Pico de Mulhacén (3480 m) von Westen - unvorbereitet im Schnee
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Im Sommer 2024 war ich insgesamt sechs Wochen lang mit einem Interrail-Ticket in Europa unterwegs - aufgeteilt auf insgesamt drei Trips innerhalb von gut zwei Monaten. Da ich insbesondere auch gerne etwas Zeit in den Bergen verbringen wollte und im Jahr vorher das Konzept der Prominenz und der "Ultras" für mich entdeckt hatte, habe ich mich auf der Reise zu einem wesentlichen Teil daran orientiert, wo es relativ einfach zu besteigende ultra-prominente Berge gibt.
Insgesamt waren es immerhin sieben Stück, deren Gipfel ich in diesen sechs Wochen erreicht habe.
Der "Pico de Mulhacén" mit - je nach Quelle - 3479 bis 3482 Metern über dem Meeresspiegel, war nicht nur der erste Ultra der Reise und mein zweiter überhaupt, sondern auch gleichzeitig mein erster Dreitausender. Etwas besonderes ist der Gipfel durchaus: Außerhalb der Alpen gibt es nämlich in ganz Europa (je nach Definition der Grenze zu Asien) keinen höher gelegenen Punkt.
Der nächste Bahnhof zum Mulhacén liegt in Granada. Von dort loszulaufen, wäre dann doch ziemlich weit gewesen, aber zum Glück gibt es einmal am Tag (um 9 Uhr) einen Bus von Granada bis zur "Albergue Hoya de la Mora". Den nehme ich und starte damit direkt auf etwa 2500 Metern Höhe.
Zunächst geht es auf einem guten Weg immer der Kammlinie folgend nach oben, Richtung Pico de Veleta. Auf knapp 2700 m biege ich allerdings nach rechts ab in Richtung Embalse de la Laguna de las Yeguas (wer denkt sich so einen langen Namen für einen See aus?). Ich werde recht bald mit deutlich mehr Schnee konfrontiert als erwartet und stelle mich schonmal drauf ein, dass ich möglicherweise mangels Grödeln werde umkehren müssen.
Es geht über einen Sattel (2856 m) am Observatorium vorbei und dann links am See vorbei. Ein Weg ist hier schon aufgrund der Schneelage nicht mehr zu erkennen. Eigentlich wollte dem in OSM eingezeichneten Weg von hier zum Refugio Vivac de la Carihuela folgen, aber entscheide mich dann für einen weglosen Aufstieg durch die Felsen (T4) ein gutes Stück weiter links, da hier kaum Schnee liegt. Am Refugio Vivac de la Carihuela (3201 m) hoffe ich einfach, dass es ab jetzt einfacher wird, da der Weg breiter sein soll und daher wohl häufiger begangen sein dürfte.
Naja, falsch gedacht. Die ersten paar Meter sind tatsächlich problemlos, aber die Serpentinen sind stellenweise komplett eingeschneit, keine Spuren, und diese Schneefelder sehen wirklich verdammt steil aus. Also mal wieder - Weg ignorieren und Orientierungssinn einschalten. Ich folge einer Art Band nach Nordosten, ich weiß ich muss irgendwie rechts nach unten, aber Abklettern wäre viel zu heikel. Schließlich komme ich an einen Punkt, wo das Band bald vor mir aufhört und ich weiß, hier gibt es kein Weiterkommen. Die einzige logische Konsequenz: Umkehren. Auf dem Weg zurück komme ich aber an eine Stelle, die mir unbekannt vorkommt. Ich weiß nicht mehr, wo ich hergekommen bin, aber ich muss aus Versehen weiter abgestiegen sein als ich wollte - und sehe nach links eine Stelle, wo man nach unten kommen könnte! Gerade mit meinem schweren Rucksack ist es alles andere als trivial, aber nach dem Abklettern einer Einser-Stelle und einer kurzen Rutschfahrt auf dem Schnee bin ich unten in leichterem Gelände angekommen (diese Stelle würde ich unter den Bedingungen schon mit T5 bewerten).
Erst mal durchatmen. Ab hier wird zum Glück doch alles deutlich entspannter. Es sind noch einige Schneefelder zu queren, aber die haben interessanterweise Trittspuren. Ich habe keine Ahnung, wie deren Verursacher hier hergekommen sind, aber das ist mir im Moment auch egal, denn sie geben mir ein gutes Stück mehr Sicherheit.
So zieht es sich ohne große Höhenunterschiede (wegen den Schneefeldern T4) zum Refugio Pillavientos/Villavientos (3085 m), wo ich plane, die Nacht zu verbringen. Ich komme ziemlich fertig um kurz nach 16 Uhr an und ruhe mich erst mal aus.
Allerdings geht mein Wasser langsam zur Neige, deswegen mache ich mich um 18:15 nochmal auf den Weg in Richtung Gipfel - schon mal auskundschaften und bei einem der Seen Wasser holen. Ich merke, dass ich nun wieder einiges an Kraft habe und denke mir, warum nicht gleich schon auf den Gipfel? Sind nur 400 Höhenmeter, das müsste doch gehen. Und gerade geht es mir ganz gut, wer weiß wie das dann morgen nach einer Nacht auf 3000 Metern ohne jegliche Akklimatisierung aussieht. Vielleicht will ich dann einfach nur noch auf dem schnellsten Weg ins Tal.
Dazu kommt, dass der Gipfelanstieg komplett schneefrei ist. Das gibt mir auch einen psychologischen Boost: alle Schwierigkeiten, die ich bis jetzt hatte, waren ja ausschließlich auf den Schnee zurückzuführen.
Also mache ich mich ohne Rucksack und nur mit einer Wasserflasche in der Hand (die andere lasse ich unten), auf den Weg zum höchsten Nicht-Alpen-Berg Europas. Die Pfadspur durch die Westflanke ist nicht sehr deutlich, aber es geht. Es ist ordentlich windig, aber der Pfad führt völlig unschwierig (T2) bis zum Gipfel des Pico de Mulhacén (3480 m). Und dann stehe ich oben! Mein erster Dreitausender, und was für einer! In der Ferne sieht man sogar das Mittelmeer Richtung Marokko, auch wenn es heute recht dunstig ist und sich das Blau nicht sehr stark vom Himmelsblau unterscheidet.
Und wieder zurück zur Hütte. Der Abstieg zu meiner zweiten Wasserflasche geht noch recht leicht vonstatten, die Querung zur Hütte zieht sich nochmal enorm und ich komme völlig fertig gegen 20:45 am Refugio an. Vorher treffe ich aber noch den einzigen Menschen seit dem Refugio de la Carihuela: er ist von Süden aufgestiegen und übernachtet im nahen Refugio Vivac de la Caldera.
Am Abend wird mir leicht übel, das geht aber zum Glück nach etwa einer Stunde von selbst wieder zurück. Ich gehe von leichter Höhenkrankheit, verstärkt durch die Anstrengung, aus. Und auch die Nacht ist nicht viel besser - mein Schlafsack ist für diese Temperaturen definitiv zu dünn. Draußen ist es aber nochmal deutlich kälter, die Biwakhütte hält schon etwas ab. Der Wind ist extrem, es stürmt regelrecht. Das etwas lose Fenster klappert permanent so laut, dass ich kaum schlafen kann. Was mache ich hier eigentlich?
Am nächsten Morgen geht es mir zum Glück nicht so schlecht wie gestern Abend befürchtet, aber nochmal auf den Gipfel würde ich auf keinen Fall wollen. Ich hatte ursprünglich geplant, über denselben Weg wieder abzusteigen, aber nachdem ich gestern gesehen habe, dass der Weg nach Capileira (also nach Süden) komplett schneefrei ist, war die Sache sofort klar. Irgendwie würde ich dann von dort schon wieder nach Granada oder irgendwo anders hin kommen. Zur Not per Anhalter.
Also wieder erst mal Richtung Gipfel. Ich bin extrem froh über meine Trittspuren von gestern, denn die zu querenden Schneefelder sind jetzt am Morgen wieder deutlich härter gefroren.
Am Abzweig zum Mulhacén halte ich mich nun rechts. Es gibt immer noch ein paar Schneefelder, aber deutlich flacher und kleiner als alles bisher (T2-3). Bei einem Wegweiser (2705 m) halte ich mich links auf dem breiten Hauptweg (ab hier T1). Bald treffe ich einen Deutschen, der heute früh auf dem Gipfel war und nun wieder absteigt. Das restliche Stück gehen wir gemeinsam bis zu seinem Auto, dass er bei der Hoya del Portillo (2150 m) geparkt hatte. Netterweise nimmt er mich mit nach Capileira, wo eine Nachfrage ergibt, dass in ein paar Stunden tatsächlich ein Bus nach Granada fährt. Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich von vornherein hierhergefahren und alles wäre um ein Vielfaches entspannter gewesen...
Insgesamt waren es immerhin sieben Stück, deren Gipfel ich in diesen sechs Wochen erreicht habe.
Der "Pico de Mulhacén" mit - je nach Quelle - 3479 bis 3482 Metern über dem Meeresspiegel, war nicht nur der erste Ultra der Reise und mein zweiter überhaupt, sondern auch gleichzeitig mein erster Dreitausender. Etwas besonderes ist der Gipfel durchaus: Außerhalb der Alpen gibt es nämlich in ganz Europa (je nach Definition der Grenze zu Asien) keinen höher gelegenen Punkt.
Der nächste Bahnhof zum Mulhacén liegt in Granada. Von dort loszulaufen, wäre dann doch ziemlich weit gewesen, aber zum Glück gibt es einmal am Tag (um 9 Uhr) einen Bus von Granada bis zur "Albergue Hoya de la Mora". Den nehme ich und starte damit direkt auf etwa 2500 Metern Höhe.
Zunächst geht es auf einem guten Weg immer der Kammlinie folgend nach oben, Richtung Pico de Veleta. Auf knapp 2700 m biege ich allerdings nach rechts ab in Richtung Embalse de la Laguna de las Yeguas (wer denkt sich so einen langen Namen für einen See aus?). Ich werde recht bald mit deutlich mehr Schnee konfrontiert als erwartet und stelle mich schonmal drauf ein, dass ich möglicherweise mangels Grödeln werde umkehren müssen.
Es geht über einen Sattel (2856 m) am Observatorium vorbei und dann links am See vorbei. Ein Weg ist hier schon aufgrund der Schneelage nicht mehr zu erkennen. Eigentlich wollte dem in OSM eingezeichneten Weg von hier zum Refugio Vivac de la Carihuela folgen, aber entscheide mich dann für einen weglosen Aufstieg durch die Felsen (T4) ein gutes Stück weiter links, da hier kaum Schnee liegt. Am Refugio Vivac de la Carihuela (3201 m) hoffe ich einfach, dass es ab jetzt einfacher wird, da der Weg breiter sein soll und daher wohl häufiger begangen sein dürfte.
Naja, falsch gedacht. Die ersten paar Meter sind tatsächlich problemlos, aber die Serpentinen sind stellenweise komplett eingeschneit, keine Spuren, und diese Schneefelder sehen wirklich verdammt steil aus. Also mal wieder - Weg ignorieren und Orientierungssinn einschalten. Ich folge einer Art Band nach Nordosten, ich weiß ich muss irgendwie rechts nach unten, aber Abklettern wäre viel zu heikel. Schließlich komme ich an einen Punkt, wo das Band bald vor mir aufhört und ich weiß, hier gibt es kein Weiterkommen. Die einzige logische Konsequenz: Umkehren. Auf dem Weg zurück komme ich aber an eine Stelle, die mir unbekannt vorkommt. Ich weiß nicht mehr, wo ich hergekommen bin, aber ich muss aus Versehen weiter abgestiegen sein als ich wollte - und sehe nach links eine Stelle, wo man nach unten kommen könnte! Gerade mit meinem schweren Rucksack ist es alles andere als trivial, aber nach dem Abklettern einer Einser-Stelle und einer kurzen Rutschfahrt auf dem Schnee bin ich unten in leichterem Gelände angekommen (diese Stelle würde ich unter den Bedingungen schon mit T5 bewerten).
Erst mal durchatmen. Ab hier wird zum Glück doch alles deutlich entspannter. Es sind noch einige Schneefelder zu queren, aber die haben interessanterweise Trittspuren. Ich habe keine Ahnung, wie deren Verursacher hier hergekommen sind, aber das ist mir im Moment auch egal, denn sie geben mir ein gutes Stück mehr Sicherheit.
So zieht es sich ohne große Höhenunterschiede (wegen den Schneefeldern T4) zum Refugio Pillavientos/Villavientos (3085 m), wo ich plane, die Nacht zu verbringen. Ich komme ziemlich fertig um kurz nach 16 Uhr an und ruhe mich erst mal aus.
Allerdings geht mein Wasser langsam zur Neige, deswegen mache ich mich um 18:15 nochmal auf den Weg in Richtung Gipfel - schon mal auskundschaften und bei einem der Seen Wasser holen. Ich merke, dass ich nun wieder einiges an Kraft habe und denke mir, warum nicht gleich schon auf den Gipfel? Sind nur 400 Höhenmeter, das müsste doch gehen. Und gerade geht es mir ganz gut, wer weiß wie das dann morgen nach einer Nacht auf 3000 Metern ohne jegliche Akklimatisierung aussieht. Vielleicht will ich dann einfach nur noch auf dem schnellsten Weg ins Tal.
Dazu kommt, dass der Gipfelanstieg komplett schneefrei ist. Das gibt mir auch einen psychologischen Boost: alle Schwierigkeiten, die ich bis jetzt hatte, waren ja ausschließlich auf den Schnee zurückzuführen.
Also mache ich mich ohne Rucksack und nur mit einer Wasserflasche in der Hand (die andere lasse ich unten), auf den Weg zum höchsten Nicht-Alpen-Berg Europas. Die Pfadspur durch die Westflanke ist nicht sehr deutlich, aber es geht. Es ist ordentlich windig, aber der Pfad führt völlig unschwierig (T2) bis zum Gipfel des Pico de Mulhacén (3480 m). Und dann stehe ich oben! Mein erster Dreitausender, und was für einer! In der Ferne sieht man sogar das Mittelmeer Richtung Marokko, auch wenn es heute recht dunstig ist und sich das Blau nicht sehr stark vom Himmelsblau unterscheidet.
Und wieder zurück zur Hütte. Der Abstieg zu meiner zweiten Wasserflasche geht noch recht leicht vonstatten, die Querung zur Hütte zieht sich nochmal enorm und ich komme völlig fertig gegen 20:45 am Refugio an. Vorher treffe ich aber noch den einzigen Menschen seit dem Refugio de la Carihuela: er ist von Süden aufgestiegen und übernachtet im nahen Refugio Vivac de la Caldera.
Am Abend wird mir leicht übel, das geht aber zum Glück nach etwa einer Stunde von selbst wieder zurück. Ich gehe von leichter Höhenkrankheit, verstärkt durch die Anstrengung, aus. Und auch die Nacht ist nicht viel besser - mein Schlafsack ist für diese Temperaturen definitiv zu dünn. Draußen ist es aber nochmal deutlich kälter, die Biwakhütte hält schon etwas ab. Der Wind ist extrem, es stürmt regelrecht. Das etwas lose Fenster klappert permanent so laut, dass ich kaum schlafen kann. Was mache ich hier eigentlich?
Am nächsten Morgen geht es mir zum Glück nicht so schlecht wie gestern Abend befürchtet, aber nochmal auf den Gipfel würde ich auf keinen Fall wollen. Ich hatte ursprünglich geplant, über denselben Weg wieder abzusteigen, aber nachdem ich gestern gesehen habe, dass der Weg nach Capileira (also nach Süden) komplett schneefrei ist, war die Sache sofort klar. Irgendwie würde ich dann von dort schon wieder nach Granada oder irgendwo anders hin kommen. Zur Not per Anhalter.
Also wieder erst mal Richtung Gipfel. Ich bin extrem froh über meine Trittspuren von gestern, denn die zu querenden Schneefelder sind jetzt am Morgen wieder deutlich härter gefroren.
Am Abzweig zum Mulhacén halte ich mich nun rechts. Es gibt immer noch ein paar Schneefelder, aber deutlich flacher und kleiner als alles bisher (T2-3). Bei einem Wegweiser (2705 m) halte ich mich links auf dem breiten Hauptweg (ab hier T1). Bald treffe ich einen Deutschen, der heute früh auf dem Gipfel war und nun wieder absteigt. Das restliche Stück gehen wir gemeinsam bis zu seinem Auto, dass er bei der Hoya del Portillo (2150 m) geparkt hatte. Netterweise nimmt er mich mit nach Capileira, wo eine Nachfrage ergibt, dass in ein paar Stunden tatsächlich ein Bus nach Granada fährt. Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich von vornherein hierhergefahren und alles wäre um ein Vielfaches entspannter gewesen...
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