Hikr-Treff 2010: Chaiserstuel (2400 m) und Fondueplausch


Publiziert von marmotta , 26. Oktober 2010 um 00:51.

Region: Welt » Schweiz » Nidwalden
Tour Datum:23 Oktober 2010
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT3 - Anspruchsvolle Schneeschuhwanderung
Wegpunkte:
Geo-Tags: Chaiserstuelgruppe   CH-NW   CH-UR   CH-OW   Ruch- und Walenstockgruppe 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1200 m
Strecke:Bannalp - Räckholteren - Bannalper Schonegg - Rotgrätli - Bannalper Schonegg - Chaiserstuel - Bannalp
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Oberrickenbach, Talstat. LFCH
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Oberrickenbach, Talstat. LFCH
Unterkunftmöglichkeiten:Bannalp, Chrüzhütte

Endlich war es wieder soweit: Der diesjährige Hikr-Treff stand ins Haus (bzw. die Hütte). Bereits zum dritten Mal seit Bestehen dieser Internetseite sollten die sonst im Web unter Pseudonym agierenden User ein Gesicht und einen (realen) Namen erhalten. Beinahe schon traditionell sollte auch mehr oder weniger gemeinsam eine Bergtour unternommen werden, wobei sich bereits anfangs Woche abzeichnete, dass –wie bereits im Vorjahr- wohl auch Schneeschuhe zum Einsatz kommen würden. Ziel, Charakter und Schwierigkeit der Tour sind beim Hikr-Treff im Grunde nebensächlich, doch ambitionierte Hikrs wollen sich natürlich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, ihre Gipfelsammlung zu erweitern. Und so wurde von Sputnik das Ziel Hasenstock (2729 m) und Oberberg (2782 m), und für die weniger ambitionierten Teilnehmer der Chaiserstuel (2400 m) ausgegeben. Dass genau jener Chaiserstuel am Ende für mich als "Trostgipfel" herhalten musste, ist eine andere Geschichte…
 
Da ich mit öV aus dem "fernen" Nordosten der Schweiz anreiste, war für mich der frühe Treffpunkt 8.00 Uhr an der Talstation der Seilbahn Fell-Chrüzhütte illusorisch. So startete ich gemeinsam mit laponia41 und Berglurch mit 1-stündiger Verspätung von "unserer" Hütte, die nur wenige Meter oberhalb der Seilbahn-Bergstation liegt, zur grossen Aufholjagd. Na ja -  "Aufholjagd" ist vielleicht etwas übertrieben, denn wir nahmen es von Anfang an recht gemütlich, wohlwissend, dass wir von der Spurarbeit des 11-köpfigen Vortrupps profitieren und so ohnehin deutlich schneller vorankommen würden.
 
Tatsächlich waren die Spuren unserer Vorgänger nicht zu übersehen und dank des zigfach festgetrampelten Schnees durften sich auch die mitgeführten Schneeschuhe noch ein wenig auf dem Rucksack ausruhen. Auf dem Bergkamm der Bannalper Schonegg (2250 m) trafen wir dann die Anderen, die hier eine längere Pause machten. Wir machten uns gegenseitig bekannt (soweit wir uns nicht bereits kannten) und irgendwie war es auch diesmal wieder so, als würde man sich schon lange kennen: Der spezielle Geist der Hikr-Community, dieses Gemeinschaftsgefühl einer zuvor nur virtuell miteinander verbundenen Gruppe von Menschen schwebte über der Bannalp!
 
War es uns im Aufstieg zur Bannalper Schonegg trotz dichter Bewölkung recht warm geworden, mussten wir nun angesichts des kalten Windes, der uns auf dem Kamm um die Ohren pfiff, die zuvor im Rucksack verstaute Winterbekleidung wieder anlegen. Wo blieb das versprochene Schönwetter?
 
Während ein Teil der Truppe gen Chaiserstuel zog, schlossen sich Berglurch und ich der Sputnikschen "Oberberg"-Gruppe an. Nach Traversierung des steilen Hangausläufers der Hasenstöck legten wir dann auch (endlich) die Schneeschuhe an, wenngleich der Schnee in der Karstmulde sehr unterschiedlich verteilt war: Während stellenweise gut 1 m (windverfrachteter) Schnee lag, gab es auch zahlreiche apere Stellen und immer wieder liefen wir mit unseren Schneeschuhen auch auf versteckte Felsblöcke auf. Gut, so ein Schneeschuh muss das aushalten…
 
Angesichts einer plötzlichen (und eher unerwarteten) Wetterverschlechterung und den mühsamen (Schnee-)Verhältnissen sanken Moral und Motivation unserer Gruppe bald so sehr, dass der weitere Aufstieg zur Scharte zwischen Hasenstock und Oberberg gecancelt wurde – auch sah das steile und mit viel Schnee gefüllte Coluoir zur Scharte hinauf alles andere als erbaulich aus. An die Kraxelei über schneebedeckte Felsen und Platten zu einem der beiden anvisierten Gipfel mochte ich gar nicht erst denken. Ein Ausweichziel musste her! Berglurch schlug den Engelberger Rotstock (2818 m) vor, der sich im Südosten als gewaltige Berggestalt aufbaute und eine grandiose Aussicht versprach (wenn denn das vorhergesagte Föhnwetter einmal käme). Doch ausser Berglurch und mir war niemand mehr für einen weiteren Aufstieg zu haben – zu stark lockten offenbar die Hütte und die dort eingelagerten "Gegenstände"… :-)
 
So machten sich der tapfer vorspurende Berglurch und ich an den Aufstieg zum Rot Grätli (2559 m), der noch ziemlich in die Beine ging. Dort angekommen, empfing uns –wie schon an der Bannalper Schonegg- ein eisiger Wind, dennoch genossen wir bei einer kurzen Rast erst mal das sich im Süden unter einem gewaltigen Föhnfenster auftuende Panorama, das vom Titlis und den Wendenstöcken sowie den dahinter aufragenden Berner Riesen dominiert wurde. Allein für diesen Ausblick hatte sich der kräfteraubende Aufstieg gelohnt!
 
Doch unser Ziel hiess ja "Engelberger Rotstock" – und das war noch in weiter Ferne. Also setzten wir unsere Reise fort, und machten prompt den entscheidenden Fehler! Anstatt nach einigen Metern auf dem anfangs noch breiten Grat über die Südflanke ein Stück abzusteigen, um dann in östliche Richtung zur Engelberger Lücke (2686 m) aufzusteigen, folgten wir weiter dem Grat, der bald immer schärfer wurde. Irgendwann gelangten wir an einen Abbruch, unter dem ein äusserst exponiertes Felsgrätchen zum nächsten Grataufschwung führte, der auf den ersten Blick bei den vorherrschenden Verhältnissen kaum überwindbar schien. Berglurch schlug eine weiträumige Umgehung bzw. den Rückmarsch zum Gratübergang mit anschliessendem Abstieg und Wiederaufstieg vor. Ich fühlte mich für diesen riesigen Umweg kräftemässig nicht mehr in der Lage, wollte aber nichts unversucht lassen, um doch noch (direkt) zum Gipfelaufbau des Engelberger Rotstocks vorzudringen. Also packte ich Schneeschuhe und Stöcke auf meinen Rucksack und montierte die Steigeisen. Vorsichtig klettere ich die Stufe bis zu dem eingeschneiten Felsgrat hinunter – der schwere und schwankende Tornister auf meinem Rücken war dabei nicht gerade hilfreich. Dann noch ein kurzer Balanceakt über das scharfe Grätchen und ich stand unter dem Felsaufschwung, der entweder direkt über die Kante oder über Bänder auf der Nord- oder der Südseite sehr exponiert erklettert werden könnte. Ich probierte es auf der Südseite, da die Nordseite mit ihrer senkrecht abfallenden Wand noch furchterregender aussah. Entlang einer abdrängenden Felswand tastete ich mich auf schneebedeckten Bändern vorwärts, der Blick in die Tiefe hinter bzw. unter mir war auch hier nicht gerade beruhigend! An einem Felswändchen, das durch eine Rinne evtl. hätte überwunden, aber im Notfall kaum gefahrlos abgeklettert werden können, gab ich auf. Schliesslich war ich mir nicht zu 100 Prozent sicher, ob der weitere (nicht einsehbare) "Weg" von dem besagten Gratturm bis zum Gipfelstock des Engelberger Rotstocks frei gewesen wäre. Nun musste ich aber wieder zurück entlang der abdrängenden und griffarmen Felswand – ein äusserst heikles Unterfangen, das ich zwar einkalkuliert hatte, jedoch hoffte, dass es mir erspart bleiben würde. Nach einigen weniger schönen Momenten, in denen ich glaubte, nicht nur heute, sondern vielleicht gar nie mehr ein Fondue zu erleben, hatte ich es dann geschafft, mich zur Gratlücke zurückzuarbeiten. Der Rest war einfach, wenn auch eben sehr ausgesetzt. Vielleicht wäre dieser Gratabschnitt im Sommer ganz einfach, im Winter bzw. bei schneebedeckten Felsen ist die (direkte) Überschreitung des Rot Grätlis bis zum Engelberger Rotstock aus meiner Sicht jedenfalls absolut nicht zu empfehlen!
 
Nach diesem Manöver war mir die Lust auf weitere Alpin-Abenteuer bzw. einen alternativen Aufstieg Richtung Engelberger Rotstock gehörig vergangen. Auch war ich mit meinen Kräften ziemlich am Ende und auch Berglurch verspürte offenbar nicht mehr so grosse Lust, allein bis zum Gipfel durchzusteigen. Sowieso war auch die Zeit weit vorangeschritten und so machten wir uns auf den Abstieg. Dieser war ab dem Gratübergang (Wegweiser) des Rot Grätli dank Powder-Tiefschnee zunächst sehr spassig, dann jedoch im flacheren Karstgelände zunehmend mühsam.
 
Mit ziemlich kraftlosen Beinen erreichte ich hinter meinem unermüdlichen Tourenpartner gegen 15.45 Uhr wieder die Bannalper Schonegg – zum zweiten Mal an diesem Tag, nun aber bei zwischenzeitlich wolkenlosem Himmel und Sonnenschein! Angesichts dieser tollen Wetterverhältnisse liessen wir es uns dann nicht nehmen, doch auch noch auf den Gipfel des Chaiserstuels (2400 m) zu steigen – entlang den Spuren unserer Vor-Hikrs. Nachdem ich das völlig zerfledderte Gipfelbuch aus der grünen Gipfelbuchbox gezogen hatte, freuten wir uns sehr, den Eintrag von kopfsalat, laponia41, MunggaLoch, mountain_spirit, WoPo1961 und seiner "weltbesten Begleiterin" zu lesen! Im Gegensatz zu den "Erstbesteigern" hatten wir noch das Privileg, in der warmen Spätnachmittagssonne die nun fantastische Fernsicht zu geniessen – mehr als nur ein "Trostpflästerchen" für den Misserfolg am Engelberger Rotstock! Ich war rundum glücklich und hätte noch ewig hier oben sitzen und die Aussicht und die tolle Stimmung geniessen können. Aber es wartete ja noch der Hauptevent des Tages – der gemütliche Hüttenabend mit den anderen Hikrs.
 
Während Berglurch zügig den Abstieg von der Bannalper Schonegg zur Chrüzhütte antrat, wollte ich es noch bis zum letzten Moment auskosten und genoss nochmals ein ausgiebiges Sonnenbad, bis auch ich die letzten Meter zur Hütte unter die Füsse nahm. Dabei erwies sich das erste Stück des Abstiegs über den rutschigen Schneehang mit sehr unebenem und somit tückischem Boden als besonders unangenehm: Mehrmals rutschte ich weg und landete unsanft auf dem Hosenboden…
 
Der anschliessende Fondueplausch und das Zusammensein in der Hütte war dann einfach hammermässig! Deshalb möchte ich hierzu auch nicht viel schreiben, da die tolle Stimmung ohnehin kaum in Worte zu fassen ist. Nur soviel: Ich habe mich sehr wohl gefühlt unter all den gleichgesinnten Hikrs und es hat mich sehr gefreut, wieder viele neue Menschen kennengelernt zu haben. Mein besonderer Dank gilt den Organisatoren des diesjährigen Hikr-Treffs, dem Fondue-Chefkoch und seinen Helfern – und einfach allen, die zum Gelingen dieses schönen Wochenendes beigetragen haben!
 
Am nächsten Morgen gab´s dann ein böses Erwachen: Nein, nicht wegen der diversen geistreichen Getränke, die am Vorabend konsumiert worden waren, sondern weil Frau Holle ihre Kissen mal wieder gar zu tüchtig ausschüttelte! Das trübe Wetter passte zur Abschiedsstimmung – jedoch sollten wir nicht allzu traurig sein, denn: es sind nur noch 360 Tage bis zum nächsten Hikr-Treff im 2011. S´goht dagege!!   
 


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Kommentare (1)


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WoPo1961 hat gesagt:
Gesendet am 3. November 2010 um 14:59
Hi Marmotta
Puh, ganz schön heikel euer Versuch. Und schön, das nix passiert ist!! Spannender Bericht! Tolle Fotos vom Schönwetterfenster am Nachmittag. Das schöne Wetter hattet ihr euch aber auch echt verdient.
Ich glaub, näxtes Mal schlaf ich erstmal aus, geh nachmittags auf den Gipfel und hab dafür abends dann noch Luft für das eine oder andere Stündchen länger aufbleiben (aber warscheinlich scheint dann die Sonne nur vormittags! Du weißt ja, mal verliert man, und mal gewinnen die Anderen :-))


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