Glötterspitze Südgrat via Litznersattel-Sattelkopf


Publiziert von quacamozza , 17. Oktober 2023 um 20:04.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Silvretta
Tour Datum:13 Oktober 2023
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1200 m
Strecke:16,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Silvretta-Hochalpenstraße zur Bielerhöhe (mautpflichtig)
Unterkunftmöglichkeiten:Saarbrücker Hütte, DAV, 2538m
Kartennummer:LK Schweiz 1:25 000 Nr. 1178 Gross Litzner

Es ist schon interessant, was so alles in Gipfelbüchern steht. Glött ist eine kleine Gemeinde mit gerade einmal gut 1000 Einwohnern im Landkreis Dillingen an der Donau und liegt damit im bayerischen (Bezirk) Schwaben. In diesem beschaulichen Ort erzählte anno 1979 ein gewisser Abdon Firsching anlässlich eines feucht-fröhlichen Abends von seinen Bergerlebnissen in der Silvretta. Seitdem hat es sich in Glött herumgesprochen, dass es in der Silvretta die Glötterspitze gibt. Noch im selben Jahr und seitdem regelmäßig machen sich die Glötter auf den Weg, um in der Silvretta und im Montafon Bergtouren zu unternehmen. Mitte September 1994 wurde bei "hoher Schneelage" erstmals ein Gipfelkreuz auf der Glötterspitze aufgestellt. Außerdem wurde bei dieser Gelegenheit das immer noch aktuelle Gipfelbuch hochgebracht. In dieses tragen sich nicht allzu viele Bergsteiger ein. 2023 sind zwar immerhin 12 Einträge zu verzeichnen, 2022 waren es aber gerade einmal 5.


Es ist also ein Gipfel, der trotz seiner zentralen Lage direkt gegenüber der Hüttenterrasse der Saarbrücker Hütte und unmittelbar neben dem bekannten Gipfelpaar Großlitzner und Groß Seehorn ein Schattendasein fristet. Viele kennen den Berg vom Hüttenzustieg, aber der Name ist nicht prominent, und selbst auf dem hikr-Portal gibt es bis jetzt keinen Eintrag. Das dürfte unter anderem daran liegen, dass er nicht so einfach bestiegen werden kann wie der benachbarte Sattelkopf. Jedenfalls bietet er instruktive Einblicke in die düsteren Nordwände von Litzner und Seehorn, aus denen oft Steinschlagsalven auf die letzten Überreste des Litznergletschers donnern.

Immer wenn ich in der Gegend unterwegs bin, ist das meine persönliche Reise in die Vergangenheit, denn auf der Saarbrücker Hütte fand vor mittlerweile vierzig Jahren ein alpiner Basiskurs unserer Sektion statt, bei dem ich die Grundlagen des Bergsteigens vermittelt bekam. Damals war fast der gesamte Weg von der Saarbrücker Hütte zur Sonntagspitze vergletschert. Heute muss auf dieser Route niemand mehr anseilen, Pickel einsetzen usw., weil es kaum noch Gletscherflächen gibt, sondern stattdessen Geröllwüsten. Landschaftlich ist es allerdings nach wie vor eine reizvolle Ecke, und so komme ich immer wieder gerne hierher.

Von der Glötterspitze nahm ich damals keine Notiz. Zu imposant war der Anblick des Großlitzners und des Groß Seehorns, dazu die vielgezackten Grate des Kleinlitzners direkt über der Hütte. Auch in den Jahren danach gab es (vermeintlich) lohnendere Ziele, die mir mehr taugten. Die Glötterspitze rückte tatsächlich erst letzte Woche in meinen Fokus, als ich das schöne Gipfelkreuz von der Saarbrücker Hütte aus sah. Sind da vielleicht in den vergangenen Jahren Gratrouten wie am Kleinlitzner saniert worden? Ich schaute im Netz nach, und so fand ich den kurzen, aber doch fordernden Südgrat, den man vom Sattelkopf aus ohne großen Aufwand erreicht. Für richtige Bruchpiloten und Abenteurer gäbe es im Umkreis jede Menge weitere Gipfel und Routen abzuklappern. Viele der No-Name-Berge erhalten noch weniger Besuch als die Glötterspitze, obwohl die Anstiege teils gar nicht mal so schwer sind.



Zur Schwierigkeit:

Glötterspitze Südgrat: Eine Stelle III, Stellen II-III, II und I sowie Gehgelände bis T 5-6
An der Schlüsselstelle kann 2mal 20 Meter auf das Geröll des Verhupfgletschers abgeseilt werden
Sattelkopf: T 3-4 und I
ansonsten T 3


Zur Ausrüstung:

40 Meter Seil, Abseilausrüstung, Helm und Kletterhandschuhe



Zu den markierten Wanderwegen muss nicht viel geschrieben werden. Der Rundweg von der Bielerhöhe startet am westlichen Seeufer. Im Klostertal kann man auf einem rot-weiß markierten Wanderweg die Schotterstraße vermeiden. Man hält sich stets auf der Westseite des Klostertaler Bachs. 50 Hm unterhalb der Klostertaler Hütte verlässt der Weg das Klostertal, um nördlich steil, auf einem kurzen Abschnitt seilversichert, ins Verhupftäli aufwärts zu leiten. Vor dem Wegweiser am Litznersattel wird ein Moränenwall überstiegen.

Vom Litznersattel ist der Weg auf den Sattelkopf teilweise mit verblasster roter Farbe markiert. An einem verfallenen Zollhüttchen vorbei ziehen die Spuren Richtung Gipfel. Oben kann man entweder auf den Nordgrat aussteigen oder den Gipfel bereits vor Erreichen des Grates ansteuern. In beiden Fällen gibt es nur wenig zum Kraxeln (I).

Vom Sattelkopf auf dem unschwierigen und wenig ausgeprägten Nordgrat, unten etwas ostseitig vor ein Felsbollwerk. Dieses rechts tief im Geröll und über große Blöcke balancierend umgehen und hinauf in die Scharte dahinter. Einstieg und Beginn des Südgrates.
Auf die Westseite des Grates wechseln und unterhalb der drei ersten Grattürme auf Schrofenbändern (zu Beginn kurz T 5-6, dann T 4-5, Steinmann) unter die Lücke vor dem vierten Gratturm. In die Lücke hinauf (T 5 und I, Steinmann) und auf der anderen Seite leicht absteigend zu einer steilen Kaminrinne queren (II, vor Erreichen der Kaminrinne befindet sich links ein Haken). In Kaminkletterei hoch (III, oben 2 Bohrhaken mit Anker), dann auf Band nach rechts in eine kleine Lücke. Über einen vorspringenden Felsblock an der Stirnseite hinauf (II+, ausgesetzt, ich bin im Aufstieg weiter links an der Wand hoch, keine gute Idee, schwerer und etwas brüchig, III) und weiter hoch durch eine Verschneidung zum Glötterloch (III-). Rechts leicht ansteigend um die Ecke und auf recht bequemem Band ca. 15 Meter horizontal unterhalb des Grates traversieren. Links über Felsstufen (II) hinauf auf den Grat. Man kann auch schon zuvor das Band verlassen, um über Blöcke die Grathöhe zu erreichen, dann kommt man oben an einem Haken vorbei. Weiter über den ausgesetzten Grat, dann wenig unterhalb der Grathöhe (II, H) in eine kleine Lücke absteigen. Aus dieser etwas nach rechts ausholend in leichter Kletterei (I-II) zum Gipfelkreuz auf der Glötterspitze.

Abstieg auf gleicher Route. Vom Abseilstand 15-20 Meter zum Fuß der Kaminrinne abseilen, und mit einer weiteren Abseilaktion ins flachere Geröll. Dann unschwierig über grobes Geblöck hinüber zum Fuß des Felsbollwerks, dieses links umgehen und wieder hoch zum Sattelkopf, dessen Gipfel man aber nicht mehr unbedingt betreten muss.
 
Vom Litznersattel auf bezeichnetem Weg ohne Schneekontakt hinunter zum Fahrweg. Kurz vor Erreichen der Schwarzen Böden staune ich nicht schlecht, als ich plötzlich durch 20 cm tiefen feinen Sand wandere, ein Gefühl wie am Strand. Ich schaue noch einmal hoch: Es muss vom Litznerturm schon einiges abgebrochen sein. Wer weiß, wie lange man diesen Gipfel noch besteigen kann. Immer wieder rumpelt es bedrohlich in der Nordwand. 
Ein schneller Abstecher zur Saarbrücker Hütte und dann über die Tschifernella-Route (die Wegweiser an den Abzweigungen sowie die Brücken über die Bäche sind in der Nebensaison teilweise abgebaut) ins Großvermunt. Erst kurz vor dem Madlenerhaus über die junge Ill und durch eine Latschenzone zur Hütte. Auf der Zufahrtsstraße und gleich darauf wieder auf dem Wanderweg hinauf zur Staumauer und zum Parkplatz. 

  


Tourengänger: quacamozza


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