Chli Speer (1713 m) und andere Tiefkühlkost auf dem Toggenburger Höhenweg


Publiziert von marmotta , 21. Dezember 2009 um 00:12.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:20 Dezember 2009
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT4 - Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: Speerkette   Speer-Mattstock   CH-SG 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Strecke:Nesslau-Neu St. Johann - Alp Laui - Alp Wannen - Wannenspitzli - Bremacher Höchi - Elisalp - Chli Speer - Wannenberg - Mittlerwengi - Kaltbrunn
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Nesslau-Neu St. Johann
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Kaltbrunn
Kartennummer:LK Blatt 1113, 1114, 1134

Lange zögerte ich, ob ich bei den derzeit herrschenden, gefrierschranktauglichen Temperaturen überhaupt in die Berge gehen soll, jedoch war ein Zwischenhoch angekündigt und als ich mit dabuesse noch einen "Leidensgenossen" gefunden hatte, war die Sache klar. Es galt eine Tour zu finden, die in nicht allzu grosse Höhen führt, aber dennoch schöne Ausblicke garantiert und auf der man so lange wie möglich an der Sonne geht (um nicht ganz einzufrieren). Wir einigten uns dann auf die Überschreitung der Nagelfluhkämme rund um das Steintal, die vom Speer (mit 1950 m höchster Nagelfluhberg Europas) dominiert wird. Diese Tour habe ich bereits schon einmal vor einem knappen Jahr gemacht und hier ausführlich beschrieben.

In Nesslau bei schattigen -15 ° C gestartet, folgten wir nach Passieren der Bergstation des Skilifts Wolzenalp ab dem Wannenspitzli (1526 m) dem Kamm bis zur Bremacher Höchi. Wir waren überrascht ob der gewaltigen Neuschneemengen, die uns beim Spuren durch die weit und breit unberührte Winterlandschaft einiges abverlangte. Wir sanken regelmässig bis über die Knie in den noch nicht gesetzten Pulverschnee ein, an Stellen mit -teilweise unglaublichen- Triebschneeansammlungen sogar bis über die Hüfte!

Nach Erreichen des höchsten Punktes der Bremacher Höchi (1641 m) stiegen wir zügig (soweit man bei unserer Fortbewegungsweise, die eher einem Tiefschneeschwimmtraining glich, überhaupt davon sprechen konnte) zur schattigen Elisalp (1490 m) ab. Von dort arbeiteten wir uns mühsam zum Westgrat des Chli Speers (1713 m) empor. Als ob die eisigen Temperaturen für sich allein nicht schon gereicht hätten, empfing uns hier oben noch ein böiger Wind, der uns die Schneefahnen ins Gesicht peitschte und uns so auch noch ein eiskaltes Gesichts-Peeling bescherte. Der Aufstieg auf den Gipfel des Chli Speers über die Südwestflanke ist -insbesondere im Winter und mit Schneeschuhen- äusserst mühsam (L4+ auf der ossimilierten Legföhren-Schwierigkeitsskala...). Eine leckere Mischung aus (schnee- und eisüberzogenen) Nagelfluhfelsen und Legföhrendickicht - eisgekühlt serviert...

Mir erging es wie dani_, der einst einmal schrieb "...die Legföhren sind meine Freunde..." - richtig, ohne deren Zweige, Stämme und Wurzeln, die dankbar als Griffe zum Hochziehen benutzt wurden, wären wir vermutlich gar nicht hoch (und wieder heil herunter) gekommen!

Nach Abstieg vom Chli Speer auf der Aufstiegsroute machten wir dann was völlig Hirnverbranntes: Anstatt vom Sattel (P. 1627) nordwestlich des Chli Speers -unserem gewaltigen Kräfte- und Energieverschleiss Rechnung tragend- direkt über die Obere Rossalp ins Wengital abzusteigen, versuchten wir, an unserem ursprünglichen Plan festzuhalten, den vom Speer nach Norden führenden Höhenzug bis zum Tanzboden komplett zu überschreiten. Auf dem Abstieg vom Wannenberg merkte ich dann, dass ich mich einem bedrohlichen Erschöpfungszustand näherte (aufgrund der grossen Kälte hatte ich praktisch nichts gegessen und getrunken). Da uns auch langsam die Zeit davonzulaufen begann (die Tage vor Weihnachten sind bekannlich ziemlich kurz), drängte ich auf einen sofortigen Abstieg ins Wengital, wo ich eine gebahnte Fahrstrasse -oder zumindest eine Spur vermutete. Der folgende Direkt-Abstieg durch ein steiles Tobel -teilweise in einer Nagelfluh-Bachrinne- war dann alles andere als optimal und ist nicht zur Nachahmung empfohlen. Immer wieder in tiefem Triebschnee versinkend, aus dem wir uns jedesmal wieder mühsam herausarbeiten mussten, glichen wir bald zwei Schnee- bzw. Eismännern. Einige Nagelfluh-Steilstufen waren nur durch Sprünge oder Rutschparteien zu bewältigen, bei der wir riesige Schneebretter vor uns herschoben. Die Rinne dürfte jetzt vom Schnee freigeputzt sein... ;-)

Mit letzter Kraft erreichten wir kurz nach 15.00 Uhr das Wengital, in dem wir glücklicherweise auf eine gebahnte Fahrstrasse trafen - jedoch stand uns noch ein ca. 2-stündiger Fussmarsch nach Kaltbrunn bevor, völlig durchnässt und unterkühlt kein Spass. Hin und wieder hat man aber auch Glück im Leben - zwei Skitourenpärchen fuhren kurz nach der Wengibrugg an uns vorbei, die einzigen Menschen, die wir auf der gesamten Tour trafen. Wenig später trafen wir sie wieder an ihren Autos, freundlicherweise nahmen sie uns mit hinunter nach Kaltbrunn - herzlichen Dank nochmals an dieser Stelle! Leider hat das Timing an der Station "Kaltbrunn" nicht ganz gepasst. Da es dort weder einen beheizten Warteraum noch in der Nähe irgendeine Gaststätte gibt (das Gasthaus "Bahnhof" hat sinnigerweise genau sonntags Ruhetag!) mussten wir noch geschlagene 20 min in der Eiseskälte ausharren, bis wir in den Regionalzug nach Uznach einsteigen konnten - uns blieb an diesem Tag wirklich (fast) nichts erspart! Dennoch bleibt mir ein wunderschöner und eindrücklicher Wintertag in Erinnerung.
 

Tourengänger: dabuesse, marmotta


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Kommentare (1)


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Berglurch hat gesagt: Kühle Sache!
Gesendet am 21. Dezember 2009 um 06:58
Nicht ohne, Mike und David!
Gratuliere zur Tour!


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