Über den Rossberg 1580m vom Zuger- zum Ägerisee, via Bigstein, Sasso Secreto, Bergsturz-Direttissima


Publiziert von Ororretto , 12. Mai 2024 um 22:11.

Region: Welt » Schweiz » Schwyz
Tour Datum:11 Mai 2024
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Ross- und Zugerberggebiet   CH-SZ   CH-ZG   Chopfberg   Rigigebiet 
Zeitbedarf: 9:15
Aufstieg: 1620 m
Abstieg: 1311 m
Strecke:20.20 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Arth, Chäppeli
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Morgarten, Hotel

Über die letzten paar Jahre habe ich auf Hikr und im SAC Uto Magazin bereits von mehreren Geheimtipps im Rossberg-Gebiet gelesen, und möchte diese heute zu einer ordentlich langen Tagestour kombinieren:
  • Felix hat schon mehrfach vom fantastischen Aussichtspunkt Bigstein oberhalb des Zugersees geschwärmt...
  • In einem Magazin des SAC-Uto fand sich ein sehr eindrückliches Bild des seilgesicherten Direktzustiegs auf den Gnipen...
  • Höchste Zeit, das Geheimnis um den von Bombo betitelten "Via Sassa Secreto" zu lüften...
  • Gleich drei Gipfel im Rossberggebiet befinden sich abseits der markierten Wanderwege: Leiterenflue, Türlistock und Chaiserstock...


Der Rossberg ist auf allen Seiten von Seen umgeben. Damit ich auch ganz sicher sein kann, dass ich den Rossberg vollständig von ganz unten nach ganz oben überschritten habe, lege ich also die Route so, dass Start und Ende direkt am Zuger- bzw. Ägerisee liegen. Von Arth-Goldau geht es per Bus auch nicht lange bis ich in Arth starten kann.

Ursprünglich hatte ich geplant, über den unmarkierten Weg aufzusteigen, der bei Baltisberg startet. Markierte Wege kann ja jeder! Da ich aber beim Studium des Satellitenbildes im offenen Gelände kaum Wegspuren ausmachen konnte, und das Gelände, wie ich vom Zug aus gesehen habe, grossflächig als Weidegebiet eingezäunt ist, entschied ich mich dann doch spontan dagegen. Irgendwie hatte ich keine Lust auf einen potentiell weglosen und deutlich anstrengenderen Anstieg, und damit schon die ganze Energie zu verschwenden. Also auf dem BWW hoch Richtung Bigstein. Dieser Weg ist meist nicht besonders schwierig (T2), aber oft ordentlich steil. Ab etwa 900 m.ü.M. wird das Gelände abschüssiger und der Weg weist ein paar kurze leicht ausgesetzte aber durchaus spannende Stellen auf (T3). Auch eine Leiter trifft man auf dieser Route an. 

Der Bigstein liegt ein paar Meter abseits des markierten Wanderwegs, ist aber sehr einfach (T2) über einen sehr guten und mit Geländer gesicherten Weg erreichbar, ein kleiner inoffizieller Wegweiser zeigt die Abzweigung an. Es gibt aber noch (mindestens) zwei weitere Zustiege mit etwas mehr "Pepp":
  • Alternative 1 (Schwierigkeit ca. T3+) zweigt auf etwa 1002m, ein par Meter nach einer linken Spitzkehre auf dem BWW über eine deutliche Wegspur ab (vgl. Bildstrecke). Der Pfad führt sehr interessant zuerst durch einen schmalen Spalt, gebildet durch einen Baum und eine Felswand, und danach luftig an der Aussenseite dieser Felswand entlang. Eine kurze, einfache Kraxelstelle führt dann wieder zum "Normalweg" hinauf.
  • Alternative 2 (Schwierigkeit ca. T4) beginnt exakt bei der linken Spitzkehre des BWW auf 995m. Von hier aus kann der Bigstein schemenhaft durch die Bäume bereits erahnt werden (vgl. Bildstrecke). Auf einem eher undeutlichen Pfad geht es kurz recht steil abwärts. Dann öffnet sich der Blick in ein steiles, von Felsen begrenztes Couloir. In diesem ist ein aktuell sehr neu aussehendes und sehr professionell montierties Stahlseil (ähnlich einem Klettersteig) sowie im oberen Teil ein paar Metalltritte angebracht. Das Couloir endet direkt beim Geländer des Normalwegs.
Folgender Kartenausschnitt zeigt den ungefähren Verlauf der Routen:



Nachdem alle Varianten erkundet worden sind und eine wohlverdiente Pause stattgefunden hat, folge ich weiter dem markierten BWW für weitere ca. 100 Hm bergwärts und gelange an eine Wanderweg-Kreuzung. Hier folge ich nicht dem Weg Richtung Gnipen, obwohl dies mein erstes Gipfelziel für heute ist. Mein nächstes Etappenziel sind nämlich die Häuser bei Gribsch, unterhalb des Bergsturzes. Dies bedeutet einen Umweg von rund 150 Hm, ist aber nötig, damit ich das nächste Highlight, den "Via Sasso Secreto" gut in meine Tour einbauen kann. Bis Gribsch alles den markierten Wegen entlang - da fasse ich mich ausnahmsweise kurz ;)

Der "Via Sasso Secreto", italienisch für "Geheimer Felsenweg" oder so ähnlich (müsste es nicht "Sasso Segreto" heissen?), auch als "Felsentor" bezeichnet ist ein ziemlich gut versteckter aber sehr eindrücklicher und spannender Weg durch den wilden und unübersichtlichen Bergsturz-Wald. Geprägt von hohen Felswänden, engen Spalten, einem Kraxel-Einsatz und einem riesigen Felsentor. Der Einstieg befindet sich auf etwa 1150m auf dem unmarkierten, aber teilweise eingetragenen Weg, der von Gribsch nach Althütte entlang der östlichen Begrenzung des Bergsturz-Gebietes führt. Von dort aus führt der Weg in nordwestlicher Richtung in den Bergsturz hinab.

Von Gribsch aus folge ich also dem Weg nordwärts und aufwärts. Zwischen 1020m und 1060m ist dieser auf der LK zwar unterbrochen, vor Ort aber stets überdeutlich und durchgehend problemlos zu finden. Bei einem deutlich emporragenden Felsen linkerhand des Weges findet sich eine deutliche Wegspur, die den Einstieg darstellt. ACHTUNG: Wenn man von unten kommt gibt es mindestens einen irreführenden, ähnlichen Felsen mit mehr oder weniger deutlicher Wegspur. Fälschlicherweise folge ich zuerst dieser Abzweigung, die in ebenfalls sehr interessantes Gebiet führt. Etwa 15 Minuten lang folge ich einer Wegspur, die sich aber immer öfters verzweigt und undeutlicher wird. Als mir das Ganze zweifelhaft genug erscheint, schaue ich mir das Foto der Abzweigung nochmals an und vergleiche mit dem Foto meiner gewählten Abzweigung. Der Fall ist klar: Ich bin falsch abgebogen. Nun gilt es also, meine 15-minütige Irrfahrt wieder zurückzuverfolgen. Plötzlich sieht alles wie eine Wegspur aus und das Gelände ist sehr unübersichtlich. Dank gemachter Fotos kann ich meine aktuellen Standorte abgleichen und bestätigen, dass ich tatsächlich hier durchgekommen bin. Zum Glück ohne längeres Suchen finde ich zurück zum auf der LK eingetragenen Weg.

Ein paar Meter weiter bergwärts finde ich dann doch noch den richtigen Einstieg. Ich vergleiche Form des Felsens, Position der Bäume usw. um ganz sicher zu sein. In der Bildstrecke habe ich noch entsprechende neue Fotos beigelegt, die zeigen wie die Situation von oben und unten aussieht. Der "Via Sasso Secreto" beginnt mit der Passage eines sehr engen, hüfthohen Grabens aus Nagelfluh. Bald darauf steil abwärts in einen weiteren, viel tieferen Graben, der aber noch nicht das Felsentor darstellt. Es folgen zwei grössere Nagelfluh-Felsen, die den Weiterweg versperren. Diese müssen überkraxelt werden. Besonders ausgesetzt ist die Sache zwar nicht, aber mangels guter Griffe und Tritte ist das für einen Kletter-Laien wie mich doch nicht ganz trivial (UIAA I).

Wenige Meter später öffnet sich unter einem der Schlund in das atemberaubende Felsentor; der Ab- und Durchstieg ist jedoch nicht besonders schwierig (T3). Das Dach des Felsentores bildet ein grosser Nagelfluh-Felsen, dem der Name "Rossbergzahn" verliehen wurde. Ein Seil und eine Kette laden zur Besteigung desselben ein. Schnell ist der Rucksack deponiert und der feste Griff um das Seil geschlossen. Fast senkrecht gehts obsi bis zur Oberkante des Zahns. Bis zur Fahne fehlen dann noch ein paar weniger steile aber sehr ausgesetzte Meter, leider ohne Seil oder Kette. Ich erkenne meine Grenze und kehre nach ein paar vorsichtigen Schnappschüssen an dieser Stelle wieder um - dennoch ein lohnenswertes "Abenteuer im Abenteuer".

Nach der ehrfürchtigen Durchquerung des Felsentores wird der Weg wieder gemächlicher und führt durch die lichter werdende Vegetation weiter in das Bergsturzgebiet hinein. Der Via Sasso Secreto endet an einer Kreuzung, wo entweder weiter auf- oder Richtung der markierten Rundgänge im unteren Teil des Bergsturzes abgestiegen werden kann. Alles in allem würde ich den Sasso Secreto mit T3+ / I bewerten.

Für mich geht's jetzt endlich direkt dem Gnipen entgegen. Eine meist gut sichtbare Wegspur führt mich gleichmässig steil aufwärts. Es ist mittlerweile Mittag, die Sonne prallt, die magere Vegetation spendet keinen Schatten und es ist kein Lüftchen zu spüren. Umso anstrengender fühlen sich dementsprechend die rund 400 verbleibenden Höhenmeter bis zum Gnipen an, die gegen oben begrenzende Felswand will nicht näherkommen... Je weiter hoch ich komme, desto undeutlicher werden die Wegspuren, und desto unübersichtlicher das Gelände. Dafür finde ich regelmässig kleine Steinmänner, denen ich ohne grössere Orientierungsprobleme folgen kann. Die wild durcheinandergewürfelten Nagelfluh-Brocken und die dürre Vegetation dazwischen bilden eine sehr faszinierende Szenerie...

Endlich taucht dann doch die erlösende obere Felswand aus den Föhren auf. Zuverlässig haben mich die Steinmänner direkt zum Einstieg der kurzen Kletter-Passage geleitet. Schräg aufwärts über schmale Simse leiten die Ketten und Seile über die Felsstufe hoch. Aus dem richtigen Blickwinkel sieht das enorm ausgesetzt aus. Von etwas weiter weg betrachtet ist es dann aber halb so wild (aber dennoch sehr lässig!) und der Spass leider auch viel zu schnell schon wieder vorbei. Ein paar weitere Meter steil über Schutt und Gras aufwärts, und ich stehe am Gipfelkreuz des Gnipen.

Ich spule etwas vor: Über die markierten Wege zum Hauptgipfel des Gnipen und weiter zu Wildspitz (kurze Glacé-Pause), Driangel und Langmatt.

Von der Langmatt auf einer Waldstrasse zu Punkt 1521. Direkt bei der Hütte beginnt ein schmaler, attraktiver Pfad auf den höchsten Punkt der Leiterenflue und folgt der nördlichen Abbruchkante mit schönen Tiefblicken zurück zur Strasse. Am Ende der Strasse befinden sich zwei rot-weisse Abschrankungen. Die initiale Befürchtung, dass der Weg gesperrt sein könnte, stellt sich aber schnell als falsch heraus. Es soll wohl mehr ein Hinweis sein, dass der Weg nicht geradeaus die Klippe hinunterführt, sondern rechts von den Schranken kurz in den Wald eintaucht und so zum oberen Ende der Leiter führt. Spassig und nicht schwierig (T3) geht's die Leiter runter und danach auf schönem Pfad flach weiter zum wenig ausgeprägten Türlistock. Vom Türlistock dann sehr steil und etwas anspruchsvoller (T3) abwärts, anschliessend auf einem Fahrweg flach zur Halsegg (T1).

Den letzten Gipfel für heute, den Chaiserstock, erreiche ich von der Halsegg über einen Fahrweg. Die letzten paar Meter zum höchsten Punkt und Gipfelkreuz dann jedoch weglos über mit Zäunen durchzogene Weideflächen (T2). Für den Abstieg peile ich den auf der LK eingetragenen Weg ein, der ab ca. 1375m nordwärts abwärts führt. Ich finde ein Schlupfloch im Stacheldrahtzaun und kann dann ohne Probleme auf schwachen Wegspuren durch den nicht allzu steilen Wald absteigen. Den angepeilten Weg finde ich auf Anhieb und folge diesem steil und ein wenig rutschig abwärts auf die Weideflächen bei Ramenegg.

Auf dem markierten Wanderweg zur Cholerhütte und weiter zu Rossalmig (mit Abkürzung rechts von der Cholerhöchi durch, auf der LK eingetragen). Von hier eine Stufe abwärts zu P. 1065 und auf der Strasse nordwärts zum auf der LK eingetragenen wbw-Bergwanderweg. Ich erhoffe mir, auf diesem Weg noch ein paar lohnende Ausblicke über den Ägerisee zu erhaschen - der Plan funktioniert! Danach ohne weitere Umwege runter zur Naas, und wenig lohnenswert auf einer Teerstrasse in der drückenden Nachmittagshitze dem See entlang nach Morgarten. Mit dem Bus nach Rothenturm und von dort mit dem Voralpen-Express via Rapperswil zurück ins Züri Oberland.


Zeiten und Schwierigkeiten
Hinweis: Die Wegzeiten und Schwierigkeiten beziehen sich auf die Strecke zwischen dem Checkpoint der vorhergehenden Zeile und dem Checkpoint der eingetragenen Zeile.

Zeit Checkpoint Höhe Angegebene Wegzeit Meine Wegzeit Pause Schwierigkeit
08:00 cff logo Arth, Chäppeli
 Arth
         
09:40  Bigstein 1008m - 1 h  40 min* 10 min T4*
10:40  Gribsch 960m - 50 min   T2
12:40  Gnipen - Gipfelkreuz 1547m - 2 h** 15 min T4 / I
13:05  Gnipen 1567m - 10 min   T1
13:20  Wildspitz 1580m 25 min 15 min 15 min T1
13:50  Langmatt 1544m - 15 min   T1
14:10  Türlistock 1502m - 20 min   T3
14:30 Halsegg 1320m - 20 min   T3
14:50  Chaiserstock 1425m - 20 min 10 min T2
15:30  Cholerhütte 1158m - 30 min   T3
16:00  Sod 1045m - 30 min   T1
16:40  Naas 731m 40 min 40 min 5 min T2
17:10 cff logo Morgarten, Hotel
 Morgarten
726m 30 min 25 min   T1
*inkl. Erkunden der Aufstiegs-Varianten am Bigstein (ca. 20 min)
**inkl. falscher Weg (ca. 30 min)


Wegzeit Total: 8 h  10 min
Pausen Total: 1 h  0 min
Zeitaufwand Total: 9 h  10 min


Technische Ausrüstung
- Wanderschuhe

Tourengänger: Ororretto
Communities: ÖV Touren


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Geodaten
 63137.kml Manuell eingetragener Track

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Kommentare (3)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 13. Mai 2024 um 07:24
einen tollen Bericht hast du da verfasst - Dankeschön

lg Felix

und: am 10 Mai war ich auch via Türlistock und Leiterenflue auf dem Wildspitz ...

Ororretto hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. Mai 2024 um 22:10
Merci für das Feedback! Nur dank deinem guten Marketing zum Bigstein ist's zu dieser Tour gekommen

Felix hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. Mai 2024 um 13:50
:-)


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