Holzflue integral (West- und Ostgrat)


Publiziert von lukey , 30. März 2025 um 21:17.

Region: Welt » Schweiz » Solothurn
Tour Datum:30 März 2025
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SO 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 700 m
Abstieg: 700 m

Das war eine Harakiri-Nummer.
Eigentlich wollte ich ja "nur" die kurze Holzflue-Westgratkletterei ausprobieren. Ich hatte sogar kurz überlegt, das Seil zu Hause zu lassen, und habe aus einer Intention heraus immerhin das 30er mitgenommen...
Jedenfalls war die Holzflue an sich ganz nett, aber sehr kurz. Die Kletterstellen waren plötzlich vorbei und ich war auf dem Gipfel - und war verwirrt, weil ich die 4er-Stelle nicht gesehen hatte. Also ging ich alles nochmal zurück (man kann den ganzen Grat auf einer Wegspur daneben umgehen) und fand die Stelle dann doch: Der zunächst sehr schwer aussehende Aufschwung zeigte sich etwas weiter rechts etwas zugänglicher. Jedoch habe ich die obere 4er-Stelle dann doch nicht solo gemacht, der Schritt war mir zu heiss ganz ohne Sicherung.
Also nochmal alles gekraxelt. Auf dem Gipfel ist die Tour eigentlich zuende und man kann auf einem Wanderweg wieder zurück gehen. Aber es war so ein schöner Tag. Also entschied ich mich, mal zu gucken, wie es weiter geht.
Blaue Markierungen und vereinzelte Fixseile waren überall vorhanden und zeigten den Weg, manchmal schon recht verwittert. Offenbar wird das nicht so oft begangen und vermutlich war ich einer der ersten in diesem Jahr, wenn nicht sogar der erste.
Der Weg begann als T4/T5 und entwickelte sich weiter unten immer mehr zu T6. Und plötzlich ging ein schwarzes verwittertes Fixseil 20 Meter steil nach unten. Uff. Wer daran wirklich absteigt, hat echt Mut! Gut, dass ich mein Seil eingepackt hatte.
Leider reichten die 15 Meter Abseilerei nicht ganz bis nach unten, und für die letzten Meter war ich dann doch noch froh um das schwarze Seil, weil mir auch noch ein Griff ausbrach aus dem noch feuchten Gestein.... eieiei.
Nun war der Point of no Return überschritten - da würde ich nicht mehr hinauf kommen.
Nun denn. Viel schlimmer würde es schon nicht kommen - dachte ich mir.
Doch dann stand ich kurz vor Ende des Grates an einer Abseilstelle mit ein paar verwitterten Schlingen an einem Bäumchen. Die nächste Abseilstelle war nicht zu sehen. Aber ich hatte ja keine Wahl: Also 15 Meter abgeseilt, und es gerade so mit Seildehnung zu einem Felsstand geschafft. Von diesem nochmal runter durch eine Rinne ins Unbekannte und auf einem Band gelandet bei einem weiteren Abseilstand. Der Waldboden schien von dort noch ziemlich weit entfernt.
Ich warf die 15 Meter hinunter und das Seil hing frei in der Luft, noch über 5 Meter über dem Boden. Fuck! Mein Seil war zu kurz!
Aufkommende Angst. Alternativen? Weiter östlich sah es so aus, dass der Waldboden nicht ganz so weit entfernt wäre - vielleicht fände ich dort eine Piste, wo ich nochmal Zwischenstand machen könnte?
Also hangelte ich mich ausgesetzt im heiklen Gelände hinüber. Kein Abseilstand. Aber immerhin ein halbwegs dicker Baum. Ich warf das Seil darum und testete: Reicht nicht. Fuck Fuck Fuck!
Was also tun? Da ich das Gelände unten nicht einsehen konnte, entschied ich mich, mal hinunter zu seilen und zu schauen - irgendeinen Felsen oder ein Bäumchen musste es auf dem Weg geben...
Das einzige Bäumchen, das ich am Ende der 15m fand, war etwa 6 Zentimeter dick, schien aber immerhin gut verwachsen. Alternativen hatte ich keine. Ich zog das Seil ab und baute den heikelsten Abseilstand meiner Karriere auf. Immerhin sollte das Seil nun bis auf den Boden reichen. Erst dann merkte ich, dass ich 5m über mir einen Stand an einem Felsen übersehen hatte. Fuck fuck fuck. Wieder aufsteigen war keine Option - das Bäumchen musste halten!
Das Bäumchen hielt.
Sicher kam ich auf dem Boden an und musste erstmal verschnaufen.

Dann ging ich hinüber zur Ruine, genoss den Blick auf die wilde Holzflue und gönnte mir als Belohnung ein Coupe Dänemark.
Mann-oh-Mann. Im Netz findet man überraschenderweise nichts über diesen Grat. Nächstes Mal nehme ich bei unbekannten Sachen das lange Seil mit...

Für alle Nachahmer: Die Tour ist bei trockenen Bedingungen eigentlich ganz cool, sofern man mit dem losen Gestein umgehen kann, aber für die Abseiler braucht es unbedingt ein 50er-Seil.
 


Tourengänger: lukey


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Kommentare (2)


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kopfsalat hat gesagt:
Gesendet am 31. März 2025 um 13:14
Besten Dank für die Antwort auf meine Frage.

Vermutlich werde ich es nicht versuchen.

Alternativ gäbe es die Möglichkeit am Einzelstrang abzuseilen. Mit 30m Reepschnur und einem Maillon Rapid auch mit Seil abziehen.

lukey hat gesagt: RE:
Gesendet am 31. März 2025 um 18:31
Wie gesagt: Wenn man ein 50er-Seil dabei hat, sind genügend Stände vorhanden, die Abseilpiste ist dann grundsätzlich logisch. Die letzten paar Meter geht es über das Dach eines Überhangs frei schwebend hinunter.

Aber ja: Es hat wohl einen Grund, dass im Plaisir Ost steht "die Begehung des Ostgrats wird aufgrund der losen Steine nicht empfohlen". Schon heikel. Daher hat es mich überrascht, in dem Grat so viel fixes Material zu finden.


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