Nach gedeckten Brücken nun kunstvoll gedeckte Brunnen


Publiziert von Henrik , 6. April 2010 um 14:39.

Region: Welt » Schweiz » Freiburg
Tour Datum: 5 April 2010
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-FR   CH-VD 
Zeitbedarf: 1:30
Aufstieg: 100 m
Abstieg: 100 m
Strecke:Les Sciernes - Lessoc (Gare)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Les Sciernes
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Lessoc
Unterkunftmöglichkeiten:Haut-Intyamon
Kartennummer:map wanderland

 
 
..eine neue Sammelaufgabe auf  für "Besessene noch unbekannter Sammelobjekte"!
 
 
Die Empfehlung kam einmal mehr vom Wühlmeister Zaza. Nicht Schneeschlürfen oder Nasen in den Orkan stecken, nein zu Tische sitzen.
 
Nachdem ich die beiden Vortage im Tessin verbracht hatte, in gewohnter Manier den kulinarischen Genüssen auf der Spur war und aber erneut nicht Unbekanntes zwingend suchen wollte – ich brunchte wieder mal in der Osteria Grütli in Camedo, während eine Regenfront über Locarno niederprasselte, stieg später ins „Centovalli-Bähnli“ nach Ponte Brolla und fuhr im neuesten Bus der FART nach Coglio: zu Marco im Hotel Eco-Cristallina. Hier schneite es dann am Nachmittag, brr. Das digitale Thermometer im Centro Maggia verhiess gerade mal 3 Grad!
 
Für Vielbesucher des Valle Maggia sei hier notiert, die Casa Renata wird z. Z. umgebaut: neues Dach und einiges anderes, die Preise winken bereits nach oben! Neuerdings wird ein Service (welcher wird nicht klar) angeboten, so heisst es auf dem am Briefkasten angebrachten Zettel.....
 
Im Eco-Cristallina stimmt nach wie vor das Preis-/Leistungsverhältnis, der offene Wein ist jedes Mal eine Überraschung. Die Auslastung über Ostern hielt sich in Grenzen, wenig verwunderlich....zwischen Gotthardsüdportal und Quinto wurden Schneetänze und Salti auf der Autobahn gemeldet!
 
.....im IR fuhr ich via Bern nach Lausanne, weiter nach Montreux. Immer wieder staune ich ob der Sicht, sobald die Bahn an das Genferseebecken kommt: die Weite über dem See, hinüber nach Evian und Thonon, nach Westen die noch schneebedeckten Höhenzüge des Waadtländer Juras – der See liegt nicht ganz still, leichtes Kräuseln ist erkennbar, ein Kursschiff quert den Lac Léman. Die Sonne regiert und der Himmel ist beinahe wolkenlos. In Montreux habe ich ¾ h Aufenthalt – ich suche ein Café, werde nicht fündig und sehe zu spät, dass hinter einem Bauvorhang das Grand Café Suisse gegenüber des Bahnhofs, das gerade aufwendigst renoviert wird, doch offen gehabt hätte. Ich setze mich in den bereitgestellten Regio 2222, der nach Zweisimmen fährt, krame Zeitungen hervor und geniesse die Ruhe dieses nicht ganz so österlich wirkenden Vormittags, es könnte jeder Montag ein Sonntag sein?
 
Ich wollte ursprünglich in Sonloup ob Les Avants Brunchen – das Hotel aus dem Fin de Siècle hat allerdings laut Webseite geschlossen...die Bilder wirken aber nicht uralt? Ausgangspunkt der Wanderung, die ich vorhatte hier beginnen zu lassen, bedeutete einen Halt auf Verlangen auszulösen: Les Sciernes – einer von vielen kleinen Haltestellen der MOB. Der Frühling empfing mich und das Licht war dementsprechend, wie auch die Temperaturen, beinahe flog die Fleece-Jacke von selbst auf den Rucksack. Ich war der einzigste Fahrgast, der ausstieg und wurde von den verbliebenen hinter den Fenstern etwas verwundert und aus den Augenwinkeln gemustert......der Zug schlich nach Montbovon weiter. Stille und weisse Berge umgeben mich.
 
Sogleich gewahrt man vom Bahnhof den wuchtigen, auf einer Anhöhe stehenden Bau, das entweder Hotel oder Klinik gewesen sein dürfte [dank Wiki weiss ich zwischenzeitlich, dass hier mal wahrscheinlich eine Tuberkulose-Klinik beherbergt wurde]. Heute wird im Sommer jungen Menschen aus der ganzen Welt Sprache und Sport in den Freiburger Voralpen näher gebracht (My Swiss Camp). Offensichtlich hat Les Sciernes ein Herz für Jugendliche und Gruppen – eine weitere, einiges moderner eingerichtete Gruppenunterkunft steht nur ein paar Schritte weiter im offenen Dorf gegen Norden hin. Im Netz findet sich ein Erlebnisbericht einer Primarschule, die 2007 eine Schulwoche hier verbracht hatte...ihr ist aufgefallen, dass es einen bereits ziemlich zerfallene Vitaparcours in der Nähe hat!

Die Wegmarkierungen sind deutlich und präzise – ich gelange über feuchte Matten und etwas rutschige Waldwege hinab ins Tal, der WW, Schnellstrasse und Bahntrassee sowie drei Wasserwege unmittelbar zusammenfliessen lässt: Le Hongrin, La Sarine und Le Torrent. Die Sarine wird mit einer gedeckten Holzbrücke überschritten, die hier gestaut wird durch die Staustufe (1969-73) am Bahnhöfchen Lessoc. Ein paar Höhenmeter den Torrent entlang und ich befinde mich auf dem geteerten Wirtschaftsweg nach Lessoc: rundherum eindrücklich Kreten und Hänge wie der Vanil Noir, Dent du Lys, Dent de Corjon, Dent du Chamois und Le Moléson.
 
Die paar Minuten noch ins Dorfzentrum lassen Spannung entstehen; was werde ich in Lessoc antreffen, nachdem mir zuhause auch der Kulturführer der CH (1982) empfahl der Kirche einen Besuch abzustatten (1365 bezeugte Martinskapelle) und ja nicht am Brunnen achtlos vorbeischlendern: der überdachte achteckige Brunnen hat es in sich, mit einem Zwiebeldach gedeckt (1796). Jetzt bricht wohl das Brunnenfieber aus, nachdem Seeger sich der Holzbrücken angenommen hatte (...). Weiter fallen die beinahe manieristisch wirkenden, an appenzellische Vorbilder gemahnenden Malereien auf, die Alpaufzüge darstellen – verschiedene Szenen finden sich an den Aussenwänden der Chalets. Im Weiler Le Buth steht eine Kapelle von 1684, die Notre-Dame-des-Neiges...ich war nicht dort!

Ich setzte mich in die Gaststube der „Auberge de la Couronne“ – und staunte über die fehlenden Gäste. Gerade mal vier sassen an zwei Tischen, davon ich als Einzelperson. Das Tagesmenu gelangte nach ca. ½ h auf den Holztisch, das Intérieur war in jeder Hinsicht den Besuch wert, was vom Mahl nicht geschrieben werden kann. Ein Langtisch mit intarsiertem Schachbrett und Mühlespiel, Mobiliar und Auskleidung aus Holz, alter schachbrettartiger Steinboden mit Farbspiel. Das „Couronne“ bietet zur Zeit elsässische Küche. Der bestellte Mont Rolle Blanc schmeckte mir auch schon besser. Um doch noch von der Regionalküche zu profitieren, liess ich mir einen Käseteller bringen – der hielt den Erwartungen stand. 

Ich erkundigte mich über die Wegdistanz und –zeit zum „Gare du Lessoc“ und man beschied mir lediglich 15 Minuten seien einzuplanen. Ich schlenderte hinunter zur Staustufe, las Wissenswertes auf einer Tafel am Maschinenhaus und wartete beinahe wie Jack Elam im Staub auf den Harmonica-Spieler.....

 
Über Bulle fuhr ich nach Palézieux, nahm mir vor im Sommer wieder herzukommen, vielleicht auch schon eher und die langgezogenen Hänge und Kreten um den Niremont zu erkunden. Da der Tag noch Stunden vor sich hatte, entschied ich mich für weiteres Bahnfahren: mit der REV (ReseauxEpressVaudois) fuhr ich nach Lausanne, und entdeckte bei dieser Geschwindigkeit die zwingende Vorgabe dem Lavaux unbedingt bald einen Besuch abzustatten. Ich konnte sitzen bleiben, denn die Fahrt geht weiter bis nach Vallorbe über Cossonay, das auch mal dran kommt (allein schon des Funiculairs wegen), Day als Umsteigeort nach Le Pont und schliesslich nach Vallorbe, das sehr verlassen wirkte. Konstratierend kamen mir die Schwarz-afrikaner vor, die am Bahnhofsgebäude draussen in ihren wattierten Jacken sassen, mit dem Hundefell-kranz aus Synthetik! Der TGV aus Paris (nehme ich an) fuhr gerade durch den Bahnhof, kurze Zeit später fuhr der REV wieder zurück nach P. In Cossonay stieg ich um, in Yverdon fuhr um 19.07 der ICN nach Basel zurück. Das Abendlicht erinnerte vorgezogen schon an Sommer – der Zug war erstaunlich leer. Nicht so die Passarelle im Bahnhof Basel, es war nicht Fasnacht und auch nicht Rushhour. Vielleicht sollte ich meine Ausflüge nicht an Feiertagen vornehmen – in meiner Branche ja kein Problem, denn meine pflegenden Kollegen freuen sich auf Dienstübernehmer an Feiertagen!

 

Tourengänger: Henrik
Communities: Touren und Tafeln


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Kommentare (1)


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WoPo1961 hat gesagt:
Gesendet am 7. April 2010 um 20:11
Hoi Hendrik
Danke dir wieder mal für deinen schönen Bericht. Beim Lesen krieg ich dann immer 1. Lust auf einen guten Vino, werde 2. befallen von Schweizsehnsucht und 3. tritt häufig etwas Ruhe im stressigen Alltag ein. Einen lieben Gruß aus dem weit entfernten Münsterland.
WoPo


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