Hochkönig via Königsjodler-Klettersteig


Publiziert von cardamine , 24. Oktober 2023 um 22:30.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Berchtesgadener Alpen
Tour Datum: 1 Oktober 2023
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K4- (S-)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   A-S 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1730 m
Abstieg: 1730 m
Strecke:14 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkplatz Erichhütte
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Dientener Sattel
Unterkunftmöglichkeiten:Erichhütte Matrashaus

Der Königsjodler soll einer der anspruchsvollsten Klettersteige der Ostalpen sein. Nicht wegen des Schwierigkeitsgrades (C/D), sondern weil er mit 1730 Höhenmetern Aufstieg (inkl. Zustieg) sehr lang ist. Die Beschreibungen im Internet lesen sich alle, als wäre der Steig nur für eine Handvoll Profis gemacht. Ich würde mich ja nicht als sonderlich klettersteigerfahren bezeichnen, aber - so meine Hoffnung - mit guter Kondition und Gratkraxelerfahrung würde das schon hinhauen und zur Not gäbs ja den Notausstieg auf halber Strecke. Und es kam tatsächlich gut, ich fand den Steig trotz der C/D Stellen im Abstieg nicht so schwierig, wie es überall dargestellt wird. Die Ausgesetztheit hätte ich auch schlimmer erwartet, man hat die Füsse mehrheitlich auf Fels und nicht auf luftigen Eisenstiften. Am Ende war ich zwar müde, aber echt froh, dass ich nicht den langweiligen Normalweg vom Arthurhaus gemacht habe - ein 20 km langer Hatsch durch Kalkwüste.

Zustieg (T3, 940 Hm, 1h30)
Um eine ganz humane Zeit, 8 Uhr morgens, startete ich vom Parkplatz der Erichhütte. Über Berichte von Leuten, die um 3 Uhr morgens lossäckeln kann ich nur den Kopf schütteln. Die Erichhütte ist schnell erreicht. Dahinter geht es über eine Wiese auf die Felsen zu. Der erste Zacken, der sich in den Weg stellt, ist der Grandlspitz, der einen eigenständigen Klettersteig (C/D) besitzt. Der Einstieg in den Königsjodler befindet sich hinterhalb.

Königsjodler (C/D, I, 660 Hm, 4h10)
Gleich der Einstieg stellt einen auf die Probe, wer den schafft, kann beruhigt sein, schwieriger/kraftraubender wirds nicht. Dann gehts mit wechselnden Schwierigkeiten über zahlreiche Türme, die sogenannten Teufelshörndl, auf und ab, eine tolles Topo gibts hier, daher spare ich mir Details. Vor Ort sind die Namen der einzelnen Passagen angeschrieben, sodass man immer weiss, wo man gerade ist. Der Flying Fox über den Sallerriss wurde übrigens demontiert, jetzt muss man den Riss durchsteigen. Die «Dientner Schneid» ist die ausgesetzteste Passage des ganzen Klettersteigs - hier befindet man sich wirklich auf Messers Schneide. Dahinter folgt ein grosses Geröllfeld, wo man über den Notausstieg ins Birgkar aussteigen könnte. Kurz habe ich das überlegt, weil der Kematstein sehr steil und luftig aussah. Nachdem sich aber gerade eine Lücke im Besucherstrom auftat, wagte ich einen Versuch, irgendwie bin ich mutiger, wenn ich weiss, dass mir niemand zuschaut. Und so schlimm wars dann doch nicht, es gibt eigentlich viele breite Absätze, wo man Pause machen kann und wodurch man auch nicht ein so super exponiertes Gefühl hat. Die anhaltende Schwierigkeit von C/D ging mir aber doch auf die Arme. Wer sich dachte, dahinter ists vorbei, der hat sich geirrt, es muss nochmal ein tiefer Einschnitt ab- und wieder raufgeklettert werden. Den Ausstieg am Hohen Kopf erreichte ich 5h40 nach Start vom Parkplatz. 

Hochkönig (T2, 130 Hm, 0h 35)
Viele steigen vom Hohen Kopf gleich wieder ins Birgkar ab. Aber mein Hauptziel war ja nicht der Klettersteig, sondern der Gipfel! Kein Katzensprung, eine gute halbe Stunde war ich noch unterwegs. Von der Übergossenen Alm ist leider nicht mehr viel übrig, ein paar Eisflecken zeugen noch von dem einstigen Gletscher. Schade, hätte ich früher schon mal kommen sollen. Nach 6h15 erreichte ich endlich den Gipfel. Das Matrashaus war leider schon im Winterschlaf, kein Apfelstrudel um die Energiespeicher wieder aufzufüllen :( Nach einer knappen Stunde Gipfelpause machte ich mich an den Rückweg. Vom Abstieg durchs Birgkar wird zwar auf diversen Seiten abgeraten, aber vom Endpunkt des Normalwegs, dem Arthurhaus, fahren im Herbst leider abends keine Busse mehr. 

Abstieg via Birgkar (T4+, 3h15)
Der obere Teil des Wegs ist mit Katzenaugen markiert, anscheinend enden da einige im Dunkeln... Das steile, lose Geröll ist durchaus anspruchsvoll, ich kann schon verstehen, dass viele, die das erste Mal mit sowas konfrontiert sind, überfordert sind. Das Kar ist ähnlich steil wie am Piz Starlex, aber viel breiter und weniger exponiert als das Geröllband am Bös Fulen, um mal zwei Beispiele in unterschiedlichen Regionen zu nennen. Das grösste Problem am Birgkar ist aber nicht das Geröll an sich, sondern die Leute. Die meisten Klettersteigler sind ja nicht unbedingt Bergsteiger und während viele eine D-Stelle mit links meistern, sind sie in weglosem Gelände überfordert. Leider hatte ich Pech, gerade vor mir machte sich eine Gruppe katastrophal ausgerüsteter Tschechen (Wildlederschuhe!) an den Abstieg. Mir war schon klar, dass die nur Probleme machen würden und so kams auch. Keine 5 Minuten nachdem ich sie überholt hatte, kamen die ersten Warnschreie. Ich gab einem anderen Absteigenden noch den Tipp, besser den Helm aufzusetzen und wie um meine Warnung zu bestätigen, kam ein Schwall grosser Brocken auf uns herabgeflogen. Ich konnte mich geradeso noch hinter einem grossen Felsen in Sicherheit bringen. Nach diesem Schock nahm ich die Beine in die Hand und versuchte, so schnell es ging, die Todeszone zu verlassen. Eigentlich sind die Markierungen echt geschickt gemalt, sodass der Weg das Kar in weiten Kurven durchkreuzt und wenig Überlappungspunkte auf vertikaler Achse hat. Zum Glück kamen keine weiteren Steinlawinen und ich erreichte den Abzweig zur Hochscharte, von wo aus man wieder zurück zum Aufstiegsweg gelangen könnte. Tipp vornweg: Wer sich das Leben leicht machen will, der nimmt den kleinen Gegenanstieg zur Hochscharte in Kauf. Wer partout eine Rundtour machen will, der versucht den alten Markierungen weiter das Kar hinab zu folgen. Diverse Felsstürze und Gerölllawinen haben den Weg verschüttet und die Markierungen sind alles andere als deutlich, mir schien es auch, als wären da im Laufe der Zeit immer wieder neue Varianten markiert worden. Sehr zeitraubend und mühselig das Ganze. Endlich erreichte ich die Stegmoosalm - was ein Fehler war, denn ich hätte der Via Alpina weiter folgen müssen. Da ich keine Lust hatte, wieder aufzusteigen, kürzte ich über Kuhweiden zum Wanderweg ab und versank dabei im Matsch. Das hätts echt nicht mehr gebraucht! Einmal wieder auf dem Weg, war schnell das Birgkarhaus am Dientner Sattel erreicht. Von dort warens noch 10 Minuten entlang der Strasse zurück zum Parkplatz.


Fazit: Wirklich schöner Gratklettersteig mit super Absicherung und einigen leichten A/B und Gehpassagen, die man als geübter T5ler auch gut ohne Sicherung gehen kann. Ich denke, dadurch konnte ich einiges an Zeit einsparen und brauchte so weniger als die 7-10 Stunden Aufstiegszeit laut Wegweiser. Für die zahlreichen Abkletterpassagen empfehle ich Klettersteighandschuhe mit Fingern, mit den fingerlosen habe ich mir bei den zahlreichen Abkletterstellen Blasen geholt. Es gibt ein paar Spreizschritte, die für Personen unter 1.60 m schlecht machbar sind. Wers ohne Stau und Drängelei geniessen will, kommt besser unter der Woche und im Herbst. Ins Birgkar würde ich nur noch einstiegen, wenn absehbar ist, dass die nächste halbe Stunde keiner über mir ist. Ansonsten kann ich mich der Empfehlung zum Abstieg via Arthurhaus anschliessen. 

Tourengänger: cardamine
Communities: Ultras


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