Turm, Nadel, Tisch, oder: Ruschel, Rappen, Derst


Publiziert von Nik Brückner , 9. April 2024 um 14:14.

Region: Welt » Deutschland » Westliche Mittelgebirge » Pfälzerwald
Tour Datum: 6 April 2024
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 850 m
Abstieg: 850 m
Strecke:20,5

Unter "Felsen in der Südpfalz" hatte ich diese Runde in meinem Tourenplaner abgespeichert. Stellt sich heraus: so viele Felsen hat's da gar nicht. Dafür aber sehr spektakuläre: ein paar schlanke, äußerst elegante Nadeln, ein langes Felsenriff und einen jener für diese Gegend so typischen Pilzfelsen. Nicht die spektakulärsten Vertreter ihrer jeweiligen Gattungen, aber besonders schöne dafür.


Mit "II: Frailty" von OU im Player fuhr ich in die Südpfalz. Los ging's im hübschen Ort Birkenhördt (245 m). Von dort aus findet sich der Weg hinauf zu der gut sichtbar über dem Ort thronenden Friedenskapelle (330 m) von selbst.

Die Friedenskapelle ist ein nettes Kirchlein mit schöner Aussicht. Die Idee, hier eine Kapelle zu errichten, geht auf das Jahr 1935 zurück, gebaut wurde aber erst im den 90ern. Seit 1997 ist die Kapelle fertig.

Eine hübsche Aussicht hat man hier. Birkenhördt im Tal, darüber Kohlbrunnberg, Stäffelsberg, Kahlenberg, Farrenberg, Großer Eichelberg, Krummer Ellenbogen, Hohe Eiche, Grünberg, Jüngstberg und Großer Eyberg.



Ich lief dann hinter der Kapelle hinauf zu einem breiten Weg und auf diesem Richtung Norden (links). Kurz hinter einer Weggabelung weisen gelbe Pfeile an den Bäumen auf einen unmarkierten Pfad, der im Zickzack zu einem markanten, kurios geformten Felsgebilde führt: Ruschelturm (314 m) und Ruschelnadel (312 m).

Wie gesagt: so viele Felsen hat's in dieser Gegend gar nicht. Hier und dort ragen aber doch einige rote Felsgebilde aus dem grünen Kiefernwald. In diesem Fall: Die von Wind, Regen und Frost zerklüfteten Ruschel- oder Rustelfelsen. Der imposante Felsklotz ist der östlichste Buntsandsteinfelsen des Dahner Felsenlandes und lohnt den Abstecher definitiv. Wer ein bisschen kraxeln möchte, kann durch die Scharte zwischen dem kleinen Felsmassiv und dem vorgelagerten Turm klettern. Eine kurze, leichte II.


Wieder zurück am Weg, ging ich ein paar Meter zurück und dann halblinks hinauf in einen namenlosen Bergsattel. Hier bog ich zweimal hintereinander links ab und wanderte dann auf dem nächsten breiten Weg um den nächsten Bergsporn herum. Ganz vorn, wo der Weg eine scharfe Rechtsbiegung macht, befindet sich der Aussichtspunkt Hüttenberg (359 m).

Von hier aus hat man zwar keine großartige Aussicht, aber hier befindet sich eine historische Besonderheit: Ein Niveaustein aus den Jahren 1838-42. Er geht zurück auf eine Landvermessung durch die kgl. bayerische Finanzverwaltung, die zur Grundlage für die Bemessung von Grundsteuern wurde. An exponierten Stellen in den pfälzischen Gemarkungen wurden dafür Nieausteine mit den Abmessungen 1 Fuß x 7 Fuß x 3 Fuß errichtet. Der auf dem Hüttenberg ist 2022 in ehrenamtlicher Arbeit wieder aufgerichtet worden.


In der Folge blieb ich auf meinem Weg, ignorierte Abzweige vor allem nach links, nahm stattdessen aber einen Felsen rechts oberhalb vom Weg noch mit. Der Weg führt in das nächste Tal hinein, dann wieder hinaus und zu einem Pass, der den rätselhaften Namen Altes Landlöchel (307 m) trägt.

Im Westen der Gemarkung Birkenhördt befinden sich die Rittersteine 31 und 32. Der erste trägt die Bezeichnung "Neues Landlöchel" und befindet sich an der Straße nach Lauterschwan. Der zweite heißt "Altes Landlöchel" und liegt am Scheitelpunkt der Straße nach Vorderweidenthal. Beide befinden sich inmitten einer Felsenwand.

Beim Begriff "Landlöchel" handelt es sich um ein umgangssprachliches Wort für "Straßendurchbruch". Und entsprechend überquert man hier auch eine Straße. Als ich kam, war aber noch jemand hier unterwegs: eine Blindschleiche. Und da die (nicht!) blind ist, habe ich ihr kurz über die Straße geholfen. Man ist ja rücksichtsvoll zu anderen Verkehrsteilnehmern.



Auf der anderen Straßenseite nahm ich dann den rechten von drei Wegen, einen Pfad, der mich schnell ins nächste Tal hinab führte. Einen Querweg ignorierte ich, erst auf dem Talboden bog ich dann links, talauswärts ab. Bald führt ein Pfad rechts steil hinauf zum Lauterschwaner Rappenfelsen (313 m)

Der Rappenfels ist eines jener für die Gegend typischen langgezogenen Felsenriffs. Ich umrundete in der Folge die ganze Kette, bis zum Bucheckerl, einem Felsen, der ihr nordöstliches Ende markiert. Dabei nutzte ich jede Schwachstelle des Rappenfelsens, um hinaufzukraxeln. Ein erster Versuch endete in einem viel zu engen Spalt, ein zweiter aber brachte mich tatsächlich hinauf auf die Höhe. Ich kletterte aus einem Spalt hinaus, überstieg diesen dann (Überhang) mit Hilfe einiger künstlicher Griffe, und lief auf einem schmalen, künstlich "aufgerauhten" Band nach vorn. Hier muss man ziemlich aufpassen, es ist zwar nicht hoch, aber hoch genug, und unterhalb befindet sich ein Überhang, den man lieber nicht hinunterpurzelt. Bei Nässe ist das Band tabu.

Am Ende des Bands passiert man einen schmalen Spalt, der einen scharfen Zacken vom Feslmassiv trennt. Ein Stück lief ich dann auf dem schmalen Riff nach vorn, dann war mir der nächste Spalt, den ich noch hätte überspringen können, aber zu gruselig. Zu schmal der Landeplatz....

Ich kehrte also wieder zurück, über das Band in den Spalt, und wieder hinunter auf den Weg, auf dem ich nun bis zum Bucheckerl (316 m) weiterwanderte. Hier ging's dann auf die andere Seite des Felsenriffs und drüben wieder zurück, zuletzt hinunter zum Fuß des Lauterschwaner Rappenfelsens (313 m).

Ich stieg nun ganz hinunter ins Tal des Hirschbachs, überquerte den Bach (in der Pfalz sagt man: die Bach) auf einem kleinen Steg und trat gleich danach auf eine Lichtung hinaus. Hier teilt sich der Pfad, ich bog rechts ab, folgte ein Stück dem Bach, und überquerte ihn gleich noch einmal, Richtung Norden. Hier geht's in das nächste Wiesental hinein. Bald überquerte ich die Wiese, hielt mich am Waldrand links, und wanderte das Tal auf der anderen Seite wieder hinaus. Bald ging es ein letztes Mal nach links über die Hirschbach, erneut in den Wald hinein und hier rechts nach Lauterschwan (249 m)

Ich durchquerte den Ort in ziemlich direkter Linie und folgte von hier aus der Markierung Roter Punkt/Hans-Trapp-Weg. Die führte mich in den Wald hinein und - immer etwas links der Höhe - den nächsten Rücken hinauf. Todtenkopf und Kuhnenkopf ließ ich links liegen.

Hinter dem Kuhnenkopf führt der Weg dann endlich auf die Höhe und folgt dieser nun im Zickzack weiter bergan. Querwege werden ignoriert.

Noch unterhalb des Heidenbergs stößt man dann auf einen geteerten Waldweg, vermutlich einstige Zufahrt zu einer ehemaligen Militäranlage. Hier knickt der Pfad nach Süden und quert durch die Hänge des Heidenbergs Richtung Süden hinauf. Kurz vor dem Schüsseleck erreicht man erneut die Höhe.

Hier oben verlaufen viele Wege, ich hielt mich an den Blau-Gelben Balken des PWV und folgte diesem nun die Dell südlich des Schüsselecks hinunter bis zum Weiler Reisdorf (285 m).

Ich wanderte auf der L 492 ein kurzes Stück nach Süden und nahm dann gleich am Ortsende den Gelb-Grünen Balken, der von hier aus auf die Hohe Derst führt. Diesem folgte ich ins Haseltal hinauf. Hier knickt der Pfad jenseits einer Schneise nach rechts, hinüber zum südlich gegenüberliegenden Begrenzungsrücken. Dieser bildet einen immer wieder von Waldboden unterbrochenen Felsgrat aus, dem ich nun bergan folgte.

Der Wanderweg verläuft parallel, nur ein kleines Stück links davon.

Ich überkraxelte was ich konnte (T3/I), bergauf muss man sich um eventuelle Abstiege keine Sorgen machen. Der oberste Felsklotz trägt den Namen Hühnerfels (520 m), und wer hier lange Beine mitbringt, kommt auch von dem gut runter. Von hier aus folgte ich dann dem Wanderweg hinauf auf die Hohe Derst (561 m).

Hier stehen seltsame Schilder im Wald. "Mundatwald" steht darauf. Die Hohe Derst ist gleichzeitig der äußerste nördliche Eckpunkt und die höchste Erhebung des historischen Oberen Mundatwalds. Der Obere und der Untere Mundatwald sind zwei pfälzisch-elsässische Waldgebiete, die hier, unmittelbar an der deutsch-französischen Grenze in der Nähe der französischen Kleinstadt Wissembourg (Weißenburg) liegen. Die größeren Anteile befinden sich heute auf der deutschen Seite. Der Obere Mundatwald erstreckt sich am Flüsschen Lauter (bzw. Wieslauter an ihrem Oberlauf), nördlich und westlich von Wissembourg. Beide Gebiete zählten im Mittelalter zur "Weißenburger Mundat", den mit kirchlicher Immunität ausgestatteten Ländereien des ehemaligen Benediktinerklosters in Weißenburg. Das Wort "Mundat" leitet man gewöhnlich von "Immunität" oder "mandatum" ab.

Auf dem Gipfel der Hohen Derst steht ein Richtfunkturm. Er wurde zunächst von der NATO genutzt, und wird heute, nach dem Ende des Kalten Kriegs, von einem Mobilfunkanbieter und den Blaulichtorganisationen weiter betrieben. Außerdem steht hier eine ehemalige Sendeanlage des SWR, die früher große Teile der Südpfalz und des Wasgau mit analogem Fernsehen versorgte. Seit 2023 wird von diesem Standort das DAB-Ensemble SWR RP ausgestrahlt.

Seit 6. Juni 2020 steht auf dem weitläufigen Gipfel auch ein Gedenkstein für die Opfer einer Minenexplosion vom 18. April 1948. Damals kamen hier zwei Menschen ums Leben.



Ich folgte nun dem hübschen Wanderweg über den Nodostrücken des Bergs und passierte dabei gleich drei große Highlights:

Zum einen einen Aussichtspunkt, der einen weiten Blick über das Rheintal hinüber in den Nordschwarzwald ermöglicht. Dabei fällt der Blick vor allem auf die Eintausender Hornisgrinde, Katzenkopf, Pfrimmackerkopf, Mehliskopf, Badener Höhe, Seekopf und Ochsenkopf, aber auch auf kleinere Erhebungen wie den Ruberg, den Merkur, den Battert sowie auf den Hohlohturm.

Zum zweiten ein Schild, das mir verkündete, hier sei ein Selfie-Point, an dem ich gefälligst ein Selfie zu machen hatte. Ich quittierte das mit dem entsprechenden Gesichtsausdruck.

Und zu guter Letzt das Hohe-Derst-Tischchen (560 m), einer jener vielen Tisch- oder Pilzfelsen, die so typisch für den Pfälzerwald sind. Dieser hier ist klein, aber besonders schön.



Weiter ging's zur nächsten Felsformation und schließlich steil hinunter zur Zufahrtsstraße. Hier wechselte ich auf den Gelben Punkt, der mich schnell hinunter ins Tal, zur L 492 brachte.

Ein Stein macht hier auf den Kuhtriftpfad aufmerksam, der rechts neben der Straße nach Osten führt. Kurz vor dem Grillplatz Böllenborn (320 m) überquerte ich die Straße und wanderte an Grill- und Sportplatz vorbei auf eine große Wiese hinaus. Von hier aus sollte es nun schnellstmöglich zurück nach Birkenhördt gehen. Auf halber Strecke nach Böllenborn stieg ich im Wald hinauf zu den Drei Steinen (318 m), lief nordwärts ins Mückental hinunter, dort kurz rechts und gleich wieder links, am Kahlenberg vorbei weiter nach Norden. Im Sattel am Kahlenberg wechselte ich auf einen breiten Waldweg, der mich zunächst nach Norden führte. Dort wo dieser nach links knickt, zweigt ein mit einer 9 bezeichneter Weg ab, der mich zuletzt stracks zurück nach Birkenhördt (245 m) brachte, wo meine Runde endete.


Fazit:

Sicherlich weder die schönste noch die spektakulärste Tour im Pfälzerwald. Aber die Ruschelfelsen, die Rappenfelsen und das Hohe-Derst-Tischchen sind wirklich schön, man hat den Wald fast für sich allein, und Höhenmeter machen kann man auch. Wer Zeit und Lust hat, kann sogar die nahegelegene Ruine der Burg Guttenberg noch einbauen. Dann sind's allerdings 2, 3 Kilometer mehr.

Tourengänger: Nik Brückner


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Kommentare (2)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 9. April 2024 um 20:29
Danke fürs Zeigen, Nik.
Ein wunderschöne Landchaft und ziemlich unverbraucht

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. April 2024 um 22:04
Sehr gern, Markus. Ist eine schöne,stille Ecke.


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