700 v. Chr. hatte. Eine der Theorien über den Ursprung des Namens nimmt Bezug auf die Bedeutung von Tiwanaku als "Tapicala" oder "zentraler Stein", da in der Umgebung die Gründung des Tiwanakota-Reichs erfolgte, der Grundlage der Altiplano-Kultur. Diese zeichnet sich durch ihre großen Tempel aus, unter denen die Pyramiden von Akapana und Puma Punku, der halbunterirdische Tempel und die berühmte Puerta del Sol, der Ponce-Monolith sowie andere Ruinen herausragen, die im Kontext des Entwicklungsprozesses der andinen Kulturen aufgrund der hohen Qualität der Steinmetzarbeiten als die bedeutungsvollsten überhaupt angesehen werden.

Die nächsten Ziele waren Cuzco und natürlich Macchu Picchu.

Doch nun sollte es langsam ernst mit Bergtouren werden.

Über den grössten Salzsee der Erde, der Salar de Uyuni, fahren wir zu unserem Ausgangspunkt. Dort befindet sich am Coquesa Camp der Ausgangspunkt Tunupa. Ein früher Start ist notwendig, da der Anstieg lang (6 - 8 Stunden) und mühsam (ca. 1200 Hm) ist. Am weglosen Schlussgrat muss rutschiger Steilschutt überwunden werden. Die Besteigung dieses Vulkans erfordert keine Gletscherausrüstung. Nach der erfolgreichen Besteigung gönnen wir uns einen Ruhetag. Anschliessen fahren wir nach Ollague weiter.

Aufgrund einer Grippe konnte ich leider nicht den leichtesten 6000er Boliviens besteigen. Daher hier kurz einige Informationen aus dem Internet: Der Vulkan Uturuncu befindet sich im Südwesten Boliviens nahe der argentinischen Grenze. Mit 6008 Metern erreicht der Uturuncu nur knapp die 6000 Meter Marke und ist recht einfach zu besteigen. Ein Fahrweg führt bis auf ca. 600 Höhenmeter an den Gipfel heran. Der Aufstieg bietet keine technischen Schwierigkeiten. Der Uturuncu ist ein nicht komplett erloschener Vulkanberg. Vereinzelte Fumarolen und Schwefelgesteine zeigen deutlich eine noch vorhandene vulkanische Aktivität an. Aufgrund der ungünstigen Lage in der abgelegenen Cordillera Lipez wird der Uturuncu trotz seiner einfachen Ersteigbarkeit recht selten bestiegen. Obwohl er der zwölfthöchste Berg des Andenstaates Bolivien ist, gilt der Uturuncu als kaum bekannt. Die Besteigungszeit wird mit 5 -6 Stunden abgegeben. Anforderungen: Einfacher Aufstieg, auf zuerst breiten Fahrwegen, später auf schmalem Bergpfad. Wegen der sehr großen Höhe trotzdem nicht zu unterschätzen! Eventuell könnte der Gipfelbereich leicht vereist sein, er ist aber so flach das er trotzdem begehbar sein dürfte. Die Wege sind problemlos zu finden.

Aufgrund meiner Grippe war ich natürlich eher skeptisch, ob die Besteigung des Huâyna Potosi für mich positiv enden wird. Auf einer permanenten Höhe von 4000 Metern hat der Körper wenig Möglichkeiten sich zu erholen. Mein Vorteil: ich hatte schon einige Touren hier in Bolivien gemacht und die Höhenakklimatisation war erfolgreich. Daher sind wir von unserem letzten Standort über Oruro zum Zongopass (ca. 4650 m) gefahren. Etwas oberhalb der Zongopassstrasse mit einem kleinen Haus, Casa Blanca genannt, befindet sich der eigentliche Startpunkt. Unsere Besteigungsmannschaft (Koch, zwei Führer, einige Träger) wartet auch schon. Da wir Zeit haben und noch einen Reservetag hatten, wollten wir nicht am Stück von hier bis zum Gipfel aufsteigen (1500 Hm). Was uns immer wieder erstaunt hatte: Europäische Alpinisten lassen sich nach La Paz einfliegen, fahren zum Zongapass und besteigen in zwei Tagen den Huâyna Potosi. Und dann wird der Gipfel aufgrund Höhenkrankheit nicht erreicht. Wir wandern gemütlich zum Campamento Argentina. Hier verbringen wir die Nacht vor unserem Gipfeltag. Die Besteigung des Huâyna Potosi sollte nicht unterschätzt werden. Es ist ein hohes Mass an alpiner Erfahrung notwendig, da es kein leichter 6000er ist. Vom Campamento Argentina führt häufig eine Spur über die weiten Gletscherflächen nach Rechts zum Pala Pequenio. Bei unserer Besteigung waren die Spalten verdeckt, aber wir gingen ja am Seil und hatten Eispickel mit dabei. Am Pala Pequenio sind fundierte Kenntnisse der Eistechnik nötig, denn dieser Eiskanal ist gut 50 - 60 Grad steil. Nach etwa 50 Höhenmetern ist das Vergnügen auch schon vorbei. Für mich bleibt der Hang unvergessen, da ich mitten im Hang meiner "Natur" nachkommen musste. Die Details spare ich zu erzählen, aber interessant es vorzustellen, aber es funktioniert. Nach dem Steilhang geht es links über den Grat auf die gigantische Gipfelwand, den Pala Grande, zu. Die letzten 250 Höhenmeter folgt ein mühsamer, ausgesetzter Aufstieg über eine bis zu 50 Grad steile Eisflanke. Erschöpft aber Glücklich waren wir am Ziel unserer Träume. Meine damaligen Freundin hat ebenso den Gipfel erreicht, wie jeder Teilnehmer, der sich diesen Gipfel als Ziel vorgenommen hat.

Daraus ergaben sich zwei Erfahrungen: a) wenn eine Frau mit mir durch eine 50 bis 60 Grad steile Wand klettert, dann ist sie auch bereit mit mir den steinigen Lebensweg zu gehen. Etwas später haben wir auch geheiratet. b) mit einer genügenden Akklimatisation ist dieser oder andere 6000er zu besteigen.

Wir waren übrigens nicht die einzige Gruppe am Berg. Alle anderen Gruppen haben das Ziel leider nicht erreicht.



Wer auch mal eine Berg- oder Trekkingtour in Bolivien plant, dem kann ich  folgende Bücher (neben den bekannten Kulturführern in deutscher und englischer Sprache) als Informationsquelle empfehlen:

1) "Trekking in Bolivia - a Traveler's guide", Yossi Brain, Andrew North, Isobel Stoddart, 1997.

2) "bolivia - a climbing guide", Yossi Brain, 1999.


Ich habe meine Reisen, Ausflüge und Bergtouren in Bolivien und Peru über Colibri Adventures gebucht und organisiert. Viele Details konnte ich bereits von der Heimat aus erfolgreich abklären.



Tourengänger: joe


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