Piz Popena 3152m - Normalweg mit Bergführer


Publiziert von Cubemaster , 30. November 2023 um 22:59.

Region: Welt » Italien » Venetien
Tour Datum:28 Juli 2023
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m

Zum Abschluss unseres Urlaubs in Terenten wollte ich noch eine große Tour machen und hatte mir dafür einen Dolomiten-3000er ausgesucht, der mir noch in meiner Sammlung fehlte: den Piz Popena. Einerseits bin ich generell gerne eigenständig am Berg unterwegs und hatte auch schon ähnlich schwierige Berge solo gemacht (etwa Elferkofel, Dreischusterspitze, Pflerscher Tribulaun), andererseits wollte sich nicht so richtig das Gefühl einstellen, der Aufgabe gewachsen zu sein. Zig Krankheiten und Verletzungen hatten mich das Jahr über vom Training abgehalten: Entzündung linker Trizeps, Entzündung rechte Bizepssehne, eine monatelange (mit Covid im September angefangene) Kette von Infektionskrankheiten, diverse Long-Covid-Symptome über den ganzen Winter, von denen der chronische Husten sich bis in den Sommer hielt, und die obligatorischen Knieprobleme, die sofort auftreten, sobald ich mal kurz keinen Sport machen kann. (Der Leistenbruch war vermutlich auch schon da, aber noch nicht erkannt). Jedenfalls musste ich meinen bergsteigerischen Ehrgeiz unter Berücksichtigung der äußeren Umstände (zu denen nicht zuletzt meine Verantwortung als Familienvater gehört) gegen das Risiko abwägen und so entschloss ich mich letztlich, die Tour mit Bergführer zu unternehmen.

Diddi und ich trafen uns morgens um 4 Uhr in Bruneck und fuhren gemeinsam zum Misurinasee. Wir parkten an der Malga Misurina und liefen gegen 5 Uhr morgens noch im Dunkeln los. Kurz nach Sonnenaufgang erreichten wir über die neuen Holztreppen die Forcella Popena. Wir genossen den wunderschönen Morgen und studierten nochmal die von hier aus gut sichtbare Aufstiegsflanke. (Diddi hatte den Normalweg bis dato nur im Abstieg begangen und so mussten wir teilweise etwas suchen.)

Nach dem kurzen Abstieg verließen wir den Weg und stiegen über Spuren Richtung Piz Popena auf. Diese verlieren sich dann in dem breiten Geröllfeld unterhalb der großen Einstiegsrinne, aber man hält einfach auf die Rinne zu und steigt diese hinauf bis man auf das große "Untere Band" links abzweigt. Eine ganze Weile ging es dann gemütlich das untere Band entlang bis an den unteren Ausläufer der "Ersten Rinne", wo es jetzt richtig losging. Zuerst mussten wir wenige Meter über Schnee auf die andere Seite queren, was aber ohne Eisen gut ging. Dann stiegen wir links des vereisten Rinnengrunds durch die Felsen hinauf (bis II+, großteils auch leichter, aber schon ausgesetzt).

Die Felsstrukturen an der linken Rinnenseite enden auf einem kleinen Podest. Von hier aus geht es nun entweder über den vereisten Rinnengrund weiter oder links die Wand hinauf. Diddi holte also das Seil heraus und stieg diese erste Schlüsselstelle vor (Einstiegszug leicht überhängend (III), dann einfacher werdend, Schlingenstand zum Abseilen eingerichtet). Schnell kamen wir auf ein weiteres Band, dem wir nun aufwärts folgten. Wir kamen an ein kleines "Mäuerchen", welches eigentlich anzeigt, dass man nun nochmal schräg nach rechts hinauf zum "Mittleren Band" klettern muss. Der Einstiegszug sah aber so krass überhängend aus, dass wir den Fehler machten, auf dem Band weiter zu gehen. (Ich habe die Stelle beim Abstieg nochmal probiert, es geht mit guter Technik einigermaßen (ca. III+). Danach folgt eine erstaunlich einfache Querung, man sieht deutlich ein Steinmännchen am Ende, auf das man zuhalten kann.)

Durch unseren Fehler (und weil wir nicht wieder das Band zurück absteigen wollten), gab es dann nochmal zwei Zusatzseillängen im dritten Grad, die mit Bergführer natürlich sehr entspannt und genussvoll waren. Wir erreichten das mittlere Band dann ein Stück weiter oben. Am Ende des Bandes kurz vor der markanten "Zweiten Rinne" zeigt wiederum eine deutliche Steinmauer an, dass man nun hinaufsteigen muss. Nach einigen Metern Aufstieg könnte man nach links in die Hauptrinne hineinqueren, aber wir stiegen deutlich rechts davon weiter in moderat schwierigem Gelände hinauf (max. II), bis links das "Obere Band" in Erscheinung trat.

Dort zeigten Steinmännchen auch einen weiteren Weg nach oben an, aber wir waren recht sicher, dass der Normalweg links herum geht. Also folgten wir dem oberen Band und gelangten an die Scharte im Südgrat (wo die zweite Rinne endet). Nun folgt die zweite Schlüsselstelle der Tour, der ausgewaschene Kamin. Da wir beide noch gar nicht so richtig realisiert hatten, dass es sich um besagte Stelle handelt, stiegen wir den Kamin noch ungesichert hinauf (III). Von einem kleinen Geröllplateau oberhalb des Kamins geht es dann links über eine kleine Wandstufe aus der steilen Schlucht heraus (nochmal recht steil und ebenfalls nicht ganz einfach, ca. III-).

Wir seilten nun wieder an und Diddi stieg mehrere Seillängen vor. Es galt, die markanten Zacken des Südgrates hoch über uns anzupeilen. Über sehr steiles und exponiertes Gelände geht es dort hinauf (II bis III). Das oberste Stück klettert man direkt über den gezackten Südgrat hinauf bis zum Gipfel. Gut gesichert machte das auch viel Spaß, wogegen es solo wohl recht grenzwertig gewesen wäre. Gegen 10:30 standen wir dann oben, die Aussicht war herrlich und ich konnte nochmal einen Blick auf all die 3000er werfen, die ich in den vergangenen Jahren bestiegen hatte.

Für den Abstieg hatte Diddi extra etwas Material mitgenommen, um die Route zu sanieren. Nach einem kurzen Stück zurück am Südgrat richtete er eine Abseilpiste ein, direkt hinunter Richtung Kamin. Sie beginnt bei einem alten Schlingenstand oben am Südgrat, den Diddi mit einer neuen Reepschnur wieder nutzbar machte (das alte Ding sah erbärmlich aus). Mit 50m Seil kommt man nun mit dreimal abseilen hinunter aufs Geröll. Er seilte immer zuerst ab und sah sich unten nach einer Möglichkeit für den nächsten Stand um, während ich selbst abseilte und anschließend das Seil abzog. So ging das einigermaßen zügig und ich habe nebenbei einiges über Standplatzbau dazugelernt.

Nach zwei weiteren Abseilern in die Schlucht bzw. den Kamin hinunter (hier schlug Diddi auch noch einen neuen Haken ein), hatten wir die schwierigsten Stellen wieder hinter uns. Große Teile der Route kletterten wir ungesichert ab, nur zwischen dem mittleren und dem unteren Band waren wir nochmal am Seil. Die Querung zum "Zwischenband" kannten wir ja noch nicht (Verhauer im Aufstieg), danach einmal gesichert abklettern zum Schlingenstand, an welchem wir dann in die Rinne abseilten. Auch in den Felsen neben der Rinne sind noch ein oder zwei exponierte Stellen. Danach packten wir das Seil dann weg und es ging hinunter.

Der Himmel zog nun langsam zu und wir wunderten uns über zwei Bergsteiger, die uns relativ weit unten entgegenkamen und noch auf den Gipfel wollten. (Ansonsten hatten wir den Berg übrigens komplett für uns allein.) Nach dem etwas anstrengenden Gegenanstieg hinauf zur Forcella Popena genoss ich dann noch einmal die Wanderung durch die wunderschöne Landschaft, bis wir an der Malga Misurina ankamen. Dort ließen wir die Tour bei einem kühlen Getränk (bzw. heißen Kaffee in Diddis Fall) ausklingen. Vielen Dank Diddi für die tolle Führung, es hat wie immer Riesenspaß gemacht!

Tourengänger: Cubemaster


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Kommentare (6)


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Stefan_F hat gesagt:
Gesendet am 1. Dezember 2023 um 16:02
Hi Tristan,

Herzlichen Glückwunsch zum Popena! Das motiviert mich ja schon im kommenden Jahr deine Tour nachzugehen. Sieht ja alles trotz des Anspruchs machbar aus. Tolle Tour!

beste Grüße
Stefan

Cubemaster hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. Dezember 2023 um 16:55
Hey Stefan,

danke dir! Mit deinen Fähigkeiten packst du das locker. Absolut einsame und schöne Tour, kann ich dir sehr empfehlen.

Stefan_F hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. Dezember 2023 um 18:01
Du übertreibst, aber danke für das Kompliment. Interessant wäre ja, ob man auf einem der Bänder so weit queren könnte um die Tour mit dem Aufstieg zum Cristallo zu kombinieren. Kannst du dazu was sagen?

Cubemaster hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. Dezember 2023 um 21:17
Würde ich als unwahrscheinlich einstufen. Ich kann mich auch von meiner Cristallo Besteigung erinnern, dass die Westseite des Piz Popena sehr abweisend aussieht. Schau mal dieses Bild hier.

georgb hat gesagt: RE:
Gesendet am 2. Dezember 2023 um 11:59
Darüber könntest du höchstens mal nachdenken!?

Stefan_F hat gesagt: RE:
Gesendet am 4. Dezember 2023 um 09:42
Das ist wirklich eine interessante Alternative. Vielen Dank Georg!


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