Eine andere Welt vor den Toren Basels, das "Dieboldslöchli"


Publiziert von bergconnaisseur , 15. Januar 2024 um 15:04.

Region: Welt » Schweiz » Basel Land
Tour Datum:14 Januar 2024
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BL   Basler Jura 

In der Pfeffingerfluh hat's eine (mehrere?) Höhle(n).

 

Wie ich auf das "Dieboldslöchli" gekommen bin, weiss ich nicht mehr ganz. Wissenschaftliche Quellen über diese Karsthöhle finden sich so manche, jedoch finden sich kaum Informationen über deren (durchaus amüsante) Befahrung.

 

Start am Bahnhof Duggingen. Unter den Gleisen durch und über die Birs bis zur Kurve des WW bei der "Bämbelsmatte". Ein paar Meter weiter in Richtung Finkebrunne führt eine schwache (und sehr steile) Wegspur links an die Felsen der Pfeffingerfluh heran. Den ersten Felsriegel, auf den man trifft, umgeht man links bis man auf ein Fixseil trifft, welches via einer Kraxelstelle vom II. Grad zur mächtigen Balm führt, welche den Höhleneingang beherbergt. Heute waren es -8 Grad in Duggingen, die Sonne strahlte auf die massiven Eiszapfen, welche meterhoch am Dach der Grotte klebten. Achtung, Kopf! Wir montierten alte Regenhose und Regenjacke und stellten uns auf unsere (zweite) Befahrung des Dieboldslöchli ein.

 

Im Dieboldslöchli herrschen andere Temperaturen als draussen, sicher 20 Grad wärmer. Unter der alten Regenjacke hatte ich nur ein Thermo an. Nach der ersten engeren Stelle direkt nach dem Eingang betritt man den entspannteren Teil der Höhle. Hier kann man normal stehend einige Meter zurücklegen. Am Ende dieser ersten zwei Anfangshallen verengt sich der Gang. Da dieser an Stellen kaum mehr Durchmesser als einen halben Meter hat und das Umkehren nach betreten der Robb-Passage nur selten möglich ist, ist die Befahrung des Dieboldslöchli pychologisch durchaus anspruchsvoll. Anders bei unserer letzten Befahrung finden wir im Tunnel Anzeichen menschlicher Präsenz, namentlich eine 40cm grosse Meisterleistung der Höhlenlehmtöpferei, eine ziemlich akkurate Nachbildung des männlichen Gliedes. Wer sich hier in diesem engen, stickigen Tunnel die Zeit nahm diesen Schwanz zu bauen? Keine Ahnung.
 

Dieser Robb-Gang (an stellen auch Krabbelbar) zieht sich für geschätzte 40-50m (?) bis der Gang ansteigt und man von unten in die durchaus imposante Endhalle des Dieboldslöchli blickt. Der eigentliche Aufstieg in die Endhalle erfolgt über eine unglaublich rutschige Lehmstufe ohne Griffe. Für uns funktionierte es, in dem wir uns mit dem Rücken an die Höhlenwand drückten und so mithilfe der Spannung an der grifffreien Wand hochkamen.

 

Die Endhalle ist ca 30 Meter lang, 8 Meter breit und 5 Meter hoch. Kleinere und grössere Stalaktiten und Stalagmiten verzieren diesen von der Aussenwelt abgeschotteten Raum. Was eine unglaubliche Erfahrung, sich in dieser anderen Welt aufzuhalten. Nach 10 Min. Rast und Erkundung machen wir uns wieder auf den Rückweg ans Tageslicht.

 

Der Rückweg folgt dem Hinweg und ist psychologisch und körperlich nicht zu unterschätzen. Der Untergrund ist nicht sonderlich freundlich für die Knie und die Ellenbogen, welche hier fürs Vorwärtskommen unerlässlich sind. Das Passieren des Schwanzes läutet das Ende der problematischen Enge ein, ab hier folgt nur noch eine Engstelle bis der Höhleneingang wieder erreicht ist. Uns begrüsst die Sonne, der Höhleneingang sieht unglaublich mystisch aus. Wir chillen noch eine Weile hier, hören Reggae und geniessen die Sonne, welche die Felsen erwärmt.

 

Ich kann die Befahrung des Dieboldslöchlis durchaus empfehlen, insofern die psychologische Grundeinstellung vorhanden ist. Von allen Seiten von Tonnen von Fels eingeschlossen zu sein, nur mit einem mini Tunnel, in dem man sich nur vorwärts oder rückwärts bewegen kann, ist keine schöne Vorstellung, aber eine mit welcher man aber zu 100% komfortabel sein muss, um in den Genuss der Atmosphäre der Endhalle zu kommen. Eine Panikattacke/Verletzung im Tunnel würde verheerende Folgen haben, trotzdem finde ich, dass diese magische Erfahrung das Risiko (welches  ziemlich einfach zu minimieren ist) wert macht.

Hinzufügen möchte ich, dass man sehr sehr sehr dreckig wird, wenn man bis in die Endhalle geht und eine Stirnlampe absolute Pflicht ist (verständlicherweise).
 

Wir steigen nach unserer chill session von der Höhle ab und hoch zur Ruine Pfeffingen und geniessen die Sonne. Abschliessend Abstieg und Heimfahrt mit der S-Bahn ab Aesch.

 

Wieder keine Fotos, jedoch wird auf @bergconnaisseur auf Instagram wieder ein Video gepostet, in welchem auch Gopro-Videos aus der Höhle vorkommen.

 

Wie immer, danke für's Lesen und bei Fragen zur Befahrung gerne kommentieren!

P.S: Hier ein Youtube-Video welches die Befahrung von A-Z aufzeichnet. Keine schlechte Quelle, um eine Machbarkeitsanalyse der Befahrung vorzunehmen, viel Glück!
https://www.youtube.com/watch?v=A8rY13TKLCY&t=433s  


Tourengänger: bergconnaisseur


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Kommentare (7)


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Hallodri82 hat gesagt: Wieder mal ne …
Gesendet am 15. Januar 2024 um 20:21
…innovative Tour aus dem Hause Bergconnaisseur, Respekt. Für mich wär es nix, zu beklemmend. Bin froh, dass ihr den ominösen Schwanz wieder gefunden habt und freue mich auf den nächsten Bericht!

Glg

Gelöschter Kommentar

bergconnaisseur hat gesagt: RE:Wieder mal ne …
Gesendet am 16. Januar 2024 um 09:55
Kann ich nachvollziehen, diese Touren sind wirklich nicht für jedermann! Für eine Vormittagstour aber wirklich perfekt, so nahe aber doch so weit entfernt von allem anderen.

MFG

(Ich kann es übrigens auch empfehlen, nur den vorderen einfachen Teil der Höhle zu begehen. Mit der Kraxelei, dem schönen Höhleneingang und der Wärme welcher aus der Höhle strömt auch eine tolle Erfahrung!)

kopfsalat hat gesagt: RE:Wieder mal ne …
Gesendet am 17. Januar 2024 um 14:00
Bis zum Höhleneingang haben wir es mal geschafft. Aber das war es wohl auch. Übrigens hat es hier auch ein paar Gemsen, die in den Felsen oder im Wald rumturnen.

bergconnaisseur hat gesagt: RE:Wieder mal ne …
Gesendet am 17. Januar 2024 um 15:07
Interessant, dass du das mit den Gämsen sagst, in der Höhle haben wir nämlich Kot gefunden, welchen wir im Moment keinem Tier zuordnen konnten. Verrückt, dass sich die Gämse so nahe an die Zivilisation heranwagen (aber verständlich, perfektes "Gämsengelände" an der Pfeffingerfluh). Kann es wirklich empfehlen etwas in die Höhle hereinzugehen, schon die ersten paar Hallen sind wunderschön!

Bergmax hat gesagt: Bemerkenswerte Höhle
Gesendet am 4. Februar 2024 um 22:25
Besten Dank für diesen informativen Bericht, der mich erst auf das Dieboldslöchli aufmerksam gemacht hat.
Ich habe die Höhle vorgestern besucht und kann ein paar Fotos beisteuern:
https://www.hikr.org/tour/post185180.html

Wer zum ersten Mal dort ist, sei darauf hingewiesen, dass es etwa einhundert Streckenmeter nördlich in derselben Felswand noch eine wesentlich anspruchsvollere seilgesicherte Felsstufe gibt. Dort nicht hochklettern! In der "richtigen" Stufe hängt zurzeit genau ein rotes Seil und es ist meiner Meinung nach kaum schwerer als I.

Viele Grüße

Max

bergconnaisseur hat gesagt: RE:Bemerkenswerte Höhle
Gesendet am 6. Februar 2024 um 17:31
Ciao Max, habe deinen Bericht gerade gesehen und einen Kommi hinterlassen.
Wirklich ein guter Bericht!


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