Hagengebirgsüberschreitung Ost-West
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Meine bisher einsamste und härteste Tour
Wie der Streckenbeschreibung zu entnehmen, entschieden wir uns das Hagengebirge möglichst zentral und einsam zu überqueren. Ein großer Teil der Tour war ein Jagdsteig, auf den ich besonders gespannt war.
Los ging es für uns um 5 Uhr morgens am Bahnhof in Golling. Zügigen Schrittes waren wir schnell im Bluntautal und kurz darauf am Gasthof Bärenwirt vorbei. Unser Ziel war es so hoch wie möglich am Schlumsteig zu kommen bevor uns die ersten Sonnenstrahlen erreichten.
Dies geschah leider schon nach vielleicht 200hm. Die Sonnenstrahlen im Nacken verrieten uns direkt, dass es ein wirklich heißer Tag werden sollte.
Dennoch war der erste Steilaufstieg des Schlumsteigs durchaus genussvoll und schon bald kamen wir zur Weggabelung nahe der ehemaligen Hieflalm.
Auch wenn ich gerne mal den Schlumsee gesehen hätte, bogen wir nach rechts Richtung Schlumtal ab. Weiter ging es in stetigem Steilwald bergan bis sich der Baumbestand etwas lichtete. Es folgte ein ziemlich ebenerdiger Abschnitt und zuletzt ging es sogar wieder ein paar Meter hinab, bis wir endlich in der Talsohle des unteren Schlumtals standen. An der Jagdhütte Vorderschlum machten wir eine ausgiebige Frühstückspause und erfrischten uns am Brunnen, da es bereits unerträglich heiß war.
Glücklicherweise ging es ab da zur Abkühlung erstmal in einem feuchtem, schattigem Wald aufs Hochwandl zu. Ab jetzt hieß es nämlich Jagdsteig suchen. Der Verbindungsweg zwischen Vorderschlum und Hochwandl ist nicht leicht zu finden und wir stiegen wohl zu niedrig ein, was uns dazu zwang im Seegraben durch extrem anstrengendes, mit Felsstufen durchsetztes Steilwaldgelände, welches zudem noch nass und rutschig war, gerade aufzusteigen, bis wir auf den richtigen Jagdsteig trafen. Mit viel Fantasie kann man gelegentlich Trittspuren erkennen aber wir orientierten uns hauptsächlich an den abgesägten Ästen, welche die Jäger als Wegmarkierung zu nutzen scheinen.
Ein schnelles Vorankommen war leider nicht möglich, da wir wegen der mangelnden Trittspuren, ständig Ausschau nach abgesägten Ästen halten mussten. Endlich öffnete sich der Wald und wir blickten auf die senkrechte Nordwestwand des Hochwandls mit einem großen Geröllfeld davor. Hier gibt es auch einen unverschlossenen Jagdsitz, welcher sich gut als Notunterschlupf bei Schlechtwetter eignen würde.
Nach einer kurzen Trinkpause stiegen wir rechts neben dem Geröllfeld weiter auf die Felswand zu und bogen als es anfing unangenehm steil zu werden halb rechts ab. Wir haben viel gesucht aber alle Hinweise auf einen Weg scheinen am Jagdsitz zu enden. Da jetzt erstmal aber nur Steilwiese durchsetzt mit Wasserplatten und lichtem Baumbestand folgte, war es nicht schwer querfeldein zu steigen. Wenn die Sonne nicht so auf den Schädel gebrannt hätte, hätten wir diesen malerischen Abschnitt sicher mehr genießen können. Wir hielten uns stets links und nach ca. 200hm seit des Jagdsitzes sahen wir links über Steilschrofen den Dachgiebel der Hochwandl Jagdhütte hervorstehen. Eifrig kletterten wir durch die einfachen Schrofen schnell zu ihr hinauf.
Mittagspause
Da es bereits nach 12 war, hielten wir sie nur kurz. Diese Hütte liegt wirklich unglaublich einsam. Allein, dass es nicht einen gut erkennbaren Weg zu ihr gibt, und die Zeit die wir brauchten um dorthin zu gelangen spricht für sich. Dennoch ist sie gut in Schuss und scheint alles zu haben was man braucht. Es lagen sogar Zementsäcke unter der Terrasse. Wie auch immer die dort hoch gekommen sind. Anscheinend lassen sich die Jäger hin und wieder auch mal per Hubschrauber beliefern.
Trotz großer Erschöpfung durch die Hitze, mussten wir weiter. Wir hatten bereits reichlich die Nase voll von Jagdsteigen aber ein sehr langer lag ja noch vor uns: Die Verbindung zwischen Hochwandl und Hochwiessattel.
Wir hielten zunächst ohne Anzeichen auf einen Weg, gerade auf den Umgäng zu. Ein unbedeutender Latschengipfel am Rand des zentralen Hagengebirges.
Als die schöne Bergwiesenlandschaft langsam in Latschendickicht überging, sahen wir sogar wieder unsere heiß geliebten abgesägten Äste. Unser Zeichen, dass wir richtig sind und dass vor uns schonmal ein Mensch hier oben war. Ein gutes Gefühl! Dieses Ausgeliefertsein in der absolut menschenleeren Einöde ist sonst nicht leicht zu ertragen.
Schneller kamen wir dadurch aber trotzdem nicht voran. Ein Weg kann man das nicht nennen. Vielmehr ist es eine reine Spurensuche.
Für uns hieß das:
Wenige hundert Meter vor dem Umgäng führen uns die Spuren rechts hinab in das kleine Tal, was den Bergspiegel (ein weiterer Latschengipfel) vom Umgäng trennt. In der Talsohle kamen wir endlich wieder schneller voran, da dort mehr Wiese ist und es nur noch sachte bergauf geht.
Nach einem kleinem Felsriegel, den man rechts in wenigen Handgriffen einfach umklettern kann, eröffnete sich die Aussicht auf das weite Lengtal mit dahinterliegendem Kamm der Lengtalschneid. Ein Panorama was wohl nur wenige Menschen bisher hatten und was das Gefühl der absoluten Einsamkeit noch weiter unterstreicht.
Links in der Ferne sahen wir bereits den Hochwiessattel und die Strommasten der 220kV Leitung, welchen der Verbundsteig folgt.
Da das Gelände anfänglich eher offen und leicht zu durchqueren ist, steuerten wir unbeschwert und zügig auf die Strommasten zu, mit der Vorfreude auf den markierten Verbundsteig. Als der Latschenteppich langsam immer dichter wurde, sodass wir kaum noch weiter kamen, schaute ich nach längerer Zeit nochmal auf die Karte. Leider waren wir falsch. Wir haben uns zu weit links am Umgäng gehalten. Eigentlich geht der Weg aber zunächst gerade ins Lengtal hinab bevor er sich dann nach links Richtung Hochwiessattel wendet.
Nun mussten wir entscheiden: Gehen wir zurück um dem Jagdsteig zu folgen oder halten wir querfeldein auf die augenscheinlich nicht mehr weit entfernten Strommasten zu?
Ich weiß nicht ob wir wegen der psychischen und körperlichen Erschöpfung langsam wahnsinnig wurden aber wir entschieden uns querfeldein zu gehen. Ein folgenschwerer Fehler, wie sich schnell rausstellen sollte.
Zur Leitung waren es noch ca. 1,6km auf der scheinbar ebenen Hochfläche. Jedoch handelt es sich um stark zerklüftetes Karstgelände mit extrem dichtem Latschenbewuchs, was das Durchkommen unglaublich zeitaufwendig und anstrengend gestaltete. Nach jeder Felsrippe kam eine neue Senke. Nach jeder Latschenhecke, durch die wir uns kämpften, kam eine Neue und die Strommasten kamen einfach nicht näher.
Für die 1,6km brauchten wir um die 3 Stunden. 3 Stunden voller Verwirrung, Wut, Selbstmitleid und Erschöpfung.
Endlich lichteten sich die Latschen und wir trafen völlig zerkratzt und körperlich sowie psychisch ausgelaugt auf den Verbundsteig, welcher an dieser Stelle unter der Nordwestwand des Hochwieskopfs lang führt.
Endlich konnten wir wieder Meter machen und innerhalb weniger Minuten waren wir gegen 17 Uhr auf dem Hochwiessattel.
Trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit mussten wir hier erstmal eine große Pause machen und versuchen die Energiereserven wieder irgendwie zu füllen. Dabei bemerkten wir, dass wir kaum noch Wasser hatten. Glücklicherweise konnten wir es an der 30m höher gelegenen Jagdhütte wieder auffüllen. Es war zwar nur in einem ausgesägtem Holzstamm gesammeltes Regenwasser, was nach Holz schmeckte aber besser als nichts. Immerhin war es kühl und sauber.
Um 18 Uhr kriegten wir uns endlich aufgerafft um weiter zu gehen. Die Eckberthütte ist am Hochwiessattel mit 5 Stunden ausgeschildert. Somit waren wir motiviert den Hauptteil des Abstiegs im Hellen zu schaffen. Wie wir später bemerkten ist diese Zeitangabe nicht realistisch.
Erstmal ging es für uns aber hinab in die Rossfelder. Ein wirklich tolles Hochtal mit satten Wiesen und vielen Murmeltieren. Der Verbundsteig selbst ist hier meist nur an den Markierungen zu erkennen. Dieser Teil scheint so selten begangen zu werden, dass sich nichtmal eine Pfadspur in die Wiese getreten hat.
Immer der Leitung hinterher steigt es langsam wieder an und das Gelände wird wieder felsiger. In langwierigem Auf und Ab im Karst kamen wir alsbald an einem in den Fels geschlagenen Unterstand vorbei. Zum Übernachten ist dieser wohl aber nicht zu gebrauchen. Er ist feucht und es stehen verrottete Holzmöbel darin. Kurz darauf erreichten wir die südliche Verbundhütte.
Sie ist in einer atemberaubenden Szenerie auf über 2000m gelegen. Ein tolles Panorama zurück über die Rossfelder, nach Südwesten zwischen westlichem Tantalkopf und Raucheck hindurch hat man sogar weitreichenden Talblick und im Süden ragt der mächtige Hochkönig auf.
Leider konnten wir nicht lange bleiben wegen des Zeitdrucks. Deshalb füllten wir nur schnell wieder Holzwasser auf und es ging weiter. Nach ungefähr 500m fing der Abstieg ins Blühnbachtal an. Leider stellte uns dieser noch vor gewaltige Herausforderungen.
Anfangs verloren wir schnell an Höhe und es lief alles reibungslos, bis darauf, dass es langsam dunkel wurde.
Als wir an der Jägerbrunntroghöhle vorbei kamen, aus der ein eisiger Wind geblasen kam, wurde das Gelände langsam steiler und gefährlicher. Dazu wurden die Wegmarkierungen immer seltener und an einigen Stellen fehlten dringend notwendige Versicherungen.
Das führte dazu, dass wir uns einige Male verstiegen haben in durchweg gefährlichem Absturzgelände, bis uns dann letztendlich die Dunkelheit einholte. Wir versuchten noch einige Zeit mit Stirnlampe weiter abzusteigen aber gaben dann letztendlich auf, da der Weg selbst bei Tageslicht wegen mangelhafter Markierung schwer zu finden ist. Selbst auf der Karte ist der Verbundsteig an dieser Stelle falsch verzeichnet, weshalb uns GPS leider auch nicht weiterhalf. Da die Wand fast überall steil und brüchig ist mussten wir erstmal eine geeignete Stelle finden wo wir uns sicher hinlegen konnten. Die Wahl fiel auf eine kleine waagerechte Kiesfläche in einer ausgetrockneten Wasserrinne auf ca.1700m.
Nach einem kleinem Abendessen und einem kräftigem Schluck Holzwasser hieß es dann gegen 23:30 Uhr Gute Nacht. Da wir eigentlich auf der Eckberthütte nächtigen wollten, hatten wir natürlich keine Biwakausrüstung dabei. Deshalb schliefen wir auf unseren Handtüchern mit allen Kleidungsstücken, die wir dabei hatten. Die Nacht war kalt aber die Erschöpfung ließ uns den Umständen entsprechend schnell einschlafen. Durchschlafen konnte ich aber nicht, da mich die Kälte einige Male aufweckte und ich mich erstmal wieder warm zittern musste.
Aufgewacht sind wir mit steifen Gliedmaßen und einem fabelhaften Blick auf den Hochkönig mit Matrashaus. Unsere Motivation war groß endlich wieder in die Zivilisation zurückzukehren und so verließen wir gegen 20 nach 5 unser Nachtlager.
Es ging direkt mit einer gefährlichen Kletterei in einer bröseligen Felswand weiter. Ohne die mittlerweile selten gewordenen Markierungen würde man niemals meinen, dass dies der Weg sein soll. Anscheinend sind auch teilweise Abschnitte des Steiges aus der Wand gebrochen. Andernfalls kann ich es mir nicht erklären warum es dort keine Stahlseilversicherungen gibt.
Endlich kamen wir wieder in die Latschenzone, was den Steig weitaus weniger gefährlich und leichter zu finden machte. Bald schon waren wir im Wald aber selbst da mussten wir noch viel nach Markierungen suchen, da es größtenteils keine Pfadspuren gibt.
Nach langem zickzack über viele Höhenmeter hinab, trafen wir endlich auf eine Forststraße. Auf dieser humpelten wir dann noch 3,5km zur Eckberthütte.
Dort kamen wir, wenn ich mich recht erinnere um viertel vor 9 an und tranken zum ersten Mal seit 16 Stunden wieder frisches Wasser aus dem dortigen Brunnen und frühstückten unsere restlichen Vorräte. Danach legten wir uns noch einige Stunden schlafen im Notlager. Das hatten wir auch dringend nötig.
Gegen 14:30 Uhr wachten wir aus einem komatösen Zustand auf und beschlossen das letzte Stück zurück in die Zivilisation zu bewältigen.
Unter Schmerzen ging es den 14km langen Forstweg das malerische Blühnbachtal hinunter, was trotz seiner Schönheit anscheinend nur wenig besucht wird. Den ersten Menschen der gesamten Tour seit Golling trafen wir am Ortseingang von Tenneck. Um 18 Uhr waren wir glücklich aber um 60 Jahre gealtert am Bahnhof und warteten auf den Zug.
Fazit: Eine absolute Wahnsinnstour:
Alle Fotos der Tour in hoher Qualität: https://drive.google.com/drive/folders/1glWzcqYwCjVz9DwvDT4k5p4lV2YjHG0M?usp=sharing
Wie der Streckenbeschreibung zu entnehmen, entschieden wir uns das Hagengebirge möglichst zentral und einsam zu überqueren. Ein großer Teil der Tour war ein Jagdsteig, auf den ich besonders gespannt war.
Los ging es für uns um 5 Uhr morgens am Bahnhof in Golling. Zügigen Schrittes waren wir schnell im Bluntautal und kurz darauf am Gasthof Bärenwirt vorbei. Unser Ziel war es so hoch wie möglich am Schlumsteig zu kommen bevor uns die ersten Sonnenstrahlen erreichten.
Dies geschah leider schon nach vielleicht 200hm. Die Sonnenstrahlen im Nacken verrieten uns direkt, dass es ein wirklich heißer Tag werden sollte.
Dennoch war der erste Steilaufstieg des Schlumsteigs durchaus genussvoll und schon bald kamen wir zur Weggabelung nahe der ehemaligen Hieflalm.
Auch wenn ich gerne mal den Schlumsee gesehen hätte, bogen wir nach rechts Richtung Schlumtal ab. Weiter ging es in stetigem Steilwald bergan bis sich der Baumbestand etwas lichtete. Es folgte ein ziemlich ebenerdiger Abschnitt und zuletzt ging es sogar wieder ein paar Meter hinab, bis wir endlich in der Talsohle des unteren Schlumtals standen. An der Jagdhütte Vorderschlum machten wir eine ausgiebige Frühstückspause und erfrischten uns am Brunnen, da es bereits unerträglich heiß war.
Glücklicherweise ging es ab da zur Abkühlung erstmal in einem feuchtem, schattigem Wald aufs Hochwandl zu. Ab jetzt hieß es nämlich Jagdsteig suchen. Der Verbindungsweg zwischen Vorderschlum und Hochwandl ist nicht leicht zu finden und wir stiegen wohl zu niedrig ein, was uns dazu zwang im Seegraben durch extrem anstrengendes, mit Felsstufen durchsetztes Steilwaldgelände, welches zudem noch nass und rutschig war, gerade aufzusteigen, bis wir auf den richtigen Jagdsteig trafen. Mit viel Fantasie kann man gelegentlich Trittspuren erkennen aber wir orientierten uns hauptsächlich an den abgesägten Ästen, welche die Jäger als Wegmarkierung zu nutzen scheinen.
Ein schnelles Vorankommen war leider nicht möglich, da wir wegen der mangelnden Trittspuren, ständig Ausschau nach abgesägten Ästen halten mussten. Endlich öffnete sich der Wald und wir blickten auf die senkrechte Nordwestwand des Hochwandls mit einem großen Geröllfeld davor. Hier gibt es auch einen unverschlossenen Jagdsitz, welcher sich gut als Notunterschlupf bei Schlechtwetter eignen würde.
Nach einer kurzen Trinkpause stiegen wir rechts neben dem Geröllfeld weiter auf die Felswand zu und bogen als es anfing unangenehm steil zu werden halb rechts ab. Wir haben viel gesucht aber alle Hinweise auf einen Weg scheinen am Jagdsitz zu enden. Da jetzt erstmal aber nur Steilwiese durchsetzt mit Wasserplatten und lichtem Baumbestand folgte, war es nicht schwer querfeldein zu steigen. Wenn die Sonne nicht so auf den Schädel gebrannt hätte, hätten wir diesen malerischen Abschnitt sicher mehr genießen können. Wir hielten uns stets links und nach ca. 200hm seit des Jagdsitzes sahen wir links über Steilschrofen den Dachgiebel der Hochwandl Jagdhütte hervorstehen. Eifrig kletterten wir durch die einfachen Schrofen schnell zu ihr hinauf.
Mittagspause
Da es bereits nach 12 war, hielten wir sie nur kurz. Diese Hütte liegt wirklich unglaublich einsam. Allein, dass es nicht einen gut erkennbaren Weg zu ihr gibt, und die Zeit die wir brauchten um dorthin zu gelangen spricht für sich. Dennoch ist sie gut in Schuss und scheint alles zu haben was man braucht. Es lagen sogar Zementsäcke unter der Terrasse. Wie auch immer die dort hoch gekommen sind. Anscheinend lassen sich die Jäger hin und wieder auch mal per Hubschrauber beliefern.
Trotz großer Erschöpfung durch die Hitze, mussten wir weiter. Wir hatten bereits reichlich die Nase voll von Jagdsteigen aber ein sehr langer lag ja noch vor uns: Die Verbindung zwischen Hochwandl und Hochwiessattel.
Wir hielten zunächst ohne Anzeichen auf einen Weg, gerade auf den Umgäng zu. Ein unbedeutender Latschengipfel am Rand des zentralen Hagengebirges.
Als die schöne Bergwiesenlandschaft langsam in Latschendickicht überging, sahen wir sogar wieder unsere heiß geliebten abgesägten Äste. Unser Zeichen, dass wir richtig sind und dass vor uns schonmal ein Mensch hier oben war. Ein gutes Gefühl! Dieses Ausgeliefertsein in der absolut menschenleeren Einöde ist sonst nicht leicht zu ertragen.
Schneller kamen wir dadurch aber trotzdem nicht voran. Ein Weg kann man das nicht nennen. Vielmehr ist es eine reine Spurensuche.
Für uns hieß das:
- Ein paar meter gehen,
- anhalten,
- nach abgesägten Ästen suchen,
- und wieder von vorn
Wenige hundert Meter vor dem Umgäng führen uns die Spuren rechts hinab in das kleine Tal, was den Bergspiegel (ein weiterer Latschengipfel) vom Umgäng trennt. In der Talsohle kamen wir endlich wieder schneller voran, da dort mehr Wiese ist und es nur noch sachte bergauf geht.
Nach einem kleinem Felsriegel, den man rechts in wenigen Handgriffen einfach umklettern kann, eröffnete sich die Aussicht auf das weite Lengtal mit dahinterliegendem Kamm der Lengtalschneid. Ein Panorama was wohl nur wenige Menschen bisher hatten und was das Gefühl der absoluten Einsamkeit noch weiter unterstreicht.
Links in der Ferne sahen wir bereits den Hochwiessattel und die Strommasten der 220kV Leitung, welchen der Verbundsteig folgt.
Da das Gelände anfänglich eher offen und leicht zu durchqueren ist, steuerten wir unbeschwert und zügig auf die Strommasten zu, mit der Vorfreude auf den markierten Verbundsteig. Als der Latschenteppich langsam immer dichter wurde, sodass wir kaum noch weiter kamen, schaute ich nach längerer Zeit nochmal auf die Karte. Leider waren wir falsch. Wir haben uns zu weit links am Umgäng gehalten. Eigentlich geht der Weg aber zunächst gerade ins Lengtal hinab bevor er sich dann nach links Richtung Hochwiessattel wendet.
Nun mussten wir entscheiden: Gehen wir zurück um dem Jagdsteig zu folgen oder halten wir querfeldein auf die augenscheinlich nicht mehr weit entfernten Strommasten zu?
Ich weiß nicht ob wir wegen der psychischen und körperlichen Erschöpfung langsam wahnsinnig wurden aber wir entschieden uns querfeldein zu gehen. Ein folgenschwerer Fehler, wie sich schnell rausstellen sollte.
Zur Leitung waren es noch ca. 1,6km auf der scheinbar ebenen Hochfläche. Jedoch handelt es sich um stark zerklüftetes Karstgelände mit extrem dichtem Latschenbewuchs, was das Durchkommen unglaublich zeitaufwendig und anstrengend gestaltete. Nach jeder Felsrippe kam eine neue Senke. Nach jeder Latschenhecke, durch die wir uns kämpften, kam eine Neue und die Strommasten kamen einfach nicht näher.
Für die 1,6km brauchten wir um die 3 Stunden. 3 Stunden voller Verwirrung, Wut, Selbstmitleid und Erschöpfung.
Endlich lichteten sich die Latschen und wir trafen völlig zerkratzt und körperlich sowie psychisch ausgelaugt auf den Verbundsteig, welcher an dieser Stelle unter der Nordwestwand des Hochwieskopfs lang führt.
Endlich konnten wir wieder Meter machen und innerhalb weniger Minuten waren wir gegen 17 Uhr auf dem Hochwiessattel.
Trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit mussten wir hier erstmal eine große Pause machen und versuchen die Energiereserven wieder irgendwie zu füllen. Dabei bemerkten wir, dass wir kaum noch Wasser hatten. Glücklicherweise konnten wir es an der 30m höher gelegenen Jagdhütte wieder auffüllen. Es war zwar nur in einem ausgesägtem Holzstamm gesammeltes Regenwasser, was nach Holz schmeckte aber besser als nichts. Immerhin war es kühl und sauber.
Um 18 Uhr kriegten wir uns endlich aufgerafft um weiter zu gehen. Die Eckberthütte ist am Hochwiessattel mit 5 Stunden ausgeschildert. Somit waren wir motiviert den Hauptteil des Abstiegs im Hellen zu schaffen. Wie wir später bemerkten ist diese Zeitangabe nicht realistisch.
Erstmal ging es für uns aber hinab in die Rossfelder. Ein wirklich tolles Hochtal mit satten Wiesen und vielen Murmeltieren. Der Verbundsteig selbst ist hier meist nur an den Markierungen zu erkennen. Dieser Teil scheint so selten begangen zu werden, dass sich nichtmal eine Pfadspur in die Wiese getreten hat.
Immer der Leitung hinterher steigt es langsam wieder an und das Gelände wird wieder felsiger. In langwierigem Auf und Ab im Karst kamen wir alsbald an einem in den Fels geschlagenen Unterstand vorbei. Zum Übernachten ist dieser wohl aber nicht zu gebrauchen. Er ist feucht und es stehen verrottete Holzmöbel darin. Kurz darauf erreichten wir die südliche Verbundhütte.
Sie ist in einer atemberaubenden Szenerie auf über 2000m gelegen. Ein tolles Panorama zurück über die Rossfelder, nach Südwesten zwischen westlichem Tantalkopf und Raucheck hindurch hat man sogar weitreichenden Talblick und im Süden ragt der mächtige Hochkönig auf.
Leider konnten wir nicht lange bleiben wegen des Zeitdrucks. Deshalb füllten wir nur schnell wieder Holzwasser auf und es ging weiter. Nach ungefähr 500m fing der Abstieg ins Blühnbachtal an. Leider stellte uns dieser noch vor gewaltige Herausforderungen.
Anfangs verloren wir schnell an Höhe und es lief alles reibungslos, bis darauf, dass es langsam dunkel wurde.
Als wir an der Jägerbrunntroghöhle vorbei kamen, aus der ein eisiger Wind geblasen kam, wurde das Gelände langsam steiler und gefährlicher. Dazu wurden die Wegmarkierungen immer seltener und an einigen Stellen fehlten dringend notwendige Versicherungen.
Das führte dazu, dass wir uns einige Male verstiegen haben in durchweg gefährlichem Absturzgelände, bis uns dann letztendlich die Dunkelheit einholte. Wir versuchten noch einige Zeit mit Stirnlampe weiter abzusteigen aber gaben dann letztendlich auf, da der Weg selbst bei Tageslicht wegen mangelhafter Markierung schwer zu finden ist. Selbst auf der Karte ist der Verbundsteig an dieser Stelle falsch verzeichnet, weshalb uns GPS leider auch nicht weiterhalf. Da die Wand fast überall steil und brüchig ist mussten wir erstmal eine geeignete Stelle finden wo wir uns sicher hinlegen konnten. Die Wahl fiel auf eine kleine waagerechte Kiesfläche in einer ausgetrockneten Wasserrinne auf ca.1700m.
Nach einem kleinem Abendessen und einem kräftigem Schluck Holzwasser hieß es dann gegen 23:30 Uhr Gute Nacht. Da wir eigentlich auf der Eckberthütte nächtigen wollten, hatten wir natürlich keine Biwakausrüstung dabei. Deshalb schliefen wir auf unseren Handtüchern mit allen Kleidungsstücken, die wir dabei hatten. Die Nacht war kalt aber die Erschöpfung ließ uns den Umständen entsprechend schnell einschlafen. Durchschlafen konnte ich aber nicht, da mich die Kälte einige Male aufweckte und ich mich erstmal wieder warm zittern musste.
Aufgewacht sind wir mit steifen Gliedmaßen und einem fabelhaften Blick auf den Hochkönig mit Matrashaus. Unsere Motivation war groß endlich wieder in die Zivilisation zurückzukehren und so verließen wir gegen 20 nach 5 unser Nachtlager.
Es ging direkt mit einer gefährlichen Kletterei in einer bröseligen Felswand weiter. Ohne die mittlerweile selten gewordenen Markierungen würde man niemals meinen, dass dies der Weg sein soll. Anscheinend sind auch teilweise Abschnitte des Steiges aus der Wand gebrochen. Andernfalls kann ich es mir nicht erklären warum es dort keine Stahlseilversicherungen gibt.
Endlich kamen wir wieder in die Latschenzone, was den Steig weitaus weniger gefährlich und leichter zu finden machte. Bald schon waren wir im Wald aber selbst da mussten wir noch viel nach Markierungen suchen, da es größtenteils keine Pfadspuren gibt.
Nach langem zickzack über viele Höhenmeter hinab, trafen wir endlich auf eine Forststraße. Auf dieser humpelten wir dann noch 3,5km zur Eckberthütte.
Dort kamen wir, wenn ich mich recht erinnere um viertel vor 9 an und tranken zum ersten Mal seit 16 Stunden wieder frisches Wasser aus dem dortigen Brunnen und frühstückten unsere restlichen Vorräte. Danach legten wir uns noch einige Stunden schlafen im Notlager. Das hatten wir auch dringend nötig.
Gegen 14:30 Uhr wachten wir aus einem komatösen Zustand auf und beschlossen das letzte Stück zurück in die Zivilisation zu bewältigen.
Unter Schmerzen ging es den 14km langen Forstweg das malerische Blühnbachtal hinunter, was trotz seiner Schönheit anscheinend nur wenig besucht wird. Den ersten Menschen der gesamten Tour seit Golling trafen wir am Ortseingang von Tenneck. Um 18 Uhr waren wir glücklich aber um 60 Jahre gealtert am Bahnhof und warteten auf den Zug.
Fazit: Eine absolute Wahnsinnstour:
- wahnsinnig anstrengend
- wahnsinnig weit
- wahnsinnig einsam
- wahnsinnig verwirrend
- wahnsinnig schmerzhaft
- wahnsinnig ernüchternd
- wahnsinnig schön
Alle Fotos der Tour in hoher Qualität: https://drive.google.com/drive/folders/1glWzcqYwCjVz9DwvDT4k5p4lV2YjHG0M?usp=sharing
Tourengänger:
KingKaese

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